Erbrecht

Rechtserwerb und Eintragung der Gemeinde als Eigentümerin

Aktenzeichen  34 Wx 383, 34 Wx 389/15

Datum:
14.1.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 01707
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BauGB BauGB § 28 Abs. 3 Satz 6, Abs. 4 GBO §§ 38, 53 Abs. 1, § 71

 

Leitsatz

1. Zum Rechtserwerb und zur Eintragung der Gemeinde als Eigentümerin aufgrund Ersuchens nach Ausübung eines gesetzlichen Vorkaufsrechts. (amtlicher Leitsatz)
2. Wird im Beschwerdeweg die Eintragung eines Amtswiderspruchs verfolgt, so ist beschwerdeberechtigt nur, wer, falls die Eintragung unrichtig wäre, nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste. Bei einer unrichtigen Eigentümereintragung ist demnach beschwerdeberechtigt nur der wahre Eigentümer, nicht aber ein Käufer, dessen Erwerb aufgrund Ausübung des gemeindlichen Vorkaufsrechts scheitert. (amtlicher Leitsatz)

Tenor

I.
Die Beschwerden des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des Amtsgerichts München -Grundbuchamt – vom 19. August 2015 sowie gegen die Versagung von Grundbucheinsicht gemäß Schreiben des Grundbuchamts München – Rechtspfleger -vom 10. September 2015 werden als unzulässig verworfen.
II.
Der Geschäftswert wird festgesetzt auf 60.700 € (Beschwerde gegen den Beschluss vom 19. August 2015), 200 € (Beschwerde gegen die versagte Grundbucheinsicht).

Gründe

I. Im Grundbuch ist die Landeshauptstadt M. (Beteiligte zu 2) als Eigentümerin von Erholungsflächen – drei Grundstücken – eingetragen. Der Eintragung zugrunde lag ein mit Unterschrift und Stempel versehenes Ersuchen der Landeshauptstadt vom 20.7.2015 – Eingang 23.7.2015 – folgenden Wortlauts:
Mit Bescheid vom 18.01.2012 hat die Landeshauptstadt M. gegenüber der Bundesanstalt … das Vorkaufsrecht nach § 24 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB ausgeübt (öffentliche Grünfläche) – Urkunde Nr. … Notar … Der Kaufpreis wurde gemäß § 28 Abs. 4 i. V. mit §§ 93 ff. BauGB limitiert.
Mittlerweile wurde die Ausübung gerichtlich bestätigt und der Ausübungsbescheid hat Bestandskraft erlangt. Der limitierte Kaufpreis wurde bereits ausbezahlt und Besitz, Nutzen und Lasten sind am 15.07.2015 auf die Stadt M. übergegangen.
Hiermit ersucht die Landeshauptstadt M. gemäß § 28 Abs. 3 Satz 6 BauGB als Eigentümerin der oben aufgeführten Flurstücke ins Grundbuch eingetragen zu werden. …
1. Mit Schreiben vom 15.8.2015 wandte sich der Beteiligte zu 1 gegen die vorgenommene Eigentümereintragung. Er verlange, auf der Grundlage seines am 17.11.2011 abgeschlossenen Vertrags mit der Verkäuferin als Eigentümer in das Grundbuch eingetragen zu werden. Das Grundbuchamt sei verpflichtet, nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO von Amts wegen einen Widerspruch einzutragen. Die Ausübungserklärung vom 18.1.2012 habe keinen Vorkaufsrechtsanspruch begründet, da erst am 15.7.2015 eine verfristete und damit unwirksame Auflassung zustande gekommen sei, die den Vorgaben des § 28 BauGB nicht entspreche. Das Eintragungsersuchen sei fehlerhaft. Zwar sei der Ausübungsbescheid vom 18.1.2012 bestandskräftig geworden, jedoch sei eine wirksame Auflassungserklärung nicht fristgerecht innerhalb von zwei Monaten abgegeben worden.
Mit Beschluss vom 19.8.2015 hat das Grundbuchamt die Anregung auf Eintragung eines Amtswiderspruchs und den Antrag auf Eintragung des Beteiligten zu 1 als Eigentümer abgelehnt. Eintragungsgrundlage sei ein Ersuchen der Beteiligten zu 2 gemäß § 28 Abs. 3 Satz 6 BauGB gewesen. Außerdem habe die Landeshauptstadt den Kaufpreis limitiert. In solchen Fällen sei die Mitwirkung des Verkäufers nicht mehr notwendig, eine Auflassung nicht erforderlich. Das Grundbuchamt habe, abgesehen vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 38 GBO, ebenso wenig Prüfungspflichten. Eine Verletzung gesetzlicher Vorschriften bei der Eintragung scheide aus, da bezüglich des Ersuchens solche nicht vorgelegen hätten. Lediglich der Verkäufer könnte schuldrechtlich die Berichtigung des Grundbuchs verlangen. Zugunsten des Beteiligten zu 1 könne das Grundbuch schon gar nicht berichtigt werden, da es insofern nicht unrichtig und eine Unrichtigkeit auch nicht nachgewiesen sei.
2. Der Beteiligte zu 1 wandte sich zunächst an das Grundbuchamt und bat dieses im Schreiben vom 8.9.2015,
„da sich zudem auf den Grundstücken Werbetafeln (und daraus Einnahmen erzielt wurden) befinden und befunden haben“,
um Auskunft,
„wann nun datumsmäßig der ganz konkrete Eigentumsübergang zugunsten der Stadt M. war“.
Der Rechtspfleger verwies hierauf mit formlosem Schreiben vom 10.9.2015 auf seinen Beschluss vom 19.8.2015 und die dort enthaltene Begründung. Die gewünschte Mitteilung sei teilweise Grundbucheinsicht, welche nicht gewährt werden dürfe, da ein berechtigtes Interesse nicht bestehe.
3. Hiergegen wendet sich das als Rechtsbeschwerde nach § 71 GBO bezeichnete Rechtsmittel des Beteiligten zu 1 vom 26.11.2015. Das Grundbuch sei unrichtig geworden. Eine rechtswirksame Umsetzung des Vorkaufsrechts liege nicht vor. Ein berechtigtes Interesse an der Grundbucheinsicht ergebe sich aus seiner Eigenschaft als Käufer, die Beschwerdeberechtigung auf seinem schlüssigen Sachvortrag. Er meint namentlich:
a) Eine der drei Grundstücksflächen sei gar keine Grünfläche/Erholungsfläche. Vielmehr werde sie wirtschaftlich genutzt, bereits 1999 seien Werbetafeln genehmigt worden, Verkehrswertgutachten dokumentierten das Vorhandensein von Werbetafeln und Kfz-Handel. Der Zugriff der Gemeinde im Weg des Vorkaufsrechts sei nur dann eröffnet, wenn auf dem Grundstück keine wirtschaftlich sinnvolle Nutzung vorhanden sei, die bereits in baulichen Maßnahmen ihren Ausdruck gefunden und eine gewisse Verfestigung erfahren habe. Die Landeshauptstadt M. habe die Nutzung gekannt. Der Verwaltungsakt in Form des Ausübungsbescheids sei bereits aus diesem Grund nichtig.
b) Das Eintragungsersuchen sei beim Grundbuchamt außerhalb der zweimonatigen Ausschlussfrist – nämlich um 124 Tage verfristet -, ferner auf einer fehlerhaften Rechtsgrundlage (§ 28 Abs. 3 Satz 6 statt § 28 Abs. 4 BauGB) gestellt worden.
Folglich könne kein gutgläubiger Erwerb stattfinden, ein Amtswiderspruch sei zulässig. Es handele sich um bösgläubigen Erwerb eines unrichtig eingetragenen Rechts.
4. Das Grundbuchamt hat am 9.12.2015 nicht abgeholfen. Es hält das Rechtmittel als Beschwerde für statthaft, jedoch für unbegründet. Die Voraussetzungen für die Eintragung eines Amtswiderspruchs lägen nicht vor. Es fehle bereits an der Verletzung einer gesetzlichen Vorschrift bei der Eintragungstätigkeit des Grundbuchamts. Auch eine Berichtigung zugunsten des Beteiligten sei zu Recht abgelehnt worden, weil das Grundbuch entweder gar nicht unrichtig oder aber eine mögliche Unrichtigkeit nicht nachgewiesen worden sei. Schließlich fehle es – für das Eigentum des Beteiligten zu 1 – auch an der Einigung (§ 20 GBO, §§ 873, 925 BGB). Der ursprüngliche Kaufvertrag habe dem Grundbuchamt zu keiner Zeit in der Form des § 29 GBO vorgelegen.
Für die begehrte Auskunft aus dem Grundbuch habe der Beteiligte zu 1 ein berechtigtes Interesse nicht dargelegt. Der Hinweis auf Werbetafeln und daraus resultierenden Einnahmen sei ungenügend, es sei nicht dargelegt, wem diese Einnahmen aus welchem Rechtsverhältnis zuständen. Im Übrigen ergebe sich aus der Beschwerdebegründung, dass dem Beteiligten zu 1 bereits das Eintragungsdatum bekannt sei, womit sich der Antrag insoweit erledigt habe.
II. Das statthafte Rechtsmittel erweist sich insgesamt als unzulässig, wäre aber auch ungegründet.
1. Soweit die Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen gegen die Richtigkeit der Eigentümereintragung verfolgt wird, ist das Rechtsmittel unzulässig.
a) Als unbefristete Grundbuchbeschwerde nach § 11 Abs. 1 RPflG, § 71 Abs. 1 GBO ist es zwar statthaft und auch formgerecht nach § 73 GBO eingelegt. Wird jedoch im Beschwerdeweg die Eintragung eines Amtswiderspruchs (§ 53 Abs. 1 GBO) verfolgt, so ist beschwerdeberechtigt nur, wer, falls die Eintragung unrichtig wäre, nach § 894 BGB einen Anspruch auf Berichtigung des Grundbuchs hätte, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste (etwa OLG Hamm FGPrax 1996, 210; BayObLGZ 1977, 1/2; Demharter GBO 29. Aufl. § 71 Rn. 68/69; vgl. Hügel/Kramer GBO 2. Aufl. § 71 Rn. 191). Bei einer unrichtigen Eigentümereintragung, wie sie gegenständlich behauptet wird, ist demnach beschwerdeberechtigt nur der wahre Eigentümer (Senat vom 24.9.2010, 34 Wx 120/10 = NJW-RR 2011, 235; Demharter a. a. O.). Dies ist aber ungeachtet seines umfangreichen Vorbringens nicht der Beteiligte zu 1.
Der Beteiligte zu 1 trägt vor, mit dem Eigentümer am 17.11.2011 einen Kaufvertrag über den Erwerb der gegenständlichen drei Flurstücke abgeschlossen zu haben. Dass dieser Kaufvertrag, sofern er eine wirksame Auflassung (§ 20 GBO, § 925 Abs. 1 BGB) enthielt, jemals mit entsprechender Bewilligung des Verkäufers (§ 19 GBO) in der Form des § 29 Abs. 1 GBO dem Grundbuchamt zum Vollzug vorgelegt und die entsprechende Rechtsänderung in das Grundbuch eingetragen worden wäre, ist nicht ersichtlich, im Übrigen auch nicht behauptet. Demnach besteht kein Anhaltspunkt, dass der Beteiligte zu 1 Eigentümer der bezeichneten Grundstücke geworden und das Grundbuch durch die Eintragung der Landeshauptstadt M. als Eigentümerin unrichtig geworden ist. Als Berechtigter aus einem schuldrechtlichen Kaufvertrag erwächst dem Beteiligten zu 1 kein Beschwerderecht, durch das folglich nur das Ziel verfolgt werden könnte, einen Dritten – etwa die Verkäuferin, nicht aber den Beteiligten zu 1 – als den wahren Eigentümer einzutragen.
b) Demnach kommt es nicht mehr darauf an, ob das Grundbuchamt, wie es für die Eintragung eines Widerspruchs von Amts wegen nach § 53 Abs. 1 Satz 1 GBO vorausgesetzt wird, unter Verletzung gesetzlicher Vorschriften die Eigentümereintragung vorgenommen hat und das Grundbuch dadurch unrichtig geworden ist. Nur klarstellend sei hierzu angemerkt:
(1) Nach § 38 GBO ist in den Fällen, in denen nach gesetzlicher Vorschrift eine Behörde befugt ist, das Grundbuchamt um eine Eintragung zu ersuchen, die Eintragung aufgrund des Ersuchens der Behörde vorzunehmen. Die Vorschrift durchbricht nicht nur den Antrags-, sondern auch den Bewilligungsgrundsatz (§§ 13, 19 GBO; Demharter § 38 Rn. 1), was bedeutet, dass das Ersuchen diese – ggf. auch eine sonst notwendige Einigung nach § 20 GBO – ersetzt (Demharter § 38 Rn. 61, 62). Aufgrund Bundesrechts, nämlich § 28 Abs. 2 Sätze 3 und 6 sowie Abs. 3 Satz 6 und Abs. 4 Satz 3 BauGB, kommen Eintragungen auf gemeindliches Ersuchen in Frage (Demharter § 38 Rn. 24; Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger BauGB 116. El. § 28 Rn. 68). Die beiden letztgenannten Fälle führen zum Übergang des Eigentums auf die Gemeinde, wenn auf deren Ersuchen diese in das Grundbuch eingetragen worden ist (vgl. Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger § 28 Rn. 67 und 88). Es handelt sich um einen Eigentumsübergang aufgrund gesetzlicher Anordnung (Bauer in Bauer/von Oefele GBO 3. Aufl. § 38 Rn. 94). Das Grundbuchamt hat bei derartigen Ersuchen nur zu prüfen, ob die ersuchende Behörde überhaupt zur Stellung eines Ersuchens der gegenständlichen Art abstrakt befugt ist (KG JFG 7, 397/399), ob das Ersuchen in Form und Inhalt (§§ 16, 28, 29 Abs. 3, § 47 Abs. 1 GBO) den gesetzlichen Vorschriften entspricht und ob die nicht durch das Ersuchen ersetzten Eintragungserfordernisse (etwa Voreintragung des Betroffenen, § 39 GBO) vorliegen (Demharter § 38 Rn. 73). Die Prüfung erstreckt sich hingegen nicht darauf, ob die Voraussetzungen, unter denen die Behörde zu dem Ersuchen befugt ist, tatsächlich vorliegen (vgl. BGHZ 19, 355/358; Schöner/Stöber Grundbuchrecht 15. Aufl. Rn. 219). Vielmehr trägt die Verantwortung hierfür allein die ersuchende Behörde (BGH a. a. O.). Nur wenn das Grundbuchamt (positiv) weiß, dass es an den Voraussetzungen für das Ersuchen fehlt, so hat es dieses zurückzuweisen; denn es darf nicht daran mitwirken, das Grundbuch unrichtig zu machen (KG FGPrax 2003, 56). Voraussetzung ist jedoch die sichere Kenntnis darüber, dass dem Ersuchen jede Rechtsgrundlage fehlt (Demharter § 38 Rn. 74; Schöner/Stöber Rn. 219).
(2) In diesem Sinne hatte das Grundbuchamt das in der Form des § 29 Abs. 3 GBO gestellte -unterschriebene und gestempelte – Ersuchen zu vollziehen. Es trifft zwar zu, dass Vorkaufsrechtsausübungen nach § 28 Abs. 3 Satz 6 BauGB (preislimitiertes Vorkaufsrecht) und solche nach § 28 Abs. 4 BauGB (Vorkaufsrecht zum Entschädigungswert) sich in ihren Voraussetzungen und in ihrer Abwicklung unterschiedlich gestalten. Beiden Fällen ist jedoch gemeinsam, dass für den Eigentumserwerb der Gemeinde eine Auflassung (§§ 873, 925 BGB) nicht erforderlich ist (Stock in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger § 28 Rn. 67 und 88) und allein die Eintragung aufgrund Ersuchens die Rechtsänderung bewirkt. Jeweils besteht für dieselbe Behörde die abstrakte Befugnis, um die gewünschte Eintragung zu ersuchen (BGHZ 19, 355/357 f.), und es spielt unter dem Gesichtspunkt der Richtigkeit des Grundbuchs (vgl. BGHZ 106, 108/110) auch keine Rolle, ob sich die Gemeinde für ihr Ersuchen auf die eine oder andere Grundlage stützt. Dass dem Ersuchen jede Rechtsgrundlage gefehlt hätte, war und ist nicht erkennbar. Namentlich ist es nicht Aufgabe des Grundbuchamts, im Rahmen eines Behördenersuchens die Voraussetzungen der begehrten Eintragung im konkreten Fall nachzuprüfen (vgl. Schöner/Stöber Rn. 219). Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Landeshauptstadt überhaupt ein Vorkaufsrecht für die fraglichen Flächen nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB hatte. Dass ihr offenkundig – also dem Grundbuchamt zweifelsfrei bekannt (Demharter § 29 Rn. 60) – ein solches nicht zugestanden hätte, ist nicht ersichtlich. Genauso wenig ergibt sich ein Anhaltspunkt für eine – nicht aus dem Gesetz zu entnehmende – Verfristung des Eintragungsersuchens.
(3) Der Beteiligte zu 1 kann sich für seine abweichende Ansicht nicht auf die von ihm zitierte Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 26.8.1999 (BayObLGZ 1999, 245) berufen. Diese ist zu einer damaligen Bestimmung des bayerischen Naturschutzrechts ergangen, die nicht mit der gesetzlichen Konstruktion im aktuellen Baugesetzbuch (§ 28 Abs. 3 und 4 BauGB) vergleichbar ist. Soweit das Gericht dort einen Vergleich mit § 28 Abs. 4 BauGB vornimmt (BayObLGZ 1999, 245/247 f. unter II. 3. a (2)), ist zu berücksichtigen, dass bereits nach der dort herangezogenen Fassung des § 28 Abs. 4 BauGB (Bekanntmachung vom 27.8.1997, BGBl I S. 2141) eine (nicht: „keine“) Regelung bestand, nach der das Eigentum an dem vom Vorkaufsrecht betroffenen Grundstück auf die Gemeinde übergeht, wenn der Bescheid über die Ausübung unanfechtbar geworden und der Übergang des Eigentums auf gemeindliches Ersuchen in das Grundbuch eingetragen worden ist. Insoweit dürfte es sich in der Entscheidung um ein Schreibversehen handeln.
(4) Ob das Grundbuchamt aus Gründen der Bestimmtheit (Hügel/Zeiser § 38 Rn. 15; Bauer in Bauer/von Oefele § 38 Rn. 21) und Eindeutigkeit des Ersuchens dieses hätte beanstanden können oder müssen, spielt nach dessen Vollzug keine Rolle. Denn das Grundbuch ist dadurch jedenfalls nicht unrichtig, weil die Eigentümereintragung in der Ersten Abteilung die maßgebliche Rechtsänderung zu bewirken imstande war. Dies gilt auch mit Blick auf die gewählte Fassung in Spalte 4 (Grundlage der Eintragung; vgl. § 9 Buchst. d GBV) für die Frage, ob nicht in erster Linie der urkundliche materielle Rechtsakt für den Eigentumserwerb, nicht aber das formelle Eintragungsersuchen selbst (so Meikel/Böttcher GBO 10. Aufl. § 9 GBV Rn. 29 a. E.), zu bezeichnen ist. Auch wenn dies so wäre, wäre die Bezeichnung der formellen Grundlage – allein des Ersuchens – noch hinreichend (vgl. Meikel/Böttcher § 9 GBV Rn. 28), weil der Ausübungsbescheid vom 18.1.2012 selbst nicht vorlag und dessen Beifügung (vgl. Demharter § 38 Rn. 71) im gegebenen Fall gesetzlich auch nicht vorgeschrieben ist.
2. Soweit mit der Beschwerde ein Antrag auf Berichtigung des Grundbuchs wegen Unrichtigkeit der Eigentümereintragung (§ 22 GBO) weiterverfolgt wird, ist der Beteiligte zu 1 ebenfalls nicht beschwerdeberechtigt. Zulässiges – beschränktes – Ziel könnte es nämlich nur sein, einen Amtswiderspruch einzutragen (Demharter § 71 Rn. 30; Hügel/Kramer § 71 Rn. 163), so dass auch hier die Beschwerdeberechtigung nur demjenigen zusteht, der einen Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 BGB geltend machen kann, zu dessen Gunsten also der Widerspruch gebucht werden müsste (Budde in Bauer/von Oefele § 71 Rn. 71 m. w. N.). Deshalb gelten die oben zu 1. a) aufgezeigten Grundsätze. Zu bejahen wäre die Beschwerdeberechtigung nur, wenn hier – unabhängig vom beschränkten Ziel, einen Widerspruch einzutragen – den Regeln im Eintragungsantragsverfahren zu folgen wäre (Demharter § 71 Rn. 63).
Aber auch dann wäre die Beschwerde jedenfalls unbegründet. Denn ohne Bewilligung kann nur berichtigt werden, wenn die Unrichtigkeit des Grundbuchs nachgewiesen ist. An den Nachweis sind strenge Anforderungen zu stellen. Sämtliche Möglichkeiten sind auszuräumen, die der begehrten neuen Eintragung entgegen stehen könnten (Demharter § 22 Rn. 37). Der Nachweis muss zudem, außerhalb offenkundiger Umstände, in der Form des § 29 GBO erbracht werden (Demharter a. a. O. sowie Rn. 42).
Davon kann nicht die Rede sein. Zum einen ist nicht – schon gar nicht in der Form des § 29 GBO – widerlegt, dass die Landeshauptstadt M. Eigentümerin der Flächen geworden ist; zum anderen ergibt sich nichts dafür, dass der Widerspruch gerade für den Beteiligten zu 1 gebucht werden müsste. Denn für dessen dingliche Berechtigung an den Grundstücken ist nichts ersichtlich. Schuldrechtliche Ansprüche spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle.
3. Als unzulässig erweist sich schließlich auch das Rechtsmittel gegen die versagte Grundbucheinsicht. Insoweit erachtet der Senat das Schreiben des Rechtspflegers vom 10.9.2015 zwar als mit der Beschwerde anfechtbare teilweise Versagung von Grundbucheinsicht (vgl. § 12 Abs. 1, § 12c Abs. 4 Satz 2, § 71 Abs. 1 GBO). Aber selbst wenn die Unterlagen für den Nachweis ausreichend erscheinen, dass der Beteiligte zu 1 ein nachvollziehbares (wirtschaftliches) Interesse am Datum des durch die Grundbucheintragung bewirkten Eigentumsübergangs besitzt, weil zwischen der Verkäuferin und ihm Absprachen über die Erlösauskehrung für die vorübergehende Überlassung der Flächen zur Aufstellung von Werbetafeln bestanden haben dürften, so fehlt der Einsicht durch entsprechende Auskunft jedoch das notwendige Rechtsschutzinteresse. Denn jedenfalls aus der Beschwerdebegründung (S. 2 oben) ergibt sich die Kenntnis des Beteiligten zu 1, nachdem er offenbar die fragliche Information über das den Kaufvertrag mit der Voreigentümerin beurkundende Notariat erhalten und in dessen Folge die Eintragung eines Amtswiderspruchs angeregt hatte (siehe Schreiben an das Grundbuchamt vom 15.8.2015, S. 1 und 2).
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Der Geschäftswert des jeweiligen Beschwerdeverfahrens wird zum einen nach dem vom Beteiligten zu 1 vorgelegten Verkehrswert-(Entschädigungswert-)gutachten bemessen (§ 79 Abs. 1 Satz 1, § 36 Abs. 1, § 46 GNotKG) und nicht nach dem im Vertrag zwischen ihm und dem Voreigentümer ausgewiesenen, im Gutachten als spekulativ erachteten Kaufpreis, zum anderen nach dem wirtschaftlichen Interesse an der (beschränkten) Einsicht in das Grundbuch. Dieses bemisst sich für einen Zeitraum ab Stellung des Gesuchs bis zur erfolgten Eintragung anteilig nach der bezeichneten Miete.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde (§ 78 Abs. 2 GBO) liegen nicht vor.


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