Aktenzeichen 3 StR 555/09
§ 260 Abs 1 Nr 1 StGB
Verfahrensgang
vorgehend LG Lübeck, 13. Juli 2009, Az: 3 KLs 12/08 – 704 Js 25653/07, Urteil
Tenor
1. Der Antrag des Angeklagten, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung (weiterer) Verfahrensrügen gegen das Urteil des Landgerichts Lübeck vom 13. Juli 2009 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision des Angeklagten gegen das vorbezeichnete Urteil wird
a) das Verfahren im Fall 9 der Anklage (Tat vom 6. Mai 2007) eingestellt; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der Staatskasse zur Last,
b) in den Fällen 11 bis 13 der Anklage die Strafverfolgung jeweils auf den Vorwurf der gewerbsmäßigen Hehlerei in Tateinheit mit Handeltreiben mit Schusswaffen beschränkt,
c) der Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte
– der gewerbsmäßigen Hehlerei in sechs Fällen,
– der gewerbsmäßigen Hehlerei in Tateinheit mit unerlaubtem Handeltreiben mit Schusswaffen in drei Fällen,
– des Diebstahls,
– der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln,
– des vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und
– der Urkundenfälschung
schuldig ist.
3. Die weitergehende Revision wird verworfen.
4. Der Angeklagte hat die verbleibenden Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.
Gründe
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Das Landgericht hat den Angeklagten wegen gewerbsmäßiger Hehlerei in 10 Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit unerlaubtem Erwerb und unerlaubtem Besitz einer halbautomatischen Kurzwaffe sowie unerlaubtem Handeltreiben mit Schusswaffen, wegen Diebstahls, wegen Beihilfe zum unerlaubtem Handeltreiben mit Betäubungsmitteln, wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis und wegen Urkundenfälschung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt und eine (isolierte) Sperre für die Erteilung einer Fahrerlaubnis von einem Jahr angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Zudem beantragt er, ihm Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Anbringung weiterer Verfahrensrügen zu gewähren.
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1. Das Wiedereinsetzungsgesuch ist unzulässig. Das Gesetz räumt die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur für den Fall ein, dass eine Frist versäumt worden ist (§ 44 Satz 1 StPO). Eine Fristversäumung liegt hier nicht vor, weil die Revision des Angeklagten von seinem Verteidiger mit der Sachrüge und einer Verfahrensrüge fristgerecht begründet worden ist (st. Rspr.; vgl. nur BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 1, 3, 7). Zwar kann trotz formgerecht begründeter Revision eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zur Nachholung einzelner Verfahrensrügen ausnahmsweise dann gewährt werden, wenn dem Verteidiger des Beschwerdeführers trotz angemessener Bemühungen vor Ablauf der Revisionsbegründungsfrist keine Akteneinsicht gewährt wurde und Verfahrensrügen nachgeschoben werden sollen, die ohne Akteneinsicht nicht begründet werden können (vgl. BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 12). Dies setzt jedoch voraus, dass in der Begründung des Wiedereinsetzungsantrags diejenigen Umstände vorgetragen werden, aus denen sich die Notwendigkeit der Akteneinsicht im Hinblick auf die zu erhebenden Verfahrensrügen ergibt (BGHR StPO § 44 Verfahrensrüge 10; BGH wistra 1993, 228). Hieran fehlt es ebenso wie an der Nachholung der versäumten Handlung (§ 45 Abs. 2 Satz 2 StPO) innerhalb der Antragsfrist des § 45 Abs. 1 Satz 1 StPO. Der Verteidiger hat weitere Verfahrensrügen nicht angebracht.
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2. Auf Antrag des Generalbundesanwalts hat der Senat das Verfahren gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO eingestellt, soweit der Angeklagte im Fall 9 der Anklage wegen gewerbsmäßiger Hehlerei gemäß § 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB verurteilt worden ist. Zwar setzt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der die herrschende Meinung in der Literatur allerdings mit beachtlichen Argumenten entgegentritt (vgl. Fischer, StGB 57. Aufl. § 259 Rdn. 21 ff. m. w. N.), eine vollendete (gewerbsmäßige) Hehlerei in der Begehungsform des Absetzens, wie sie hier vorliegt, nicht notwendig voraus, dass ein Förderungserfolg eingetreten ist. Jedoch muss auch nach der Auffassung der Rechtsprechung das Bemühen um Absatz geeignet sein, die rechtswidrige Vermögenssituation aufrecht zu erhalten oder zu vertiefen (BGHSt 43, 110 ff.; BGH NStZ 2008, 152). Letzteres könnte hier zweifelhaft sein, da der Angeklagte nach den getroffen Feststellungen bereits vor der Übernahme des Diebesguts von der Polizei observiert und bei Besteigen des Lkws, mit welchem er die gestohlenen Waren zum Abnehmer bringen wollte, festgenommen wurde, er mithin Handlungen zum Absatz des entwendeten Metalls nicht entfalten konnte.
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3. Mit Zustimmung des Generalbundesanwalts hat der Senat ferner gemäß § 154 a Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO die Verfolgung in den Fällen 11 bis 13 der Anklage jeweils auf den Vorwurf der gewerbsmäßigen Hehlerei (§ 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) in Tateinheit mit Handeltreiben mit Schusswaffen (§ 52 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c), § 2 Abs. 2 WaffG i. V. m. Anlage 2 Abschnitt 2 Unterabschnitt 1 Satz 1) beschränkt mit Blick auf die nicht einheitliche Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Konkurrenzverhältnis, wenn wie hier die Tatmodalitäten des Erwerbs, des Besitzes und des Handeltreibens von Schusswaffen zusammentreffen (BGHR WaffG § 53 Abs. 1 Konkurrenzen 5 und § 52 Konkurrenzen 1).
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4. Die teilweise Einstellung und Beschränkung des Verfahrens zieht lediglich die Änderung des Schuldspruchs wie aus der Beschlussformel ersichtlich nach sich.
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Die Verfahrensbeschränkung in den Fällen 11 bis 13 der Anklage lässt hingegen die für diese Taten verhängten Einzelstrafen von einem Jahr und sechs Monaten (Fall 11 der Anklage) und jeweils acht Monaten Freiheitsstrafe (Fälle 12 und 13 der Anklage) unberührt. Die Verwirklichung der weiteren Tatmodalitäten des Erwerbs und des Besitzes der halbautomatischen Kurzwaffen hat das Landgericht weder im Rahmen der Strafzumessung zu Lasten des Angeklagten gewertet, noch ändert sich der Schuldgehalt dieser Taten durch die vorgenommene Verfahrensbeschränkung.
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Der Senat kann ferner im Hinblick auf den Unrechts- und Schuldgehalt der verbleibenden Taten und die Höhe der hierfür verhängten Einzelstrafen ausschließen, dass sich der Wegfall der im Fall 9 der Anklage verhängten Einzelstrafe von 11 Monaten Freiheitsstrafe auf den Ausspruch über die – maßvolle – Gesamtstrafe ausgewirkt hätte.
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5. Im Übrigen weist das Urteil aus den Gründen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts keinen den Angeklagten benachteiligenden Rechtsfehler auf.
Becker Sost-Scheible Hubert
Schäfer Mayer