Arbeitsrecht

Dienstpläne – Mitbestimmung des Betriebsrat – Inkraftsetzung – Rechtsmissbrauch

Aktenzeichen  4 TaBV 17/19

Datum:
23.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Thüringer Landesarbeitsgericht 4. Kammer
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:LAGTH:2022:0223.4TABV17.19.00
Normen:
§ 87 Abs 1 Nr 2 BetrVG
§ 87 Abs 1 Nr 3 BetrVG
Spruchkörper:
undefined

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Erfurt, 5. April 2019, 2 BV 58/18, Beschlussnachgehend BAG, 27. Juli 2022, 1 ABN 49/22, Beschluss: Verwerfung (nicht dokumentiert)

Tenor

Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 5.4.2019 – 2 BV 58/18 – wird zurückgewiesen. Auf Anschlussbeschwerde des Beteiligten zu 1 hin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 5.4.2019 – 2 BV 58/18 – teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefasst:
1. Der Beteiligten zu 2 wird untersagt, abweichend von mitbestimmt aufgestellten Dienstplänen
a) Arbeitnehmer*innen an vorgesehenen Arbeitstagen aus eigener Entscheidung nicht einzusetzen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um Urlaubs-. Freizeitausgleichs-, oder Krankheitstage oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
b) Arbeitnehmer*innen an dienstplanmäßig freien Tagen zur Arbeit heranzuziehen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
c) Arbeitnehmer*innen vor dem planmäßigen Arbeitsbeginn zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
d) Arbeitnehmer*innen nach dem im Dienstplan vorgesehenen Ende der Schicht zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
e) Arbeitnehmer*innen in anderen Schichten als im Dienstplan vorgesehen einzusetzen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
f) Arbeitnehmer*innen während der in den Arbeitszeitschemata festgelegten Pausen zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Beteiligten zu 1 oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt.
2. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 10.000,00 Euro angedroht.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Der Beteiligte zu 1 ist der Betriebsrat der Beteiligten zu 2. Er verlangt, der Beteiligten zu 2 die Inkraftsetzung nicht mitbestimmter Dienstpläne und – jedenfalls nach Klarstellung im Rahmen der Anschlussbeschwerde – Abweichung von unter Mitbestimmung zustande gekommenen Dienstplänen zu untersagen.
Die Beteiligte zu 2 betrieb in E……… ein Klinikum der Maximalversorgung. Im Bereich der Pflege arbeiteten auf 57 Stationen ca. 800 Beschäftigte und weitere ca. 1600 Beschäftigte im ärztlichen Dienst sowie Physiotherapeuten, Sozialarbeiter, Funktionsdienste, Verwaltungsangestellte, Auszubildende und Praktikanten in dienstplanmäßig geregelten Arbeitszeiten. Die Beteiligte zu 2 war an die im H……..-Konzern mit Verdi und den M………… Bund geschlossenen Tarifverträge gebunden.
Am 1.6.2014 schlossen die Beteiligten eine Rahmenbetriebsvereinbarung zur Arbeitszeit. Ausweislich der Präambel sollte damit versucht werden, die rechtlichen Vorgaben, größtmöglichen Patientennutzen und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten miteinander in Einklang zu bringen. In § 3 Rahmenbetriebsvereinbarung sind Vorgaben für die und Ablauf der Erstellung der Dienstpläne geregelt. Danach müssen diese mindestens sechs Wochen im Voraus geplant werden. Insbesondere Wochenenddienste sollen gleichmäßig auf die Beschäftigten verteilt werden. In § 7 Rahmenbetriebsvereinbarung haben die Beteiligten eine Regelung zur Mehrarbeit getroffen und festgehalten, dass grundsätzlich für jegliche Mehrarbeit im Vorhinein die Zustimmung des Beteiligten zu 1 eingeholt werden müsse. In § 7 Abs. 3 Rahmenbetriebsvereinbarung ist für Notfälle und in § 7 Abs. 4 für zum Beispiel längere Operationen eine hiervon abweichende Regelung getroffen.
Wegen der Einzelheiten des Inhaltes dieser Betriebsvereinbarung im Übrigen wird auf die zu den Akten gereichte Kopie hiervon (Blatt 86-95 der Akte) Bezug genommen.
Die Beteiligte stellte zunächst monatlich Dienstpläne ohne weitere Beteiligung des Beklagten zu 1 auf und setzte diese in Kraft.
Mit Schreiben vom 8.12.2016 kündigte der Beteiligte zu 1 die Rahmenbetriebsvereinbarung und verlangte eine ordnungsgemäße Beteiligung.
Die Beteiligte zu 2 war der Rechtsauffassung, aufgrund der nachwirkenden Geltung der Rahmenbetriebsvereinbarung bis zum Abschluss einer anderen Abmachung weiterhin Dienstpläne ohne Mitbestimmung des Beteiligten zu 1 aufstellen zu dürfen. Die Beteiligten führten hierüber ein Beschlussverfahren (Arbeitsgericht Erfurt 3 BV 6/17). Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 15.11.2017, mit welchem die Auffassung der Beteiligten zu 2 sich durchsetzte, hat die Beteiligte zu 1 Beschwerde eingelegt (Thüringer Landesarbeitsgericht 3 TaBV 16/17). Dieses Verfahren wurde von den Beteiligten übereinstimmend für erledigt erklärt.
Unabhängig davon legte die Beteiligte zu 2 nach Kündigung der Rahmenbetriebsvereinbarung dem Beteiligten zu 1 monatlich Dienstpläne vor. Seit Juli 2017 kam es zu zahlreichen Auseinandersetzungen der Beteiligten über die Dienstpläne. Der Beteiligte zu 1 stimmte in der Regel nicht zu, sperrte sich auch gegen die Einsetzung von Einigungsstellen, die jeweils über das dafür in § 100 ArbGG vorgesehene Verfahren eingerichtet wurden, wenn sie sich nicht aufgrund der regelmäßig vom Beteiligten zu 1 in diesen Verfahren eingelegten Beschwerde im zweiten Rechtszug durch Zeitablauf erledigten. Wegen der Einzelheiten des monatlich wiederkehrenden Ablaufs hierzu wird Bezug genommen auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts auf Seiten 3 und 3 des angefochtenen Beschlusses (Blatt 210 und 211 der Akte) sowie das Vorbringen auf den Seiten 5-13 der Beschwerdebegründung (Blatt 281-289 der Akte) sowie das Vorbringen der Beteiligten zu 2 aus dem Schriftsatz vom 12.2.2020 auf den Seiten 2-4 (Blatt 367-370 der Akte).
Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung gewesen, die Umsetzung von Dienstplänen ohne seine Beteiligung und auch die Abweichung von aufgestellten Dienstplänen verletze seine Mitbestimmungsrechte. Beispielhaft für den Monat September 2018 hat er Umsetzung von nicht mitbestimmten Dienstplänen sowie Abweichungen von abgelehnten Dienstplänen (früher beginnen als geplant, späteres Ende als geplant, arbeiten statt frei, frei statt geplanter Schicht, keine Pausen) aufgelistet sowie auch Abweichungen von Dienstplänen, denen er zugestimmt hatte (späteres Ende als geplant, arbeiten statt geplanten frei, frei statt geplanter Schicht). Wegen der Einzelheiten wird auf die tabellarischen Übersichten auf den Seiten 4-9 des angefochtenen Beschlusses (Blatt 211-216 der Akte) Bezug genommen. Soweit der Beteiligte zu 2 Abweichungen von Dienstplänen versucht habe zu rechtfertigen, sei dies nicht hinreichend genau genug geschehen, um Überprüfungen durchzuführen.
Der Beteiligte zu 1 hat beantragt,
1. Die beteiligte Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, Dienstpläne ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats bzw. eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle in Kraft zu setzen.
2. Die beteiligte Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, abweichend von mitbestimmt aufgestellten Dienstplänen
a) Arbeitnehmer an vorgesehenen Arbeitstagen aus eigener Entscheidung nicht einzusetzen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um Urlaubs-. Freizeitausgleichs-, oder Krankheitstage oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
b) Arbeitnehmer an dienstplanmäßig freien Tagen zur Arbeit heranzuziehen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall handelt,
c) Arbeitnehmer vor dem planmäßigen Arbeitsbeginn zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall handelt,
d) Arbeitnehmer nach dem im Dienstplan vorgesehenen Ende der Schicht zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall handelt,
e) Arbeitnehmer in anderen Schichten als im Dienstplan vorgesehen einzusetzen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall handelt,
f) Arbeitnehmer während der in den Arbeitszeitschemata festgelegten Pausen zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall handelt.
3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 10.000,00 Euro angedroht.
Die Beteiligte zu 2 hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligte zu 2 ist der Rechtsansicht gewesen, dass es einer ausdrücklichen Zustimmung des Beteiligten zu 1 zu den monatlichen Dienstplänen aufgrund der Rahmenbetriebsvereinbarung nicht bedürfe. Gleichwohl habe sie vorsorglich um Zustimmung für die Dienstpläne gebeten und auch über Einigungsstellen alles versucht, eine Einigung mit den Beteiligten zu 1 zu erzielen. Dessen Verhalten sei rücksichtslos, rechtsmissbräuchlich und mit dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit nicht in Einklang zu bringen. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr, weil sie, die Beteiligte zu 2, durch ihr Verhalten dokumentiere, dass sie das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates versuche zu wahren. Angesichts der Versuche, zu mitbestimmten Dienstplänen zu gelangen, könne von einem erheblichen und offensichtlich schwerwiegenden Pflichtverstoß ihrerseits, der Beteiligten zu 2, nicht die Rede sein. Das Verhalten des Beteiligten zu 1 sei widersprüchlich, denn einerseits blockiere er jegliche Einigung über Dienstpläne und verlange andererseits eine solche. Wenn sich der Beteiligte zu 1 jeglichem Mitbestimmungsverfahren faktisch entziehe, könne er nicht die Einhaltung desselben verlangen. Im Übrigen seien die Abweichungen von aufgestellten Dienstplänen jeweils gerechtfertigt gewesen zum Beispiel aufgrund einer schwierigen Gruppensituation, Deeskalation, schwierigen Patientengruppen, erhöhten Pflegebedarfs und verlängerten OP-Programmes. Zum Teil seien Verstöße nicht feststellbar wie z.B. am 7.9.2018, 8.9.2018, 10.9.2018, 11.9.2018, 17.9.2018 und einigen weiteren Tagen, die sich aus der tabellarischen Auflistung (Bl. 219 – 225 d.A.) ergeben. Wegen der Einzelheiten des Vortrages der Beteiligten zu 2 im ersten Rechtszug hierzu wird auf die tabellarische Übersicht auf den Seiten 12-18 des angefochtenen Beschlusses (Blatt 219-225 der Akte) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 5. April 2019 hat das Arbeitsgericht dem Antrag zu 1 vollständig und dem Antrag zu 2 überwiegend entsprochen.
Die Rahmenbetriebsvereinbarung enthalte keine so genauen Vorgaben, dass die monatlich aufzustellenden Dienstpläne schon soweit im Vorhinein bestimmt seien, als dass dadurch das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats schon als ausgeübt gelten könne. Deshalb sei die Durchführung eines konkreten Mitbestimmungsverfahrens für die monatlichen Dienstpläne erforderlich. Die in einem Kommentar zur Rahmenbetriebsvereinbarung geäußerte Auffassung seitens eines Betriebsrats sei insofern nicht bindend. Offenbar habe der Beteiligte zu 2 unstreitig, Dienstpläne in Kraft gesetzt, die weder die Zustimmung des Beteiligten zu 1, noch die Ersetzung durch Spruch einer Einigungsstelle hatten. Der Beteiligte zu 2 lasse nicht erkennen, von dieser Praxis abweichen zu wollen. Daher sei der Antrag zu Ziffer 1 begründet. Das Verhalten des Beteiligten zu 1 sei rechtlich zulässig gewesen und stelle daher keinen Rechtsmissbrauch dar. Da der Unterlassungsantrag zukunftsbezogen sei, sei das Verhalten des Beteiligten zu 1 in der Vergangenheit, selbst wenn es rechtsmissbräuchlich gewesen wäre, nicht entscheidend, denn es sei die Frage ungeklärt, wie lange treuwidriges Verhalten in der Vergangenheit es dem Beteiligten zu 1 auch in Zukunft versperre, den Versuch zu unternehmen, seine Mitbestimmungsrechte durchzusetzen.
Der Antrag zu 2 sei überwiegend auch begründet, weil das Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1 nicht nur die erstmalige Aufstellung eines Dienstplanes, sondern auch nachträgliche Änderungen erfasse. Die Beteiligte zu 2 sei in der Vergangenheit von aufgestellten Dienstplänen abgewichen. Ob die von ihr hierfür angeführten Gründe berechtigt gewesen sein, sei nicht entscheidend, denn auch dann fehle es an der notwendigen Zustimmung des Beteiligten zu 1. Mitbestimmungspflichtig seien jedoch nur solche Abweichungen, die auf Anordnungen der Beteiligten 2 beruhten. Soweit Beschäftigte ihre Tätigkeit später als geplant beendet hätten oder keine Pausen gemacht hätten habe nicht geklärt werden können, dass dies auf Anordnung der Beteiligten zu 2 geschehen sei.
Gegen diesen ihr am 16.5.2019 zugestellten Beschluss hat die Beteiligte zu 2 mit am 23.5.2019 eingegangenen Schriftsatz Beschwerde erhoben und diese, nachdem das Gericht aufgrund des am 16.7.2019 eingegangenen Antrages hin mit Beschluss vom selben Tage die Beschwerdebegründungsfrist bis zum 16.8.2019 verlängert hatte mit an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.
Unabhängig davon, ob aufgrund der Rahmenbetriebsvereinbarung bei der Aufstellung von Dienstplänen überhaupt noch ein Mitbestimmungsrecht des Beteiligten zu 1 bestehe seien die Anträge des Beteiligten zu 1 unbegründet, denn ein Unterlassungsanspruch auf Umsetzung der Dienstpläne ergebe sich weder aus § 87 Abs. 1 noch aus § 23 Abs. 3 BetrVG. Der Beteiligte zu 1 verstoße mit seinem Verhalten, welches die Beteiligte zu 2 auf den Seiten 5-13 der Beschwerdebegründung (Blatt 256-264 der Akte) nochmals präzisiert hat, worauf wegen der Einzelheiten abermals Bezug genommen wird, gegen die Grundsätze von Treu und Glauben. Er übe seine formale Rechtsstellung missbräuchlich und in unzulässiger Weise aus. Gerade in einem Klinikbetrieb obliege einer Arbeitgeberin zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Pflichten im Rahmen der Krankenhausversorgung eine besondere Verantwortung. Sie sei darauf angewiesen, im Hinblick auf die Möglichkeit, diese Aufgabe in der Gesundheitsversorgung zu erfüllen, Dienstpläne aufzustellen und den Einsatz des vorhandenen Personals zu koordinieren. In einer solchen Situation komme dem Betriebsrat eine besondere Verantwortung zu, alles zu unternehmen, um mit der Arbeitgeberin zu einer einvernehmlichen Regelung zu gelangen. Es bestehe eine Mitwirkungspflicht. Die Betriebsparteien hätten über strittige Fragen mit dem ernsten Willen zur Einigung zu verhandeln und Vorschläge für die Beilegung von Meinungsverschiedenheiten zu machen. Eine Blockadehaltung eines Betriebsrats, welcher sich wiederholt allen Versuchen der Arbeitgeberin entziehe, im Rahmen von Verhandlungen der Einigungsstelle zu einem für alle Seiten akzeptablen Kompromiss zu kommen, stelle dann eine unzulässige Rechtsausübung dar.
Dies sei hier durch das Verhalten des Beteiligten zu 1 der Fall. Schon die Anlassfälle, welche das Arbeitsgericht für die Annahme einer Wiederholungsgefahr gelten lasse, könnten hierzu nicht herangezogen werden, sie, die Beteiligte zu 2, habe sowohl für Juli 2018, August 2018 und September 2018 alles unternommen, um rechtzeitig zu einem mitbestimmten Dienstplan zu gelangen. Der Beteiligte zu 1 lehne schlichtweg jedes Mal vorgelegte Dienstpläne ab, zunächst ohne Begründung. Sodann verweigere er sich oft der Einsetzung einer Einigungsstelle, sodass hierzu auch noch ein gerichtliches Verfahren betrieben werden müsse. Komme es zur Sitzung einer Einigungsstelle, lege er zeitraubend erst in der ersten Sitzung seine Gründe für die Verweigerung dar, sodass es in der Regel zu Folgesitzungen kommen müsse. Aufgrund zeitlicher Einschränkungen der Mitglieder der Einigungsstelle gerate sie, die Beteiligte zu 2, in das Dilemma, dass der Zeitraum, für den die Dienstpläne aufgestellt worden seien, schon vorher beginnen, sodass allein aufgrund des Verhaltens des Beteiligten zu 1 es nicht rechtzeitig zu mitbestimmten Dienstplänen komme. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs stehe auch weiterhin im Raum, weil sich der Beteiligte zu 1 weiterhin jeglicher Mitwirkung entziehe.
Es treffe zwar zu, dass die Einwendungen des Betriebsrats jedes Mal regelmäßig wiederkehren und es treffe auch zu, dass sie, die Beteiligte zu 2 diese Einwendungen im Wesentlichen aus einem Schreiben vom 23.3.2017 kenne. Diese Ablehnungsgründe seien jedoch nicht von gesetzlichen oder tariflichen Regelungen gedeckt. Der Beteiligte zu 1 versuche auch über dieses Verfahren in Kombination mit der fehlenden Mitwirkung am Zustandekommen von Dienstplänen einseitig seine Vorstellungen durchzusetzen. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrags hierzu wird auf das Vorbringen des Beteiligten zu 2 aus dem Schriftsatz vom 12.2.2020 Seiten 4-9 (Blatt 369-374 der Akte) nebst Anlagen (Blatt 375-388 der Akte) Bezug genommen.
Die Anträge zu Ziffer 2 seien schon deshalb unbegründet, weil der Beteiligte zu 1 hiermit untersagen lassen wolle, von nicht mitbestimmten Dienstplänen abzuweichen. Habe er aber den Dienstplänen überhaupt nicht zugestimmt, so komme diesen nicht die Verbindlichkeit zu, dass Abweichungen hiervon mittels Unterlassung durchgesetzt werden könnten. Der allgemeine Unterlassungsanspruch ziele nicht auf die Aufrechterhaltung eines betriebsverfassungswidrigen Zustandes, sondern solle Eintritt eines solchen künftig vermeiden.
Die Beteiligte zu 2 beantragt,
der Beschluss des Arbeitsgerichts Erfurt vom 5. April 2019, 2 BV 58/18, wird abgeändert.
Die Anträge des Betriebsrats werden abgewiesen.
Die Anschlussbeschwerde wird zurückgewiesen.
Der Beteiligte zu 1 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen,
und die Entscheidung des Arbeitsgerichts Erfurt vom 5.4.2019, 2 BV 58/18 abzuändern soweit seine Anträge abgewiesen worden seien
sowie seinen Anträgen insgesamt nach Maßgabe folgender Neufassung stattzugeben:
1. Die beteiligte Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, Dienstpläne ohne vorherige Zustimmung des Betriebsrats bzw. eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle in Kraft zu setzen.
2. Die beteiligte Arbeitgeberin wird verpflichtet, es zu unterlassen, abweichend von mitbestimmt aufgestellten Dienstplänen
a) Arbeitnehmer an vorgesehenen Arbeitstagen aus eigener Entscheidung nicht einzusetzen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um Urlaubs-. Freizeitausgleichs-, oder Krankheitstage oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
b) Arbeitnehmer an dienstplanmäßig freien Tagen zur Arbeit heranzuziehen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
c) Arbeitnehmer vor dem planmäßigen Arbeitsbeginn zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
d) Arbeitnehmer nach dem im Dienstplan vorgesehenen Ende der Schicht zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
e) Arbeitnehmer in anderen Schichten als im Dienstplan vorgesehen einzusetzen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt,
f) Arbeitnehmer während der in den Arbeitszeitschemata festgelegten Pausen zu beschäftigen, solange keine Zustimmung des Betriebsrats oder eine diese ersetzende Entscheidung der Einigungsstelle hierzu vorliegt und es sich nicht um einen ausgesprochenen Notfall oder eine Arbeitskampfmaßnahme handelt.
3. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wird ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von 10.000,00 Euro angedroht.
Beim Kommentar zur Rahmenbetriebsvereinbarung handele es sich nicht um eine Vereinbarung zwischen den Betriebspartnern sondern um eine Meinungsäußerung des vormaligen Betriebsratsgremiums. Die Rahmenbetriebsvereinbarung enthalte nicht dermaßen verbindliche Vorgaben, dass eine spätere Mitbestimmung über einzelne Dienstpläne schon verbraucht sei. Das zeige sich auch daran, dass in den Einigungsstellen seit August 2019 Verhandlungen und Abstimmungen über die Aufstellung von Monatsdienstpläne durchgeführt würden. Ein besonders schwerwiegender und eng begrenzter Ausnahmefall rechtsmissbräuchlichen Verhaltens liege hier nicht vor. Das Vorbringen der Beteiligten zu 2 über die Verhaltensweisen bei der Aufstellung von Dienstplänen sei zu ergänzen, was beispielhaft für den Monat Oktober 2019 geschehen solle. Mehrere Dienstpläne, denen er, der Beteiligte zu 1, nicht zugestimmt hatte, seien in der Einigungsstelle wieder vorgelegt worden. Er, der Beklagte zu 1, habe hierüber abstimmen lassen wollen. Hierzu sei die Beteiligte zu 2 nicht bereit gewesen. Im Fortgang der Sitzung habe er, der Beteiligte zu 1, sogar versucht selbst die zuvor von ihm abgelehnten Dienstpläne zur Abstimmung einzureichen. Hieran habe sich eine Diskussion angeschlossen, ob dies überhaupt möglich sei. Zu einer Abstimmung sei es nicht gekommen, sondern zu der Feststellung im Protokoll, dass sich die Beteiligten einig seien, dass ein bestimmter Dienstplan nicht zustimmungsfähig sei und weitere Dienstpläne für den ärztlichen Bereich nicht vorgelegt worden seien. Die Beteiligte zu 2 verhindere also so, dass die fehlende Zustimmung von ihm, Beteiligten zu 1, überwunden werden könne. Dann können Sie umgekehrt nicht Treuwidrigkeit aus der Behauptung herleiten, er, der Beklagte zu 1, verhindere das Zustandekommen von mitbestimmten Dienstplänen. Im Rahmen der Einigungsstelle für Dienstpläne November 2019 hätten die Beisitzer des Beteiligten zu 1 deutlich gemacht, nicht auf eine Beschlussfassung zu verzichten. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Beteiligte zu 2 sämtliche Dienstpläne im Block zur Abstimmung gestellt habe und diesen Dienstplänen im ersten Abstimmungsgang zugestimmt worden sei. Mit seinem Abstimmungsverhalten habe er, der Beteiligte zu 1, im Gegenteil dafür gesorgt, dass wirksame Dienstpläne für November 2019 zustande gekommen seien. Von den so zustande gekommenen Dienstplan für November 2019 sei die Beteiligte zu 2 wiederum in zahlreichen Fällen abgewichen. Wegen der Einzelheiten des Vortrags des Beteiligten zu 1 hierzu wird auf die tabellarische Übersicht auf Seiten 6 und 7 der Beschwerdeerwiderung und Anschlussbeschwerdebegründung (Blatt 339, 340 der Akte) Bezug genommen.
Es sei auch nicht so, dass die Beteiligte zu 2 nicht wisse, welche Einwendungen seitens des Beteiligten zu 1 erhoben würden. Bereits mit Schreiben vom 23.3.2017 habe er, der Beteiligte zu 1, Anliegen zur Gestaltung der Dienstpläne über reine gesetzliche und tarifliche Vorgaben hinaus deutlich gemacht. Bei der Prüfung der Dienstpläne achte er hierauf. In der Mehrzahl der Dienstpläne, komme die Beteiligte zu 2 diesen Vorstellungen nicht nach. Zum Teil enthielten die eingereichten Dienstpläne auch rechtliche Mängel, die einer
Zustimmungsfähigkeit entgegenstünden. Wegen der Einzelheiten des Vortrages hierzu wird auf die Seiten 8 und 9 der Beschwerdeerwiderung und Anschlussberufungsbegründung (Blatt 341, 342 der Akte) Bezug genommen. Die Beteiligte zu 2 wiederhole diese mangelhafte Dienstplangestaltung monatlich, sodass sie mit dem Einwand ausgeschlossen sei, die erwartbare Versagung der Zustimmung seinerseits, des Beklagten zu 1, sei treuwidrig. Mittlerweile sei es so, dass jedenfalls teilweise im Rahmen der monatlichen Einigungsstellen mitbestimmte Dienstpläne zustande kämen, von denen die Beteiligte zu 2 immer wieder abweiche. Wegen der Einzelheiten des Sachvortrages hierzu wird auf das tabellarische Übersicht auf den Seiten 10-12 der Beschwerdeerwiderung und Anschlussbeschwerdebegründung (Blatt 343-345 der Akte) Bezug genommen.
Soweit die frühere Beendigung der Arbeitszeit oder auch die vollständige Arbeitsbefreiung kein Mitbestimmungsrecht auslösen solle, weil nicht feststellbar sei, ob damit die geschuldete Arbeitszeit verkürzt werde, treffe ein solcher rechtlicher Einwand den vorliegenden Fall nicht. Hier berufe sich er, der Beteiligte zu 1, sich ausdrücklich darauf, dass vorhandene Dienstpläne keine mitbestimmungsfreie Abweichung erlaubten. Abschließend seien die Anträge zu 2 noch dahingehend klarzustellen, dass die Untersagung der Abweichung von aufgestellten Dienstplänen sich nur auf solche Dienstpläne beziehe, die auch mitbestimmt worden, die also betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommen seien und ferner sei klarzustellen und in die Formulierung mit aufzunehmen, dass Abweichungen, die einen ausgesprochenen Notfall darstellten oder Arbeitskampfmaßnahmen, auch nicht vom Begehren umfasst seien. Aus diesem Grunde würden die Anträge neu formuliert.
II.
I.
Die Beschwerde und die Anschlussbeschwerde sind zulässig. Insbesondere die Anschlussbeschwerde ist rechtzeitig erhoben. Eine förmliche Beschwerdebeantwortungsfrist wurde erst mit Verfügung vom 30.10.2019 auf einen Monat ab Zustellung dieser Verfügung festgesetzt. Wegen des Feiertages am 31.10.2019 in Thüringen und des darauffolgenden Wochenendes ist diese Verfügung nicht vor dem 03.11.2019 zugestellt worden. Am 03.12.2019 ist die Anschlussbeschwerdeschrift beim Thüringer Landesarbeitsgericht eingegangen.
II.
Die Beschwerde ist unbegründet, die Anschlussbeschwerde begründet. Im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 23.02.2022 waren sämtliche Anträge des Beteiligten zu 1) in der Form der zuletzt gewählten Antragstellung zulässig und begründet.
1.
Die Anträge zu 1) und 2) in der zuletzt formulierten Fassung sind im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Anhörung in der Tatsacheninstanz zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (vgl. zu ähnlichen Fallgestaltung BAG 12.03.2019, 1 ABR 42/17, NZA 2019, 843).
a) Mit dem Antrag zu 1) verfolgt der Beteiligte zu 1) das Ziel, dass der Arbeitgeber monatliche Dienstpläne nicht in Kraft setzt, indem er diese bekannt gibt und dadurch sein Weisungsrecht
gegenüber den darauf aufgeführten Arbeitnehmer*innen hinsichtlich der Lage ihrer Arbeitszeit ausgeübt.
b) Mit den unter Ziffer 2. zusammengefassten Anträgen verfolgt der Beteiligte zu 1) das Ziel, dass der Beteiligte zu 2) außerhalb von Arbeitskampfmaßnahmen und mitbestimmungsfreien Notfällen nicht ohne Mitbestimmung in den näher beschriebenen Fallgestaltungen und Modifikationen von unter seiner Mitbestimmung wirksam zustande gekommenen Dienstplänen abweicht. Das betrifft die komplette Nichtbeschäftigung von Arbeitnehmer*innen an einem Tag, an dem sie nach dem Dienstplan zur Arbeit eingeteilt gewesen seien. Das betrifft weiter die Heranziehung von Arbeitnehmer*innen zu Diensten an Tagen, nach denen sie nach dem mitbestimmten Dienstplan frei haben. Die nächsten beiden Anträge zu den Buchstaben c) und d) erfassen die Fallkonstellationen, dass Arbeitnehmer*innen zu Arbeitszeiten herangezogen werden, die vor oder nach der im mitbestimmten Plan ausgewiesenen Arbeitszeit liegen. Ferner soll der Beteiligten zu 2) untersagt werden, Arbeitnehmer*innen in anderen als den vorher mitbestimmt geplanten Schichten einzusetzen, auch wenn diese am selben Tag liegen. Und schließlich soll der Beteiligten zu 2) untersagt werden zu dulden, dass Arbeitnehmer*innen anders als vorher festgelegt und nach dem im Betrieb angewandten Schema mit Pausenkorridoren ihre Pausen machen oder auslassen. Dieses Antragsverständnis ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut, welcher den Anträgen nachgebildet ist, die Gegenstand der Entscheidung des BAG vom 12.03.2019 (1 ABR 42/17, NZA 2019, 843) gewesen sind, und aus den Schilderungen der Anlassfälle in der Antrags- und Anschlussbeschwerdebegründung. In der vorbezeichneten Entscheidung hat das Bundesarbeitsgericht die Anträge entsprechend ausgelegt. Diese Entscheidung war Gegenstand der rechtlichen Diskussion der Beteiligten und die erkennbare Nachbildung der Anträge in diesem Verfahren lässt den sicheren Schluss zu, dass die Anträge genauso, wie seinerzeit vom Bundesarbeitsgericht ausgelegt, gemeint gewesen sein sollen. Schließlich würde auch die Schilderung der an der Anlassfälle anders keinen Sinn ergeben.
2.
Diese Anträge sind auch begründet.
Der Beteiligte zu 1) hat einen aus § 87 Abs. 1 Nr. 2 (und 3) BetrVG folgenden Anspruch darauf, dass die Beteiligte zu 2) die vorbezeichneten Handlungen in Zukunft unterlässt. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Betriebsrat vom Arbeitgeber die Unterlassung zukünftiger Verletzung seines Mitbestimmungsrechts aus § 87 Abs. 1 BetrVG verlangen, wenn festgestellt werden kann, dass die Gefahr zukünftiger konkreter Verletzungshandlungen des Arbeitgebers besteht.
a) Das setzt voraus, dass es um Tatbestände geht, bei denen eine Mitbestimmung des antragstellenden Betriebsrats besteht.
Das ist hier der Fall.
Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG hat der Betriebsrat ein erzwingbares Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Lage der Arbeitszeit, mithin bei der Frage, wie die individuell geschuldete Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage verteilt wird, zu welchen Zeiten gearbeitet werden muss und in welchen Zeiten die Pausen liegen. Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst nicht nur die abstrakte Gestaltung der Arbeitszeit und Unterteilung in z. B. Schichten, sondern auch die konkrete Zuordnung von einzelnen Arbeitnehmer*innen zu Schichten.
aa) Dieses Mitbestimmungsrecht hat der Beteiligte zu 1) nicht schon mit Abschluss der nachwirkenden Rahmenbetriebsvereinbarung ausgeübt. Aus der Rahmenbetriebsvereinbarung ergeben sich Vorgaben für die Dienstplangestaltung. Eine personelle Zuordnung einzelner Arbeitnehmer*innen insoweit, als dass erkennbar ist, wer zu welchen Zeiten zu arbeiten hat und wer nicht, ergibt sich daraus nicht. Damit ergibt sich daraus auch nicht, ob die Vorgaben wie Schichtabfolgen und freie Wochenenden eingehalten sind. Insofern determiniert die Rahmenbetriebsvereinbarung die Dienstplangestaltung nicht in einem Maße, als dass keine Ermessensentscheidung der Beteiligten zu 2) mehr erfolgen kann. Insofern ist noch Offenheit und Raum für eine Mitbestimmung des Betriebsrats, auf die er im Vorhinein, selbst wenn er die Vereinbarung seinerzeit so verstanden hätte, nicht in der Form wirksam verzichten kann ((BAG 3.6.2003 – 1 AZR 349/02, NZA 2003, 1155, Fitting, 30. Aufl. 2020, BetrVG § 87 Rn. 578). Daher ist die abweichende Meinungsäußerung in der zur Gerichtsakte gereichten Erläuterung der Rahmenbetriebsvereinbarung nicht erheblich.
(1) Damit betrifft der Antrag zu Ziffer 1. eine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit, weil bei der Arbeitszeiteinteilung für einzelne Arbeitnehmerinnen die Frage der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage und die Lage der Pausen betroffen ist. Der Dienstplan stellt insoweit die konkrete Ausübung des Arbeitgeberweisungsrechts in Bezug auf diesen Regelungsgegenstand dar. Bekanntgabe und Durchführung eines Dienstplanes, der diese Weisung enthält, sind daher nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG mitbestimmungspflichtig.
(2) Die unter Ziffer 2. zusammengefassten Anträge enthalten das Begehren, dass beschränkt auf betriebsverfassungsrechtlich ordnungsgemäß zustande gekommene, weil mitbestimmte Dienstpläne eine Abweichung hiervon unterbunden werden soll. Jede in den Buchstaben a) bis f) erfasste Abweichung stellt eine Neuausübung und Änderung des Weisungsrechts der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf die Lage der Arbeitszeit dar und kann, soweit Arbeiten vor Beginn oder nach Ende der im Dienstplan ausgewiesenen Arbeitszeit angeordnet wird, auch den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG betreffen ebenso wie der Nichteinsatz zu geplanten Arbeitszeiten und umgekehrt der Einsatz an freien Arbeitstagen; jedenfalls ist aber die Änderung der Weisung, zu welchen Zeiten gearbeitet werden soll gegenüber dem geplanten Zeiten eine Entscheidung der Beteiligten zu 2) im Hinblick auf den Mitbestimmungstatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG. Das gilt auch für solche Abweichungen vom Dienstplan, die auf Handeln der Arbeitnehmer*innen zurück gehen, soweit – wie hier – ein*e Arbeitgeber*in davon Kenntnis hat und dies über einen längeren Zeitraum duldet, indem er*sie trotz Möglichkeit, solches Verhalten zu unterbinden und damit die Betriebsvereinbarung(en) durchzuführen, nicht dagegen einschreitet (vgl. BAG 28.7.2020 – 1 ABR 18/19, NZA 2021, 1509). Davon sind die die Anträge zu 2 c, d und f betroffen.
b) Es steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Gefahr zukünftiger Verletzungen dieses Mitbestimmungsrechts des Beteiligten zu 1) durch die Beteiligte zu 2) besteht.
Der Unterlassungsantrag ist in die Zukunft gerichtet. Er kann nur dann Erfolg haben, wenn zukünftige Verletzungshandlungen zu erwarten sind. Entscheidender Beurteilungszeitpunkt hierfür ist die letzte Anhörung in der Tatsacheninstanz. In diesem Zeitpunkt muss die Gefahr zukünftiger Verletzung des Mitbestimmungsrechts festgestellt werden können. Kann die Verletzungsgefahr für die Zukunft nicht festgestellt werden, ginge dies zu Lasten der antragstellenden Partei.
Die Gefahr zukünftiger Verletzungen des Mitbestimmungsrechts kann sich aus Verletzungshandlungen in der Vergangenheit ergeben. Diese können indizieren, dass auch in Zukunft mit Vertragsverletzungen zu rechnen ist.
So ist es hier.
aa) Das gilt zunächst für die mit dem Antrag zu 1) verfolgte Untersagung der Durchführung von Dienstplänen ohne dass die Zustimmung des Beteiligten zu 1) oder eine diese ersetzende Spruch einer Einigungsstelle vorliegt. Es ist zwischen den Beteiligten nicht streitig, dass in der Vergangenheit die Beteiligte zu 2) Dienstpläne erstellt, bekannt gegeben und Arbeitnehmer*innen entsprechend zur Arbeit herangezogen hat, ohne dass die Zustimmung des Beteiligten zu 1) vorgelegen hat und ohne dass die fehlende Zustimmung durch einen Spruch der Einigungsstelle überwunden wurde. Das bestreitet die Beteiligte zu 2) tatsächlich nicht; sie macht nur Einwendungen geltend dahingehend, dass dies durch den Beteiligten zu 1) selbst verursacht wurde und sie gleichsam in dem Dilemma gewesen sei, ohne diese Handlung den Betrieb nicht aufrechterhalten zu können. Diese Frage betrifft nicht den Umstand, dass das Verhalten der Beteiligten zu 2) objektiv betriebsverfassungswidrig war sondern nur die Frage, ob hier aus dem Verhalten des Beteiligten zu 1) ein Umstand abzuleiten ist, welcher dem Unterlassungsanspruch entgegenzusetzen ist. Das betrifft vor allem die Frage des Rechtsmissbrauchs, welche noch zu erörtern sein wird. Dass es sich bei der Umsetzung der Dienstpläne vor Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens um einen echten Notfall, der mitbestimmungsfrei wäre, handelt, trägt die Beteiligte zu 2) so nicht vor und ist auch nicht ersichtlich. Soweit sie sich darauf beruft, dass Sie die öffentlich-rechtliche Aufgabe der Klinikversorgung sicherzustellen hat, bedeutet dies nicht, dass gleichsam ein permanenter Notfall vorliegt. Wenn die Grundsatzentscheidung getroffen wird, öffentlich-rechtliche Aufgaben der Daseinsvorsorge privatwirtschaftlich organisiert erbringen zu lassen, so muss diese Entscheidung konsequent dahingehend durchgeführt werden, dass dann auch die für privatwirtschaftliches Handeln geltenden Gesetze einzuhalten sind und bei Existenz eines Betriebsrats bedeutet dies, dass die Mitbestimmungsrechte einzuhalten sind.
Die Fortsetzung dieses Verhaltens der Beteiligten zu 2 über einen mehrere Jahre sich hinziehenden Zeitraum und die beharrliche Verteidigung dieses Verhaltens als zulässig belegen aus Sicht der Kammer hinreichend die Wiederholungsgefahr.
bb) Auch hinsichtlich der mit dem Antrag zu 2) zusammengefassten Begehren kann die Kammer unzweifelhaft Verletzungshandlungen der Beteiligten zu 2) in der Vergangenheit feststellen. Unerheblich dabei ist, dass von dem Beteiligten zu 1) zunächst zahlreiche Verletzungshandlungen reklamiert wurden, die keine solchen darstellen. Das betrifft die Darstellung der Fälle, dass die Beteiligte zu 2) i. S. d. Formulierung der Anträge zu Ziffer 2. von Dienstplänen abgewichen ist, für die weder eine Zustimmung des Beteiligten zu 1) noch eine diese ersetzender Spruch der Einigungsstelle vorgelegen hat. Die Umsetzung dieser Dienstpläne war, wie oben gezeigt, per se mitbestimmungswidrig. Der Beteiligte zu 1) hat keinen Anspruch darauf, gerichtlich durchzusetzen, dass dieser mitbestimmungswidrige Zustand aufrechterhalten bleibt (BAG 12.03.2019 – 1 ABR 42/17, NZA 2019, 843).
(1) Nach Bekanntwerden der erwähnten Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts hat der Beteiligte zu 1) sein Verhalten allerdings umgestellt und unstreitig gab es seitdem Dienstpläne, welche entweder seine Zustimmung gefunden haben oder aber bezüglich derer ein diese Zustimmung ersetzender Spruch einer Einigungsstelle vorlag. Auch hiervon ist die Beteiligte zu 2) in allen Fallkonstellationen mehrfach abgewichen, was durch die Darlegungen des Beteiligten zu 1) (tabellarische Übersicht auf den Seiten 10-12 der Beschwerdeerwiderung und Anschlussbeschwerdebegründung – Blatt 343-345 der Akte) hinreichend dargelegt ist. Der Vorwurf der Beteiligten zu 2) dahingehend, der Beteiligte zu 1) habe nur deshalb einigen Dienstplänen zugestimmt, um Anlassfälle für seine Unterlassungsanträge zu haben, ist diesbezüglich nicht relevant, sondern wird im Rahmen der Frage des Rechtsmissbrauchs zu diskutieren sein. Mit diesem Einwand stellt die Beteiligte zu 2 die Abweichung von mitbestimmten Dienstplänen im dargelegten Sinne unstreitig.
(2) Auch soweit die Abweichungen von Dienstplänen nicht ausdrücklich von der Beteiligten zu 2) angeordnet sind, sondern zunächst aus eigenem Antrieb von Arbeitnehmer*innen erfolgen, lässt sich hier eine Verletzungshandlung der Beteiligten zu 2) feststellen. Ihr ist, mindestens seit Jahren aus den Darlegungen und Diskussionen in diesem Verfahren bekannt, dass diese Abweichungen von Dienstplanvorgaben durch Arbeitnehmer*innen vorkommen. Sie erfasst diese Abweichungen generell systematisch in der Arbeitszeitdokumentation. Das ist nicht bestritten worden. Ihr ist hinreichend deutlich gemacht worden, dass der Beteiligte zu 1) die Verantwortung für die Einhaltung mitbestimmter Dienstpläne bei ihr sieht. Wenn Sie trotz Kenntnis von diesen Abweichungen unter systematischer Erfassung dieser Arbeitszeiten und trotz Bestehens der Möglichkeiten hiergegen einzuschreiten nichts unternimmt, handelt sie durch dieses bewusste Dulden und Entgegennehmen der Arbeitsleistungen zu diesen nicht mitbestimmten Zeiten mitbestimmungswidrig (vgl. BAG 28.7.2020 – 1 ABR 18/19, NZA 2021, 1509).
Es wäre der Beteiligten zu 2 möglich, generell ihr Direktionsrecht durch allgemeine Hinweise auszuüben und Mitarbeiter*innen diese Verstöße gegen Dienstplanvorgaben zu untersagen. Durch die Arbeitszeiterfassung sind darüber hinaus die Einzelfälle bekannt, so dass die Beteiligte zu 2 auch konkret auf die einzelnen gegen die Vorgaben verstoßenden Arbeitnehmer*innen zugehen und die Einhaltung der insoweit auch arbeitsvertraglichen Vorgaben zu fordern und durchzusetzen.
(3) Es sind keine Tatsachen feststellbar, aus denen sich der Schluss ableiten lässt, es handele sich bei den festgestellten Verletzungen des Mitbestimmungsrechts um vereinzelt in der Vergangenheit auftauchende Fälle, sodass eine Wiederholungsgefahr ausgeschlossen ist. Es sind keine Tatsachen feststellbar, welche die Schlussfolgerungen zulassen, die Beteiligte zu 2) sei bemüht in Zukunft Verletzungshandlungen zu vermeiden. Die Beteiligte zu 2) bestreitet dies auch nicht konkret, sondern beruft sich auf Rechtfertigungsgründe, die allerdings nicht
feststellbar sind. Eine Änderung Ihres Verhaltens in Zukunft stellt sie nicht einmal in Aussicht. Sie sieht ihrem eigenen Vorbringen nach schlicht und ergreifend, auch und vor allem aufgrund des unkooperativen Verhaltens des Beteiligten zu 1), kaum eine andere Möglichkeit, den Klinikbetrieb aufrechtzuerhalten.
(4) Die von der Beteiligten zu 2) vorgetragenen Rechtfertigungen sind nicht daraufhin überprüfungsfähig, ob diese das Verhalten rechtfertigen können, denn dazu sind die gelieferten Stichworte viel zu oberflächlich; es handelt sich durchweg um nicht mit Substanz unterlegte Schlagworte. Bemerkungen wie “Team”, “schwierige Patienten” usw. stellen keinen überprüfungsfähigen Sachvortrag dar. Unplanbare Vorkommnisse und daraus folgende Notwendigkeiten, von Dienstplänen abzuweichen, sind, wie in § 7 Abs. 2 der nachwirkenden Rahmenbetriebsvereinbarung ausdrücklich geregelt, kein Grund ohne Durchführung der Mitbestimmung von vorgegebenen Dienstplänen abzuweichen. Das Vorbringen der Beteiligten zu 2) ist nicht genau genug, um für jeden einzelnen vorgetragenen Verletzungsfall zu überprüfen, ob Fälle von § 7 Abs. 3 Unterabsatz 4 der nachwirkenden Rahmenbetriebsvereinbarung vorliegen, sodass auch nicht entschieden werden muss, ob der vorherige Verzicht auf Durchführung der Mitbestimmung seitens des Betriebsrats überhaupt rechtswirksam ist.
(5) Die fehlende Substanz dieses Vortrags ist vom Arbeitsgericht im Beschluss thematisiert, sodass nicht noch ein Hinweis ergehen musste.
(6) Ohnehin betreffen diese Sachverhalte lediglich die vom Antrag zu 2) betroffenen Fallgestaltungen; eine Zwangslage im Hinblick auf rechtfertigenden oder entschuldigenden Notstand, welcher die Umsetzung von Dienstplänen ohne Durchführung bzw. vor Abschluss des Mitbestimmungsverfahrens sanktionsfrei lassen könnte, ist ebenso nicht feststellbar.
c) Dem Begehren des Beteiligten zu 1) steht der Einwand des Rechtsmissbrauchs nicht entgegen.
Unterlassungsansprüchen des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 BetrVG kann in besonders schwerwiegenden und eng begrenzten Ausnahmefällen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 2 Abs. 1 BetrVG entgegenstehen (BAG 12.03.2019, 1 ABR 42/17, NZA 2019, 843). Ein solcher schwerwiegender und eng begrenzter Ausnahmefall liegt hier nicht (mehr) vor.
Dabei ist von entscheidender Bedeutung, dass auch diesbezüglich der maßgebliche Zeitpunkt für die zu treffenden Feststellungen derjenige der letzten Anhörung in der Tatsacheninstanz, mithin der 23.02.2022 ist. Nach der erwähnten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt unzulässige Rechtsausübung nahe, wenn ein Betriebsrat sich entgegen seiner
Verpflichtung an dem Versuch einer Einigung aktiv mitzuwirken durch komplette Verweigerung und aktiver Verzögerung durch Ergreifen aller Rechtsmittel erst eine Grundlage verschafft, Unterlassungsansprüche geltend zu machen. Das kann darin gesehen werden, wenn sich ein Betriebsrat bei der Aufstellung von Dienstplänen derart verweigert, dass er Ihnen nicht zustimmt aber auch der Einsetzung einer Einigungsstelle nicht zustimmt, diese durch maximale Ausschöpfung der Rechtsmittel so lange hinauszögert, bis die Zeit, für die der Dienstplan erstellt ist, bereits abgelaufen ist.
aa) Es kann unentschieden bleiben, ob das Verhalten des Beteiligten zu 1) bis Mitte 2019 eine solche unzulässige Rechtsausübung darstellt. Ab Juli 2019 hat der Beteiligte zu 1) sein Verhalten umgestellt. Seitdem verweigert er sich nicht mehr der Einsetzung einer Einigungsstelle. Er verweigert nach wie vor die Zustimmung zu den meisten Dienstplänen und beharrt auf Umsetzung seiner Wünsche aus dem Schreiben vom 23.03.2017. Damit hat er sein Verhalten tatsächlich, wie auch die Beteiligte zu 2) feststellte, an der oben erwähnten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ausgerichtet. Die Kammer folgt der Auffassung der Beteiligten zu 2) nicht, dass auch dies als rechtsmissbräuchlich angesehen werden müsste. Die Beteiligte zu 2) unterstellt, der Beteiligte zu 1) verweigere sich nur deshalb nicht mehr der Einsetzung von Einigungsstellen, weil ihm ansonsten sein Verhalten als rechtsmissbräuchlich ausgelegt werden könnte. Das übergeht den hier unwidersprochen geblieben Vortrag des Beteiligten zu 1, er habe sich in der Vergangenheit deshalb der Einsetzung von Einigungsstelle verweigert, weil dies wegen der (beidseitigen) Kompromisslosigkeit keinen Sinn gemacht hätte. Sein Verhalten dann aufgrund der Rechtsprechung des BAG, die dieses als unzulässig bewertet, umzustellen und den rechtlichen Vorgaben und der Rechtsprechung des BAG zu folgen ist rechtstreu und nicht rechtsmissbräuchlich.
bb) Allerdings bedeutet der Umstand, dass sich der Beteiligte zu 1) seit Juli 2019 der Einsetzung von Einigungsstellen nicht mehr verweigert nicht ohne weiteres, dass nicht sein weiter durch die Beteiligte zu 2) beanstandetes Verhalten gleichwohl ein schwerwiegender und eng begrenzten Ausnahmefall der unzulässigen Rechtsausübung darstellen könnte. Allerdings ist die Kammer im Ergebnis zu der Überzeugung gekommen, dass dies hier nicht feststellbar ist.
(1) Zunächst ist festzuhalten, dass nach der Anhörung unstreitig geblieben ist, dass mittlerweile ca. 1/3 der vorgelegten Dienstpläne mit Zustimmung des Beteiligten zu 1) spätestens in der Einigungsstelle zustande kommen. Eine komplette Blockadehaltung des Beteiligten zu 1) lässt sich daher nicht mehr feststellen.
(2) Auch der Umstand, dass der Beteiligte zu 1) sich trotz anderslautender Bitten der Beteiligten zu 2) nicht konkret zu den Tatsachen und Mängeln äußert, weshalb er Dienstpläne ablehnt und erst bereit ist, dies im Rahmen der Sitzung der Einigungsstelle offenzulegen stellt kein rechtsmissbräuchliches Verhalten in dem Sinne dar, als dass er sich damit pflichtwidrig eine formale Rechtsposition beschafft. Ein solches Verhalten mag unkooperativ sein. Die Schwelle der unzulässigen Rechtsausübung und der Verweigerung vertrauensvoller Zusammenarbeit nach § 2 Abs. 1 BetrVG sieht die Kammer hierin noch nicht überschritten. Das Verhalten des Beteiligten zu 1) kann insoweit nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss immer im Zusammenhang des Verhaltens des Beteiligten zu 2) gesehen werden, da hier die Interaktion als solche entscheidend ist und das jeweilige Verhalten der hier Beteiligten auch als Reaktion auf das Verhalten der anderen Seite zu bewerten ist. Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Mängel der vorgelegten Dienstpläne im Wesentlichen gleichartig sind. Die Beteiligte zu 2) könnte Ihrerseits die Situation deeskalieren und komfortabler und kooperativer gestalten, wenn Sie jedenfalls die immer wieder auftauchenden rechtlichen Mängel bei der zukünftigen Dienstplangestaltung berücksichtigen würde anstatt zu planen wie bisher und vom Beteiligten zu 1) zu verlangen, jeweils diese rechtlichen Mängel herauszusuchen und vorab zu benennen. Die rechtlichen Gegebenheiten sind der Beteiligten zu 2) bekannt und der Beteiligten zu 2) ist bekannt, welche rechtlichen Mängel im Wesentlichen der Beteiligte zu 1) bei den Dienstplänen jeweils sieht. Wenn Sie gleichwohl Abstand davon nimmt, die Dienstplanung insoweit anzupassen kann sie ihrerseits dem Beteiligten zu 1) nicht zum Vorwurf machen, hierauf entsprechend zu reagieren. Im Grunde genommen legt sie mindestens fahrlässig und nahezu bewusst monatlich erkennbar rechtswidrige Dienstpläne vor. Mit höherem Planungsaufwand ließe sich dieser Umstand beheben.
(3) Soweit die Beteiligte zu 2) eingewendet, der Beteiligte zu 1) würde sein unkooperatives Verhalten dazu einsetzen, seine Wünsche und Forderungen, welche er mit Schreiben vom 23.03.2017 formuliert hat, durchzusetzen und diese Wünsche ergäben sich nicht aus dem Gesetz oder dem Tarifvertrag, stellt dies für sich gesehen kein rechtsmissbräuchliches Verhalten dar. Die Mitbestimmung im Rahmen des § 87 Abs. 1 BetrVG ist nicht lediglich Gesetzes- oder Tarifvollzug. Im Gegenteil. Der Einleitungssatz der Vorschrift macht deutlich, dass soweit nur Gesetzes- und Tarifvollzug vorzunehmen wäre, ein Mitbestimmungsrecht ausgeschlossen wäre. Das Mitbestimmungsrecht greift überhaupt erst ein, wenn Handlungsmöglichkeiten gegeben sind, die nicht vom Gesetz oder Tarifvertrag determiniert sind. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beteiligte zu 1) die Beteiligte zu 2) schon 2017 davon in Kenntnis gesetzt hat, welche Wünsche für die Dienstplangestaltung er diesbezüglich hat. Im Hinblick darauf, dass die Beteiligte zu 2) einerseits bemängelt, der Beteiligte zu 1) würde erst immer in den Einigungsstellenverhandlungen seine Beanstandungen offenlegen ist kaum nachvollziehbar, weshalb gleichzeitig beanstandet wird, dass die bereits seit langem bekannten Wünsche des Betriebsrats weiterhin im Raum stehen. Insofern kann die Beteiligte zu 2) bei der
Dienstplanung auch schon erkennen, welche Beanstandungen außerhalb von rechtlichen Beanstandungen auf sie zukommen werden. Wenn sie nicht bereit ist, auf diese Wünsche des Beteiligten zu 1) einzugehen, kann sie nicht mit Zustimmung rechnen. Insoweit beharrt nicht nur der Beteiligte zu 1) auf seinen Positionen. Auch die Beteiligte zu 2) zeigt keine Kompromissbereitschaft. Die beiderseitige Unbeweglichkeit bzw. Sturheit der Beteiligten führt zu der gegebenen Situation, sodass nicht einem Beteiligten dies als Rechtsmissbrauch vorgeworfen werden kann. Wenn dadurch die Beteiligten nicht in der Lage sind, rechtzeitig tragfähige Kompromisse zu finden ist dies naturgemäß nicht der Unbeweglichkeit nur einer Seite zu zurechnen.
(4) Im Übrigen würde das Beharren beider Beteiligter auf ihren nicht durchgesetzten Wünschen auch nicht die Fertigstellung betriebsverfassungsgemäß zustande gekommener Dienstpläne hindern, weil insoweit die jeweils gebildete Einigungsstelle schlicht eine Ermessensentscheidung treffen könnte. Wenn, jedenfalls auch zum großen Teil aufgrund des Verhaltens des Beteiligten zu 2) in der Einigungsstelle, was zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben ist, keine Abstimmungen erfolgen, kann dies auch nicht einseitig dem Beteiligten zu 1) als rechtsmissbräuchliches Verhalten vorgehalten werden.
III. Anlass für die Zulassung der Rechtsbeschwerde bestand nicht. Den Vorgaben aus dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 12.03.2019, 1 ABR 42/17, NZA 2019, 843 folgt die Kammer; die Entscheidung beruht hier auf dem sich zwischenzeitlich geänderten Verhaltens, weshalb in diesem Einzelfall nach den Kriterien der vorerwähnten Entscheidung kein Rechtsmissbrauch des Beteiligten zu 1) festgestellt werden kann.


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