Europarecht

Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für Änderungsplanfeststellungsbeschluss

Aktenzeichen  7 A 12/20

Datum:
5.11.2020
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2020:051120B7A12.20.0
Normen:
§ 48 Abs 1 S 1 Nr 7 VwGO
§ 50 Abs 1 Nr 6 VwGO
§ 83 S 1 VwGO
§ 17a Abs 2 S 1 GVG
§ 18e Abs 1 AEG
Anl 1 AEG
Spruchkörper:
7. Senat

Leitsatz

Streicht der Gesetzgeber ein Vorhaben aus Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG, ist das Bundesverwaltungsgericht für den Rechtsstreit um einen nach der Streichung erlassenen Änderungsplanfeststellungsbeschluss nicht nach § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO zuständig.

Tenor

Das Bundesverwaltungsgericht erklärt sich für unzuständig.
Der Rechtsstreit wird an das Sächsische Oberverwaltungsgericht verwiesen.

Gründe

I
1
Der Kläger wendet sich gegen einen Änderungsplanfeststellungsbeschluss des Eisenbahn-Bundesamtes vom 10. Juli 2020 betreffend den Ausbau der Eisenbahnstrecke Knappenrode – Horka – Grenze D/PL. Die beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung benennt die Klagemöglichkeit zum Bundesverwaltungsgericht.
2
Der Kläger beantragt – nach richterlichem Hinweis – das Verfahren an das Sächsische Oberverwaltungsgericht zu verweisen.
II
3
Die Verweisung des Rechtsstreits beruht auf § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG.
4
Das Bundesverwaltungsgericht ist für die Entscheidung des Rechtsstreits sachlich unzuständig. Die einzig in Betracht kommende Zuweisung einer Zuständigkeit gemäß § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO ist nicht gegeben. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Bundesverwaltungsgericht im ersten und letzten Rechtszug über sämtliche Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für Vorhaben betreffen, die in dem Allgemeinen Eisenbahngesetz (AEG) bezeichnet sind.
5
Das Ausbauvorhaben “Zweigleisiger Ausbau und Elektrifizierung Knappenrode-Horka-Grenze D/PL”, auf das sich der Änderungsplanfeststellungsbeschluss bezieht, ist in der aktuell gültigen Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG, die die Schienenwege mit erstinstanzlicher Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts aufzählt, nicht mehr enthalten. Das Vorhaben ist vielmehr durch Art. 2 des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Verkehrsbereich vom 29. November 2018 (BGBl. I S. 2240) bereits mit Wirkung zum 7. Dezember 2018 aus der Anlage 1 gestrichen worden.
6
Auch wenn der angefochtene Änderungsplanfeststellungsbeschluss ein Vorhaben betrifft, das ursprünglich in der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG bezeichnet war, kommt es angesichts des klaren Wortlauts von § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO auf die aktuelle Erwähnung des Vorhabens in der Anlage an. Hierfür spricht auch Sinn und Zweck der erstinstanzlichen Zuweisung bestimmter Verfahren an das Bundesverwaltungsgericht. Diese soll zur Verkürzung des Zeitraums bis zur Bestandskraft von Planfeststellungsbeschlüssen (vgl. BT-Drs. 16/54 S. 27), nicht aber zu einer – trotz Streichung des Vorhabens aus der Anlage durch den Gesetzgeber – unbegrenzt fortdauernden Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts auch für alle Planänderungen und damit zu einer erstinstanzlichen Dauerzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts für bestimmte Vorhaben führen (vgl. hierzu bereits BVerwG, Urteil vom 31. Juli 2012 – 4 A 7001.11 u.a. – BVerwGE 144, 44 Rn. 19). Eine Perpetuierung erstinstanzlicher Zuständigkeiten über eine nicht mehr fortbestehende gesetzliche Zuweisung hinaus würde weder dem Willen des Gesetzgebers noch der vorrangigen Aufgabenstellung des Bundesverwaltungsgerichts als Revisionsgericht gerecht.
7
Der Hinweis der Beigeladenen auf ein fortdauerndes Beschleunigungsinteresse insbesondere hinsichtlich von bereits im ursprünglichen Planfeststellungsbeschluss erwogenen späteren Planänderungen kann dieses Ergebnis nicht infrage stellen. Es unterliegt allein der Entscheidung des Gesetzgebers, ein Vorhaben, für das noch (weitere) Planänderungen in Rede stehen, mit Rücksicht auf ein fortbestehendes Beschleunigungsinteresse in der Anlage 1 zu § 18e Abs. 1 AEG zu belassen oder – wie vorliegend geschehen – das Vorhaben von der Liste erstinstanzlicher Zuständigkeiten des Bundesverwaltungsgerichts zu streichen.
8
Nach allem ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VwGO das Sächsische Oberverwaltungsgericht für die Entscheidung über den Rechtsstreit sachlich und nach § 52 Nr. 1 VwGO örtlich zuständig.
9
Die Entscheidung über die Kosten bleibt gemäß § 83 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 17b Abs. 2 GVG der Endentscheidung vorbehalten.


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