Arbeitsrecht

Ruhegehaltfähiger Zuschuss nach der 2. BesÜV – technische Laufbahn

Aktenzeichen  6 AZR 733/08

Datum:
21.1.2010
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 4 Abs 1 S 1 BesÜV 2
§ 2 BesÜV 2
§ 18 SGB 7
§ 242 BGB
Art 3 Abs 1 GG
Spruchkörper:
6. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Stralsund, 5. November 2007, Az: 2 Ca 233/07, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, 12. August 2008, Az: 5 Sa 335/07, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 12. August 2008 – 5 Sa 335/07 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über einen ruhegehaltfähigen Zuschuss zur Vergütung nach § 4 der Zweiten Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands
(Zweite Besoldungs-Übergangsverordnung vom 21. Juni 1991 in der Fassung vom 24. August 1994 – 2. BesÜV)
für die Monate Mai 2005 bis März 2008.

2

Die Beklagte ist eine Berufsgenossenschaft. Die Klägerin ist bei ihr als Dienstordnungsangestellte tätig. Sie legte 1978 die Abiturprüfung ab und studierte danach von 1978 bis 1981 an der Ingenieursschule für Bauwesen in Neustrelitz. Ihr Studium schloss sie als Ingenieurin für Tiefbau ab. Die Klägerin ist berechtigt, den Titel „Diplom-Ingenieurin (FH)“ zu führen. Von 1981 bis 1989 war sie als Betriebsingenieurin bei der P GmbH in Wolgast tätig und anschließend zunächst für einige Monate als Arbeitsschutzinspektorin und danach als Personalleiterin bei der T GmbH auf Usedom. Von September 1991 bis Dezember 1991 beschäftigte sie die Gemeindeverwaltung Henstedt-Ulzburg als Technische Angestellte.

3
Die Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg stellte die Klägerin mit Wirkung zum 1. Januar 1992 als Anwärterin für den Technischen Aufsichtsdienst ein. Der Vorbereitungsdienst erfolgte auf der Grundlage der am 1. Januar 1967 in Kraft getretenen Prüfungsordnung I für den Technischen Aufsichtsdienst bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften
(Prüfungsordnung I).
Diese galt für Bewerber mit dem Abschlusszeugnis einer Hochschule oder einer höheren technischen Lehranstalt und regelte ua.:

        
„…
        
§ 1
        
Zulassung zur Prüfung
        
Zur Prüfung kann nur zugelassen werden, wer
        
a)   
eine bestimmte Vorbildung hat (§§ 2, 3),
        
b)   
die Vorbereitungszeit abgeleistet hat (§ 4),
        
c)   
von der Berufsgenossenschaft zur Prüfung gemeldet wird.
        
§ 2
        
Nachweis der Vorbildung
        
Die im § 1 Buchstabe a) genannten Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Bewerber eine abgeschlossene technische oder naturwissenschaftliche Ausbildung besitzt; diese ist durch das Abschlußzeugnis einer Hochschule oder einer staatlichen oder staatlich anerkannten höheren technischen Lehranstalt nachzuweisen.
        
§ 3
        
Praktische Kenntnisse
        
Der Bewerber soll vor der Einstellung praktische betriebliche Kenntnisse erworben haben.
        
§ 4
        
Vorbereitungszeit
        
Die Vorbereitungszeit (§ 1 Buchstabe b) dauert zwei Jahre. Sie kann mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde um höchstens ein Jahr gekürzt werden, wenn der Technische Aufsichtsbeamte im Vorbereitungsdienst auf Grund seiner Berufserfahrung mit den besonderen Aufgaben der Unfallverhütung hinreichend vertraut ist.
        
…“
4

Den Vorbereitungsdienst leistete die Klägerin sowohl in Mecklenburg-Vorpommern als auch im bisherigen Bundesgebiet. Einzelheiten zur zeitlichen Aufteilung des Vorbereitungsdienstes sind streitig geblieben. Nachdem die Klägerin die für den Technischen Aufsichtsdienst vorgeschriebene Prüfung bestanden hatte, stellte die Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg sie mit Anstellungsvertrag vom 20. Mai 1994 zum 1. Juni 1994 als Technische Aufsichtsbeamtin dienstordnungsmäßig auf Lebenszeit an und wies sie in eine Planstelle der Besoldungsgruppe A 11 BBesG ein. Seitdem ist die Klägerin auf Usedom tätig. Ihr dienstlicher Sitz ist seit 1994 Zinnowitz. Mit dem 2. Nachtrag zum Anstellungsvertrag vom 21. Mai 2002 wurde die Klägerin zum 1. Juni 2002 in die Besoldungsgruppe A 12 BBesG eingereiht. Sie führt seitdem die Dienstbezeichnung „Technische Amtsrätin“. Die Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg vereinigte sich mit anderen Berufsgenossenschaften zum 1. Mai 2005 zur Beklagten. Diese zahlte der Klägerin bis zum 31. März 2008 eine gemäß § 2 Abs. 1 der 2. BesÜV abgesenkte Vergütung.

5

Die Klägerin meint, sie habe für die Monate Mai 2005 bis März 2008 nach § 4 der 2. BesÜV Anspruch auf einen ruhegehaltfähigen Zuschuss zur Vergütung. Sie habe die Befähigungsvoraussetzungen für ihre Tätigkeit als Technische Aufsichtsbeamtin im bisherigen Bundesgebiet erworben. Zu diesen Voraussetzungen gehörten ausschließlich die Ableistung des Vorbereitungsdienstes und die erfolgreiche Ablegung der für den Technischen Aufsichtsdienst vorgeschriebenen Prüfung. Ihr Studium an der Ingenieursschule für Bauwesen in Neustrelitz sei nicht fachspezifisch für ihre jetzige Tätigkeit und deshalb von nachrangigem Gewicht. Würde dieses Studium im Beitrittsgebiet zu den Befähigungsvoraussetzungen gezählt, obwohl sie mit dem Vorbereitungsdienst die spezielle Ausbildung für ihre Tätigkeit als Technische Aufsichtsbeamtin im bisherigen Bundesgebiet erworben habe, würde dies gegen den Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.

6
Die Klägerin hat zuletzt unter Rücknahme der Revision im Übrigen beantragt,
        
1.   
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.029,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiswert seit dem 7. August 2007 zu zahlen,
        
2.   
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 221,00 Euro Familienzuschläge nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiswert seit dem 7. August 2007 zu zahlen,
        
3.   
festzustellen, dass die Klägerin bis zum 31. März 2008 einen ruhegehaltfähigen Zuschuss in Höhe des Unterschiedsbetrages zwischen den Bezügen nach § 2 der 2. BesÜV und den bei gleichem Amt für das bisherige Bundesgebiet geltenden Dienstbezügen erhält.
7

Die Beklagte hat zu ihrem Klageabweisungsantrag die Auffassung vertreten, der Klägerin stehe der beanspruchte Zuschuss nicht zu, weil sie die Befähigungsvoraussetzungen für ihre Tätigkeit als Technische Aufsichtsbeamtin zeitlich überwiegend im Beitrittsgebiet erworben habe. Zu den Befähigungsvoraussetzungen iSd. § 4 der 2. BesÜV zähle auch das Studium der Klägerin an der Ingenieursschule für Bauwesen in Neustrelitz. Dieses Studium habe der Klägerin eine spezifisch fachbezogene Vorbildung für die Tätigkeit als Technische Aufsichtsbeamtin vermittelt. Es sei deshalb nicht mit einem allgemeinen Bildungsabschluss vergleichbar.

8
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.


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