Aktenzeichen 7 AZR 614/14
§ 2 Abs 1 WissZeitVG
Verfahrensgang
vorgehend ArbG Gießen, 26. April 2013, Az: 10 Ca 166/12, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 28. Mai 2014, Az: 2 Sa 835/13, Urteil
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28. Mai 2014 – 2 Sa 835/13 – aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses im Hochschulbereich.
2
Die Klägerin ist Sprachwissenschaftlerin für die Fächer Kroatistik/Serbistik und für germanistische Linguistik. Sie wurde von dem beklagten Land in der Zeit vom 1. April 2009 bis zum 3. Mai 2012 aufgrund von vier aufeinanderfolgenden befristeten Arbeitsverträgen an der Justus-Liebig-Universität Gießen beschäftigt. Der Einstellung der Klägerin lag eine Ausschreibung für die Stelle einer „Lehrkraft für besondere Aufgaben BAT IIa für den Fremdsprachenunterricht Serbisch/Kroatisch“ zugrunde. Zuletzt schlossen die Parteien am 1. Februar 2011 einen befristeten Arbeitsvertrag, der ua. folgende Regelungen vorsieht:
„§ 1
(1) Die Obengenannte wird als vollzeitbeschäftigte Lehrkraft für besondere Aufgaben
ab 01.04.2011 bis zum 02.12.2011 weiterbeschäftigt auf bestimmte Zeit nach § 40 Nr. 8 TV-H i. V. m. § 2 Abs. 1 WissZeitVG zur eigenen wissenschaftlichen Qualifizierung. Hierfür stehen 25 % der Arbeitszeit zur Verfügung.
…
(3) Art und Umfang der wahrzunehmenden Aufgaben richten sich nach der Ausgestaltung des Dienstverhältnisses sowie nach der Funktionsbeschreibung der Stelle. …
§ 6
Es werden folgende Nebenabreden vereinbart:
…
Es besteht Einvernehmen, dass die Vertragsverlängerung in Anwendung des § 2 Abs. 5 Nr. 3 WissZeitVG (Vertragsverlängerung um Zeiten einer Inanspruchnahme von Elternzeit und Zeiten eines Beschäftigungsverbotes nach den §§ 3, 4, 6 und 8 des Mutterschutzgesetzes) erfolgt.
…“
3
In der Zeit vom 22. Juli 2010 bis zum 4. November 2010 befand sich die Klägerin im Mutterschutz und anschließend für die Zeit vom 5. November 2010 bis zum 31. März 2011 in Elternzeit, die auf Antrag der Klägerin bis zum 31. August 2011 verlängert wurde. Das beklagte Land entsprach dem Antrag der Klägerin vom 14. November 2011, ihrer Weiterbeschäftigung wegen der Inanspruchnahme der restlichen Elternzeit vom 3. Dezember 2011 bis zum 3. Mai 2012 zuzustimmen.
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Nach der „Beschreibung der Arbeitsvorgänge“ waren der Klägerin die unter Buchst. a) bezeichneten Arbeitsvorgänge übertragen, für die nach Buchst. b) bestimmte Fachkenntnisse und Fähigkeiten vorausgesetzt wurden. Die „Beschreibung der Arbeitsvorgänge“ lautet auszugsweise:
„a)
Unterricht in kroatischer/serbischer (Fach-)Sprache sowie Literatur- und Landeskunde mit Vor- und Nachbereitung
65 %
Studien- und Prüfungsbetreuung von sprachpraktischen Klausuren in allen einschlägigen Studiengängen
Betreuung der modularisierten Studiengänge im Bereich der Sprachpraxis; Vorkorrektur von Klausuren
10 %
eigene Weiterqualifizierung
25 %
b)
abgeschlossenes Hochschulstudium Kroatistik/Serbistik oder Slavistik
Kroatisch/Serbisch als Muttersprache
angemessene Sprachkenntnisse im Deutschen
pädagogische Eignung und Unterrichtserfahrung
Befähigung zur Abhaltung von Lehrveranstaltungen in kroatischer/serbischer (Fach-)Sprache, Literatur und Landeskunde“
5
Nach § 3 Abs. 1 Nr. 8 der Lehrverpflichtungsverordnung (LVVO) des Landes Hessen hatte die Klägerin während der Vorlesungszeit an 29 Wochen im Jahr jeweils 14 Lehrveranstaltungsstunden, die sich nach § 2 Abs. 1 Satz 3 LVVO auf mindestens 45 Minuten belaufen, zu erbringen. Die Klägerin hielt ua. als Sprachkurse bezeichnete Lehrveranstaltungen für Bachelor- und Masterstudierende auf der Grundlage von Modulbeschreibungen zu den Themen Phonetik, Phonetik II, Lektüre, Lektüre II, Fachsprache Kroatisch und Serbisch II, Fachsprache Kroatisch und Serbisch IV, Kroatische und Serbische Landeskunde, Kommunikation, Kommunikation II, Einführung in die Fachsprache, Übersetzung Deutsch/Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Südslavische Landeskunde, Übersetzung II. Außerdem führte sie im Master-Studiengang zum Modul „Fortgeschrittene Sprachpraxis – Kroatisch/Serbisch“ einen „Aufbaukurs“ sowie eine Lehrveranstaltung „Lektüre“ durch.
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Mit der am 21. März 2012 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat die Klägerin die Ansicht vertreten, die zuletzt vereinbarte Befristung könne nicht auf § 2 Abs. 1 WissZeitVG gestützt werden. Sie habe nicht dem wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 WissZeitVG angehört. Ihre Aufgaben hätten in einer rein repetierenden Lehrtätigkeit bestanden und seien denen einer Sprachlektorin vergleichbar gewesen. Literaturwissenschaftliche Themen seien ihr nicht übertragen gewesen.
7
Die Klägerin hat zuletzt – soweit für die Revision von Bedeutung – beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der am 1. Februar 2011 vereinbarten Befristung und der Verlängerung des Beschäftigungsverhältnisses am 2. Dezember 2011 zum 3. Mai 2012 geendet hat.
8
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund wirksamer Befristung gemäß § 2 Abs. 1 WissZeitVG mit Ablauf des 3. Mai 2012 beendet worden. Die Klägerin habe zum wissenschaftlichen Personal iSd. § 1 WissZeitVG gehört, weil ihre Tätigkeit insgesamt wissenschaftlich geprägt gewesen sei. Dies gelte auch für ihre Lehrveranstaltungen, die auf die wissenschaftliche Sprachvermittlung auszurichten gewesen seien. Sprachkurse an der Universität seien integraler Bestandteil der wissenschaftlichen Ausbildung zum Philologen. Dafür sei die enge Verzahnung von Sprachvermögen mit linguistischer, literatur- und kulturwissenschaftlicher Kompetenz Voraussetzung. Vorgegebene Lehrmaterialien habe es nicht gegeben. Es sei Sache der Lehrkräfte, ihre Lehrmaterialien kontinuierlich zu aktualisieren und entsprechend der wissenschaftlichen Zielsetzung einzusetzen.
9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.