IT- und Medienrecht

Fernwärmelieferungsvertrag: Anforderung einer Preisanpassung an Gebot der Kostenorientierung

Aktenzeichen  VIII ZR 209/18

Datum:
18.12.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2019:181219UVIIIZR209.18.0
Normen:
§ 24 Abs 3 S 1 AVBFernwärmeV vom 20.06.1980
§ 24 Abs 4 S 1 AVBFernwärmeV
§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB
Spruchkörper:
8. Zivilsenat

Leitsatz

1. Nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 aF) müssen in Fernwärmelieferungsverträgen enthaltene Anpassungsklauseln für den Arbeitspreis so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen (sog. Kostenelement) als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt (sog. Marktelement) angemessen berücksichtigen. Hinsichtlich des Kostenelements ist zwar keine Kostenechtheit, aber eine unmittelbare Anknüpfung an die beim Fernwärmeversorger anfallenden Kosten der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme geboten. Spiegelt eine Preisanpassungsklausel eine derartige Kostenorientierung nicht wie erforderlich wider, ist sie schon aus diesem Grund mit § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 aF) nicht zu vereinbaren (Bestätigung der Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 33, 37 f.; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 19 ff. und vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 26 f.).
2. Mit Blick hierauf kann ein vom Fernwärmeversorger gewählter Preisänderungsparameter – wie im Streitfall der von der Beklagten gewählte “HEL”-Faktor – nur dann als geeignet angesehen werden, seine Brennstoffbezugskosten ausreichend abzubilden, wenn feststeht, dass das Versorgungsunternehmen gegenüber seinem Vorlieferanten einer Bindung an einen Preisänderungsparameter unterliegt, der seiner Art und seinem Umfang nach im Wesentlichen der von ihm gegenüber seinen Endkunden praktizierten Bindung an diese Bezugsgröße entspricht (Bestätigung der Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 41; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 25 und vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 40).
An einer solchen Entsprechung fehlt es, wenn der vom Fernwärmeversorger in seinem Brennstoffbezugsvertrag zu entrichtende Arbeitspreis – wie im Streitfall – nur zu 75% durch “HEL” bestimmt wird, der vom Endkunden nach den Regelungen des Wärmelieferungsvertrags zu entrichtende Arbeitspreis indes zu 100%.
An einem nach Art und Umfang wesentlichen Gleichlauf der Preisänderungsregelungen in den beiden miteinander zu vergleichenden Verträgen fehlt es zudem dann, wenn die Preisanpassungsklausel des Fernwärmelieferungsvertrags die Multiplikation des Ausgangsarbeitspreises mit dem Preisänderungsparameter – im Streitfall “HEL” – vorsieht, während die entsprechende Bestimmung im Brennstoffbezugsvertrag des Fernwärmeversorgers den Preisänderungsparameter zum Ausgangsarbeitspreis lediglich addiert. Denn durch die Multiplikation wird eine Hebelwirkung erzielt, die dazu führt, dass der Fernwärmeversorger nicht nur die ihm tatsächlich entstehenden Bezugskostensteigerungen weitergeben, sondern gegenüber dem Kunden stärkere Preiserhöhungen geltend machen und zusätzliche Gewinne realisieren kann.

Verfahrensgang

vorgehend LG Lübeck, 23. Mai 2018, Az: 14 S 203/16vorgehend AG Ahrensburg, 2. September 2016, Az: 49a C 1515/14

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte, Rechtsnachfolgerin der W.            A.        GmbH, ist ein Energieversorgungsunternehmen, das im Stadtgebiet von Ahrensburg Kunden mit Fernwärme beliefert. Die Fernwärme wird in einem Blockheizkraftwerk der Beklagten erzeugt, das ausschließlich mit Erdgas betrieben wird.
2
Die Rechtsvorgängerin der Beklagten bot dem in A.       wohnhaften Kläger den Abschluss eines Fernwärmelieferungsvertrags ab dem 30. April 2002 an. Der Kläger unterzeichnete das ihm übersandte Vertragsexemplar nicht, nahm jedoch ab dem 30. April 2002 von der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin Fernwärme ab.
3
Die Abrechnungen für die vom Kläger abgenommene Fernwärme erstellte die Beklagte für den hier streitgegenständlichen Zeitraum von 2010 bis 2013 auf der Grundlage der vorformulierten Preisbestimmungen für Arbeits-, Grund- und Messpreis aus dem Vertragsangebot von 2002, wobei sie Messpreise erst ab 2011 berechnete. Das Vertragsangebot enthielt folgende Preisanpassungsregelung:
“§ 7 Preise und Preisänderungen
(1) Der Preis für die gelieferte Wärme besteht aus einem Arbeitspreis, einem Jahresgrundpreis und einem Messpreis.
(2) Arbeitspreis (AP)
AP = 24,79 € / MWh x (HEL /18,27)
Hierin bedeuten:
HEL:   
Der vom Statistischen Bundesamt für den Berichtsort Hamburg veröffentlichte Preis für extra leichtes Heizöl bei Lieferung in Tankkraftwagen an den Verbraucher, 40-50 hl pro Auftrag (einschl. Mineralölsteuer und EBV). Die Veröffentlichung erfolgt derzeit in der Fachserie 17, Preise, Reihe 2, Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise), im Tabellenteil 3 “Erzeugerpreise ausgewählter gewerblicher Produkte”.
Basiswert: 18,27 €/hl (1/99 – 6/99)
Der Arbeitspreis wird am 01.04. und 01.10 eines jeden Jahres der Heizölpreisentwicklung angepasst. Als Folgewert für HEL gilt:
Bei der Anpassung zum 01. April: Das arithmetische Mittel der veröffentlichten Werte für die Monate Juli bis einschließlich Dezember des Vorjahres.
Bei der Anpassung zum 01. Oktober: Das arithmetische Mittel der veröffentlichten Werte für die Monate Januar bis einschließlich Juni des laufenden Jahres.
(3) Grundpreis (GP)
GP = 352,79 €/a (für WE in Einfamilienhäusern) x (0,5 + 0.25 * INV /102,7 + 0,25 * L /107,0)
Hierin bedeuten:
INV:   
Der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Index der Erzeugnisse der Investitionsgüterproduzenten, Gebietsstand Deutschland. Die Veröffentlichung erfolgt derzeit in der Fachserie 17, Preise, Reihe 2, Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise), laufende Nr. 5.
        
Der v.g. Index wird zzt. auf der Basis 1995 = 100 notiert.
        
Basiswert: 102,7 (1995 = 100), Stand 1/98 -12/98
        
        
L:    
Der vom Statistischen Bundesamt veröffentlichte Index Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden (Grundlage: Fachserie 16, Löhne und Gehälter; Reihe 4.3; Index der Tariflöhne und -gehälter; 2 Index der tariflichen Stundenlöhne in der gewerblichen Wirtschaft und bei Gebietskörperschaften; Wirtschaftsbereich/-zweig Bergbau)
        
Basiswert: 107,0 (1995 = 100), Stand 1/98 – 12/98
(4) Messpreis (MP)
MP = 50,10 €/a x (0,5 + 0,25 * INV /102,7 + 0,25 * L /107,0)
Hierin bedeuten:
INV: Investitionsgüterindex in der Definition gemäß § 7 Abs. 3 dieses Vertrages
L: Lohnindex in der Definition gemäß § 7 Abs. 3 dieses Vertrages.
Etwaige Änderungen nach (3) und (4) werden jeweils zum 1. Oktober eines Jahres vorgenommen. Als Folgewerte für INV und L gelten das arithmetische Mittel des Zeitraumes Januar bis Dezember des Vorjahres.”
4
Die Beklagte bezog das zur Wärmeerzeugung erforderliche Erdgas aufgrund eines Rahmenvertrags von einem Lieferanten. Dieser Bezugsvertrag enthielt in Anlage 1 folgende – von der Beklagten teilweise geschwärzte – Preisanpassungsregelungen:
“Preisregelung
1. Preiskomponenten und Berechnungsgrundlagen
Für die Bereitstellung und Lieferung des Erdgases zahlt der Kunde
– einen Jahresgrundpreis Netz (GPN),
– einen Leistungspreis Energie (LPE),
– einen Leistungspreis Netz (LPN),
– einen Arbeitspreis Energie (APE),
– einen Arbeitspreis Netz (APN).
2. Jahresgrundpreis Netz
2.1 Der Jahresgrundpreis Netz (GPN) entspricht den jeweils gültigen, veröffentlichten Netznutzungsentgelten des jeweiligen Netzbetreibers je Verbrauchsstelle gemäß Anlage 4.
2.2 Der Jahresgrundpreis Netz enthält die Netzabrechnung und, sofern vom Netzbetreiber bereitgestellt, die Bereitstellung der notwendigen Messeinrichtung/en in der erforderlichen Größe.
2.3 Der Jahresgrundpreis Netz wird anteilig auf den Verbrauchszeitraum in monatliche Abschläge aufgeteilt und in der monatlichen Abrechnung in Rechnung gestellt.
3. Leistungspreis Energie
3.1 Der Leistungspreis Energie errechnet sich wie folgt:
LPE = LPE0 + 6,4099 x (-1) Euro/kWh/h, Hs.n
ln vorstehenden Preisformeln bedeuten:
LPE0 = Ausgangsleistungspreis Energie
LI = aktueller Wert des Lohnindex
Der Ausgangsleistungspreis Energie beträgt:
(geschwärzt) Euro/kWh/h, Hs.n
3.2 Der Lohnindex (LI) ist der Durchschnitt der Indexwerte des tariflichen Monatsgehalts in der Energieversorgung (Frauen und Männer), Basisjahr 2005 = 100, gemäß nachstehender lit. a).
a) Der Leistungspreis Energie ändert sich jährlich zu Beginn eines Lieferjahres. Hierbei wird jeweils das arithmetische Mittel der vom Statistischen Bundesamt zum 1. Juli und 1. Oktober des vorhergehenden Kalenderjahres sowie zum 1. Januar und 1. April des laufenden Kalenderjahres in der Fachserie 16, Reihe 4.3, Verdienste und Arbeitskosten, Index für Tarifverdienst und Arbeitszeiten, 2 Index der tariflichen Monatsverdienste im Produzierenden Gewerbe und im Dienstleistungsbereich, 2.1 Deutschland, veröffentlichten Lohnindexwerte zugrunde gelegt.
(…)
4. Jahresleistungspreis Netz
4.1 Der Jahresleistungspreis Netz (LPN) entspricht den jeweils veröffentlichten Netznutzungsentgelten des jeweiligen Netzbetreibers je Verbrauchsstelle gemäß Anlage 4 (…).
5. Arbeitspreis
5.1 Der Arbeitspreis setzt sich zusammen aus einem Arbeitspreis Energie (APE) und einem Arbeitspreis Netz (APN).
5.2 Der Arbeitspreis Energie (APE) errechnet sich wie folgt:
APE1 = APE0 + 0,06837 x (HEL – 45,54) Ct/kWh, Hs.n
In vorstehenden Preisformeln bedeuten:
APE1= resultierender Arbeitspreis Energie in ct/kWh
APE0 = Ausgangsarbeitspreis Energie
HEL = der Preis für leichtes Heizöl in Euro/hl, gemäß Ziffern 5.2, 5.3 und 6
Der Ausgangsarbeitspreis Energie beträgt:
(geschwärzt) Ct/kWh, Hs.n
••
5.3 Der Preis für leichtes Heizöl (ohne Umsatzsteuer) in Euro/hl ist den monatlichen Veröffentlichungen des Statistischen Bundesamtes, Wiesbaden, unter Fachserie 17 – Preise, Reihe 2 “Preise und Preisindizes für gewerbliche Produkte (Erzeugerpreise)” – zu entnehmen, und zwar der Preis frei Verbraucher für den Berichtsort Rheinschiene bei Tankkraftwagen-Lieferung, 40-50 hl pro Auftrag, einschließlich Verbrauchssteuer. Maßgebend ist das arithmetische Mittel der Preise der Monatswerte des Berichtsortes.
5.4 Der Arbeitspreis Energie gemäß Ziffer 5.2 verändert sich mit Wirkung zum 1. Januar, 1. April, 1. Juli und 1. Oktober eines jeden Jahres, wobei für die Bildung des Arbeitspreises Energie
• zum 1. Januar das arithmetische Mittel der Preise für leichtes Heizöl gemäß Ziffer 5.3 der Monate Juni bis einschließlich November des vorhergehenden Kalenderjahres,
• zum 1. April das arithmetische Mittel der Preise für leichtes Heizöl gemäß Ziffer 5.3 der Monate September bis einschließlich Dezember des vorhergehenden Kalenderjahres und der Monate Januar und Februar des laufenden Kalenderjahres
• zum 1. Juli das arithmetische Mittel der Preise für leichtes Heizöl gemäß Ziffer 5.3 des Monats Dezember des vorhergehenden Kalenderjahres und der Monate Januar bis einschließlich Mai des laufenden Kalenderjahres und
• zum 1. Oktober das arithmetische Mittel der Preise für leichtes Heizöl gemäß Ziffer 5.3 der Monate März bis einschließlich August des laufenden Kalenderjahres
zugrunde zu legen ist.
5.7 Der Arbeitspreis Netz (APN) entspricht den jeweils gültigen veröffentlichten Netznutzungsentgelten des jeweiligen Netzbetreibers je Verbrauchsstelle gemäß Anlage 4 (…).”
5
Der Kläger zahlte für die von ihm abgenommene Fernwärme die ihm von der Beklagten in Rechnung gestellten – nach Maßgabe der Preisanpassungsklauseln gemäß § 7 des Vertragsangebots alle sechs Monate erhöhten – Entgelte. Mit Schreiben vom 28. Dezember 2013 widersprach er jedoch allen seit dem Jahr 2010 von der Beklagten beziehungsweise ihrer Rechtsvorgängerin vorgenommenen Arbeitspreiserhöhungen.
6
Mit der vorliegenden Klage hat der Kläger die Beklagte auf Rückzahlung der für die Jahre 2010 bis 2013 geleisteten Fernwärmeentgelte in Höhe von insgesamt 4.861,94 € in Anspruch genommen. Die Klage hat in den Vorinstanzen hinsichtlich der auf die Arbeitspreisanpassung gemäß § 7 Abs. 2 des Vertrags entfallenden Entgeltanteile von insgesamt 3.078,99 € Erfolg gehabt. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr auf vollständige Klageabweisung gerichtetes Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

7
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
8
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
9
Dem Kläger stehe nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf Rückzahlung der auf die Arbeitspreisanpassung entfallenden Entgeltanteile zu, da die Preisanpassungsklausel in § 7 Abs. 2 des zwischen den Parteien bestehenden Wärmelieferungsvertrags, auf die sich die Beklagte zur Begründung ihrer Entgeltansprüche stütze, unwirksam sei; die Klausel verstoße gegen das Gebot der Kostenorientierung des § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF/§ 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV.
10
Das Gebot der Kostenorientierung in § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF/§ 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV verlange nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass Fernwärmeversorgungsunternehmen bei der Ausgestaltung ihrer Preisanpassungsklauseln einen Indikator wählten, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpfe. Verwende der Fernwärmeversorger im Rahmen der eigenen Wärmeerzeugung Gas, knüpfe jedoch im Rahmen der Preisanpassungsklausel gegenüber seinem Kunden an die Preisentwicklung von leichtem Heizöl (“HEL”) an, seien diese Anforderungen nicht gewahrt. In einem solchen Fall genüge eine Preisanpassungsklausel in einem Fernwärmevertrag, die eine “HEL”-Anbindung enthalte, nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann dem Gebot der Kostenorientierung nach § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF/§ 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV, wenn das Versorgungsunternehmen seinerseits gegenüber seinem Gaslieferanten einer Preisanpassungsklausel mit “HEL”-Anbindung unterliege, die ihrer Art und ihrem Umfang nach im Wesentlichen der gegenüber ihren Endkunden praktizierten Preisbindung entspreche. Dies setze unter anderem voraus, dass die Preisanpassungsklausel im Gasbezugsvertrag neben dem “HEL”-Faktor keinen weiteren Bemessungsfaktor vorsehe.
11
Diese Voraussetzungen seien im Streitfall nicht gewahrt. Denn hier verwende der Vorlieferant der Beklagten ausweislich des vorgelegten Gasbezugsvertrags neben dem “HEL”-Parameter weitere Bemessungsfaktoren, die in der Preisanpassungsklausel im Verhältnis zu den Endkunden der Beklagten nicht vorgesehen seien. Die Preisanpassungsklausel mit dem Vorlieferanten knüpfe nicht nur an die Ölpreisentwicklung an, sondern auch an die Entwicklung von Netznutzungsentgelten (vgl. Ziff. 2.1, 4 und 5.7 der Anlage 1 zum Rahmenvertrag über den Bezug für Erdgas) sowie an die Entwicklung eines Lohnindex (vgl. Ziff. 3.1 aaO).
12
Im Übrigen ergebe sich die Unwirksamkeit der vorgenannten Klausel auch daraus, dass sich die Beklagte durch die vorgenannte, nicht im Einklang mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung stehende Ausgestaltung der Preisanpassungsbestimmung die Möglichkeit zur Realisierung zusätzlicher, im anfänglichen Vertragsverhältnis strukturell nicht angelegter Gewinne eröffnet habe. Nach der insofern übertragbaren höchstrichterlichen Rechtsprechung zu Gasversorgungsverträgen mit Sonderkunden seien Preisanpassungsklauseln grundsätzlich auch dann unzulässig, wenn sie dem Verwender die Möglichkeit einräumten, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus den zunächst vereinbarten Preis ohne jede Begrenzung anzuheben und so nicht nur eine Gewinnschmälerung zu vermeiden, sondern einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen. Dies sei bereits dann anzunehmen, wenn nicht ausgeschlossen sei, dass die beanstandete Klausel auch dann zu einer Erhöhung des Arbeitspreises gegenüber dem Kunden führe, wenn die Bezugskosten der Beklagten nicht im vergleichbaren Maß gestiegen seien.
13
Genau dies sei hier jedoch der Fall. Denn vorliegend könne sich die Möglichkeit einer unbilligen und damit unzulässigen Gewinnsteigerung für die Beklagte daraus ergeben, dass die beanstandeten Klauseln im Verhältnis zu ihren Endkunden in Bezug auf den eingesetzten Brennstoff als einzige Variable den “HEL”-Preis enthielten, während die Preisgestaltung zum eigenen Bezug eben dieses Brennstoffes nicht nur vom “HEL”-Preis abhängig sei, sondern daneben sowohl auf die Entwicklung eines Lohnindex als auch auf die Entwicklung von Netznutzungsentgelten abstelle. Im Verhältnis der Beklagten zu ihren Endkunden würden “HEL”-Preissteigerungen infolge der gewählten Klausel vollumfänglich an letztere weitergegeben. Im Verhältnis der Beklagten zu ihrem Vorversorger komme dem “HEL”-Preis hingegen selbst nach dem Vortrag der Beklagten lediglich eine Gewichtung von 75 % bei der Ermittlung des jeweiligen Preises zu. Entsprechend könne die Preissteigerung im Verhältnis der Beklagten zu ihrem Versorger erheblich hinter der Preisentwicklung im Verhältnis der Beklagten zu ihren Kunden zurückbleiben, wenn die anderen preisbildenden Parameter gemäß der Preisanpassungsklausel zum Vorversorger (also die Netznutzungsentgelte und der gewählte Lohnindex) weniger stark anstiegen als der “HEL”-Preis oder sogar fielen.
14
Der Kläger beanspruche die erstinstanzlich zuerkannten Beträge zu Recht. Wie der Bundesgerichtshof wiederholt zu unwirksamen Preisanpassungsklauseln in Gas- bzw. Fernwärmelieferungsverträgen entschieden habe, sei die in derartigen Verträgen durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel eingetretene Lücke im Regelungsplan der Parteien im Wege einer ergänzenden Vertragsauslegung gemäß §§ 157, 133 BGB zu schließen, wenn es sich um ein langjähriges Gasversorgungsverhältnis handele, der betroffene Kunde den Preiserhöhungen und den darauf basierenden Jahresabrechnungen über einen längeren Zeitraum nicht widersprochen habe und er nunmehr auch für länger zurück liegende Zeitabschnitte die Unwirksamkeit der Preiserhöhungen geltend mache. In diesen Fällen führe eine ergänzende Vertragsauslegung dazu, dass der Kunde die Unwirksamkeit derjenigen Preiserhöhungen, die zu einem den vereinbarten Anfangspreis übersteigenden Preis führen, nicht geltend machen könne, wenn er sie nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung, in der die Preiserhöhung erstmals berücksichtigt worden sei, beanstandet habe. Maßgebend sei im Streitfall die Jahresabrechnung für das Jahr 2010, welche Anfang 2011 erstellt worden und sodann innerhalb von drei Tagen nach Erstellung der Klägerseite zugegangen sei. Die damit jedenfalls Anfang 2011 angelaufene dreijährige Frist sei demnach Ende Januar/Februar 2014 abgelaufen. Ein Widerspruch auch gegen die Erhöhung vom 1. April 2010 – sowie gegen alle nachfolgenden streitgegenständlichen Erhöhungen – sei in Gestalt des Widerspruchs vom 28. Dezember 2013 noch vor Fristablauf eingegangen.
II.
15
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision der Beklagten zurückzuweisen ist.
16
Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückerstattung der auf die Anpassung des Arbeitspreises entfallenden Lieferentgelte für die Jahre 2010 bis 2013 aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB zu. Er hat für die Belieferung mit Fernwärme einen höheren als den nach dem Vertrag geschuldeten Preis entrichtet. Denn die Preisanpassungsklausel für den Arbeitspreis in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags der Parteien ist gemäß § 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF beziehungsweise § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV in Verbindung mit § 134 BGB nichtig. Sie verstößt gegen das in den vorgenannten Normen verankerte Gebot der Kostenorientierung, da der gewählte Preisänderungsparameter die tatsächlichen Brennstoffbezugskosten der Beklagten nicht ausreichend abbildet.
17
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen geht das Berufungsgericht davon aus, dass mit der Entnahme von Fernwärme aus dem Verteilernetz der Beklagten durch den Kläger ab dem Jahr 2002 konkludent ein Versorgungsvertrag über die Belieferung mit Fernwärme zu den für gleichartige Versorgungsverhältnisse geltenden Preisen gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 742) zustande gekommen ist (vgl. Senatsurteile vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, NJW-RR 2017, 1200 Rn. 16 mwN; vom 15. Februar 2006 – VIII ZR 138/05, NJW 2006, 1667 Rn. 14 ff.). Die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltende Preisanpassungsklausel ist damit Bestandteil des vorliegend zu beurteilenden Vertragsverhältnisses geworden.
18
2. Weiter hat das Berufungsgericht zutreffend angenommen, dass Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen, die – wie der vorliegende – dem Anwendungsbereich der Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) unterfallen, ausschließlich an den inhaltlichen Anforderungen zu messen sind, die hierzu von der für den jeweiligen streitgegenständlichen Zeitraum geltenden Fassung der Vorschriften der AVBFernwärmeV aufgestellt werden (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 17), mithin die auf der Grundlage der Preisanpassungsklausel für das Jahr 2010 erstellten Abrechnungen an § 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF, die für die nachfolgenden Zeiträume erstellten Abrechnungen am Maßstab des inhaltsgleichen § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV (vgl. Art. 5 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Energieeffizienz und Energiedienstleistungen vom 4. November 2010 (BGBl. I S. 1483). Dies zieht auch die Revision nicht in Zweifel.
19
3. Das Berufungsgericht ist ferner rechtsfehlerfrei zu der Auffassung gelangt, dass die Regelung zur Anpassung des Arbeitspreises in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags nicht den Anforderungen des § 24 Abs. 4 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 AVBFernwärmeV aF) genügt, da sie dem dort verankerten Gebot der Kostenorientierung nicht entspricht. Die hiergegen gerichteten Rügen der Revision greifen nicht durch.
20
a) Nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) müssen Preisanpassungsklauseln so ausgestaltet sein, dass sie sowohl die Kostenentwicklung bei der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme durch das Unternehmen als auch die jeweiligen Verhältnisse auf dem Wärmemarkt angemessen berücksichtigen. Hierdurch soll zum einen eine kostenorientierte Preisbemessung gewährleistet, zum anderen aber auch dem Umstand Rechnung getragen werden, dass sich die Gestaltung der Fernwärmepreise “nicht losgelöst von den Preisverhältnissen am Wärmemarkt vollziehen kann” (vgl. BR-Drucks. 90/80, S. 56; Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, BGHZ 189, 131 Rn. 33; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, BGHZ 201, 363 Rn. 20; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 26).
21
Mit diesen Vorgaben wollte der Verordnungsgeber den wirtschaftlichen Bedürfnissen in der Fernwärmeversorgung Rechnung tragen und zugleich die gegenläufigen Interessen von Versorgungsunternehmen und Fernwärmekunden in einen angemessenen Ausgleich bringen. Vor diesem Hintergrund hat er sich für eine Kombination von Kosten- und Marktelement (Kosten der Erzeugung und Bereitstellung von Fernwärme einerseits und Marktverhältnisse andererseits) entschieden (Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 21; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 27).
22
Diesen zwei Bemessungsfaktoren weist § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) an sich den gleichen Rang zu und lässt Abstufungen nur im Rahmen der Angemessenheit zu (Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 44 mwN; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 21; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO). Im Hinblick auf diese Anknüpfung an zwei unterschiedliche Bemessungsfaktoren (Kosten des Versorgers einerseits und Verhältnisse auf dem Wärmemarkt andererseits) in § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) können die zur Inhaltskontrolle von Preisanpassungsbestimmungen in Gaslieferungsverträgen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB entwickelten Grundsätze, wonach sich die Preisanpassung ausschließlich an der Entwicklung der Kosten zu orientieren hat, zwar nicht uneingeschränkt auf Preisanpassungsklauseln in der Fernwärmeversorgung übertragen werden (Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 34). Jedoch ist bei Preisanpassungsklauseln in Fernwärmelieferungsverträgen hinsichtlich des Kostenelements – insofern wie bei Gasversorgungsverträgen mit Normsonderkunden – eine unmittelbare Anknüpfung an die beim Fernwärmeversorger anfallenden Kosten der Erzeugung und Bereitstellung der Fernwärme geboten (Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 37). Spiegelt eine Preisanpassungsklausel die neben den Marktverhältnissen zu berücksichtigende Kostenorientierung nicht wie erforderlich wider, ist sie schon aus diesem Grund mit § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) nicht zu vereinbaren (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 38).
23
b) So liegt es im Streitfall. Die Preisanpassungsklausel in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags genügt dem Gebot der Kostenorientierung nicht, da der gewählte Änderungsmechanismus mit der hier vorgenommenen “HEL”- Anknüpfung keinen hinreichenden Bezug zu den der Beklagten für die Fernwärmeerzeugung entstehenden Kosten aufweist.
24
Nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) müssen bei der Ausgestaltung von Preisanpassungsklauseln die Kosten für die Erzeugung und die Bereitstellung von Fernwärme zur Gewährleistung einer kostenorientierten Preisbemessung angemessen berücksichtigt werden. Die Erzeugungskosten hängen in der Regel überwiegend von den Brennstoffkosten ab, während die Bereitstellungskosten vor allem durch die Lohnkosten und in geringem Maße durch die Materialkosten bestimmt werden (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 39 mwN; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 23; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 34). Der Grundsatz der Kostenorientierung erfordert insoweit grundsätzlich, dass als Bemessungsgröße für die Kosten der Wärmeerzeugung ein Indikator gewählt wird, der an die tatsächliche Entwicklung der Kosten des bei der Wärmeerzeugung überwiegend eingesetzten Brennstoffs anknüpft (Senatsurteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 34). Damit soll sichergestellt werden, dass der in der Preisanpassungsklausel eingesetzte Bezugsfaktor sich im Wesentlichen – wenn auch mit gewissen Spielräumen – in gleicher Weise entwickelt wie die konkreten Energiebezugskosten des Versorgers (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 41; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 24; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 34; jeweils mwN).
25
aa) Verwendet ein Fernwärmeversorgungsunternehmen zur Wärmeerzeugung ausschließlich Erdgas, sind im Grundsatz die Gasbezugskosten der maßgebende Faktor bei den Wärmeerzeugungskosten (vgl. Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 39). Knüpft der Preisanpassungsmechanismus des Fernwärmelieferungsvertrags stattdessen an die Bezugskosten für leichtes Heizöl (“HEL”) an, führt dies jedoch nicht zwingend zur Unwirksamkeit dieser Preisanpassungsklausel. Im Einzelfall kann ein “HEL”-Faktor geeignet sein, die Gasbezugskosten des Versorgungsunternehmens ausreichend abzubilden. Da Kostenorientierung nicht Kostenechtheit bedeutet, zwingt § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) das Versorgungsunternehmen nicht dazu, seine Preise spiegelbildlich zur jeweiligen Kostenstruktur auszugestalten (Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 38).
26
Der Grundsatz der Kostenorientierung ist jedoch dann nicht mehr gewahrt, wenn sich die verwendete Preisanpassungsklausel nicht hinreichend an den kostenmäßigen Zusammenhängen ausrichtet (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 41; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 24; vom 6. Juli 2011 – VIII ZR 37/10, NJW 2011, 3219 Rn. 43). Mit Blick hierauf kann ein vom Wärmeversorger gewählter Preisänderungsparameter – wie hier der von der Beklagten gewählte “HEL”-Faktor – nur dann als geeignet angesehen werden, seine Brennstoffkosten ausreichend abzubilden, wenn feststeht, dass das Versorgungsunternehmen gegenüber seinem Vorlieferanten einer Bindung an einen Preisänderungsparameter unterliegt, der seiner Art und seinem Umfang nach im Wesentlichen der von ihm gegenüber seinen Endkunden praktizierten Bindung an diese Bezugsgröße entspricht (Senatsurteil vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 41; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 24; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 43).
27
Um dies beurteilen zu können, ist – anders als die Revision offenbar meint – der gesamte Änderungsmechanismus beider Klauseln miteinander zu vergleichen (Senatsurteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO). Dabei ist eine ausreichende Kostenorientierung nicht schon dann gegeben, wenn die Preisanpassungsklausel in dem Vertrag zwischen dem Fernwärmeversorgungsunternehmen und seinem Vorlieferanten “irgendeine” Anbindung an die Referenzgröße “HEL” enthält (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO). Vielmehr ist das Gebot der Kostenorientierung nur gewahrt, wenn dem Änderungsparameter “HEL” in der Preisanpassungsregelung des Gasbezugs- und derjenigen des Fernwärmelieferungsvertrags im Wesentlichen das gleiche Gewicht zukommt (vgl. Senatsurteil vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 43 ff.). Dies erfordert nach der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass der Vorlieferant des Wärmeversorgers bei seiner Preisbestimmung dieselben oder jedenfalls vergleichbare örtliche Notierungen als Referenzgröße (einschließlich Verbrauchssteuern) heranzieht, es neben dieser Referenzgröße weitere Bemessungsfaktoren nicht gibt und dieselben Berechnungszeiträume zugrunde gelegt werden (Senatsurteil vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 25; vgl. auch Senatsurteile vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08, BGHZ 185, 96 Rn. 37 und VIII ZR 304/08, NJW 2010, 2793 Rn. 46; vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 42).
28
bb) Nach den vorstehenden Maßstäben genügt die Preisanpassungsklausel in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags nicht dem Gebot der Kostenorientierung. Dies ergibt sich hier bereits aus der unterschiedlichen Gewichtung des “HEL”-Parameters in den Preisanpassungsregelungen des Gasbezugs- und des Fernwärmelieferungsvertrags (75 % bzw. 100 %). Darüber hinaus ermöglicht die Preisanpassungsklausel im Fernwärmelieferungsvertrag eine im Vergleich zum Gasbezugsvertrag “überproportionale” Weitergabe von Preissteigerungen bei leichtem Heizöl. Außerdem weist der Preisänderungsmechanismus des Erdgasbezugsvertrags zwei weitere Bemessungsfaktoren neben “HEL” auf, schließlich werden in der Preisanpassungsklausel des Gasbezugsvertrags andere Berechnungszeiträume als in derjenigen des Fernwärmelieferungsvertrags zugrunde gelegt.
29
(1) Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten wird der von ihr zu entrichtende Gaspreis nur zu 75 % durch den “HEL”-Faktor bestimmt. Die Klausel in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags hingegen macht Preisanpassungen zu 100 % von dem Änderungsparameter “HEL” abhängig, nicht nur zu 75 %. Eine solche Divergenz in der Gewichtung des “HEL”-Faktors begründet bereits für sich genommen einen Verstoß gegen das Gebot der Kostenorientierung.
30
Etwas anderes ergibt sich entgegen der Auffassung der Revision auch nicht daraus, dass es nach der Rechtsprechung des Senats bei der Verwendung unterschiedlicher Brennstoffe zur Fernwärmeherstellung regelmäßig ausreicht, wenn sich die Preisanpassungsklausel an der Kostenentwicklung des überwiegend eingesetzten Brennstoffs ausrichtet (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 – VIII ZR 339/10, NJW 2011, 3222 Rn. 26). Denn diese Erleichterung trägt ausschließlich dem Umstand Rechnung, dass beim Einsatz verschiedener Brennstoffe mit wechselnden Anteilen die Ausgestaltung einer Preisanpassungsklausel auf gewisse Schwierigkeiten stoßen kann (Senatsurteil vom 13. Juli 2011 – VIII ZR 339/10, aaO Rn. 26). Derartige Schwierigkeiten bestehen hier indes nicht.
31
(2) Zudem sieht die Preisanpassungsklausel in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags die Multiplikation eines Ausgangsarbeitspreises mit dem Änderungsparameter “HEL” vor, während die Klausel in Anlage 1 Ziff. 5.2 zum Gasbezugsvertrag der Beklagten den “HEL”-Faktor zum Ausgangsarbeitspreis Energie (APE0) lediglich addiert. Hierdurch wird eine Hebelwirkung erzielt, die dazu führt, dass die Beklagte nicht nur die ihr tatsächlich entstehenden Bezugskostensteigerungen weitergeben, sondern dem Kunden gegenüber stärkere Preiserhöhungen geltend machen und zusätzliche Gewinne realisieren kann.
32
(3) Weiter knüpft die Preisanpassungsklausel des Gasbezugsvertrags gemäß Anlage 1 zu diesem Vertrag zur Bestimmung der von der Beklagten zu entrichtenden Preiskomponenten “Jahresgrundpreis Netz” (GPN), “Jahresleistungspreis Netz” (LPN) und “Arbeitspreis Netz” (APN) an die jeweils gültigen veröffentlichten Netznutzungsentgelte des jeweiligen Netzbetreibers je Verbrauchsstelle gemäß Anlage 4 zum Rahmenvertrag an. Die Preisanpassungsregelung in § 7 des Fernwärmelieferungsvertrags weist hingegen für keines der drei Preiselemente (Arbeitspreis, Grundpreis, Messpreis) einen solchen Bemessungsfaktor auf.
33
Hinsichtlich des von der Beklagten für den Gasbezug zu entrichtenden “Leistungspreises Energie” (LPE) sieht die Anlage 1, Ziffer 3 eine Preisänderung abhängig von einem Lohnindex in Form des Durchschnitts der Indexwerte des tariflichen Monatsgehalts in der Energieversorgung (Frauen und Männer) vor. Eine Anknüpfung des Arbeitspreises an diesen Bemessungsfaktor findet sich in § 7 des Fernwärmelieferungsvertrags hingegen nicht.
34
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Anknüpfung an weitere Bemessungsfaktoren in der Preisanpassungsklausel des Erdgasbezugsvertrags sei unschädlich, wenn sie sich im konkreten Einzelfall nicht maßgeblich auswirke. Denn nach der Rechtsprechung des Senats kommt es für die Einhaltung des Gebots der Kostenorientierung gemäß § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) gerade nicht auf das konkrete Ausmaß der Auswirkungen weiterer Bemessungsfaktoren im Einzelfall an (vgl. Senatsurteile vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 25; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 43; vgl. auch Senatsurteile vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08, aaO und VIII ZR 304/08, aaO; vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 42). Das Gebot der Kostenorientierung ist nicht schon dann gewahrt, wenn sich der Preis der Fernwärmeerzeugung und derjenige des Brennstoffbezugs in einem konkreten Fall mehr oder weniger zufällig gleich entwickelt haben. Vielmehr erfordert das Gebot der Kostenorientierung die Wahl eines Preisänderungsparameters, der generell sicherstellt, dass sich die vom Kunden zu tragende Preiskomponente der Wärmeerzeugungskosten nicht anders entwickeln kann als die Kosten des Brennstoffbezugs. Ein solcher abstrakt-genereller Gleichlauf der Kostenkomponenten ist bei einer gegenüber dem Fernwärmekunden praktizierten “HEL”-Bindung nur gewährleistet, wenn die Ölpreisbindung im Erdgasbezugsvertrag des Fernwärmeversorgungsunternehmens keinen zusätzlichen Bemessungsfaktor aufweist.
35
Entgegen der Auffassung der Revision kann daher die fehlende Anknüpfung der Preiskomponente “Arbeitspreis” im Fernwärmelieferungsvertrag an den im Gasbezugsvertrag gewählten Lohnindex – unabhängig davon, dass es sich bereits nicht um denselben Index handelt – nicht durch die Anknüpfung des Fernwärmegrundpreises an einen Lohnindex ausgeglichen werden. Denn der Grundpreis bildet – anders als die Gasbezugskosten – nicht die Kosten der Energieerzeugung, sondern die Kosten der Energiebereitstellung ab (vgl. Senatsurteile vom 6. April 2011 – VIII ZR 273/09, aaO Rn. 39 mwN; vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 23; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 34). Das Gebot der Kostenorientierung verlangt jedoch einen Gleichlauf der Brennstoffbezugs- und der Fernwärmeerzeugungskosten. Die von der Revision befürwortete “Kompensation” durch Einbeziehung anderer Kostenkomponenten scheidet daher aus.
36
(4) Darüber hinaus ist die Klausel auch deshalb unwirksam, weil die Preisanpassungsregelungen im Gasbezugs- und im Fernwärmelieferungsvertrag bei ihren jeweiligen Preisänderungen nicht dieselben Berechnungszeiträume zugrunde legen. Nach der Rechtsprechung des Senats sind jedoch identische Berechnungszeiträume Voraussetzung für die Einhaltung des Gebots der Kostenorientierung nach § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF; Senatsurteil vom 25. Juni 2014 – VIII ZR 344/13, aaO Rn. 25; vom 19. Juli 2017 – VIII ZR 268/15, aaO Rn. 35; vgl. auch Senatsurteile vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08, aaO, und VIII ZR 304/08, aaO).
37
Zwar sind im vorliegenden Fall in beiden Verträgen jährlich Preisanpassungen zum 1. April und 1. Oktober vorgesehen, jedoch sind die hierbei in Bezug genommenen Berechnungszeiträume jeweils um zwei Monate verschoben. Beispielsweise sind für die Preisanpassung des Arbeitspreises in § 7 Abs. 2 des Fernwärmelieferungsvertrags zum 1. April die Werte für Juli bis Dezember des Vorjahres zugrunde zu legen, für die Preisanpassung des Erdgasbezugsvertrags der Beklagten stellt Ziffer 5.4 der Anlage 1 zum Rahmenvertrag jedoch auf das Mittel der Monate September bis Dezember des Vorjahres und der Monate Januar und Februar des laufenden Kalenderjahres ab. Darüber hinaus sieht der Erdgasbezugsvertrag in Ziffer 5.4 der Anlage zum Vertrag zusätzliche Preisanpassungen zum 1. Januar und 1. Juli eines jeden Jahres vor, die keine Entsprechung im Fernwärmelieferungsvertrag finden. Dies hat zur Folge, dass im Zeitraum Januar bis März sowie Juli bis September jeweils um fünf Monate verschobene Berechnungszeiträume gelten. So wird zum 1. Januar der Arbeitspreis Energie im Erdgasbezugsvertrag anhand des arithmetischen Mittels der Preise für leichtes Heizöl der Monate Juni bis November des Vorjahres angepasst, während für den Endkunden nach § 7 des Fernwärmelieferungsvertrags noch der zum 1. Oktober des Vorjahres unter Zugrundelegung des Mittelwerts der Werte für die Monate Januar bis Juni geänderte Preis gilt.
38
4. Entgegen der Auffassung der Revision ändert es an dem damit vorliegenden Verstoß gegen § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) nichts, dass diese Vorschrift nicht nur die Berücksichtigung des Kostenelements, sondern auch die des Marktelements erfordert. Denn ein Verstoß gegen das Gebot der Kostenorientierung kann nicht durch Einhaltung des Gebots der Marktorientierung “geheilt” werden.
39
5. Anders als die Revision meint, ergibt sich eine andere Bewertung der Preisanpassungsklausel auch nicht etwa aus dem Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV aF). Denn die Annahme, die formalen Anforderungen des Transparenzgebots rechtfertigten einen Verstoß gegen das materielle Gebot der Kostenorientierung, geht bereits im Ansatz fehl. Mit dem Transparenzgebot des § 24 Abs. 4 Satz 2 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 2 AVBFernwärmeV aF) lässt sich nicht begründen, dass bei einer “HEL”-Anbindung des Arbeitspreises des Fernwärmeversorgungsvertrags die Aufnahme weiterer Bemessungsfaktoren im Erdgasbezugsvertrag unschädlich wäre.
40
6. Entgegen der Auffassung der Revision umfasst der Anspruch des Klägers auf Rückerstattung der auf die Anpassung des Arbeitspreises entfallenden Lieferentgelte den gesamten streitgegenständlichen Zeitraum. Der Kläger hat die Unwirksamkeit nur der Arbeitspreiserhöhungen geltend gemacht, die er innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren nach Zugang der jeweiligen Jahresabrechnung beanstandet hat. Mit dieser zeitlichen Beschränkung des Rückzahlungsanspruchs hält er sich innerhalb der Grundsätze, die der Senat in ständiger Rechtsprechung für die ergänzende Auslegung eines durch die Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel planwidrig lückenhaft gewordenen Fernwärmelieferungsvertrags aufgestellt hat (Senatsurteile vom 24. September 2014 – VIII ZR 350/13, NJW 2014, 3639 Rn. 16 [Fernwärme]; vom 14. März 2012 – VIII ZR 113/11, BGHZ 192, 372 Rn. 21 ff. und vom 15. April 2015 – VIII ZR 59/14, BGHZ 205, 43 Rn. 12 [jeweils zu Gas]; vom 15. Januar 2014 – VIII ZR 80/13, NJW 2014, 1877 Rn. 20, 23 [Strom]; vom 3. Dezember 2014 – VIII ZR 370/13, NJW 2015, 1167 Rn. 28 ff. [zur fehlenden Einbeziehung einer Preisanpassungsklausel]).
41
Soweit die Revision meint, die nichtige Preisanpassungsklausel sei durch eine wirksame – die Weitergabe von Bezugskostensteigerungen erlaubende – Klausel zu ersetzen, da die Parteien bei erkannter Unwirksamkeit der Preisanpassungsklausel eine solche, § 24 Abs. 4 Satz 1 AVBFernwärmeV (§ 24 Abs. 3 Satz 1 AVBFernwärmeV aF) entsprechende, Anpassungsregelung vereinbart hätten, zeigt sie bereits nicht auf, dass die Voraussetzungen einer ergänzenden Vertragsauslegung im Streitfall vorliegen (vgl. Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11, BGHZ 207, 209 Rn. 73 f.).
42
Soweit die Revision für ihre Auffassung zur Gasversorgung im Grundversorgungsverhältnis ergangene Urteile des Senats anführt, verkennt sie die grundlegenden Unterschiede zwischen der Gasversorgung im Grundversorgungsverhältnis und der hier vorliegenden Versorgung mit Fernwärme. Die Interessenlage bei Fernwärme ist allein schon deshalb grundlegend anders, weil es eine Grundversorgungspflicht in Bezug auf Fernwärme, anders als für Gas, nicht gibt. Fernwärmeversorgungsunternehmen unterliegen weder einem Kontrahierungszwang, noch bestehen Einschränkungen bei der ordentlichen Kündigung des Fernwärmelieferungsvertrags (vgl. demgegenüber zur Gasgrundversorgung: Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11, aaO Rn. 73). Das bei der Lieferung von Gas im Grundversorgungsverhältnis ohne eine Berechtigung des Grundversorgers, Kostensteigerungen während der Vertragslaufzeit an den Kunden weiterzugeben, entstehende, gravierende, dem Äquivalenzprinzip zuwiderlaufende Ungleichgewicht von Leistung und Gegenleistung (Senatsurteil vom 28. Oktober 2015 – VIII ZR 158/11, aaO Rn. 74) kann insofern bei Fernwärmelieferungsverträgen nicht auftreten.
Dr. Milger     
      
Dr. Schneider     
      
Dr. Bünger
      
Dr. Schmidt     
      
Wiegand     
      


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