Handels- und Gesellschaftsrecht

Schadensersatz – Ansprüche aus eigenem und hilfsweise aus abgetretenem Recht – verdeckte Anschlussberufung – Klageänderung durch Berufungsbeklagte in der Berufungsinstanz – Verstoß gegen § 308 Abs. 1 ZPO bei ausschließlicher Entscheidung über einen nur hilfsweise zur Entscheidung gestellten Streitgegenstand – Schadensersatzanspruch eines berechtigten Besitzers – Verwertung von Vernehmungsprotokollen im Wege des Urkundenbeweises

Aktenzeichen  8 AZR 120/20

Datum:
25.3.2021
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:250321.U.8AZR120.20.0
Normen:
§ 308 Abs 1 S 1 BGB
§ 823 Abs 1 BGB
§ 249 Abs 1 BGB
§ 252 BGB
Spruchkörper:
8. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Eberswalde, 31. Mai 2018, Az: 1 Ca 365/16, Urteilvorgehend LArbG Berlin-Brandenburg, 22. November 2019, Az: 21 Sa 1215/18, Urteil

Tenor

Auf die Revision des Beklagten und die Anschlussrevision der Klägerin wird – unter Zurückweisung der Revision im Übrigen – das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 22. November 2019 – 21 Sa 1215/18 – aufgehoben.
Auf die Berufung des Beklagten und die Anschlussberufung der Klägerin wird – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen – das Urteil des Arbeitsgerichts Eberswalde vom 31. Mai 2018 – 1 Ca 365/16 – teilweise abgeändert und – auch zur Klarstellung – wie folgt neu gefasst:
1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 2.463.626,38 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
aus 268.840,88 Euro seit dem 1. Januar 2011,
aus 357.943,53 Euro seit dem 1. Januar 2012,
aus 342.890,93 Euro seit dem 1. Januar 2013,
aus 300.362,88 Euro seit dem 1. Januar 2014,
aus 349.927,54 Euro seit dem 1. Januar 2015,
aus 178.481,50 Euro seit dem 1. August 2015 und
aus 665.179,12 Euro seit dem 16. Juni 2016
zu zahlen, wobei der Klägerin ein Betrag iHv. 665.179,12 Euro aus eigenem Recht und ein Betrag iHv. 1.798.447,26 Euro aus abgetretenem Recht der C AG zusteht.
2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte der Klägerin sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen hat, die der Klägerin dadurch entstanden sind oder noch entstehen, dass im Zeitraum von 2010 bis August 2015 Radsätze und sonstiges Material unter Beteiligung des Beklagten vom Betriebsgelände des Werks der Klägerin in E entwendet, bei der T GmbH & Co. KG in F zunächst ohne Verwiegung abgeladen und später entsorgt wurden. Ausgenommen sind Schäden, die unter § 12a ArbGG fallen.
3. Es wird festgestellt, dass die unter 1. und 2. aufgeführten Ansprüche aus vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlungen stammen.
Von den Kosten des Verfahrens I. Instanz zu einem Streitwert iHv. 2.635.885,67 Euro haben die Klägerin 4,5 vH und der Beklagte 95,5 vH zu tragen.
Die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche der Klägerin gegenüber dem Beklagten im Zusammenhang mit der Entsorgung von im Besitz der Klägerin befindlichen, von der C AG (im Folgenden C) angelieferten Radsätzen im Zeitraum von Anfang 2010 bis August 2015 aus eigenem, hilfsweise abgetretenem Recht, sowie darüber, ob die Ansprüche aus vorsätzlichen unerlaubten Handlungen herrühren.
2
Die Klägerin ist ein Unternehmen des D Konzerns. Sie unterhielt in E ein Werk zur Instandhaltung von Güterwagen, einzelnen Radsätzen und sonstigem Material. Sie wurde im Wesentlichen im Auftrag der C sowie verschiedener Drittunternehmen, darunter der A AG (im Folgenden A) tätig. Zum 1. Januar 2017 verkaufte die Klägerin das Instandhaltungswerk an die Q AG (im Folgenden Q), wobei die Parteien darüber streiten, ob das Werk im Wege einer Geschäftsanteilveräußerung als Ganzes übergegangen ist, oder ob nur per „Asset Deal“ einzelne Gegenstände und Forderungen übertragen wurden.
3
Zwischen dem Beklagten und der Klägerin bzw. deren Rechtsvorgängerin bestand vom 1. September 1984 bis zum 31. Oktober 2015 ein Arbeitsverhältnis. Der Beklagte bezog zuletzt eine monatliche Vergütung iHv. etwa 2.300,00 Euro netto.
4
Im Jahr 2011 war der Beklagte, der bis dahin als Lagermeister/Tauschteilmeister beschäftigt worden war, längere Zeit arbeitsunfähig krank. Im Zuge seiner Wiedereingliederung übertrug ihm die Klägerin im Rahmen eines vom 1. November 2011 bis zum 18. April 2012 andauernden betrieblichen Eingliederungsmanagements die Funktion des Drittkundenbeauftragten. Ob der Kläger im Anschluss daran weiterhin als Lagermeister/Tauschteilmeister tätig war, ist zwischen den Parteien streitig. Unstreitig ist hingegen, dass zu seinen Aufgaben weiterhin die Anmeldung der Schrottcontainerabholungen bei der T GmbH & Co. KG (im Folgenden T) gehörte.
5
Die für die C instand zu setzenden Radsätze wurden lose angeliefert oder aus angelieferten Güterwaggons ausgebaut, mit weißen Kennzetteln versehen und in einen bei der Klägerin vorgehaltenen Radsatzpool aufgenommen. Dazu wurden sie in den Warenbuchungskreislauf der Klägerin eingebucht und bei der C ausgebucht. Eine Vermengung mit Radsätzen von Drittunternehmen fand nicht statt. Vor der Aufarbeitung wurden die aus Welle und zwei Radscheiben bestehenden Radsätze auf ihre Weiterverwendbarkeit geprüft. Die insgesamt wiederverwendbaren Radsätze wurden mit einem gelben Pinselstrich gekennzeichnet und anschließend aufbereitet. Radsätze, die noch zur Ersatzteilgewinnung geeignet waren, weil entweder die Welle oder die Scheiben noch verwendbar waren, wurden mit einem oder zwei blauen Pinselstrichen versehen, separat im Ersatzteillager gelagert und im Buchungssystem entsprechend verbucht. Der Anteil der insgesamt oder nur teilweise wiederverwendbaren Radsätze an den von der C insgesamt angelieferten Radsätzen schwankte zwischen 64 % im Jahr 2010 und 82 % im Jahr 2015. Die zu verschrottenden Radsätze wurden rot markiert und mit Trennscheibenschnitten in Welle und Scheiben versehen, um sie unbrauchbar zu machen. Anschließend wurden sie aus dem Buchungssystem ausgebucht und in bereitgestellten Schrottcontainern abgelegt, wobei ein Container acht und mehr Radsätze aufnehmen kann. Anderer nicht mehr verwendbarer Schrott der C wurde ebenfalls in Schrottcontainern gesammelt.
6
Mit der Entsorgung der zu verschrottenden Radsätze und des übrigen Schrotts waren bis März 2013 die T bzw. deren Rechtsvorgängerin und ab April 2013 die S AG & Co. KG (im Folgenden S) beauftragt, die ihrerseits die T als Subunternehmerin beauftragte. Der Preis für die Entsorgung der Radsätze und des sonstigen Materials richtete sich nach dem monatlich wechselnden Stahlindex der Wirtschaftsvereinigung Stahl abzüglich eines vertraglich vereinbarten Abschlags.
7
Sobald mindestens ein Container voll war, beauftragte die Klägerin die T telefonisch mit der Abholung. Für den Transport bediente sich die T der P GmbH (im Folgenden P). Bei der Abholung der Container händigte der Fahrer der P der Klägerin jeweils einen von der T ausgefüllten Abholschein aus. Nach der Ankunft auf dem Betriebsgelände der T in F wurden die Container gewogen und entsprechende Wiegescheine ausgestellt. Die Wiegescheine leitete die T an die Klägerin weiter. Bei dieser wurden die Wiegescheine mit den Abholscheinen abgeglichen; anschließend wurden die auf den Wiegescheinen angegebenen Mengen der T in Rechnung gestellt. Ein Radsatz wiegt etwa 1,08 Tonnen.
8
Der zu entsorgende Schrott der Drittkunden wurde im Auftrag der T oder der Drittkunden nach entsprechender telefonischer Information durch die Klägerin ebenfalls von der P abgeholt und zur T transportiert. Die Abrechnung erfolgte sodann allerdings unmittelbar zwischen der T und den Drittkunden. Abholscheine wurden nicht ausgestellt.
9
Sämtliche Ein- und Ausfahrten auf dem Betriebsgelände der Klägerin wurden beim Pförtner in einem Buch dokumentiert.
10
Wegen Unstimmigkeiten im tatsächlichen Bestand des Ersatzteillagers kontrollierte die Klägerin im Juli 2015 die Container für die zu verschrottenden Radsätze. Dabei wurden in diesen Containern nicht zur Entsorgung vorgesehene Radsätze mit weißem Kennzettel oder blauen Markierungen vorgefunden. Die Klägerin stellte daraufhin umfangreiche Ermittlungen an. Bei einer weiteren Stichprobenkontrolle wurden in den Containern gelb und blau markierte Radsätze vorgefunden, deren Markierungen mit roter Farbe übersprüht worden waren. Ein ähnliches Bild ergab eine Kontrolle auf dem Betriebsgelände der T in F.
11
Am 6. August 2015 erstattete die Klägerin Strafanzeige gegen Unbekannt. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) nahm unter dem Aktenzeichen Ermittlungen – auch wegen weiterer, hier nicht streitgegenständlicher Tatvorwürfe (sog. B-Komplex) – gegen den Beklagten und die Niederlassungsleiterin der T in F, Z, auf und erhob gegen beide Anklage.
12
Im Zusammenhang mit den polizeilichen Ermittlungen hatte sich die Niederlassungsleiterin der T Z am 9. September 2015 gegenüber Verantwortlichen der T sowie in der Folgezeit gegenüber der Polizei offenbart. Dabei ließ sie sich – zusammengefasst – dahin ein, mit dem Beklagten zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt zwischen 2010 und 2013 übereingekommen zu sein, „Nebengeschäfte“ zu tätigen. Sie hätten vereinbart, dass zusätzliches Material aus dem Instandhaltungswerk der Klägerin in E unter dem Code-Wort „A“ als angebliches „A-Material“ bei der T angeliefert und dort ohne Erstverwiegung gesondert zwischengelagert werde. Später sei das Material dann auf ihre Anweisung unter falscher Sortenangabe auf willkürlich aus der Kundenliste der T ausgesuchte Namen gebucht worden. Das Geld für die Entsorgung habe sie sich jeweils in bar auszahlen lassen. Von dem Erlös habe sie in Absprache mit dem Beklagten etwa 10 % behalten und das restliche Geld an den Beklagten weitergegeben. Auf diese Weise habe der Beklagte pro Monat zwischen 8.000,00 Euro und 15.000,00 Euro, manchmal auch 20.000,00 Euro erhalten. Bei dem Material habe es sich zu etwa 95 % um Radsätze und im Übrigen um Mischschrott gehandelt.
13
Die polizeilichen Ermittlungen gegen den Beklagten haben zu dessen Vermögensverhältnissen Folgendes ergeben: Im Zeitraum von 2002 bis 2014 habe der Beklagte 21 Pkw der Oberklasse erworben und auf sich zugelassen. Im Zeitraum von 2008 bis 2015 hätten der Beklagte und seine Ehefrau 21 Hotelbuchungen im Gesamtwert von 45.705,50 Euro vorgenommen. Im März 2013 habe der Beklagte einen Neuwagen der Marke „Land Rover“ im Wert von 69.040,00 Euro geleast und eine Baranzahlung iHv. 45.000,00 Euro geleistet. Im November 2013 habe er zusätzlich einen Neuwagen „Audi A5“ im Wert von 54.900,00 Euro geleast und eine Baranzahlung iHv. 25.000,00 Euro geleistet. Im Januar 2015 habe er seinem damaligen Prozessbevollmächtigten ein Darlehen iHv. 25.000,00 Euro gewährt. Seit 2010 sei der Beklagte Alleineigentümer eines Grundstücks mit einer Stadtvilla, zwei Garagen und diversen Nebenräumen mit einem Verkehrswert von 350.000,00 Euro. Außerdem habe der Beklagte im Zeitraum von 2010 bis 2015 auf verschiedenen Konten Bargeldeinzahlungen iHv. mindestens 400.000,00 Euro vorgenommen. Legale Einnahmen in diesen Größenordnungen hätten nicht festgestellt werden können.
14
Nach den Ermittlungen der Bundespolizei wurden bei der Klägerin in den Jahren 2010 bis einschließlich Juli 2015 Radsätze der C in einem Umfang von 8.792,43 Tonnen entwendet.
15
Mit Schreiben vom 19. Oktober 2015 erklärte die Klägerin gegenüber dem Beklagen die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. In dem daraufhin geführten Kündigungsrechtsstreit vereinbarten die Parteien eine vergleichsweise Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Oktober 2015.
16
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe ihr Schadensersatz in Höhe der entgangenen Erlöse für die Entsorgung der entwendeten Radsätze und des sonstigen Schrotts auf Basis der mit der T vereinbarten Abnahmepreise zu zahlen, hilfsweise müsse er die durch eigenmächtige Entsorgung bei der T unter Zuhilfenahme der Niederlassungsleiterin der T Z erzielten Erlöse an sie, die Klägerin herausgeben. Sie habe ihre Aktivlegitimation nicht durch die Veräußerung des Werks an Q verloren. Sämtliche streitgegenständlichen Forderungen seien nicht Gegenstand des „Asset Deals“ gewesen.
17
Dass der Beklagte die in ihrem, der Klägerin Besitz stehenden Radsätze und sonstigen Schrott entwendet und mit Hilfe der Niederlassungsleiterin Z der eigenmächtigen Entsorgung zugeführt habe, ergebe sich aus den polizeilichen Ermittlungen, insbesondere den Einlassungen der Niederlassungsleiterin Z und eigenen Recherchen. Der Beklagte habe nicht nur die Abholung der Container unter dem Stichwort „A-Material“ veranlasst, ohne dass Abholscheine ausgestellt worden seien, sondern durch Anweisungen an die Gabelstaplerfahrer auch dafür gesorgt, dass die Container auch mit ganz oder teilweise wiederverwendbaren Radsätzen beladen worden seien. Dies sei ihm auch ohne Weiteres möglich gewesen, weil er als Lagermeister für die Verwaltung der Radsatzlager allein verantwortlich gewesen sei und mittels handschriftlicher Notizen und Vorgaben auch die Buchungen im Buchungssystem habe manipulieren können. Die Position des Lager- und Tauschteilmeisters habe der Beklagte auch noch nach dem bis zum 18. April 2012 andauernden betrieblichen Eingliederungsmanagement innegehabt. Ebenso sei er gegenüber den Gabelstaplerfahrern weiterhin weisungsbefugt gewesen. In der Zeit nach dem betrieblichen Eingliederungsmanagement sei er nur von der disziplinarischen Führungsverantwortung für die ihm unterstellten fünf Fachlageristen und elf Transportarbeiter entlastet worden und habe stattdessen zusätzlich das Drittkundengeschäft übernommen.
18
Auch wenn sie nicht Eigentümerin der Radsätze, sondern nur berechtigte Besitzerin gewesen sei, stünden ihr Schadensersatzansprüche wegen entgangener „regulärer Entsorgungserlöse“ zu. Ob sie verpflichtet gewesen sei, die Entsorgungserlöse an die C als Eigentümerin der Radsätze auszukehren, sei unerheblich. Ihr Schaden bestünde dann darin, dass sie ihrerseits entsprechenden Schadensersatzansprüchen der C ausgesetzt wäre. Hilfsweise stütze sie ihre Klage darauf, dass die C ihre Ansprüche gegen den Beklagten im Laufe des Berufungsverfahrens an sie abgetreten habe.
19
Zur Ermittlung der Schadenshöhe könne auf die entwendeten Mindestmengen zurückgegriffen werden, wie sie aus den polizeilichen Ermittlungen hervorgingen. Diese, multipliziert mit den mit der T vereinbarten Erlösen, ergäben den geltend gemachten Schaden.
20
Hilfsweise habe sie Anspruch auf Herausgabe der vom Beklagten vereinnahmten Erlöse iHv. 450.000,00 Euro.
21
Die Klägerin hat zuletzt – sinngemäß – beantragt,
        
1.    
den Beklagten zu verurteilen, an sie 2.466.392,08 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 366.356,07 Euro seit dem 1. Januar 2011, aus 503.369,73 Euro seit dem 1. Januar 2012, aus 468.083,20 Euro seit dem 1. Januar 2013, aus 408.961,28 Euro seit dem 1. Januar 2014, aus 477.979,20 Euro seit dem 1. Januar 2015 und aus 241.642,60 Euro seit dem 1. August 2015 zu zahlen,
        
2.    
festzustellen, dass der Beklagte sämtliche weiteren Schäden, Kosten und Aufwendungen zu tragen hat, die der Klägerin dadurch entstanden sind oder noch entstehen, dass Radsätze und sonstiges Material unter Beteiligung des Beklagten vom Betriebsgelände des Werks der Klägerin in E entwendet, bei der T GmbH & Co. KG in F zunächst ohne Verwiegung abgeladen und später entsorgt wurden, insbesondere aus denjenigen Geschäftsvorfällen, die Gegenstand des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Frankfurt/Oder zum Geschäftszeichen sind. Ausgenommen sind Kosten und Aufwendungen, die unter § 12a ArbGG fallen,
        
3.    
festzustellen, dass die in den Anträgen zu 1. und 2. genannten Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung stammen.
22
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und geltend gemacht, die ihm gegenüber erhobenen Vorwürfe seien unzutreffend.
23
Seit seiner Wiedereingliederung sei er nur noch für das Drittkundengeschäft zuständig gewesen. Den ihm vorgeworfenen Pflichtverletzungen stehe schon das erteilte Arbeitszeugnis vom 31. Oktober 2015 entgegen, aus dem sich nicht ansatzweise der Vorwurf einer Pflichtverletzung ergebe. Er habe in den Jahren 2010 bis 2015 auch nicht auf verschiedenen Konten Bargeldeinzahlungen im Umfang von mindestens 400.000,00 Euro vorgenommen. Nicht nur insoweit seien die polizeilichen Ermittlungen fehlerhaft. Eine Verwertung der dokumentierten Einlassung der Zeugin Z bzw. des Ergebnisses der Einvernahme der ermittelnden Polizeibeamten G und D hierzu sei unzulässig, weil sich die Niederlassungsleiterin Z im vorliegenden Verfahren – unstreitig – auf ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen habe und dieses anderenfalls ausgehöhlt würde.
24
Die Klägerin könne auch nicht Herausgabe der Entsorgungserlöse an sich selbst verlangen, da die Radsätze nicht in ihrem Eigentum gestanden hätten. Der Beklagte, der nach der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 17. Oktober 2019 mit Schriftsatz vom 5. November 2019 die Abtretung vermeintlicher Schadensersatzansprüche von der C an die Klägerin bestritten hat, hat ferner die Auffassung vertreten, der Vortrag der Klägerin zu den Abtretungen sei ohnehin von vornherein unsubstantiiert gewesen.
25
Der angebliche Schaden sei durch die Ermittlungsbehörden zudem falsch bzw. nur unvollständig ermittelt worden, da er nur von der Abnahmeseite her bestimmt worden sei, ohne die tatsächlichen Wareneingänge bei der Klägerin zu berücksichtigen. Es sei unklar, um welches konkrete Material unbekannter Herkunft es sich handele und um welche konkreten Mengen es gehe. Beispielsweise könnten sich in den Containern auch weniger als acht Radsätze befunden haben oder die Container könnten mit Spänen oder Mischschrott beladen gewesen sein. Die zugrunde gelegten Preise seien ebenfalls unzutreffend. Auf die Entsorgungsvereinbarungen könne sich die Klägerin nicht stützen, weil diese nicht unterzeichnet seien. Maximal habe ein Schaden iHv. 10.000,00 Euro entstehen können, weil der Wert der vermeintlich entwendeten Radsätze im Buchungssystem – unstreitig – mit maximal 1,00 Euro eingestellt worden sei.
26
Letztlich sei die Klägerin zur Geltendmachung des vermeintlichen Schadens nicht mehr berechtigt, da sie das Werk zum 1. Januar 2017 mitsamt allen hier streitgegenständlichen Ansprüchen an Q veräußert habe.
27
Das Arbeitsgericht hat dem Zahlungsantrag (Antrag zu 1.) sowie dem Feststellungsantrag (Antrag zu 2.) nach Beweisaufnahme entsprochen. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts auf die Berufung des Beklagten und die – vom Gericht angenommene – verdeckte Anschlussberufung der Klägerin teilweise abgeändert und den Beklagten zur Zahlung von 2.463.626,38 Euro verurteilt. Ferner hat es den Feststellungstenor neu gefasst und auf den im Termin am 14. Februar 2019 erstmals gestellten Antrag der Klägerin (Antrag zu 3.) zudem die Feststellung ausgesprochen, dass die „unter 1. und 2. titulierten Ansprüche“ aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammen. Die weitergehende Berufung des Beklagten und die weitergehende (verdeckte) Anschlussberufung der Klägerin hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte sein Begehren auf vollständige Klageabweisung weiter. Mit ihrer Anschlussrevision begehrt die Klägerin die Abänderung des Berufungsurteils dahin, dass die Ansprüche zuvörderst aus eigenem Recht zugesprochen werden.


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