Europarecht

Patentnichtigkeitssache: Voraussetzung einer die Neuheit ausschließenden Offenbarung; Entgegenhaltung mit Aufzeigung eines Wegs für die Verwirklichung einer Ausführungsform mit anderen Eigenschaften – Cerdioxid

Aktenzeichen  X ZR 54/19

Datum:
6.4.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2021:060421UXZR54.19.0
Normen:
Art 54 EuPatÜbk
§ 3 PatG
Art 2 § 6 Abs 1 S 1 Nr 2 IntPatÜbkG
Spruchkörper:
10. Zivilsenat

Leitsatz

Cerdioxid
1. Eine die Neuheit ausschließende Offenbarung ist nicht bereits dann gegeben, wenn eine Entgegenhaltung Patentschutz für ein Erzeugnis mit bestimmten Eigenschaften beansprucht. Erforderlich ist vielmehr, dass sich der Entgegenhaltung unmittelbar und eindeutig eine konkrete technische Lehre entnehmen lässt, mit der sich die beanspruchten Eigenschaften erreichen lassen.
2. Eine unmittelbare und eindeutige Offenbarung in diesem Sinn ist nicht gegeben, wenn die Entgegenhaltung lediglich einen Weg für die Verwirklichung einer Ausführungsform mit anderen Eigenschaften aufzeigt. Der Grundsatz, wonach es für die ausführbare Offenbarung einer technischen Lehre nicht erforderlich ist, für jede denkbare Ausführungsform einen gangbaren Weg zu deren Verwirklichung aufzuzeigen, ist in diesem Zusammenhang nicht anwendbar.

Verfahrensgang

vorgehend BGH, 11. März 2021, Az: X ZR 54/19, Beschlussvorgehend BGH, 1. März 2021, Az: X ZR 54/19, Beschlussvorgehend BPatG München, 15. Januar 2019, Az: 3 Ni 46/16 (EP), Urteil

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 15. Januar 2019 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Das europäische Patent 1 435 338 wird dadurch teilweise für nichtig erklärt, dass Patentanspruch 1 die folgende Fassung erhält und sich die übrigen Ansprüche auf diese Fassung zurückbeziehen:
A ceric oxide which is an oxide consisting essentially of ceric oxide, and wherein said ceric oxide has a specific surface area of not smaller than 30.0 m2/g and not more than 53.2 m2/g when subjected to calcination at 900 °C for 5 hours.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Von den erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin drei Fünftel und die Beklagte zwei Fünftel.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin vier Fünftel und die Beklagte ein Fünftel.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 435 338 (Streitpatents), das am 5. September 2002 unter Inanspruchnahme der Priorität einer japanischen Anmeldung vom 7. September 2001 angemeldet worden ist und ein Ceroxid, ein Verfahren zu seiner Herstellung und einen Katalysator für die Abgasreinigung betrifft. Das Streitpatent umfasst neun Patentansprüche, von denen die Patentansprüche 1, 6 und 9 in der Verfahrenssprache wie folgt lauten:
1. A ceric oxide which is an oxide consisting essentially of ceric oxide, and wherein said ceric oxide has a specific surface area of not smaller than 30.0 m2/g when subjected to calcination at 900°C for 5 hours.
6. A method for preparing a ceric oxide of claim 1, comprising the steps of:
(a) providing a cerium solution not less than 90 mol% of which cerium ions are tetravalent;
(b) holding said cerium solution prepared in step (a) at 60 to 220°C under heating;
(c) cooling said heated cerium solution;
(d) adding a precipitant to said cooled cerium solution so as to make the pH of the solution not lower than 7, to thereby obtain a precipitate; and
(e) calcining said precipitate.
9. A catalyst for purifying exhaust gas comprising a co-catalyst, wherein said co-catalyst comprises ceric oxide of claim 1.
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig und nicht so offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung und hilfsweise in siebzehn geänderten Fassungen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt. Dagegen wendet sich die Berufung der Beklagten, die das Streitpatent in erster Linie in der Fassung des erstinstanzlichen Hilfsantrags 9, hilfsweise in drei abermals geänderten Fassungen (Hilfsanträge 1 bis 3) und weiter hilfsweise in der Fassung des erstinstanzlichen Hilfsantrags 11 (jetzt Hilfsantrag A) sowie drei darauf bezogenen geänderten Fassungen (Hilfsanträge A1 bis A3) verteidigt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen.


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