Europarecht

Bewilligung, Prozesskostenhilfe, Somalia, Erfolgsaussicht, Beiordnung, Abschiebungsverbot, Aufenthaltsrecht, Bescheid, Ehe, Melderegister, Heimatland, Botschaft, Eintragung, Ablehnung, Bewilligung von Prozesskostenhilfe, Bewilligung Prozesskostenhilfe, Antrag auf Prozesskostenhilfe

Aktenzeichen  RO 9 K 20.76

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 9263
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin begehrt die Änderung der Angaben über ihren Familienstand im Melderegister der Beklagten.
Die Klägerin heiratete am 21. Januar 2019 vor der Botschaft der Bundesrepublik Somalia Berlin Herrn … nach islamischem Recht. Gemäß Bescheinigungen der Botschaft vom 21. Januar 2019 besitzen beide die somalische Staatsangehörigkeit; eine Ausstellung von Nationalpässen sei der Botschaft derzeit jedoch nicht möglich. Im Melderegister der Beklagten ist der Familienstand der Klägerin als „unbekannt“ und derjenige von Herrn … als „ledig“ angegeben.
Am 30. Juli 2019 beantragte die Klägerin unter Vorlage von in englischer und somalischer Sprache ausgestellten Heiratsurkunden der Botschaft der Bundesrepublik Somalia Berlin, den Familienstand im Melderegister der Beklagten auf „verheiratet“ zu ändern.
Mit Schreiben vom 9. Oktober 2019 wurde die Klägerin unter Darlegung der Sach- und Rechtslage zur beabsichtigten Ablehnung ihres Antrags angehört. Ohne Vorlage eines geeigneten Nachweises über den Besitz der somalischen Staatsangehörigkeit könne die vor der Botschaft geschlossene Ehe nicht in das Melderegister eingetragen werden. Eine Äußerung der Klägerin hierzu erfolgte nicht.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019, der Klägerin zugestellt am 17. Dezember 2019, lehnte die Beklagte den Antrag auf Änderung der Angaben über den Familienstand im Melderegister der Stadt W./Opf. ab. Gemessen an den Vorgaben des § 6 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 12 Satz 1 BMG i.V.m. Art. 5 Abs. 1 Buchst. d) der VO (EU) 2016/679 und des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB lägen die Voraussetzungen für die begehrte Berichtigung des Melderegisters nicht vor, weil die Klägerin den Besitz der somalischen Staatsangehörigkeit nicht hinreichend nachgewiesen habe. Eine Korrektur der Angaben über den Familienstand von „unbekannt“ in „verheiratet“ sei damit nicht möglich. Weder liege ein gültiger und von der Bundesrepublik Deutschland anerkannter somalischer Reisepass vor, noch sei die somalische Staatsangehörigkeit in sonstiger Weise nachgewiesen. Gemäß einer Allgemeinverfügung des Bundesministeriums des Innern über die Anerkennung eines ausländischen Passes oder Passersatzes vom 6. April 2016 (BAnz. AT 25. April 2016 B1) könnten nach dem 31. Januar 1991 ausgestellte oder verlängerte Pässe oder Passersatzdokumente generell nicht anerkannt werden. Die von der Botschaft der Bundesrepublik Somalia Berlin ausgestellten Bescheinigungen vom 21. Januar 2019 schieden als potentielle Nachweise über den Besitz der somalischen Staatsangehörigkeit aus, da Dokumente und Bestätigungen der Botschaft gewöhnlich nur auf Grundlage der Angaben der Antragsteller ausgestellt würden. Da die Vorlage eines geeigneten Nachweises der Klägerin obliege, könnten die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB für die begehrte Berichtigung des Melderegisters nicht geprüft werden, solange ein entsprechender Nachweis nicht vorliege.
Hiergegen ließ die Klägerin am 17. Januar 2020 beim Verwaltungsgericht Regensburg Klage gegen die Beklagte erheben. Gleichzeitig wurde unter Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin nebst Unterlagen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung des Bevollmächtigten gestellt. Die Klägerin habe einen Anspruch auf wahrheitsgemäße Änderung ihrer Angaben. Vom Umstand der Unrichtigkeit und/oder Unvollständigkeit des Melderegisters sei vorliegend auszugehen. Die Klägerin und ihr Ehemann seien nach dem Recht des Staats (Somalia) ordnungsgemäß verheiratet; die Ehe sei ordnungsgemäß geschlossen worden, was die Beklagte ganz offensichtlich auch nicht in Abrede stelle. Sofern ein Nachweis über den Besitz der somalischen Staatsangehörigkeit gefordert werde, sei dieser angesichts der Bescheinigungen der Botschaft erbracht. Vor dem Hintergrund, dass aufgrund Allgemeinverfügung nach dem 31. Januar 1991 ausgestellte oder verlängerte Pässe oder Passersatzdokumente generell nicht anerkannt würden, fordere die Beklagte von der Klägerin Unmögliches. Selbst bei Vorlage eines Passes bzw. Passersatzes würde dieser von der Beklagten nicht anerkannt werden können; dies liege in der Natur der Sache begründet. Dies könne allerdings nicht dazu führen, der Klägerin den Status „verheiratet“ auf Dauer zu verwehren. Nicht außer Acht gelassen werde dürfe in diesem Zusammenhang auch, dass das Bundesamt ausweislich seines Bescheids vom 28. September 2011 (Gz. 545 1460-273), in welchem das Vorliegen eines Abschiebungsverbots hinsichtlich Somalia festgestellt werde, davon ausginge, dass der Ehemann der Klägerin aus Somalia stamme. Möglicherweise sei in diesem Zusammenhang Art. 13 Abs. 2 EGBGB ins Auge zu fassen. Insbesondere dessen Ziffer 2 mache deutlich, dass ggf. deutsches Recht anzuwenden sein würde, wenn es mit der Eheschließungsfreiheit unvereinbar sei, die Eheschließung zu versagen.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 16. Dezember 2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Familienstand der Klägerin im Melderegister der Stadt W. in „verheiratet“ zu ändern.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Anspruchsgrundlage für das Berichtigungsbegehren der Klägerin bilde nach Inkrafttreten des Zweiten Datenschutz-Anpassungs- und Umsetzungsgesetzes EU vom 20. November 2019 Art. 16 DSGVO. Beim Familienstand handle es sich zwar um personenbezogene Daten im Sinne dieser Norm. Eine Berichtigung könne allerdings nur dann erfolgen, wenn – erweislich – die fragliche über die getroffene Person gespeicherte Information mit der Realität nicht übereinstimme. Ein Berichtigungsanspruch in diesem Sinne bestehe folglich nur dann, wenn erstens feststehe, dass die von der Beklagten zum Familienstand gespeicherten Angaben objektiv nicht mit der Realität übereinstimmten, und wenn zweitens zugleich feststünde, dass die von der Klägerin als richtig benannten Angaben tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Gemessen daran lägen die Voraussetzungen für eine Berichtigung nicht vor, weil die Eintragung als „verheiratet“ nicht richtig sein würde. In Deutschland gelte der Grundsatz der obligatorischen Zivilehe im Sinne des § 1310 Abs. 1 Satz 1 BGB. Darüber hinaus könne nach Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB ausnahmsweise eine Ehe zwischen Verlobten, von denen keiner Deutscher sei, vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehöre, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Gemäß Wortlaut setze die Vorschrift einen Nachweis über das Bestehen einer ausländischen Staatsangehörigkeit eines Ehegatten voraus, vor dessen konsularischer Vertretung die Ehe geschlossen worden sei. Eine bloße Glaubhaftmachung genüge insoweit nicht. Der Nachweis einer ausländischen Staatsangehörigkeit werde grundsätzlich durch Vorlage eines ausländischen Reisepasses erbracht. Denkbar sei jedoch auch die Vorlage einer gesonderten Bescheinigung der zuständigen Behörde des Heimatstaats (vgl. § 8 Abs. 2 Nr. 3 PStV). Wenngleich das somalische Recht die Möglichkeit einer Eheschließung im Ausland vor konsularischen Vertretungen der Bundesrepublik Somalia vorsehe, liege hier mangels Nachweises über den Besitz der somalischen Staatsangehörigkeit eine Nichtehe vor. Mangels Vorliegens der personellen Voraussetzungen des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB könne die Wirksamkeit der geschlossenen Konsulatsehe nicht bejaht werden. Durch die vorgelegten Bescheinigungen vom 21. Januar 2019 sei die somalische Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes nicht hinreichend nachgewiesen. Dokumente und Bestätigungen der somalischen Botschaft würden gewöhnlich nur auf Grundlage der Angaben der Antragsteller ausgestellt. Im Übrigen bestehe keine Möglichkeit, über amtliche Register verlässliche Auskünfte über somalische Staatsangehörige zu erhalten. Der vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge im Asylverfahren erlassene Bescheid entfalte nach § 6 Satz 1 AsylG nur insoweit Bindungswirkung, als alle staatlichen Instanzen der Bundesrepublik Deutschland vom Vorliegen eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Somalia ausgehen müssten. Eine weitergehende konstitutive Feststellungswirkung hinsichtlich des Vorliegens der somalischen Staatsangehörigkeit lasse sich aus der Entscheidung nicht ableiten. Eine solche Annahme würde auch aus Gründen des Völkerrechts rechtlich nicht zulässig sein, da jeder Staat selbständig regle, wann und unter welchen Voraussetzungen eine Person seine Staatsangehörigkeit erwerbe oder verliere. Mit der streitgegenständlichen Ablehnung werde die Eheschließung de lege lata nicht versagt. Überhaupt sei die Prüfung der Ehevoraussetzungen nicht Gegenstand des Klageverfahrens. Die Beklagte sei in vorliegender Streitsache nicht Standesamtsbehörde. Ein Eingriff in die Eheschließungsfreiheit sei daher nicht erkennbar. Der anhängige Rechtsstreit behandle lediglich die Frage, ob die von der Klägerin (bereits) geschlossene Konsulatsehe nach deutschem Recht als wirksam anzusehen und damit als tragfähige Grundlage für eine Berichtung der Melderegisterangaben Verwendung finden könne. Wann eine Inlandsehe formfehlerhaft geschlossen worden sei und welche Folgen dies habe, richte sich allein nach deutschem Recht. Insoweit komme ohnehin ausschließlich deutsches Recht zur Anwendung, weshalb der Hinweis des Bevollmächtigten auf Art. 13 Abs. 2 Nr. 2 EGBGB nicht weiterhelfe. Könne die Unrichtigkeit der gespeicherten Daten und die Richtigkeit der nach Meinung der Klägerin abzuspeichernden Daten von der nachweispflichtigen Klägerin nicht nachgewiesen werden, sei der Berichtigungsantrag abzulehnen. Im Falle der Unaufklärbarkeit gehe dies damit in vollem Umfang zu ihren Lasten. Die Ablehnung der gewünschten Korrektur belaste die Klägerin angesichts der dem Melderecht obliegenden Ordnungsaufgaben, die im Wesentlichen im öffentlichen Interesse lägen, auch nur gering. Die Freiheit der ehelichen Lebensgestaltung werde von der melderechtlichen Typisierung nicht berührt. Zudem seien etwaige Unzuträglichkeiten oder Härten, die sich aus der Anknüpfung anderer Rechtsvorschriften an melderechtliche Eintragungen ergäben, bei deren Auslegung und nicht im Rahmen des Melderechts zu bewältigen. Ohnehin könne dem sinngemäß vorgetragenen Begehren, die volle statusrechtliche Anerkennung einer wirksamen Ehe zu erstreiten, mit einer Berichtigung des Melderegistereintrags nicht Rechnung getragen werden. Eine Rechtswirkung für und gegen alle könne die Klägerin beim örtlich zuständigen Standesamt durch Eintragung in das Eheregister nach § 34 Abs. 1 Satz 1 PStG erreichen, da gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 PStG die Beurkundungen in den Personenstandsregistern die Eheschließung bewiesen. Die Möglichkeit der Beurkundung im deutschen Eheregister erstrecke sich dabei auch auf durchgeführte Konsulatsehen zwischen Nicht-Deutschen im Bundesgebiet (§ 34 Abs. 2 PStG). Im Übrigen sei das Melderecht auf einen einfachen und zügigen Vollzug angelegt und deshalb vom Gesetzgeber bewusst von Fragestellungen freigehalten worden, die angesichts der Vielfalt der Lebensgestaltungen zu komplizierten und streitträchtigen Erwägungen Anlass gäben. Hierzu zähle auch die hier in Streit stehende Rechtsfrage, ob eine sogenannte Konsulatsehe bei Fehlen eines geeigneten Nachweises der Staatsangehörigkeit volle Rechtswirkung wie eine im Inland geschlossene Ehe entfalte.
Hierauf erwiderte der Bevollmächtigte mit Schreiben vom 9. Juni 2020, dass vorliegend auf die obligatorische Zivilehe nicht abgestellt werden könne. Entscheidend sei vielmehr Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB. Die Klägerin habe die Ehe nach den für ihr Heimatland geltenden Regeln geschlossen; es handle sich keineswegs um eine Nichtehe. Die Klägerin und ihr Ehemann besäßen die somalische Staatsangehörigkeit, wovon auch die Beklagte selbst ausgehe. Da aufgrund einer Allgemeinverfügung des Bundesinnenministeriums somalische Pässe und Passersatzdokumente generell nicht anerkannt würden, verlange die Beklagte von der Klägerin Unmögliches. Die von der Klägerin geschlossene Konsulatsehe sei im Inland anzuerkennen mit den Rechtswirkungen einer im Inland geschlossenen Ehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht des Rechtsschutzbegehrens scheidet bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der Bewilligungsreife mit Eingang von Klageerwiderung und Akten bei Gericht am 28. Mai 2020 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung nach Maßgabe von § 166 VwGO i.V.m. §§ 114, 121 ZPO ungeachtet der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin aus. Denn der streitgegenständliche Ablehnungsbescheid erweist sich als rechtmäßig, nachdem die Klägerin nach Lage der Akten keinen Anspruch auf Änderung ihres Familienstands im Melderegister der Beklagten hat (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Wie von der Beklagten zutreffend ausgeführt, basiert das klägerische Begehren vorliegend auf Art. 16 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung, ABl. L 119 vom 04.05.2016, S. 1, im Folgenden: DSGVO). Nach dessen Satz 1 hat jede betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO unverzüglich die Berichtigung sie betreffender unrichtiger personenbezogener Daten zu verlangen. Ferner hat sie gemäß Art. 16 Satz 2 DSGVO unter Berücksichtigung der Zwecke der Verarbeitung das Recht, die Vervollständigung unvollständiger personenbezogener Daten – auch mittels einer ergänzenden Erklärung – zu verlangen. Beim streitgegenständlichen Familienstand, der gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 14 Bundesmeldegesetz (BMG) von den Meldebehörden zur Erfüllung ihrer Aufgaben zu jeder in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Person (Einwohner) in deren Melderegister zu speichern ist, handelt es sich zweifellos um ein personenbezogenes Datum im Sinne des Art. 16 DSGVO.
Eine Berichtigung kann nach Art. 16 Satz 1 DSGVO folglich nur erfolgen, wenn der im Melderegister der Beklagten angegebene Familienstand der Klägerin unrichtig wäre. Gleichermaßen erforderlich ist damit, dass die von der Klägerin begehrte Familienstandsangabe richtig ist. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall, da sie – wie von der Beklagten zutreffend dargestellt – ihren Familienstand als „verheiratet“ nicht nachgewiesen hat.
1. In Deutschland gilt der Grundsatz der obligatorischen Zivilehe, weshalb gemäß § 1310 Abs. 1 Satz 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Eingehung einer Ehe im Rechtssinne die Erklärung der Ehschließenden vor dem Standesbeamten, miteinander die Ehe eingehen zu wollen, voraussetzt. In Ausnahme von diesem Grundsatz (vgl. Art. 13 Abs. 4 Satz 1 Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch – EGBGB) kann nach Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB zwischen Verlobten, von denen keiner Deutscher ist, eine Ehe vor einer von der Regierung des Staates, dem einer der Verlobten angehört, ordnungsgemäß ermächtigten Person in der nach dem Recht dieses Staates vorgeschriebenen Form geschlossen werden. Eine beglaubigte Abschrift der Eintragung der so geschlossenen Ehe in das – nicht mit dem deutschen Personenstandsregister im Sinne des § 3 Personenstandsgesetz (PStG) zu verwechselnden – Standesregister des betreffenden Staates, das von der dazu ordnungsgemäß ermächtigten Person geführt wird, erbringt dabei vollen Beweis der Eheschließung (Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 2 EGBGB).
2. Entgegen der Ansicht des Bevollmächtigten stellt die Beklagte vorliegend gerade nicht auf den Grundsatz der obligatorischen Zivilehe, sondern vielmehr auf die Ausnahmeregelung des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB ab, dessen Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt sind.
Ausweislich des Wortlauts der Norm beinhaltet Art. 13 Abs. 4 Satz 2 Hs. 1 EGBGB neben den Voraussetzungen an die Trauungsperson und an den Trauungsvorgang auch personelle Voraussetzungen. Beide Verlobte müssen Nicht-Deutsche sein (bei Beteiligung eines Deutschen steht Art. 13 Abs. 4 S. 2 EGBGB nicht zur Verfügung), wenngleich sie verschiedenen Staaten angehören können oder einer von ihnen staatenlos sein kann. Darüber hinaus muss wenigstens ein Verlobter Angehöriger jenes Staates sein, der (dessen „Regierung“) das Trauungsorgan und den Registerführer „ordnungsgemäß ermächtigt“ hat. Fehlt eine personelle Voraussetzung, ist also ein Verlobter Deutscher oder sind beide Verlobten Staatenlose oder gehört keiner von ihnen dem Ermächtigungsstaat an, so ist die Trauung vom deutschen Standpunkt aus unwirksam, die Verbindung somit eine Nichtehe (AG Mainz FamRZ 2003, 600: Mann hatte vor der Trauung die deutsche Staatsangehörigkeit angenommen, das Gericht bejahte allerdings die Heilung der Nichtehe; Palandt/Thorn Rn. 28; vgl. LG Göttingen StAZ 1995, 216; MüKoBGB/Coester, 8. Aufl. 2020, EGBGB Art. 13 Rn. 139).
a. Ausgehend hiervon muss also mindestens einer der Verlobten die Staatsangehörigkeit desjenigen Staates besitzen, vor dessen ermächtigter Trauungsperson sich die Verlobten trauen lassen. In Deutschland darf eine Ehe nur geschlossen werden, wenn die Staatsangehörigkeit (und damit das Heimatrecht nach Art. 13 EGBGB) nachgewiesen ist. Ausländische Staatsangehörige müssen ihre Staatsangehörigkeit gemäß § 8 Abs. 2 Personenstandsverordnung (PStV) durch Reisepass oder Passersatz, amtlichen Personalausweis oder Bescheinigung der zuständigen Behörde des Heimatstaates nachweisen. Ein anderweitiger Nachweis kommt ausnahmsweise in Betracht, wenn die Beschaffung der üblichen Ausweispapiere oder Dokumente unmöglich oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten oder mit unverhältnismäßigen Kosten durchführbar und deshalb unverhältnismäßig und unzumutbar ist (OLG Frankfurt a.M. StAZ 2005, 322; Huber/Eichenhofer/Endres de Oliveira, Aufenthaltsrecht, Teil 1. B. VIII. Aufenthalt aus familiären Gründen (§§ 27 bis 36 AufenthG) Rn. 740, beck-online). Dabei gilt, dass an den Nachweis keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden dürfen (KG Berlin InfAuslR 2002, 95 (96); Huber/Eichenhofer/Endres de Oliveira, Aufenthaltsrecht, Teil 1. B. VIII. Aufenthalt aus familiären Gründen (§§ 27 bis 36 AufenthG) Rn. 740, beck-online).
b. Weder die Klägerin noch ihr Ehemann können einen Reisepass oder ähnliche Papiere im Sinne des § 8 Abs. 2 PStV vorlegen. Sie verfügen unstrittig lediglich über die Bescheinigungen der Botschaft der Bundesrepublik Somalia Berlin vom 21. Januar 2019, wonach beide die somalische Staatsangehörige besitzen. Diese Bescheinigungen stellen jedoch – wie von der Beklagten zutreffend angenommen – keinen ausreichenden Nachweis dar. Dokumente und Bestätigungen der somalischen Botschaft werden in der Regel nur auf Grundlage der Angaben der betreffenden Antragsteller ausgestellt (OLG Oldenburg, B.v. 30.1.2020 – 12 W 63/19; BayVGH, B.v. 4.12.2018 – 5 C 18.2372; OLG Dresden, B.v. 27.3.2018 – 3 W 1165/17; Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage zur rechtlichen Lage von somalischen Staatsbürgern in Deutschland, BT-Drs. 19/4022 vom 27.8.2018, S. 3 und 9). Zudem besteht keine Möglichkeit, über amtliche Register verlässliche Auskünfte über somalische Staatsangehörige zu erhalten (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Somalia vom 18.4.2021, Stand: Januar 2021, S. 25). Tatsächlich würde der Klägerin – wie von ihrem Bevollmächtigten zu Recht vorgebracht – angesichts der Allgemeinverfügung des Bundesministeriums des Innern vom 6. April 2016 auch ein von der somalischen Botschaft Berlin ausgestellter Reisepass nicht zum Erfolg ihres Begehrens verhelfen.
Ebenfalls kann aufgrund der lediglich beschränkten Bindungswirkung einer asylrechtlichen Entscheidung nach § 6 Satz 1 AsylG das gegenüber dem Ehemann der Klägerin festgestellte Abschiebungsverbot für Somalia keinen Nachweis für dessen Staatsangehörigkeit begründen. Insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen der Beklagten Bezug genommen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
c. Gleichwohl kommt es vorliegend nicht darauf an, ob eine auf Basis des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB geschlossene Ehe bei Fehlen eines geeigneten Nachweises der Staatsangehörigkeit dieselbe Rechtswirkung wie eine im Inland geschlossene Ehe entfaltet, oder ob von der Klägerin bzw. ihrem Ehemann überhaupt der Nachweis ihrer Staatsangehörigkeit in zumutbarer Weise verlangt werden kann. Denn hierbei handelt es sich um eine Frage des den Standesämtern obliegenden Personenstandsrechts und nicht des vorliegend allein betroffenen Melderechts (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 5 ZB 15.142, BeckRS 2016, 53214 Rn. 7, beck-online).
Nach Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 Meldegesetz (MeldeG) wird das Melderegister im öffentlichen Interesse geführt, um die Aufgabenerfüllung der Meldebehörden zu ermöglichen (BayVGH, B.v. 9.12.2014 – 5 ZB 13.1937 – juris Rn. 11 m.w.N.). Das Melderecht ist nach der Natur der Sache auf einen einfachen und zügigen Vollzug angelegt und deshalb vom Gesetzgeber von Fragestellungen freigehalten worden, die angesichts der Vielfalt der Lebensgestaltungen zu komplizierten und streitträchtigen Erwägungen Anlass geben (BVerwG, U.v. 20.3.2002 – 6 C 12.01 – NJW 2002, 2579; BayVGH, U.v. 30.1.2013 – 5 B 12.1661 – NJW 2013, 1979/1980; ders., B.v. 23.9.2016 – 5 ZB 15.142, BeckRS 2016, 53214 Rn. 6, beck-online). Im Rahmen ihrer bestehenden melderechtlichen Zuständigkeit (vgl. BayVGH, B.v. 9.12.2014 – 5 ZB 13.1937 – juris Rn. 14) und zur Erfüllung ihrer im öffentlichen Interesse liegenden Ordnungsaufgaben (vgl. BVerwG, U.v. 20.3.2002 – 6 C 12.01 – NJW 2002, 2579/2580) hat die Beklagte eine melderechtliche und keine personenstandsrechtliche Entscheidung getroffen. Für personenstandsrechtliche Entscheidungen wäre nicht die Beklagte, sondern das Standesamt sowie gegebenenfalls die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig (vgl. BayVGH, B.v. 23.9.2016 – 5 ZB 15.142, BeckRS 2016, 53214 Rn. 7, beck-online).
Damit verfängt auch der Verweis des Bevollmächtigten auf die Eheschließungsfreiheit nicht, da diese – ungeachtet dessen, dass sie durch die bloße Ablehnung der melderechtlichen Änderung ohnehin nicht berührt wird – wiederum das Personenstandsrecht betrifft und vorliegend gerade nicht in Rede steht.
d. Allerdings kann – wie auch die Beklagte zutreffend anführt – das klägerische Ziel durch Beurkundung der Eheschließung im Eheregister als Teil des Personenstandsregisters (§§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 15 PStG) erreicht werden.
Nach § 34 Abs. 2 PStG erfolgt die Beurkundung der Eheschließung auf Antrag im Eheregister nach Absatz 1 auch dann, wenn die Ehe im Inland im Rahmen des Art. 13 Abs. 4 Satz 2 EGBGB geschlossen wurde. Zuständig für die Beurkundung ist dabei das Standesamt, in dessen Zuständigkeitsbereich die antragsberechtigte Person ihren Wohnsitz hat oder zuletzt hatte oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat (§ 34 Abs. 4 Satz 1 PStG).
Durch die Beurkundung im Personenstandsregister, d.h. durch Eintragung der Ehe im Eheregister eines deutschen Standesamtes, gilt die Eheschließung als bewiesen (§ 54 Abs. 1 Satz 1 PStG; vgl. Andrae in: Andrae, Internationales Familienecht, 4. Auflage 2019, § 1 Rn. 100; Heidel/Hüßtege/Mansel/Noack, BGB Allgemeiner Teil/EGBGB, EGBGB Art. 13 Rn. 124 Rn. 124, beck-online). In der Folge müsste dieser Umstand – ungeachtet der Frage der Staatsangehörigkeit der Klägerin und ihres Ehemannes – auch von der Beklagten in ihrer Funktion als Meldebehörde anerkannt und auf dieser Basis der Personenstand der Klägerin, wie von ihr begehrt, in den Status „verheiratet“ abgeändert werden.
Wenngleich auch im Rahmen der Beantragung der Beurkundung im Eheregister die Frage der Staatsangehörigkeit relevant werden mag, so handelt es sich wiederum um eine personenstandsrechtliche Frage, die für den vorliegenden Verfahrensgegenstand ohne Belang bleibt.


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