Verwaltungsrecht

Coronavirus, SARS-CoV-2, Beschwerde, Anordnungsgrund, Arzneimittel, Medizinprodukte, Verweisung, Anordnung, Beschwer, Entscheidungsdatum, Antragsteller, Schule, Verpflichtung, Teilnahme, Bekanntmachung, Antragsgegner, einstweiligen Anordnung, Erlass einer einstweiligen Anordnung, Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung

Aktenzeichen  25 CE 21.2083

Datum:
16.8.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 24980
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 26a E 21.3315 2021-07-20 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der neunjährige Antragsteller, der eine Grundschule in Bayern besucht, verfolgt mit seiner Beschwerde sein Begehren, auf der Grundlage von ihm ausgewählter Selbsttests (Spucktests) am Präsenzunterricht teilnehmen zu dürfen, weiter.
Den zuletzt gestellten Antrag,
mittels einstweiliger Anordnung festzustellen, dass der Antragsteller die Testpflicht auf das Coronavirus SARS-CoV-2 auch durch einen vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenen und unter Aufsicht vorgenommenen Sputum- oder Spuck-Antigentest auf das Coronavirus SARS-CoV-2 zur Eigenanwendung durch Laien (Selbsttest) erfüllt und damit am Präsenzunterricht teilnehmen kann
sowie hilfsweise vorläufig festzustellen, dass er die nach § 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV als Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht vorgesehene Verpflichtung zur Durchführung eines SARS-CoV-2-Selbsttests in der Schule unter Aufsicht gleichermaßen erfüllen kann, indem er unter schulischer Aufsicht die vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zugelassenen Antigentests zur Eigenanwendung durch Laien (Selbsttests) “AMP Rapid Test SARS-CoV-2 Ag Sputum” des Herstellers A. Labordiagnostik GmbH oder “Coronavirus (2019-nCoV)-Antigenschnelltest – Speichel” des Herstellers … Co., Ltd mit negativem Testergebnis auf eigene Kosten und unter Eigenbeschaffung des jeweiligen Tests durchführt,
hat das Verwaltungsgericht (dort eingegangen am 22. Juni 2021) mit Beschluss vom 20. Juli 2021 abgelehnt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass es das Feststellungsbegehren im zuletzt gestellten Hauptantrag so auslege, dass sich der Antragsteller nicht gegen die Regelungen der 13. BayIfSMV wende, sondern eine Feststellung begehre, der diese Bestimmungen nicht entgegenstünden. Der Antrag festzustellen, dass § 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV auch Testungen in Form eines Sputum- oder Spuck-Antigentest auf das Coronavirus SARS-CoV-2 ermögliche, sei jedoch unzulässig, weil der Antragsgegner keine solchen Tests zur Verfügung stelle. Der Hilfsantrag ziele auf die Unwirksamkeit des § 20 Abs. 2 Satz 1 13. BayIfSMV und sei unstatthaft, weil insofern § 47 Abs. 6 VwGO als lex specialis vorgehe. Für einen solchen Antrag sei allerdings der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zuständig. Eine Verweisung komme nicht in Betracht, weil der Antragsteller zum Ausdruck gebracht habe, eine Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zu begehren.
Zur Begründung seiner Beschwerde trägt der Antragsteller im Wesentlichen vor, das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass er sich grundsätzlich mit einer Verweisung einverstanden erklärt habe. Ihm sei es erkennbar um eine inhaltliche Prüfung seines Begehrens gegangen. Eine solche sei zu Unrecht unterblieben. Er beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur erneuten Entscheidung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof weiterzuleiten.
Der Antragsgegner tritt dem entgegen und bestreitet angesichts der Ferienzeit die Beschwer des Antragstellers. Er verweist zudem auf die Rechtsprechung des Senats, der eine vorläufige Außervollzugsetzung des § 20 Abs. 2 13. BayIfSMV abgelehnt hat.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II.
1. Die Beschwerde, über die in entsprechender Anwendung von § 80 Abs. 8 VwGO (vgl. § 123 Abs. 2 Satz 3 VwGO) der Vorsitzende entscheidet, hat keinen Erfolg.
Sie ist bereits deshalb unbegründet, weil der Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht hinreichend dargelegt und keine Tatsachen bezeichnet hat, aus denen sich ein Anordnungsgrund ergeben könnte (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 1 ZPO).
Die Prozessvoraussetzungen sind vom Rechtsmittelgericht stets von Amts wegen zu prüfen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Erfolgsaussichten der vom Antragsteller gestellten Feststellungsanträge ist, nachdem es sich um ein gegenwärtiges Rechtsverhältnis handelt (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 18), derjenige der Entscheidung des Beschwerdegerichts als neue Tatsacheninstanz (Rudisile, NVwZ 2019, 1). Ist die Sache zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dringlich, so kann eine einstweilige Anordnung nicht ergehen (Eyermann/Happ, VwGO, 15. Auflage 2019, § 123 Rn. 54). Hinsichtlich der Geltendmachung einer Rechtsverletzung bzw. der rechtlichen Betroffenheit durch eine Maßnahme ist zunächst allein der Antragsteller gefordert (vgl. für § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO BayVGH, B.v. 2.8.2021 – 25 NE 21.2004 – zur Veröffentlichung vorgesehen; VGH BW, U.v. 17.2.2014 – 5 S 3254/11 – juris; Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 47 Rn. 41). Ihm obliegt es, die maßgeblichen Umstände einschließlich nachteiliger Wirkungen eines Beschlusses im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes selbst darzutun (vgl. VGH BW, B.v. 7.12.2009 – 1 S 1342/09 – juris Rn. 3 f.). Daran fehlt es hier.
Der Antragsgegner weist zu Recht darauf hin, dass aufgrund der für öffentliche und private Schulen in Bayern festgelegten Sommerferien vom 30. Juli 2021 bis 13. September 2021 (vgl. Nr. 1.1 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst über die Ferienordnung und schulfreien Samstage für die Schuljahre 2017/2018 bis 2023/2024 vom 09.04.2014 – KWMBl. S. 206, geändert durch die Bekanntmachung vom 15.01.2021 – BayMBl. 2021, Nr. 53) derzeit bis zum Außerkrafttreten der 13. BayIfSMV (BayMBl. 2021, Nr. 384, zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.7.2021, BayMBl. 2021, Nr. 516) mit Ablauf des 25. August 2021 (§ 29 13. BayIfSMV) an der Schule des Antragstellers kein Präsenz- oder Wechselunterricht stattfindet. Es ist auch weder vorgetragen noch ersichtlich, dass sich der Antragsteller in der Ferienzeit aus anderen Gründen, insbesondere zur Teilnahme an schulischen Ferienkursen in Präsenz, sonstigen Schulveranstaltungen oder wegen einer etwaigen Notbetreuung oder Nachprüfung, auf dem Schulgelände aufhält. Vielmehr ergibt sich aus der ergänzenden Stellungnahme des Antragstellers vom 13. August 2021, dass er sich derzeit im Urlaub befindet. Soweit der Bevollmächtigte des Antragstellers dort anregt, über die Beschwerde erst nach Beginn des neuen Schuljahres zu entscheiden, ändert dies nichts an der mittlerweile eingetretenen Unzulässigkeit des Antrags, der ersichtlich auf die aktuelle Fassung der BayIfSMV zielt. Es wäre bzw. ist dem Antragsteller unter Berücksichtigung des Vortrags des Antragsgegners im Beschwerdeverfahren zuzumuten gewesen bzw. zuzumuten, auf die aktuelle prozessuale Situation durch Abgabe einer prozessbeendigenden Erklärung zu reagieren und ggfs. unter Geltung der Anschlussverordnung einen neuen Antrag zu stellen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung stützt sich auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1 und § 52 Abs. 1 GKG. Da der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache zielt, erscheint eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 nicht angebracht. Die Beteiligten haben gegen die entsprechende Festsetzung durch das Verwaltungsgericht keine Einwände erhoben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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