COVID-19 Spezial: Arbeitsrecht

Diese Rechte haben Sie als Arbeitnehmer, wenn es um das Corona-Virus geht.

Bayern hat als erstes Bundesland am 16. März 2020 um 10.00 Uhr den Katastrophenfall ausgerufen und nur Tage später ein Kontaktverbot verhängt. Dieser Mitteilung ist eine landesweite Schul- und Kitaschließung vorausgegangen, die verzögert auch alle anderen Bundesländer betrifft. Die Folgen des COVID-19 sind weiterhin unklar und deshalb werden alle Einwohner von Deutschland dazu aufgerufen, sich an die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus zu halten. Doch was bedeutet dies konkret für Sie als Arbeitnehmer? Wer ist inwieweit betroffen? Die wichtigsten Fragen, die sich viele Arbeitnehmer nun stellen werden, will unsere Redaktion in aller Kürze für Sie beantworten.


Informationen der Bundesregierungen zu Ihren Rechten finden Sie hier.

Die aktuellen Verhaltensregeln während der Corona-Krise finden Sie hier. Arbeitsrechtliche Bestimmungen können Sie u. a. auf der Seite der IHK München nachlesen.

Ihre Rechte als Arbeitnehmer

Derzeit schalten immer mehr Betriebe, bei denen dies möglich ist, ihren Arbeitsbetrieb auf Homeoffice um. Außerdem werden Mitarbeiter bei kleinsten Anzeichen einer möglichen Erkrankung gebeten, nicht auf die Arbeit zu kommen und/oder diese zu Hause zu erledigen. Ebenso wird mit Rückkehrern aus Krisengebieten verfahren.

Darf Ihr Arbeitgeber Sie nach eigenem Ermessen freistellen?

Ihr Arbeitgeber darf Sie nur von der Arbeit freistellen bzw. ins Homeoffice schicken, wenn plausible Gründe vorliegen und diese Maßnahmen für alle Angestellten gültig sind. Das heißt, Sie dürfen aus sachlichen Gründen jederzeit kurzfristig freigestellt werden. Gründe sind z. B. die Rückkehr aus einem (mutmaßlichen) Risikogebiet oder der (mutmaßliche) Kontakt zu einer mit Corona infizierten Person. Kommen Sie aus einem Gefahrengebiet zurück, wie z. B. China oder Italien, darf Ihr Arbeitgeber auch seine anderen Angestellten darüber informieren, dass Sie deswegen freigestellt wurden. Dies verstößt in diesem Fall nicht gegen das Datenschutzgesetz. Das Anordnen von Homeoffice oder eine Freistellung sind vor allem deswegen sinnvoll, weil die Inkubationszeit beim neuartigen Corona-Virus bis zu 14 Tage oder länger betragen kann.

Bekommen Sie weiterhin Ihr Gehalt, wenn Ihr Arbeitgeber beschließt, den Betrieb wegen Covid-19 vorübergehend einzustellen bzw. Sie nach Hause zu schicken?

Darauf können wir Ihnen ein eindeutiges JA als Antwort geben. Wenn Ihr Arbeitgeber Sie freistellt oder den Betrieb vorrübergehend schließt, hat dies keine Auswirkungen auf Ihren Vergütungsanspruch. Dies gilt auch für den Fall, dass Ihr Betrieb Rohstoffe nicht mehr erhalten kann, die er für die Aufrechterhaltung des Unternehmens benötigt. Denn Ihr Arbeitgeber trägt alleine das wirtschaftliche Risiko seines Unternehmens.

Achtung: Bleiben Sie dagegen aus Angst und ohne die Aufforderung des Arbeitgebers zu Hause, gilt dieser Anspruch nicht weiter. Dieses Verhalten kann sogar eine Abmahnung oder Kündigung zur Folge haben. Auch gibt es kein grundsätzliches Recht auf Homeoffice in Deutschland. Ob und wie sich die Einstellung zu Homeoffice beim Fortschreiten der derzeitigen Pandemie ändert, können wir derzeit nur vermuten. Tipps zum Homeoffice können Sie hier nachlesen.

Was passiert, wenn Sie (vermutlich) am Coronavirus erkrankt sind?

Als Festangestellter haben Sie auch bei der Erkrankung am Coronavirus, wie bei jeder anderen Erkrankung, das Recht auf eine Entgeltfortzahlung (§3 EFZG). Das heißt sie bekommen weiter Ihr normales Gehalt ausgezahlt. Wenn gegen Sie jedoch gleichzeitig ein berufliches Tätigkeitsverbot angeordnet wird (§31 S. 2 IfSG), erhalten Sie abweichend vom normalen Prozedere eine Entschädigung in Höhe Ihres Gehalts für die Dauer von sechs Wochen vom Arbeitgeber (§56 (2), (3) IfSG). Sie bekommen also auch Ihr Gehalt, wenn es Ihnen z. B. vom Gesundheitsamt verboten wurde, in Ihrem Beruf zu arbeiten. Ihr Arbeitgeber kann jedoch seine geleisteten Entschädigungs-Zahlungen auf Antrag vom Staat zurückerhalten. Das gilt auch bei einem Verdacht, wenn das Beschäftigungsverbot behördlich festgesetzt wurde. Schuld an Ihrem Arbeitsausfall ist dann in beiden Fällen nicht die (vermutete) Krankheit, sondern das Beschäftigungsverbot.

Wie verhält es sich, wenn Ihre Arbeitsstätte von den Behörden geschlossen wird?

Ob Ihr Arbeitgeber bei einer Betriebsschließung weiterhin Entgelt bezahlen muss, hängt vor allem damit zusammen, wie der Betrieb aufgebaut ist. Handelt es sich um einen Betrieb, bei dem Sie zwangsweise mit potentiell ansteckenden Personen (sprich Kunden) persönlich in Kontakt kommen müssen, erhalten Sie weiterhin Ihr Gehalt. Denn dann gehört dieses Zusammentreffen mit Kunden, Patienten, Schülern, etc. zum allgemeinen Betriebsrisiko. Betriebe, bei denen Kundenkontakt zwingend zum Betriebsrisiko gehört, sind z. B.: Krankenhäuser, Arztpraxen, Fluggesellschaften, Kindertagesstätten, Schulen, u. a. Auch hier gilt der Grundsatz, dass Ihr Arbeitgeber das weiter gezahlte Entgelt vom Staat zurückfordern kann (§56 IfSG).

Was ist zu tun, wenn Sie Ihre Kinder wegen Schließungen von Kindergarten/Schule betreuen müssen?

Grundsätzlich ist Ihr Arbeitgeber nicht verpflichtet, Ihnen weiterhin Lohn zu bezahlen, wenn Sie zu Hause bleiben müssen, um Ihre Kinder zu betreuen. Auch nicht, wenn dies vom Staat bundesweit so angeordnet wird, wie es z. B. in Bayern seit dem 16. März 2020 bis zum Ende der Osterferien (19. April 2020) der Fall ist. Wenn Ihr Arbeitsvertrag dies zulässt, könnte hier aber §616 BGB greifen. Dieser verpflichtet den Arbeitgeber über einen Zeitraum von bis zu 10 Tagen dazu, Ihren Lohn fortzuzahlen. Das Bürgerliche Gesetzbuch tritt aber nur in Kraft, wenn es sich um eine vorübergehende Verhinderung handelt. Diese Möglichkeit sollten Sie bei Ihrem Arbeitgeber erfragen.

Ist Ihr Arbeitgeber dazu verpflichtet, Vorsichtsmaßnahmen für Ihre Sicherheit zu treffen?

Ja, Ihr Arbeitgeber ist dazu verpflichtet, Schutzmaßnahmen zu treffen, um ein mögliches Ansteckungsrisiko zu minimieren. Dazu gehört im aktuellen Fall das Bereitstellen von Desinfektionsmittel an Orten, die für alle Mitarbeiter zugänglich sind bzw. Orten, die alle Mitarbeiter passieren müssen. Außerdem muss Ihr Arbeitgeber auf Hygienestandards hinweisen, z. B. durch das Aushängen von Plakaten zum richtigen Begrüßen, Händewaschen, Naseputzen, Husten, etc.

Mehrere Gesundheitsorganisationen empfehlen derzeit Menschen mit bekannten Atemwegserkrankungen zu Hause zu bleiben. Hierfür würde es sich anbieten, diese Mitarbeiter bevorzugt ins Homeoffice zu schicken.

Welche Betriebe sind systemrelevant und welche nicht?

Diese Betriebe, Einrichtungen und Personen sind als systemrelevant anzusehen:

  • Polizei, Feuerwehr, Rettungsdient und Hilfsorganisationen
  • Gefängnisse
  • Krisenstäbe
  • Telekommunikationsdienste, Energie, Wasser, öffentlicher Nahverkehr, Entsorgung
  • Betriebe im Gesundheitsbereich (z. B. von Arztpraxen, Krankenhäusern, Apotheken, etc.)
  • Pflegedienstleister und Pflegeeinrichtungen
  • Personal für die Notversorgung von Schulen und Kitas
  • Betriebsnotwendiges Personal und Schlüsselfunktionsträger von Ämtern, Behörden, Verwaltungen, Jobcentern, öffentlichen Hilfsangeboten und Notdienste
  • Personal der kritischen Infrastruktur (siehe unten)

Folgende Betriebe zählen zur kritischen Infrastruktur:

  • Geschäfte des täglichen Bedarfs, wie z. B. der Lebensmitteleinzelhandel, Drogerien, Tierbedarfsläden, Baumärkte, Getränkemärkte, Banken, Apotheken, Sanitätshäuser, Optiker, Hörgeräteakustiker, Postfilialen, Tankstellen, Reinigungen und der Online-Handel. Geschäfte im Lebensmitteleinzelhandel dürfen an Werktagen in einigen Bundesländern von 6 bis 22 Uhr geöffnet sein und an Sonn- und Feiertagen von 12.00 bis 18.00 Uhr. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Geschäfte diese verlängerten Öffnungszeiten umsetzen können oder wollen. In Bayern wurden auch Baumärkte vorübergehend geschlossen.
  • Sonstige: wichtige Dienstleister und Handwerksbetriebe
  • Betriebskantinen und Speiselokale durften in Bayern zunächst noch in der Zeit bis 15.00 Uhr geöffnet sein. Danach war nur noch das Mitnehmen der Speisen erlaubt. Seit dem 23. März 2020 ist es in der gesamten Bundesrepublik verboten, auf öffentlichem Raum Menschen zu treffen. Dies schließt auch ein, dass Speisen und Getränke nur noch zum Mitnehmen bestellt werden können.
  • Ausnahmen sind durch Sondergenehmigung zu Erwirken. Hiervon sind vor allem Shop-in-Shop-Lösungen betroffen.

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