Aktenzeichen 31 Wx 244/16
BNotO BNotO § 21 Abs. 3
Leitsatz
1. Erfolgt die Anmeldung zur Eintragung in das Handelsregister aufgrund einer Vollmacht, umfasst die Prüfung der Voraussetzungen einer Eintragung durch das Registergericht auch, ob das Bestehen der Vollmacht hinreichend nachgewiesen ist. (redaktioneller Leitsatz)
2. Das Registergericht kann vom anmeldenden Notar nicht die Abgabe einer Erklärung verlangen, dass die der Anmeldung zugrunde liegende Vollmacht nicht widerrufen sei, da § 21 BNotO für die vorzulegende Notarbescheinigung keine Aussagen über den (materiell-rechtlichen) Bestand der Vollmacht vorsieht. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Auf die Beschwerde wird die Zwischenverfügung des Amtsgerichts München -Registergericht – vom 30.05.2016 (Fall 173) aufgehoben.
Gründe
Gründe:
I. 1. Verfahrensgegenständlich ist die Eintragung von zwei Kommanditisten (… und …) in das Handelsregister, die im Wege der Rechtsnachfolge an die Stelle der früheren Kommanditisten getreten sind. Dieser Anmeldung zum Handelsregister liegen -ausweislich der vom Registergericht vorgelegten Akten- die Vollmachten für die neuen Kommanditisten in der Form des § 12 Abs. 1 HGB vor.
2. Mit Zwischenverfügung vom 30.05.2016 hat das Registergericht dem anmeldenden Notar aufgegeben, „entweder alle Vollmachten elektronisch vorzulegen“ oder „zu versichern, dass ihm [dem anmeldenden Notar] alle Vollmachten vorlagen und sie nicht widerrufen wurden“.
Gegen diese Zwischenverfügung legte der anmeldende Notar mit Schriftsatz vom 06.05.2016 bzw. 07.06.2016 Beschwerde ein, der das Registergericht mit Beschluss vom 20.06.2016 nicht abgeholfen hat.
II. Die Beschwerde hat in der Sache teilweisen Erfolg. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung.
Verfahrensgegenstand des Beschwerdeverfahrens ist vorliegend allein die vom Registergericht am 30.05.2016 getroffene Zwischenverfügung, mit dem dem anmeldenden Notar aufgegeben wurde, entweder alle Vollmachten (aller Kommanditisten) elektronisch vorzulegen oder zu versichern, dass die Vollmachten nicht widerrufen worden sind.
Bezogen auf diesen Verfahrensgegenstand erweist sich die Zwischenverfügung vom 30.05.2016 als rechtswidrig.
1. Die Anmeldung zur Eintragung neuer Kommanditisten ist von allen Gesellschaftern vorzunehmen, §§ 162 Abs. 3, 143 Abs. 2, 108 HGB (Haas/Mock in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. , § 162 HGB Rn. 7), wobei Stellvertretung möglich ist.
a) Dabei hat das Registergericht vor jeder Eintragung in das Handelsregister zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Eintragung vorliegen. Erfolgt die Anmeldung zur Eintragung aufgrund einer Vollmacht, umfasst diese Prüfung auch, ob das Bestehen der Vollmacht hinreichend nachgewiesen ist.
b) Der anmeldende Notar kann dabei bei der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister die Vollmachten entweder elektronisch in öffentlich beglaubigter Form einreichen (§ 12 Abs. 1 S. 2 HGB) oder eine entsprechende Notarbescheinigung vorlegen (§ 12 Abs. 1 S. 3 HGB). Im letzteren Fall bescheinigt der Notar, dass er sich vor Ausstellung der Bescheinigung durch Einsichtnahme in eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Vollmachtsurkunde über die Begründung der Vertretungsmacht vergewissert hat (21 Abs. 3 S. 2 BNotO).
2. Soweit das Registergericht im vorliegenden Fall mit Zwischenverfügung vom 30.05.2016 dem anmeldenden Notar aufgegeben hat, mittels Vorlage einer Notarbescheinigung nach § 21 BNotO zu versichern, dass „… sie [die Vollmachten] nicht widerrufen wurden“, findet sich dafür im Gesetz keine Stütze. Umfang und Inhalt einer Notarbescheinigung ergeben sich aus § 21 Abs. 3 BNotO. Danach hat der Notar in der Bescheinigung anzugeben, dass er sich durch Einsichtnahme in eine öffentliche oder öffentlich beglaubigte Vollmachtsurkunde über die Begründung der Vertretungsmacht vergewissert hat. In der Bescheinigung ist darüber hinaus anzugeben, in welcher Form und an welchem Tag die Vollmachtsurkunde dem Notar vorgelegen hat. Aussagen über den (materiell-rechtlichen) Bestand der Vollmacht enthält die Notarbescheinigung nicht. Mithin kann das Registergericht vom anmeldenden Notar auch nicht die Abgabe einer entsprechenden Erklärung verlangen. Die Zwischenverfügung war insoweit deswegen aufzuheben.
Soweit dem Notar die Vorlage aller Vollmachten in elektronischer Form aufgegeben wurde, gilt im Ergebnis dasselbe: Dem Registergericht liegen nach eigener Aussage bereits Vollmachten in elektronischer Form vor. Demzufolge ist für deren erneute Vorlage keine Veranlassung zu erkennen. Soweit sich das Registergericht entscheidungserheblich darauf stützt, dass keine Vollmachten in unwiderruflicher Form vorliegen, kann es darauf schon deshalb nicht ankommen, weil das Gesetz dies nicht verlangt.
3. Für das weitere Verfahren weist der Senat auf folgendes hin:
a) Liegen dem Registergericht unwiderrufliche Vollmachten vor, kann der Nachweis des Fortbestands der Vollmacht dann verlangt werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Widerruf aus wichtigem Grund vorliegen (BayObLGZ 1975, 137).
b) Liegen dem Registergericht nur widerrufliche Vollmachten vor, wird in der Rechtsprechung vertreten, dass sich das Registergericht aktuelle Vollmachten vorlegen lassen kann, wenn seit dem Zeitpunkt der Beglaubigung der Abschrift eine erhebliche Zwischenzeit vergangen ist (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 12.11.2014 – 11 Wx 61/14, NJW-RR 2015, 420). Dies sei bei Vollmachten, deren Erteilung zwischen 8 und 40 Jahren zurückliegt, der Fall.
c) Sollte das Registergericht im weiteren Verfahrensgang nach Prüfung der ihm vorliegenden Vollmachten zu dem Ergebnis kommen, dass es konkrete Zweifel am Bestand bestimmter Vollmachten hat (Keidel/Heinemann FamFG 18. Auflage § 374 Rn. 50, 58), was der Senat vorliegend nicht zu beurteilen hat, wäre jeweils im konkreten Fall darzulegen, um welche Vollmachten es sich jeweils handelt, woraus sich etwaige Zweifel ergeben und wie diese behoben werden können.
III. Eine Kostenentscheidung ist bei der erfolgreichen Beschwerde nicht veranlasst.
IV. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.