Aktenzeichen 2 B 47/09
Verfahrensgang
vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. Februar 2009, Az: 6 A 356/06, Beschluss
Gründe
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Die Beschwerde der Klägerin hat keinen Erfolg.
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1. Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Widerruf (Vorbereitungsdienst für das Lehramt für die Sekundarstufe II). Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen die Entlassungsverfügung abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung aus folgenden Gründen zurückgewiesen: Zwar solle Beamten auf Widerruf nach § 35 Abs. 2 Satz 1 LBG NRW a.F. die Gelegenheit gegeben werden, den Vorbereitungsdienst zu einem Abschluss zu bringen. Eine Entlassung während des Vorbereitungsdienstes komme aber ausnahmsweise für den Fall in Betracht, dass der Beamte aus gesundheitlichen Gründen auf nicht absehbare Zeit an der Beendigung des Vorbereitungsdienstes und der Ablegung der zweiten Staatsprüfung gehindert sei. Dabei genügten ernsthafte Zweifel, ob der Beamte das Ziel des Vorbereitungsdienstes erreichen könne. Bereits aus dem Umstand, dass die Klägerin in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassung maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids trotz des angeordneten Wechsels der Ausbildungsstätte seit zwei Jahren durchgehend dienstunfähig erkrankt sei, folgten Zweifel daran, dass sie ihre Dienstfähigkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraums wiedererlangen werde. Die Behauptung der Klägerin, sie würde im Falle einer Überprüfung des Schulleitergutachtens vom 5. August 2003 sofort oder alsbald genesen, finde in den vorliegenden amts- und privatärztlichen Stellungnahmen keine hinreichende Stütze. Nach einem amtsärztlichen Attest hätte es zur Beurteilung der Frage, ob die Klägerin in absehbarer Zeit (sechs Monate) wieder dienstfähig sein werde, vielmehr einer mehrtätigen stationären psychiatrischen Begutachtung bedurft, die die Klägerin verweigert habe. Das der Behörde nach § 35 LBG NRW a.F. hinsichtlich der Entlassung eröffnete Ermessen sei auch nicht dadurch eingeschränkt, dass ein fürsorgepflichtwidriges oder sonst rechtswidriges Verhalten von Bediensteten des Beklagten die Erkrankung der Klägerin zurechenbar hervorgerufen hätte. Aus den Mobbing-Vorwürfen der Klägerin ergebe sich nicht, dass sie unabhängig vom Schulleitergutachten einem fürsorgepflichtwidrigen Verhalten des Schulleiters, des Ausbildungskoordinators oder des Ausbildungslehrers ausgesetzt gewesen sei. Diese Vorwürfe der Klägerin seien wertend und pauschal und damit mangels eines Tatsachenkerns einer Überprüfung nicht zugänglich gewesen. Das Ermessen der Behörde über die Entlassung der Klägerin wäre auch dann nicht eingeschränkt, wenn zugunsten der Klägerin die Rechtswidrigkeit des Schulleitergutachtens vom 5. August 2003 unterstellt und ferner angenommen werde, dieses Gutachten habe die Erkrankung der Klägerin verursacht. Denn dem Beklagten sei nicht jede Folge einer rechtswidrigen Handlung seiner Bediensteten zuzurechnen, sodass sein Entlassungsermessen reduziert sei. Um die Verantwortung des Dienstherrn nicht ausufern zu lassen, seien diesem objektiv außergewöhnliche, nach dem regelmäßigen Verlauf der Dinge außer Betracht zu lassende Geschehensabläufe nicht zuzurechnen. Die Dienstunfähigkeit der Klägerin sei aber keine adäquate Folge des – unterstellt rechtswidrigen – Schulleitergutachtens vom 5. August 2003. Von einem Beamten sei eine psychische Konstitution zu erwarten, die ihn befähige, sich mit einer im sachlichen Rahmen bleibenden Kritik auch dann konstruktiv auseinanderzusetzen, wenn diese unberechtigt ist. Einwände gegen eine solche Beurteilung könne der Beamte insbesondere in einem rechtsstaatlichen Verfahren erheben. Das Oberverwaltungsgericht hat in seinem Beschluss die Revision nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Klägerin.
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2. Es erscheint bereits fraglich, ob das Vorbringen in der Beschwerdebegründung zum Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache den Darlegungsanforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO genügt. Eine solche Darlegung setzt im Hinblick auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO die Herausarbeitung einer bestimmten, höchstrichterlich noch ungeklärten und für die Revisionsentscheidung erheblichen Frage des revisiblen Rechts und zudem die Angabe voraus, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung bestehen soll (Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 – BVerwG 8 B 78.61 – BVerwGE 13, 90 = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f. und vom 19. August 1997 – BVerwG 7 B 261.97 – Buchholz 310 § 133 VwGO Nr. 26 S. 14). Die Beschwerde muss konkret auf die Rechtsfrage, ihre Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingehen. Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit der Entscheidung des Berufungsgerichts allein reichen nicht aus.
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Die Frage der Erfüllung der Darlegungsanforderungen kann hier dahingestellt bleiben. In der Beschwerdebegründung wird sinngemäß die Frage aufgeworfen,
ob die Entlassung einer dienstunfähigen Widerrufsbeamtin ermessensfehlerhaft ist, wenn andere Bedienstete durch pflichtwidriges Verhalten eine Ursache für die Dienstunfähigkeit gesetzt haben.
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Diese Frage rechtfertigt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht, weil sie auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens im Sinne der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beantwortet werden kann.
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In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Senats hat das Oberverwaltungsgericht angenommen, dass das Entlassungsermessen des Dienstherrn hinsichtlich der Beamten auf Widerruf im Vorbereitungsdienst im Hinblick darauf beschränkt ist, dass diesen Beamten grundsätzlich Gelegenheit gegeben werden soll, den Vorbereitungsdienst abzuleisten und die Prüfung abzulegen. Daher ist die Entlassung eines Widerrufsbeamten nur dann ermessensfehlerfrei möglich, wenn die tragenden Ermessenserwägungen mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes in Einklang stehen. Dies ist anerkanntermaßen der Fall, wenn der Widerrufsbeamte wegen seines Gesundheitszustandes auf unabsehbare Zeit an der Fortsetzung des Vorbereitungsdienstes und der Ablegung der Prüfung gehindert ist. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Ursachen dieser Zustand zurückzuführen ist. Maßgebend ist, dass der Zweck des zeitlich befristeten Dienstverhältnisses auf unabsehbare Zeit nicht erreicht werden kann. Das Beamtenverhältnis auf Widerruf dient der Ausbildung und nicht der Unterhaltssicherung. Widerrufsbeamte können nicht verlangen, auf unabsehbare Zeit im Vorbereitungsdienst zu bleiben und Unterhaltsleistungen zu erhalten, obwohl sie das Ausbildungsziel aus gesundheitlichen Gründen nicht erreichen können (Beschluss vom 9. Oktober 1978 – BVerwG 2 B 74.77 – Buchholz 237.0 § 39 LBG BW Nr. 3; Urteil vom 9. Juni 1981 – BVerwG 2 C 48.78 – BVerwGE 62, 267 = Buchholz 237.1 Art. 43 BayBG Nr. 4 S. 4 f.; vgl. auch BVerfG, Kammerbeschluss vom 7. Oktober 1992 – 2 BvR 1318/92 – DVBl 1992, 1597). Hiernach ist es mit Sinn und Zweck des Vorbereitungsdienstes unvereinbar, das bisherige Dienstverhältnis fortzusetzen, obwohl nach den tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts, die den Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO binden, nicht absehbar ist, ob und wann die Klägerin wieder Dienst leisten kann.
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Hinsichtlich des dem Oberverwaltungsgericht unterstellten Verfahrensfehlers (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) erfüllt das Vorbringen in der Beschwerdebegründung nicht die Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO.
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In Bezug auf § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wird vorgetragen, das Berufungsgericht habe zwar die Dienstunfähigkeit der Klägerin festgestellt, nicht aber die Frage geklärt, ob und wann mit der Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit gerechnet werden könne. Damit wird der Sache nach ein Verstoß gegen die aus § 86 Abs. 1 VwGO folgende Pflicht des Gerichts geltend gemacht, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Ein Verfahrensfehler ist nur dann ausreichend bezeichnet, wenn er sowohl in den ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen als auch in seiner rechtlichen Würdigung substanziiert dargetan wird. In Bezug auf den Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) muss dementsprechend substanziiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Ferner muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Tatsachengericht auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (Beschluss vom 6. März 1995 – BVerwG 6 B 81.94 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 265).
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Die Darlegungen in der Beschwerdebegründung zu § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO genügen diesen Vorgaben nicht. Sie beschränken sich auf Ausführungen zu Grundsätzen der Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zwischen den Parteien eines Amtshaftungsprozesses, die von Gerichten der ordentlichen Gerichtsbarkeit für die Entscheidung über dort zu erhebende Amtshaftungsklagen entwickelt worden sind.
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Auch in der Sache kann die Aufklärungsrüge keinen Erfolg haben. Maßgebend für die Feststellung eines Aufklärungsmangels ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts. Für das Oberverwaltungsgericht war aber die Frage, “ob und wann” mit der Wiederherstellung der Dienstfähigkeit der Klägerin konkret gerechnet werden kann, nicht entscheidungserheblich. Das Berufungsgericht ist vielmehr auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 9. Juni 1981 a.a.O. S. 269 f. bzw. S. 4 f.) davon ausgegangen, aus dem Umstand, dass die Klägerin in dem für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids bereits seit zwei Jahren durchgehend dienstunfähig erkrankt gewesen sei, ohne dass der angeordnete Wechsel der Ausbildungsstätte eine Besserung ihres Gesundheitszustandes habe bewirken können, folgten die für die Rechtmäßigkeit der Verfügung ausreichenden ernsthaften Zweifel daran, dass sie ihre Dienstfähigkeit innerhalb eines absehbaren Zeitraums wiedererlangen werde und damit das Ziel des Vorbereitungsdienstes erreichen könne. Die durchgreifenden Zweifel an der Wiederherstellung ihrer Dienstfähigkeit seien durch das Ergebnis des amtsärztlichen Gutachtens vom 8. Juni 2004 erhärtet worden, wonach sich die Frage, ob Aussicht auf eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb der nächsten sechs Monate bestehe, aufgrund der vorliegenden Befunde nicht habe beantworten lassen.
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Die in der Beschwerdebegründung angesprochene Frage nach der Darlegungs- und Beweislast würde in einem Revisionsverfahren nicht entscheidungserheblich sein, weil nach den tatsächlichen, von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts die Voraussetzungen für eine rechtmäßige Entlassung der Klägerin aus dem Vorbereitungsdienst nach § 35 LBG NRW a.F. vorliegen.
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Die Revision ist auch nicht wegen des geltend gemachten Verstoßes des angegriffenen Beschlusses gemäß § 35 Abs. 2 LBG NRW a.F. zuzulassen. Abgesehen davon, dass insoweit kein Zulassungsgrund dargelegt ist, gebietet die Fürsorgepflicht die Fortsetzung eines Beamtenverhältnisses auf Widerruf nicht, wenn nicht absehbar ist, ob und wann der Beamte wieder Dienst leisten kann.
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Schließlich führen auch die Darlegungen auf Seite 4 der Beschwerdebegründung vom 21. April 2009 (“Im Übrigen”) nicht zur Zulassung der Revision. Der Sache nach wird mit diesen Ausführungen geltend gemacht, das Berufungsgericht sei hinsichtlich der Dienstfähigkeit der Klägerin vor dem Beginn der Sommerferien “2003” (wohl 2005) von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. In der Rechtsprechung ist aber anerkannt, dass die Unrichtigkeit tatsächlicher Feststellungen des Berufungsurteils, unabhängig davon, ob sich die unrichtige oder unvollständige Tatsachenfeststellung im Tatbestand oder in den Entscheidungsgründen des Urteils befindet, keinen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) darstellt. Vielmehr kann ein solcher Fehler, sofern er tatsächlich vorliegt, nur mittels eines fristgebundenen Antrags auf Berichtigung gemäß § 119 VwGO geltend gemacht werden (Beschlüsse vom 7. Juni 1989 – BVerwG 2 B 70.89 – Buchholz 310 § 119 VwGO Nr. 5 und vom 3. Januar 2005 – BVerwG 2 B 46.04 – juris).
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Das nachträglich mit Schriftsatz vom 16. Oktober 2009 geltend gemachte neue Beschwerdevorbringen muss wegen des Ablaufs der Frist für die Begründung der Beschwerde (§ 133 Abs. 3 Satz 1 VwGO) außer Betracht bleiben.