Europarecht

X ZR 27/20

Aktenzeichen  X ZR 27/20

Datum:
25.1.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BGH
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2022:250122UXZR27.20.0
Normen:
Art 54 EuPatÜbk
Art 83 EuPatÜbk
Art 100 Buchst b EuPatÜbk
Art 123 EuPatÜbk
Art 138 EuPatÜbk
Spruchkörper:
10. Zivilsenat

Verfahrensgang

vorgehend BPatG München, 21. Januar 2020, Az: 5 Ni 15/18 (EP), Urteil

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des 5. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 21. Januar 2020 wird zurückgewiesen.
Die bis zum 17. September 2020 angefallenen Kosten des Berufungsverfahrens werden gegeneinander aufgehoben. Die danach angefallenen Kosten für das Berufungsverfahren trägt die Klägerin.
Von Rechts wegen

Tatbestand

1
Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 2 161 160 (Streitpatents), das am 7. September 2009 unter Inanspruchnahme einer norwegischen Priorität vom 8. September 2008 angemeldet worden ist und ein Kinderrückhaltesystem betrifft. Patentanspruch 1, auf den zehn weitere Ansprüche zurückbezogen sind, lautet in der Verfahrenssprache:
A child restraint system (1) for use in a vehicle, said system comprising a base (2) having a lower surface resting on a sitting portion of a vehicle seat (13), where the base (2) is provided for engagement with anchorage means (12) in the vehicle seat (13), thereby providing a pivot connection between the base (2) and the anchorage means (12), a child seat (3) connected to the base (2), wherein the base (2) further comprises an impact absorbing mechanism (7) in form of at least one Isofix connector (4) and at least one blocker element (9),
characterized in that the at least one Isofix connector (4) is arranged in a void (8) in the base (2), and the blocker element (9) is arranged into a recess (14) in the base (2), such that a stud (11) of the blocker element (9) will protrude through the recess (14) into the void (8), the stud (11) abutting against and locking the Isofix connector (4) under normal utiIization of the child restraint, thereby preventing the at least one Isofix connector (4) to be moved into the base (2), the blocker element (9) being brought out of abutment with the Isofix connector (4) under abnormal utilization of the child restraint, thereby allowing the ISOFlX connector (4) to slide into the base (2).
2
Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand des Streitpatents sei nicht patentfähig. Die Beklagte hat das Schutzrecht in der erteilten Fassung und mit sechs Hilfsanträgen verteidigt.
3
Das Patentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt, soweit dessen Gegenstand über die mit Hilfsantrag 4 verteidigte Fassung hinausgeht, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf vollständige Nichtigerklärung weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Schutzrecht hilfsweise mit sieben gegenüber der ersten Instanz modifizierten Hilfsanträgen. Sie hat zunächst ebenfalls Berufung eingelegt, diese aber später zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

4
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
5
I. Das Streitpatent betrifft ein Kinderrückhaltesystem.
6
1. Nach der Beschreibung werden konventionelle Kinderrückhaltesysteme mit einem Beckengurt und eventuell einem diagonalen Sicherheitsgurt befestigt. Ferner gebe es standardisierte Sicherungssysteme in Gestalt von Isofix-Verbindungen, die Ösen als Befestigungsmittel aufwiesen (Abs. 6).
7
Bei Isofix-Verbindungen könne es bei einem Unfall zu einer Drehbewegung der Kinderrückhalteeinrichtung um die Verankerungspunkte kommen (Abs. 7). Bei einem Aufprall von hinten werde die Rückhaltevorrichtung nach oben angehoben, wie dies in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 schematisch dargestellt ist. Die einschlägigen Vorschriften sähen vor, dass der Kopf des Kindes bei einer solchen Bewegung nicht über eine näher bestimmte Höhengrenze H hinausbewegt werden dürfe (Abs. 34).
8
2. Vor diesem Hintergrund betrifft das Streitpatent das technische Problem, eine Kinderückhalteanordnung bereitzustellen, die bei Unfällen guten Schutz bietet und einfach im Fahrzeug zu montieren ist.
9
3. Zur Lösung schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 ein Kinderrückhaltesystem vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen (Änderungen gegenüber der erteilten Fassung sind hervorgehoben):
0. Das Kinderrückhaltesystem (1) dient der Verwendung in einem Fahrzeug und umfasst eine Basis (2).
1. Die Basis hat eine untere Fläche, welche auf einem Sitzabschnitt von einem Fahrzeugsitz (13) ruht.
2. Die Basis (2) ist so ausgestaltet, dass sie mit Verankerungsmitteln (12) im Fahrzeugsitz (13) in Eingriff gebracht werden kann, wodurch eine Schwenkverbindung zwischen der Basis (2) und den Verankerungsmitteln (12) hergestellt wird.
3. Ein Kindersitz (3) ist mit der Basis (2) verbunden.
4. Die Basis (2) umfasst ferner einen Aufprall-Absorptionsmechanismus (7) in der Form von zumindest einem Isofix-Verbinder (4) und zumindest einem Blockierelement (9).
4.1 Der mindestens eine Isofix-Verbinder (4) weist ein erstes Ende mit einem Verriegelungsabschnitt zum Eingreifen in die Verankerungsmittel (12) im Fahrzeugsitz (13) und ein dem Verriegelungsabschnitt gegenüberliegendes zweites Ende auf.
5. Zumindest ein Isofix-Verbinder (4) ist in einem Zwischenraum (8) in der Basis (2) angeordnet.
6. Das Blockierelement (9) ist in einer Aussparung (14) in der Basis (2) so angeordnet, dass ein Ansatzstück (11) des Blockierelements (9) durch die Aussparung (14) in den Zwischenraum (8) vorragt.
a’) Bei einer normalen Verwendung der Kinderrückhaltung schlägt das Ansatzstück (11) gegen den das zweite Ende (17) des mindestens einen Isofix-Verbinders (4) an und verriegelt diesen, wodurch verhindert wird, dass der zumindest eine Isofix-Verbinder (4) in die Basis (2) bewegt wird.
b) Bei einer anormalen Verwendung der Kinderrückhaltung wird das Blockierelement (9) aus dem Anschlag mit dem Isofix-Verbinder (4) gelöst, wodurch es dem Isofix-Verbinder (4) ermöglicht wird, in die Basis (2) zu gleiten.
10
4. Einige Merkmale bedürfen näherer Betrachtung.
11
a) Von zentraler Bedeutung ist das in Merkmal 4 vorgesehene Blockierelement (9). Dieses ist gemäß Merkmal 6 in einer in der Basis (2) ausgebildeten Aussparung (14) angeordnet. Es weist ein Ansatzstück (11) auf, das in einen ebenfalls in der Basis ausgebildeten Zwischenraum (8) vorragt und dort gegen das Ende (17) eines darin angeordneten Isofix-Verbinders (4) anschlägt.
12
Durch diese Anordnung wird gemäß Merkmal 6 a’ bei normaler Verwendung verhindert, dass der Isofix-Verbinder (4) über den Anschlagpunkt hinaus in die Basis hinein bewegt wird.
13
Bei anormaler Verwendung wird das Blockierelement hingegen gemäß Merkmal 6 b aus dem Anschlag gelöst, so dass der Isofix-Verbinder (4) weiter in die Basis hineingleiten kann. Nach dem Lösen vom Anschlag wird die Basis zunächst in Richtung des Fahrzeugsitzes bewegt, wie dies in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt ist.
14
Erst wenn der Isofix-Verbinder (4) vollständig in den Zwischenraum (8) eingedrungen ist, beginnt die Rückhaltevorrichtung zu rotieren. Für diese Rotationsbewegung steht weniger Energie zur Verfügung, weil ein Teil der durch den Aufprall zugeführten Energie durch das Blockierelement und die Bewegung der Basis (2) in Richtung des Fahrzeugsitzes absorbiert wird (Abs. 35).
15
Das Eindringen des Isofix-Verbinders (4) in den Zwischenraum (8) führt ferner dazu, dass der Hebelarm, also die Entfernung zwischen der Rotationsachse und dem davon abgewandten Ende der Rückhaltevorrichtung verkürzt wird. Dies führt, wie die Parteien insoweit übereinstimmend vortragen, für sich gesehen nicht zu einer Absorption der durch den Aufprall eingebrachten Energie. Wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, kann eine Absorption nur dann eintreten, wenn für die Bewegung, die zur Verkürzung des Hebelarms führt, Energie aufgewendet werden muss, sei es zum Lösen des Blockierelements (9) aus dem Anschlag mit dem Isofix-Verbinder, sei es zur Überwindung von Reibung oder auf andere Weise.
16
b) Auf welche Weise und in welchem Umfang die durch den Aufprall eingebrachte Energie absorbiert wird, legt Patentanspruch 1 nicht näher fest.
17
aa) Der Vorgabe in Merkmal 4, wonach der Isofix-Verbinder (4) und das Blockierelement (9) einen Aufprall-Absorptionsmechanismus (7) bilden müssen, ist allerdings zu entnehmen, dass ein gewisses Maß an Energie absorbiert werden muss.
18
Entgegen der Auffassung der Berufungserwiderung führt der Umstand, dass der Wortlaut von Merkmal 4 nur eine Aufprall-Absorption vorsieht, nicht aber eine Energieabsorption, nicht zu einem abweichenden Verständnis.
19
Nach der Beschreibung des Streitpatents hat der Aufprall-Absorptionsmechanismus (impact absorbing mechanism) die Funktion, die aus der Kollision herrührende Aufprallenergie teilweise zu absorbieren (Abs. 12). Welche andere Aufprallwirkung stattdessen als Gegenstand der Absorption in Betracht kommen könnte, ist weder aufgezeigt noch sonst ersichtlich.
20
bb) Entgegen der Auffassung der Berufung ist diesen Vorgaben jedoch nicht zu entnehmen, auf welche Weise die Energieabsorption zu erfolgen hat.
21
Aus dem Zusammenhang mit Merkmalsgruppe 6 ergibt sich allerdings, dass eine Energieabsorption bei oder nach dem Lösen des Blockierelements (9) aus dem Anschlag mit der Isofix-Verbindung (4) erfolgen muss.
22
Wie bereits oben dargelegt wurde, kommt eine Energieabsorption in diesem Stadium aber zumindest auf zwei Arten in Betracht, nämlich aufgrund der Energie, die zum Lösen aus dem Anschlag benötigt wird, oder aufgrund der Energie zum Überwinden einer Reibungskraft bei dem nachfolgenden Eindringen der Isofix-Verbindung (4) in den Zwischenraum (8). Patentanspruch 1 legt sich nicht auf eine dieser Möglichkeiten fest, schließt aber auch keine davon aus.
23
cc) Ebenfalls nicht näher festgelegt ist das Ausmaß der Energieabsorption.
24
Die in der Beschreibung erwähnten Vorschriften, wonach der Kopf des Kindes nicht über eine bestimmte Höhe hinaus bewegt werden darf, mögen dafür sprechen, dass zumindest so viel Energie absorbiert werden muss, dass eine danach verbotene Bewegung vermieden wird.
25
Patentanspruch 1 enthält aber weder eine Bezugnahme auf solche Vorschriften noch auf andere Parameter, die für das Ausmaß der Drehbewegung von Bedeutung sind, etwa Größe und Gewicht des Kindes und der Rückhaltevorrichtung.
26
c) Das zweite Ende (17) des Isofix-Verbinders (4), gegen das das Ansatzstück (11) bei normaler Verwendung gemäß dem Merkmal 6 a’ anschlagen muss, ist, wie das Patentgericht zu Recht angenommen hat, die vom Fahrzeugsitz und den darin angebrachten Verankerungsmitteln (12) abgewandte Stirnseite des Isofix-Verbinders (4).
27
aa) Für dieses Verständnis spricht der Wortlaut von Merkmal 6 a’.
28
Wie die Berufung im Ansatz zutreffend geltend macht, könnte als Ende des Verbinders bei isolierter Betrachtung zwar auch ein nicht näher spezifizierter Endbereich anzusehen sein. Die Vorgabe, dass das Ansatzstück (11) gegen das Ende anschlagen muss (abutting against the end), und die in Merkmal 6 b formulierte Vorgabe, dass der Isofix-Verbinder (4) nach Lösen dieses Anschlags in die Basis (2) gleiten kann, sprechen aber dafür, dass das Ansatzstück mit der in Bewegungsrichtung gesehen frontalen Seite des Isofix-Verbinders (4) in Anschlag stehen muss, also mit der Stirnseite.
29
bb) Dieses Verständnis steht in Einklang mit dem in der Beschreibung und den Figuren 4 und 5 geschilderten Ausführungsbeispiel.
30
Aus der bereits oben wiedergegebenen Figur 4 geht hervor, dass das Ansatzstück (11) an der vom Fahrzeugsitz und den Verankerungsmitteln (12) abgewandten Stirnseite des Isofix-Verbinders (4) anschlägt. Zur Erläuterung dieses Beispiels verwendet die Beschreibung dieselben Wörter (abutting against the end), die sich in Merkmal 6 a’ finden (Abs. 35 Z. 25-28).
31
Dieselbe Formulierung findet sich in der Beschreibung der in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 5 dargestellten Details des in diesem Ausführungsbeispiel eingesetzten Blockierelements (9).
32
Bei dieser Ausgestaltung schlägt ein Teilbereich (12) des Ansatzstücks (11) gegen das Ende des Isofix-Verbinders (4) an oder steht mit diesem in Verbindung (Abs. 36 Z. 8-10).
33
Ob die in diesem Zusammenhang erwähnte Verbindung zwischen dem Ansatzstück (11) und dem Ende des Isofix-Verbinders (4) auch auf andere Weise als durch ein Anschlagen hergestellt werden könnte, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn die Frage zu bejahen wäre, ergäbe sich aus dem Umstand, dass Merkmal 6 a’ zwingend ein Anschlagen gegen das Ende vorsieht, dass andere Ausgestaltungen nicht zum Gegenstand des Patentanspruchs gehören.
34
cc) Aus den erteilten Ansprüchen 7 und 8, die eine Mehrzahl von Aussparungen an einer Seite des Isofix-Verbinders (4) bzw. einen daran ausgebildeten Verriegelungsabschnitt vorsehen, ergeben sich keine abweichenden Schlussfolgerungen.
35
Diese Ansprüche lassen sich widerspruchslos mit der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 vereinbaren. Nach Merkmal 6 a der erteilten Fassung kann das Ansatzstück grundsätzlich an einer beliebigen Stelle des Isofix-Verbinders anschlagen.
36
Die erteilten Ansprüche 7 und 8 stünden hingegen in Widerspruch zu der dargelegten Auslegung von Merkmal 6 a’ in der Fassung des angefochtenen Urteils. Diese Fassung sieht jedoch gerade keine vergleichbaren Unteransprüche vor.
37
d) Die den Merkmalen 6 a’ und 6 b zugrundeliegende Unterscheidung zwischen normaler und anormaler Verwendung ist anhand des Einsatzzwecks vorzunehmen, für den die Rückhaltevorrichtung bestimmt ist.
38
Zur normalen Verwendung gehören jedenfalls eine den Vorgaben der Betriebsanleitung entsprechende Montage der Vorrichtung im Fahrzeug und Fahrsituationen, wie sie üblicherweise auftreten. Zur anormalen Verwendung gehören jedenfalls Krafteinwirkungen, wie sie typischerweise bei einem Aufprall von hinten auftreten.
39
Nähere Festlegungen, etwa durch Vorgabe bestimmter Grenzwerte für die Krafteinwirkung oder sonstige relevante Parameter enthält Patentanspruch 1 nicht. Die Ausgestaltung im Einzelnen bleibt insoweit dem Fachmann überlassen. Eine Orientierung an technischen Normen oder sonstigen Regelwerken sieht Patentanspruch 1 auch insoweit nicht zwingend vor.
40
II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung, soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, im Wesentlichen wie folgt begründet:
41
Der Gegenstand des Streitpatents gehe nicht über den Inhalt der Ursprungsfassung der Anmeldung (B4) hinaus. Diese offenbare ein Kinderrückhaltesystem, dessen Aufprallabsorptionsmechanismus bei normaler und anormaler Verwendung unterschiedlich reagiere. Mit der Verwendung des Begriffs “normal utilization of the child restraint” anstelle des in Anspruch 1 der Anmeldung vorgesehenen Ausdrucks “normal driving conditions of the vehicle” gehe keine inhaltliche Änderung einher. Die Begriffe würden in der Anmeldung synonym verwendet. Soweit der erteilte Anspruch im Gegensatz zu Anspruch 1 der Ursprungsanmeldung nicht festlege, dass Kindersitz und Basis “lösbar” miteinander verbunden seien, handele es sich nicht um ein wesentliches Merkmal der Erfindung. Das einseitige Blockieren des Isofix-Verbinders (4) bei normaler Verwendung beschreibe die Anmeldung nicht lediglich für den Fall, dass der Isofix-Verbinder vollständig ausgezogen sei, sondern für alle denkbaren Ausführungsformen.
42
Die Erfindung sei auch so offenbart, dass ein Fachmann – ein Ingenieur der Fachrichtung Maschinenbau mit Kenntnissen der Fahrzeugtechnik und mehrjähriger Berufserfahrung in der Konstruktion von Kindersitzen und der Entwicklung kraftfahrzeugspezifischer Sicherheitssysteme – sie ausführen könne. Bei einer normalen Fahrsituation wirkten Kräfte, die üblicherweise auftreten, einschließlich üblicher Bremsverzögerungen und Beschleunigungsvorgänge. Eine anormale Verwendung beschreibe eine Unfallsituation durch einen Aufprall von hinten. Die jeweils vorherrschenden Kräfte seien aus dem allgemeinen Stand der Technik bekannt. Der Fachmann erkenne auch, dass der offenbarte Mechanismus die Aufprallenergie verringere. Der Anspruch verlange nicht, dass eine vollständige Absorption erfolge. Der Aufprallmechanismus müsse sicherstellen, dass das Blockierelement bei einer normalen Fahrsituation die Isofix-Verbinder blockiere, während bei einer anormalen Fahrsituation die Isofix-Verbinder freigegeben würden. Der Fachmann erhalte ausreichend Informationen aus der Streitpatentschrift, um mit seinem allgemeinen Fachwissen den Aufprallmechanismus entsprechend auszugestalten.
43
Das Kinderrückhaltesystem nach Patentanspruch 1 in der Fassung des Hilfsantrags 4 sei auch patentfähig.
44
Die deutsche Patentschrift 20 2007 012 746 (BB2) nehme den Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht vorweg. Sie offenbare zwar die Merkmale 0, 1, 2, 3, 4 und 5 und 6 b, nicht aber Merkmal 6 a’. Die in BB2 beschriebenen Verriegelungsbaugruppen stünden nicht mit dem Ende der Isofix-Verbinder in Verbindung. Sie wirkten mit mehreren Aussparungen im Isofix-Verbinder zusammen, um den Kindersitz auf dem Fahrzeugsitz in einer bestimmten Position fixieren zu können. Es sei auch nicht naheliegend gewesen, die Verriegelungsgruppe entsprechend Merkmal 6 a’ abzuwandeln. Selbst wenn sich aus dem Stand der Technik oder dem Fachwissen eine Anregung ergeben hätte, das Blockierelement mit dem Ende der Isofix-Verbinder zusammenwirken zu lassen, hätte die in BB23 offenbarte Ausgestaltung mit einem Rastsystem den Fachmann von diesem Schritt abgehalten.
45
Vor diesem Hintergrund ergebe sich auch ausgehend von der internationalen Anmeldung WO 2007/020350 (BB5) keine andere Beurteilung. Diese enthalte bezüglich der Merkmale 4.1 und 6 a’ keinen weitergehenden Offenbarungsgehalt als BB2.
46
Der Gegenstand von Patentanspruch 1 werde auch nicht durch den vorbenutzten Kindersitz der Marke R.  (BB25) vorweggenommen. Diese Kinderrückhaltung zeige ebenfalls ein federbelastetes Rastelement, das den Kindersitz in verschiedenen Positionen verriegele, jedoch nicht mit dem Ende des Isofix-Verbinders kooperiere.
47
Auch die übrigen Entgegenhaltungen könnten weder für sich allein noch in Kombination eine entsprechende Anregung geben.
48
III. Diese Beurteilung hält der Überprüfung im Berufungsverfahren stand.
49
1. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Erfindung mit den in der Streitpatentschrift geschilderten Beispielen so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.
50
a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (BGH, Urteil vom 3. Februar 2015 – X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 36 – Stabilisierung der Wasserqualität). Es reicht demnach aus, wenn der Fachmann ohne eigenes erfinderisches Bemühen Unvollständigkeiten ergänzen und sich notfalls mit Hilfe orientierender Versuche Klarheit verschaffen kann (BGH, Urteil vom 13. Juli 2010 – Xa ZR 126/07, GRUR 2010, 916, 918 – Klammernahtgerät).
51
b) Diese Grundsätze hat das Patentgericht zutreffend auf das Streitpatent angewendet.
52
aa) Zu Recht hat es das Patentgericht als unerheblich angesehen, ob die durch einen Aufprall eingebrachte Energie mit Hilfe einer Feder, wie sie in dem in Figur 5 dargestellten Ausführungsbeispiel eingesetzt wird, und gegebenenfalls mit Hilfe von Reibungskräften in ausreichendem Maße absorbiert werden kann, um ein Verschwenken der Rückhaltevorrichtung über die in einschlägigen Vorschriften vorgesehenen Grenzen hinaus zu verhindern.
53
Wie bereits oben dargelegt wurde, sieht Patentanspruch 1 weder ein Mindestmaß für die absorbierte Energie noch die Einhaltung bestimmter Vorschriften oder Grenzwerte zwingend vor. Für die Ausführbarkeit reicht deshalb aus, wenn die Blockiereinrichtung (9) ohne erfinderische Tätigkeit so ausgestaltet werden kann, dass der Anschlag mit dem Isofix-Verbinder (4) beim Auftreten von Kräften gelöst wird, die über eine normale Verwendung im oben dargelegten Sinne hinausgehen.
54
Diese Frage hat das Patentgericht bejaht. Die Berufung zeigt keine konkreten Umstände auf, die Zweifel an der Vollständigkeit oder Richtigkeit der dieser Beurteilung zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen begründen.
55
Der von der Berufung geltend gemachte Einwand, das Streitpatent offenbare in Figur 4 lediglich, dass sich das Blockierelement im Fall eines Aufpralls lösen müsse, zeige aber nicht, welche Kraftschwelle hierfür erreicht werden müsse, ist unerheblich. Wie oben ausgeführt wurde, bleibt die Festlegung dieser Grenze ohnehin dem Ermessen des Fachmanns überlassen.
56
bb) Es bedarf keiner abschließenden Entscheidung, ob die in Figur 5 schematisch dargestellte Anordnung bei einer Krafteinwirkung durch den Isofix-Verbinder ein Ausweichen des Blockierelements nach oben ermöglicht oder ob die einwirkenden Kräfte nur zu einer Drehung des Blockierelements im Uhrzeigersinn führen können.
57
Selbst wenn diese Frage im zuletzt genannten Sinne zu beantworten wäre, hätte der Fachmann die Möglichkeit, durch eine abweichende Ausgestaltung und Anordnung des Blockierelements die angestrebte Bewegungsrichtung zu erreichen.
58
Auch die Klägerin zieht nicht in Zweifel, dass ein Ausweichen nach oben etwa durch die Anordnung der Drehachse an anderer Stelle ermöglicht werden könnte. Dass die Patentschrift eine solche Anordnung nicht zeigt, ist unerheblich, weil es ausreicht, dass sie unter Rückgriff auf allgemeines Fachwissen und erforderlichenfalls durch Versuche ermittelt werden kann.
59
Darüber hinaus enthält die Beschreibung den Hinweis, das Ansatzstück könne so ausgestaltet werden, dass es bricht und auf diese Weise ein Hineingleiten des Isofix-Verbinders ermöglicht (Abs. 22). Auch damit ist ein ausführbarer Weg aufgezeigt.
60
cc) Ebenfalls zu Recht hat das Patentgericht entschieden, dass es für eine ausführbare Offenbarung nicht erforderlich ist, exakte Werte für die Abgrenzung zwischen normaler und anormaler Verwendung zu definieren.
61
Die oben aufgezeigte und auch vom Patentgericht zugrunde gelegte Abgrenzung zwischen normalen Fahr- und Nutzungssituationen und Unfallsituationen reicht zur Abgrenzung der beiden Merkmale aus. Dass es auf dieser Grundlage nicht möglich ist, im Vorhinein mit mathematischer Präzision zu bestimmen, ob bestimmte Ausführungsformen zum geschützten Gegenstand gehören, steht einer ausführbaren Offenbarung nicht entgegen.
62
dd) Vor diesem Hintergrund bedarf es entgegen der Auffassung der Berufung nicht der Einholung eines Sachverständigengutachtens.
63
Die von der Beurteilung durch das Patentgericht abweichende Auffassung der Berufung beruht im Wesentlichen auf unterschiedlichen rechtlichen Vorstellungen. Die Beurteilung dieser Fragen obliegt nicht einem Sachverständigen, sondern dem zur Entscheidung berufenen Gericht.
64
2. Ebenfalls zu Recht ist das Patentgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass der Gegenstand des Patentanspruchs 1 nicht über den Inhalt der Ursprungsanmeldung hinausgeht.
65
a) Nach der Rechtsprechung des Senats gelten für die Beurteilung, ob der Gegenstand eines Patentanspruchs über die ursprünglichen Anmeldungsunterlagen hinausgeht, die Grundsätze der Neuheitsprüfung.
66
Danach kommt es darauf an, ob der Fachmann die im Anspruch bezeichnete technische Lehre den Ursprungsunterlagen unmittelbar und eindeutig als mögliche Ausführungsform der Erfindung entnehmen kann (BGH, Urteil vom 16. Dezember 2018 – X ZR 89/07, BGHZ 179, 168 Rn. 25 – Olanzapin). Stellen sich die in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen anhand eines Ausführungsbeispiels oder in sonstiger Weise beschriebenen technischen Anweisungen für den Fachmann als Ausgestaltung der vom Patent allgemeiner beanspruchten Lehre dar und kann diese Lehre der Anmeldung unmittelbar und eindeutig als zu der angemeldeten Erfindung gehörend entnommen werden, geht diese nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus (BGH, Urteil vom 19. Juli 2016 – X ZR 107/12, BGHZ 200, 63, Rn. 25 = GRUR 2014, 542 – Kommunikationskanal).
67
b) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat das Patentgericht zutreffend entschieden, dass sich eine unzulässige Erweiterung nicht daraus ergibt, dass der in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen verwendete Begriff “abnormal driving conditions of the vehicle” in der erteilten Fassung durch “abnormal utilization of the child restraint” ersetzt worden ist.
68
Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, weist bereits die Anmeldung (B4 Abs. 11 Z. 40-47) – ebenso wie das Streitpatent (Abs. 12 Z. 42-49) – darauf hin, dass das Blockierelement den Isofix-Verbinder bei normaler Verwendung der Rückhaltevorrichtung verriegelt. Dieser Ausdruck mag kein vollständiges Synonym zu dem an anderer Stelle (B4 Abs. 34 Z. 23-26; Streitpatent Abs. 35 Z. 25-28) verwendeten Begriff der normalen Fahrbedingungen darstellen, weil er nicht nur Fahrsituationen umfasst, sondern auch andere Situationen wie zum Beispiel die Montage der Rückhaltevorrichtung im Fahrzeug. Aus dem Umstand, dass schon in der Anmeldung in weitgehend gleichem Zusammenhang an einer Stelle der eine und an anderer Stelle der andere Ausdruck verwendet wird, ergibt sich aber hinreichend deutlich, dass beide Anforderungen von Beginn an als zur Erfindung gehörend offenbart sind.
69
c) Zu Recht hat das Patentgericht auch entschieden, dass die ursprünglichen Unterlagen nicht nur eine lösbare Verbindung zwischen Kindersitz und Basis als zur Erfindung gehörend offenbaren.
70
Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich aus der Anmeldung nicht, dass die Lösbarkeit der Verbindung zwischen Kindersitz und Basis für die Erfindung von ausschlaggebender Bedeutung ist. Anhaltspunkte, die zu einer abweichenden Beurteilung führen könnten, zeigt die Berufung nicht auf.
71
Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Patentgericht insoweit keine rückblickende Betrachtung angestellt. Es hat vielmehr zutreffend auf den Offenbarungsgehalt der Anmeldung abgestellt.
72
Der Umstand, dass eine lösbare Verbindung in der Beschreibung der Anmeldung als besonders vorteilhaft bezeichnet wird, weil sie den einfachen Einsatz in unterschiedlichen Fahrzeugen ermögliche, ist in diesem Zusammenhang nicht erheblich, weil nicht erkennbar ist, dass dieser Aspekt in technischem Zusammenhang mit den Möglichkeiten und Wirkungen einer Verriegelung im Sinne der Merkmale 4 bis 6 steht.
73
d) Entgegen der Auffassung der Klägerin geht der Gegenstand des Streitpatents auch nicht deshalb über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus, weil Merkmal 6 a’ eine Verriegelung lediglich in einer Richtung vorsieht.
74
Ebenso wie in der Streitpatentschrift (Abs. 35 Z. 34-36) wird auch in der Anmeldung bei der Beschreibung des in Figur 4 dargestellten Ausführungsbeispiels ausgeführt, das Lösen des Blockierelements (9) aus dem Anschlag mit dem Isofix-Verbinder (4) ermögliche es, dass der Isofix-Verbinder (4) in den Zwischenraum (8) eindringt (B4 Abs. 34 Z. 32-34). Ob und unter welchen Voraussetzungen eine Bewegung des Isofix-Verbinders (4) in die andere Richtung möglich ist, geht daraus nicht hervor.
75
Vor diesem Hintergrund kann den den genannten Passagen vorangehenden Ausführungen, wonach bei normaler Verwendung eine Bewegung der Isofix-Verbinder (4) relativ zur Basis (2) verhindert wird (B4 Abs. 34 Z. 23-26), nicht entnommen werden, dass diese Verriegelung zwingend in beide Richtungen wirken muss. Die Darstellung in den Figuren 4 und 5, bei der die Stirnseite des Isofix-Verbinders (4) an dem Ansatzstück (11) anschlägt, lässt ohnehin nicht erkennen, dass hierdurch auch ein Herausziehen des Isofix-Verbinders (4) verhindert werden kann. Zusätzliche Verriegelungsmittel führt die Anmeldung in diesem Zusammenhang nicht an.
76
3. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils ist neu.
77
a) Der genannte Gegenstand wird durch die geltend gemachte Vorbenutzung des Kindersitzes “Römer Duo Plus” (BB25), zu dem sich auch ein Bericht im Heft 6/2007 der Zeitschrift test (BB26) verhält, nicht vorweggenommen. Deshalb kann offenbleiben, ob dieser Kindersitz zum Stand der Technik gehört.
78
aa) BB25 offenbart einen Kindersitz mit einer Isofix-Befestigung (BB26 S. 80).
79
Wie aus den nachfolgend wiedergegebenen Fotografien ersichtlich ist, weist der Sitz eine Basis auf, an der eine Zahnleiste mit einer Vielzahl von Zähnen angeordnet ist.
80
In diese Zahnleiste (in der Legende zu Fotografie Nr. 7 als Rastelement bezeichnet) greift eine zur Isofix-Baugruppe gehörende schwenkbare Klinke, die in den Legenden zur oben wiedergegebenen Fotografie Nr. 6 und zu der nachfolgend wiedergegebenen Fotografie Nr. 5 als Rastplatte bezeichnet wird.
81
bb) Damit sind, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 0, 1, 2, 3, 4 und 5 offenbart.
82
cc) Es kann offenbleiben, ob auch die Merkmale 4.1 und 6 b vorweggenommen sind. Nicht offenbart sind jedenfalls die Merkmale 6 und 6 a’.
83
(1) Die schwenkbare und federgespannte Klinke kann zwar als Blockierelement im Sinne des Streitpatents angesehen werden. Sie ist aber abweichend von Merkmal 6 nicht in einer Aussparung der Basis angeordnet, sondern an der Isofix-Baugruppe selbst.
84
(2) Für die Zahnstange gilt nichts anderes.
85
Die Zahnstange mag ebenfalls als Blockierelement im Sinne des Streitpatents anzusehen sein, weil sie eine Bewegung der Isofix-Baugruppe in die Basis hinein unter normalen Umständen verhindert. Sie ist aber nicht dergestalt in einer Aussparung der Basis angebracht, dass nur ein zu ihr gehörendes Ansatzstück in den Zwischenraum für die Isofix-Baugruppe hineinragt. Vielmehr ist sie vollständig in diesem Zwischenraum untergebracht.
86
Darüber hinaus schlägt die Zahnstange nicht gegen eine Stirnseite der Isofix-Baugruppe an, sondern gegen die neben der Stirnseite angebrachte Klinke. Diese schließt zwar im Wesentlichen bündig mit der Isofix-Baugruppe ab. Dies reicht zur Offenbarung von Merkmal 6 a’ jedoch nicht aus, weil das Blockierelement nach diesem Merkmal gegen den Verbinder selbst anschlagen muss, nicht nur gegen ein daran speziell zum Zwecke der Verriegelung angebrachtes Bauteil.
87
Merkmal 6 a’ ist zudem auch deswegen nicht verwirklicht, weil die Zahnstange so angeordnet ist, dass der Kindersitz mit geringem Kraftaufwand nach hinten gegen die Rückenlehne des Autositzes verschoben werden kann; lediglich zum Herausziehen muss der Eingriff zwischen Zahnstange und Klinke gelöst werden.
88
b) Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils ist auch durch die europäische Patentanmeldung 1 900 567 (BB16) nicht vollständig offenbart.
89
aa) BB16 offenbart einen Kindersitz, der mittels Isofix-Verbindern auf dem Rücksitz eines Fahrzeugs befestigt werden kann.
90
Die Vorrichtung umfasst eine Basis (2), die aus zwei teleskopartig gegeneinander verschiebbaren Abschnitten (3, 4) besteht. Diese sind in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt.
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91
Der Abschnitt (3) weist die Isofix-Verbinder zur Befestigung am Fahrzeugsitz auf. Der Abschnitt (4) stützt denjenigen Teil der Vorrichtung, in der das Kind untergebracht wird (Abs. 18). Die beiden Abschnitte sind mit einer an Abschnitt (3) angebrachten Zahnstange (6) und einem ebenfalls mit einem Zahnstangenabschnitt (70) versehenen Bauteil (5) verschiebbar miteinander verbunden (Abs. 19).
92
Am Ende des Bauteils (5) ist ein schwenkbarer Hebel (18) vorgesehen. Dieser ist in einer Aussparung (17) angeordnet, die durch zwei seitliche Flansche (14, 15) begrenzt wird (Abs. 20). Die Funktionsweise dieses Hebels ist in den nachfolgend wiedergegebenen Figuren 4 bis 6 dargestellt.
93
In der in Figur 4 dargestellten Position ist die Teleskop-Verbindung vollständig ausgezogen. Ein weiteres Auseinanderziehen wird durch die Form der Zähne verhindert, ein Zusammenschieben durch das am Hebel (18) ausgebildete Anschlagelement (40), das in dieser Position an der Stirnfläche des Zahnstangenabschnitts (6) anliegt. Diese Position dient der Befestigung der Vorrichtung am Fahrzeugsitz (Abs. 23).
94
Durch Ziehen an einem Griff (34) kann der Hebel (58) mittels eines Stifts (42) nach oben verschwenkt werden, wie dies in Figur 5 dargestellt ist. In dieser Stellung können die Bauteile (3, 4) zusammengeschoben werden. Im weiteren Verlauf liegt das Anschlagelement (40) auf der Zahnstange (6) auf, wie dies in Figur 6 dargestellt ist. Aufgrund der Form der Zähne können die beiden Bauteile (3, 4) auch in abgesenkter Stellung des Hebels (58) weiter zusammengeschoben werden. Dies ermöglicht es, den Sitz zur Rückenlehne hin zu verschieben. Ein erneutes Auseinanderziehen wird hingegen durch die Form der Zähne verhindert (Abs. 24-26).
95
bb) Damit sind die Merkmale 0, 1, 2, 3, 4.1 und 5 offenbart.
96
cc) Entgegen der Auffassung der Beklagten ist auch Merkmal 6 offenbart.
97
Der Hebel (18) fungiert als Blockierelement, weil er eine Bewegung der Isofix-Verbinder (3) verhindert. Die Aussparung (17), in der er angeordnet ist, bildet eine Aussparung im Sinne von Merkmal 6. Der mit dem Hebel verbundene Zahnstangenabschnitt (70) ist ein Ansatzstück, das in den Zwischenraum für die Isofix-Verbinder (3) hineinragt.
98
dd) Hingegen ist die Kombination der Merkmale 6 a’ und 6 b nicht offenbart.
99
(1) Bei der in Figur 4 dargestellten Position fehlt es an einer Verwirklichung von Merkmal 6 b.
100
Wie die Berufung im Ansatz zutreffend geltend macht, kann diese Position zur normalen Verwendung gerechnet werden, denn diese umfasst auch die bestimmungsgemäße Montage der Vorrichtung im Fahrzeug.
101
Wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, ist in BB16 aber nicht offenbart, dass das Anschlagelement (40) so ausgebildet ist, dass der in dieser Position bestehende Anschlag gegen die Stirnfläche der Isofix-Verbinder (3) gelöst wird, wenn es zu einem Unfall kommt.
102
Dabei kann mit der Berufung unterstellt werden, dass ein Unfall oder eine sonstige anormale Verwendung auch in dieser Position vorkommen kann, obwohl diese nicht für die Benutzung während der Fahrt vorgesehen ist. Auch unter dieser Prämisse ergibt sich aus BB16 jedoch nicht eindeutig, dass das Anschlagelement (40) auch ohne Ziehen an dem Griff (34) angehoben wird, wenn die beiden Bauteile (3, 4) durch eine hinreichend große Kraft gegeneinander gedrückt werden.
103
Aus dem Privatgutachten des Sachverständigen J.    (BB54), dem zufolge der Rastmechanismus der dort untersuchten Kindersitze schon von einem unterdurchschnittlich kräftigen Erwachsenen überwunden werden kann (S. 24), ergibt sich schon deshalb nichts Abweichendes, weil diese Untersuchungen nicht den in BB16 offenbarten Sitz betreffen und weil die Verriegelung in der in Figur 4 dargestellten Position nicht durch miteinander in Eingriff stehende Zahnstangen bewirkt wird, sondern durch ein eigens hierfür ausgebildetes Anschlagelement (40). Es mag nicht ausgeschlossen sein, ein solches Anschlagelement so auszugestalten, dass es seine Funktion bei Einwirken von Kräften, wie sie bei einem Unfall auftreten, nicht mehr erfüllt. Für eine eindeutige und unmittelbare Offenbarung dieser Wirkungsweise wäre aber erforderlich, dass sie in BB16 ausdrücklich benannt wird oder dass sie bei einem Nacharbeiten der in BB16 offenbarten Lehre typischerweise eintritt. Keine dieser Voraussetzungen ist erfüllt.
104
(2) Bei der in Figur 6 dargestellten Position ist Merkmal 6 a’ nicht verwirklicht.
105
Wie bereits oben ausgeführt wurde, können die beiden Bauteile (3, 4) in dieser Position zusammengeschoben werden. Die beiden Zahnstangen verhindern lediglich ein Auseinanderziehen.
106
c) Das deutsche Gebrauchsmuster 20 2007 012 746 (BB2) nimmt die Merkmale von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht vorweg.
107
aa) BB2 offenbart eine Vorrichtung zur Verankerung eines Kindersitzes in einem Fahrzeug.
108
Die Vorrichtung weist eine Sitzflächen-Baugruppe (3) mit einem schalenförmigen Bodenteil (8) auf. Im Inneren der Sitzflächen-Baugruppe ist eine Verankerungsvorrichtung (2) angeordnet (Abs. 48 f.). Ein Ausführungsbeispiel dafür ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 4 dargestellt.
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109
Die Verankerungsvorrichtung (2) besteht aus zwei Verankerungsadaptern (26) (Abs. 59 f.), einer Schwenklager-Baugruppe (25) und einer dieser zugeordneten Verriegelungseinrichtung (46) (Abs. 68).
110
Die Verriegelungseinrichtung (46) besteht aus einer Halterung (51) (in Figur 4 nicht gekennzeichnet), in der ein Querstift (50) angeordnet ist. Eine Feder (52) drückt den Stift (50) in Richtung einer Lochstange (48), so dass er je nach Verschiebeposition in eines der Löcher (49) eingreift (Abs. 70).
111
Zum Ausfahren der Verankerungsbaugruppen (26) muss der Stift (50) entgegen der Kraft der Feder (52) aus dem Loch (49) herausgezogen werden. Diese Ausfahrbewegung wird spätestens durch das Anschlagen eines Stoppelements (56) gegen ein Anschlagelement (55) am freien Ende der Lochstange (48) gestoppt (Abs. 71).
112
Die Einschubbewegung wird demgegenüber nicht gehemmt, weil die Löcher (49) schräg stehende Anlaufflächen aufweisen, die in der Lage sind, den Querstift (50) aus dem Bereich der Lochstange (48) herauszudrücken (Abs. 72).
113
Damit der Kindersitz bei einem Auffahrunfall in begrenztem Umfang nach vorne ausweichen kann, ist die Halterung (51) nicht starr mit der Sitzflächen-Baugruppe (3) verbunden, sondern mit einer vorzugsweise schwalbenschwanzförmigen Führung (57) in Fahrtrichtung verschiebbar geführt (Abs. 73). Diese Führung ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt.
114
Um eine Relativbewegung im normalen Betriebszustand zu vermeiden, befindet sich an der Halterung (51) eine Fläche (58). An bzw. hinter dieser Fläche (58) liegt ein auf Druck belastbares Federelement (59) an. Dessen gegenüberliegende Stirnseite stützt sich an einem massiven, nach oben ragenden Fortsatz (60) der Sitzflächen-Baugruppe (3) ab. Will der Kindersitz unter dem Einfluss einer starken Verzögerung nach vorne ausweichen, kann sich das Federelement (59) elastisch stauchen, die gewünschte Bewegung zulassen und zugleich hohe Gegenkräfte erzeugen. Unter normalen Betriebsbedingungen wirkt das Federelement (59) aufgrund seiner hohen Federkräfte wie ein starrer Block (Abs. 74).
115
bb) Damit sind, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 0, 1, 2, 3, 4.1 und 5 offenbart.
116
cc) Ob es zur Offenbarung von Merkmal 6 b ausreicht, dass die Verankerungsvorrichtung (2) auch ohne Herausziehen des Stifts (50) in die Sitzflächen-Baugruppe (3) eingeschoben werden kann, oder ob hierzu ein ausdrücklicher Hinweis erforderlich wäre, dass eine solche Bewegung nur in Unfallsituationen oder bei sonstiger anormaler Krafteinwirkung möglich ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
117
dd) Jedenfalls fehlt es, wie auch die Berufung nicht verkennt, an einer Offenbarung von Merkmal 6 a’, weil der Stift (50) nicht an der Stirnseite der Lochstange (48) anschlägt.
118
d) Die internationale Anmeldung WO 2007/020350 (BB5) nimmt den Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils ebenfalls nicht vorweg.
119
aa) BB5 offenbart ein Rückhaltesystem mit einem Kindersitz (10), der auf einer Sitzbasis (11) gehaltert ist.
120
Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt.
121
Die Sitzbasis (11) ist mit einem vorzugsweise U-förmigen Beschlag (15′) verbunden, der zwei seitliche Befestigungslaschen (15) aufweist (S. 11 unten). Eine Zwischenstruktur (50) ermöglicht die Verbindung der Sitzstruktur (10) mit einer Standard-Verankerungseinheit, die aus Querstangen (5) bestehen kann (S. 13 oben).
122
Ein Ausführungsbeispiel für eine Zwischenstruktur (50) ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 8 dargestellt.
123
Die Zwischenstruktur (50) besteht aus einer ersten Struktur (100) und einer zweiten Struktur (200), die auf den Seitenwangen (101) der ersten gleiten und in einer Vielzahl von Axialpositionen verriegelt werden kann (S. 14 unten). Hierzu weisen die Seitenwangen (101) eine Verzahnung (108) auf. Jedes Gleitstück (201) ist mit einer schwenkbaren Sperrklinke (205) ausgestattet (S. 16 unten bis S. 17 Mitte). Diese Anordnung ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 10 dargestellt.
124
Das zweite Element (200) kann durch leichten Druck in Richtung D gleiten. Dadurch bewegt es sich in Richtung der Sitzlehne (S. 17 untere Hälfte).
125
Um eine Bewegung in die andere Richtung zu ermöglichen, muss ein Entriegelungselement (110) betätigt werden, das die Sperrklinken (205) aus ihrer Verzahnung mit den Kerben (108) löst (S. 18 oben).
126
bb) Damit sind, wie auch die Beklagte nicht in Zweifel zieht, die Merkmale 0, 1, 2, 3, 4.1 und 5 vorweggenommen.
127
cc) Ob Merkmal 6 b offenbart ist, obwohl BB5 ausdrücklich angibt, dass ein Zusammenschieben schon mit normalem Kraftaufwand möglich ist, bedarf keiner abschließenden Entscheidung.
128
dd) Jedenfalls fehlt es an einer Offenbarung der Merkmale 6 und 6 a’.
129
Entgegen der Auffassung der Berufung offenbart BB5 keine Aussparung, durch die ein Ansatzstück der als Blockierelement wirkenden Sperrklinken (205) in den Zwischenraum für die als Isofix-Verbinder fungierenden Seitenwangen (101) ragt. Sowohl die Seitenwangen (101) als auch die Klinken (205) sind in U-förmig ausgebildeten Gleitschuhen (201) geführt.
130
Darüber hinaus liegen die Sperrklinken (205) nicht an einer Stirnseite der Seitenwangen (101) an, sondern an Kerben (208) auf deren Oberseite.
131
4. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der Fassung des angefochtenen Urteils beruht auch auf erfinderischer Tätigkeit.
132
a) Ausgehend von BB25 war eine Ausgestaltung der Verriegelungsbaugruppe entsprechend den Merkmalen 6 und 6 a’ nicht nahegelegt.
133
Entgegen der Auffassung der Berufung bedurfte es ausgehend von BB25 nicht einer bloßen kinematischen Umkehr, d.h. einer spiegelbildlichen Anordnung von Zahnleiste und Rastplatte, um zu einer solchen Ausgestaltung zu gelangen. Bei einem bloßen Tausch der beiden Elemente würde die Rastplatte nicht an einer Stirnseite des Isofix-Verbinders anschlagen, sondern an einer an dessen Unterseite ausgebildeten Zahnleiste.
134
Eine Anordnung, bei der ein Blockierelement an der Stirnseite des Isofix-Verbinders anschlägt, war, wie das Patentgericht zutreffend angenommen hat, ausgehend von BB25 auch nicht aus anderen Gründen naheliegend. Damit entfiele nämlich die Möglichkeit, den Kindersitz in verschiedenen Positionen einrasten zu können.
135
b) Ausgehend von BB2 war eine Ausgestaltung gemäß Merkmal 6 a’ ebenfalls nicht nahegelegt.
136
aa) Zwar mag es möglich gewesen sein, die Lochstange (48), das Anschlagelement (55) und das Stoppelement (56) so anzuordnen, dass der Stift (50) in der maximalen Auszugsposition in eine halbkreisförmige Aussparung am Ende der Lochstange (48) greift. Hierfür ergab sich ausgehend von BB2 aber keine Anregung.
137
bb) Eine weitergehende Anregung ergab sich ausgehend von BB2 auch nicht aus der europäischen Patentschrift 1 625 967 (BB18).
138
(1) BB18 offenbart einen Autokindersitz, der eine zuverlässige Einrichtung gewährleistet.
139
Der Kindersitz ist vorzugsweise auf einem Grundteil (1) nach dem Isofix-Standard montiert. Ein Ausführungsbeispiel ist in der nachfolgend wiedergegebenen Figur 3 dargestellt.
140
Das Grundteil (1) weist Mittel zum Einhaken in ein festes Konstruktionselement am Fahrzeugsitz auf (Abs. 47). Diese Einhakmittel sind fest mit einem Schieber (12) verbunden, der gegenüber einem Basiselement (13) verschiebbar ist (Abs. 50). Zum Arretieren und Freigeben dient ein schwenkbarer Hebel (131), der in eine Zahnstange (121) eingreift und durch elastische Rückholmittel in dieser Position gehalten wird. Beim Anbringen des Sitzes befindet sich der Schieber in der ausgefahrenen Position. Nach dem Befestigen am Fahrzeugsitz genügt es, den Sitz gegen die Rückenlehne zu drücken, um den Schieber in eine eingezogene Position zu bringen. Ein Wiederausfahren wird hingegen durch die Zahnstange blockiert und ist erst möglich, wenn ein Griff (132) betätigt wird, der den Hebel (131) von der Zahnstange abhebt (Abs. 51-55).
141
(2) Entgegen der Auffassung der Berufung ergab sich auch daraus keine Anregung, ein Ansatzstück eines Blockierelements gegen eine Stirnseite eines Isofix-Verbinders anschlagen zu lassen.
142
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob sich aus BB18 die Anregung ergibt, die Zahnstange (121) und den Hebel (131) so auszugestalten, dass der Hebel in vollständig ausgezogener Position an der Stirnseite der Zahnstange anliegt. Auch bei einer solchen Ausgestaltung läge das Blockierelement, wie die Berufungserwiderung zu Recht geltend macht, nicht an einer Stirnseite des Isofix-Verbinders an, denn dieser schließt nicht bündig mit der Zahnstange (121) ab. Eine Anregung, die Zahnstange so zu positionieren, dass sie die zuletzt genannte Voraussetzung erfüllt, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
143
c) Eine Ausgestaltung gemäß den Merkmalen 6 und 6 a’ war auch ausgehend von BB5 nicht nahegelegt.
144
Ausgehend von dieser Entgegenhaltung mag es ebenfalls möglich gewesen sein, die Sperrklinken (205) und die Kerben (108) so anzuordnen, dass die Klinke in vollständig ausgezogener Position an der Stirnseite der Seitenwange (101) anschlägt. Es ist aber nicht ersichtlich, woraus sich eine Anregung für eine solche Ausgestaltung ergeben könnte.
145
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG in Verbindung mit § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 und § 516 Abs. 3 Satz 1 ZPO.
Bacher     
      
Grabinski     
      
Kober-Dehm
      
Marx     
      
Rensen     
      


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