Arbeitsrecht

Kein Anspruch auf Anpassung des Bemessungssatzes der Grundvergütung gemäß der Anpassungsklausel in § 3 Abs 1 des VTV Nr 7 zum BAT-O für den Bereich der VKA – Auslegung der Tarifvertragsbestimmung als schuldrechtliche Vereinbarung

Aktenzeichen  4 AZR 721/10

Datum:
24.8.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 1 Abs 1 TVG
§ 4 Abs 1 TVG
Spruchkörper:
4. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Bautzen, 17. September 2009, Az: 9 Ca 9097/09, Urteilvorgehend Sächsisches Landesarbeitsgericht, 22. Oktober 2010, Az: 2 Sa 672/09, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 22. Oktober 2010 – 2 Sa 672/09 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über Entgeltansprüche der Klägerin nach Wegfall der Tarifgebundenheit der Beklagten, ihrer heutigen Arbeitgeberin.
2
Die 1949 geborene Klägerin, Mitglied der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di), ist seit dem 15. Dezember 1990 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Krankenschwester in Vollzeit beschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 1. Juli 1991, den die Klägerin mit der Trägerin des Eigenbetriebes Kreiskrankenhaus W, dem tarifgebundenen Niederschlesischen Oberlausitzkreis, abgeschlossen hatte, wird auf den BAT-O und die diesen ändernden, ergänzenden und ersetzenden Tarifverträge in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils gültigen Fassung verwiesen.
3
Das Kreiskrankenhaus ist zum 1. September 2005 auf die nicht tarifgebundene Beklagte übergegangen. Seither hat die Beklagte die Vergütung der Klägerin, die in Vergütungsgruppe KR IV Stufe 9 der Anlage 1b zum BAT-O eingruppiert ist, nicht mehr erhöht. Zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt verlangte die Klägerin von der Beklagten zum 1. Januar 2008 eine Vergütungserhöhung unter Berufung auf den Vergütungstarifvertrag Nr. 7 zum BAT-O für den Bereich der VKA vom 31. Januar 2003 (VTV Nr. 7).
4
Dieser Tarifvertrag enthält ua. folgende Regelungen:
        
„§ 2   
        
Einmalzahlung
        
…       
        
(2) Die Angestellten, die im Monat November 2004 Anspruch auf Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis haben, das im gesamt Monat November 2004 zu demselben Arbeitgeber besteht, erhalten im Monat November 2004 eine Einmalzahlung in Höhe von 46,25 €.
        
…       
        
§ 3     
        
Grundvergütungen, Gesamtvergütungen
        
(1) Die Grundvergütungen (§ 26 Abs. 3 BAT-O) für die Angestellten der Vergütungsgruppen X bis I und Kr. I bis Kr. XIII, die das 21. bzw. 23. bzw. 20. Lebensjahr vollendet haben, betragen
        
a) vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003
91,0 v. H.,
        
b) vom 1. Januar 2004 an
92,5 v. H.
        
der nach dem jeweiligen Vergütungstarifvertrag zum BAT für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) geltenden Beträge.
        
Die Anpassung des Bemessungssatzes wird für die Angestellten der Vergütungsgruppen X bis V b und Kr. I bis Kr. VIII bis zum 31. Dezember 2007 und für die übrigen Angestellten bis zum 31. Dezember 2009 abgeschlossen.
        
(2) Die Grundvergütungen für die Angestellten der Vergütungsgruppen X bis I sind für die Zeit
        
a)    
vom 1. Januar bis 31. Dezember 2003 in den Anlagen 1 a und 1 a.1,
        
b)    
vom 1. Januar bis 30. April 2004 in der Anlage 1 b,
        
c)    
vom 1. Mai 2004 an in der Anlage 1 c
        
festgelegt.“
5
Die Beklagte lehnte unter dem 15. Juli 2008 eine Bezahlung entsprechend den Forderungen der Klägerin ab.
6
Die Klägerin hat den Standpunkt eingenommen, es ergebe sich aus § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7, dass die Anpassung des Bemessungssatzes für Angestellte wie sie bis zum 31. Dezember 2007 abgeschlossen werde. Deshalb seien die jeweiligen Vergütungsbestandteile mit Wirkung zum 1. Januar 2008 auf 100 vH der jeweils am 31. Dezember 2007 im Tarifgebiet West zu zahlenden Vergütungen anzuheben, zumindest aber auf die zum Zeitpunkt des Endes der Tarifgebundenheit auf Arbeitgeberseite am 31. August 2005 zu zahlende Vergütung. § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 enthalte eine verbindliche Festlegung, wie auch der Ausschluss der Kündbarkeit dieser Regelung in § 8 VTV Nr. 7 zeige.
7
Mit ihrer Klage hat die Klägerin für die Zeit von Januar bis September 2008 die Differenzvergütung zwischen dem tatsächlich an sie Gezahlten und der Vergütung verlangt, die im Tarifgebiet West zum Ende der Tarifgebundenheit ihrer Arbeitgeberin am 31. August 2005 an eine wie sie eingruppierte Arbeitnehmerin zu zahlen war. Sie hat zuletzt beantragt:
        
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ausstehende Vergütung für die Monate Januar bis September 2008 in Höhe von insgesamt 1.118,22 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz jeweils aus 142,90 Euro brutto ab 1. Februar, 1. März, 1. April, 1. Mai, 1. Juni und 1. Juli 2009 sowie jeweils aus 86,94 Euro brutto ab 1. August, 1. September und 1. Oktober 2009 zu zahlen.
8
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Auffassung, § 3 Abs. 1 Unterabs. 2 VTV Nr. 7 sei keine Anspruchsgrundlage, sondern nur eine Absichtserklärung der Tarifvertragsparteien und bedürfe in jedem Falle noch einer Umsetzung durch einen Anpassungstarifvertrag.
9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil zurückgewiesen. Mit ihrer zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren letzten Sachantrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

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