Handels- und Gesellschaftsrecht

Unbegründeter Anspruch einer “Abbruchgebühr” bei einem Immobilienprojekt, aber erfolgreiche Geltendmachung von Kosten im Rahmen des Kreditvergabeprozesses

Aktenzeichen  12 O 5328/15

Datum:
4.5.2017
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München II
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB BGB § 516, § 518, § 780

 

Leitsatz

1 Aus der Unterzeichnung des vorliegenden Term Sheet – hier die Vereinbarung einer “Abbruchgebühr” bei einem Immobilienprojekt für den Fall, dass die Finanzierung ohne Beteiligung des beratend tätigen Unternehmens arrangiert wird oder das Projekt nicht umgesetzt wird – ergibt sich mangels einer Gegenleistungsverpflichtung kein Anspruch auf Zahlung. (Rn. 34 – 42) (red. LS Andy Schmidt)
2 Es liegt vielmehr eine Verpflichtung zu einer Leistung ohne Gegenleistung vor, die somit als Schenkung iSd § 516 BGB einzuordnen ist. Mangels Einhaltung des Formerfordernisses (nach § 518 BGB) ist die Verpflichtung jedoch unwirksam. (Rn. 43) (red. LS Andy Schmidt)

Tenor

I. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 15.402,77 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.10.2015 zu zahlen.
II.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
III.
Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 90% und der Beklagte 10%.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, jeweils gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Gründe

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.
Anspruch auf Zahlung einer Abbruchgebühr in Höhe von 75.000,00 € nebst USt.:
Der Beklagte hat sich durch Unterzeichnung des Term Sheets am 17.12.2014 nicht wirksam zur Zahlung der 75.000,00 € nebst Umsatzsteuer verpflichtet.
Zwar liegt eine verbindliche Verpflichtungserklärung vor, nicht nur eine Absichtserklärung. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung, dass den Konditionen des Term Sheets sowie den darin getroffenen Vereinbarungen zur Kostenübernahme und der Abbruchgebühr zugestimmt werde. Die Bestimmungen unter den Stichworten „Abbruchgebühr“ und „Kostenübernahme“ enthalten eindeutig die Übernahme entsprechender Zahlungsverpflichtungen.
Die Verpflichtung zur Leistung einer Abbruchsgebühr ist jedoch nicht wirksam. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob es sich hierbei um eine Individualvereinbarung oder um AGB handelt.
Weder aus dem Anschreiben vom 17.12.2014 noch der „Zusammenfassung und Annahmen“ noch dem Term Sheet ergibt sich eine Verpflichtung der Klägerin zur Erbringung irgendwelcher Leistungen, weder gegenüber der Kreditnehmerin (Palais am B. T. GmbH & Co. KG) noch gegenüber dem Beklagten.
Wie der Geschäftsführer der Klägerin bei seiner persönlichen Anhörung ausgeführt hat, hätte die Klägerin bei einem Zustandekommen der Mezzanine-Finanzierung einen Auftrag von dem Investor erhalten. Sie hätte dann von diesem ein Investment-A1y-Fee für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung des Kreditprozesses, der Due Dilligence, dem Monitoring, dem Reporting, erhalten.
Die Tätigkeit der Klägerin im Zusammenhang mit dem Finden eines interessierten Investors für das von dem Beklagten verfolgte Projekt war damit in erster Linie eine Maßnahme zur Anbahnung eines Dienstleistungsvertrages der Klägerin mit dem interessierten Investor.
Die von dem Beklagten eingegangene Verpflichtung zur Zahlung einer Abbruchgebühr war weder die Hauptleistungspflicht noch die Nebenleistungspflicht eines entgeltlichen Vertrages mit dem Beklagten oder der Kreditnehmerin. Das Term Sheet hat keine Eckpunkte für einen entgeltlichen Vertrag zwischen der Klägerin und dem Beklagten oder der Klägerin und der Kreditnehmerin vorgesehen, da ein Vertrag zwischen Klägerin und Beklagtem bzw. Kreditnehmerin von vornherein nicht beabsichtigt war.
Die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung einer Abbruchgebühr ist mit keiner Gegenleistungspflicht der Klägerin verknüpft. Es ist weder eine synallagmatische noch eine konditionelle oder kausale Verknüpfung ersichtlich. Die Verpflichtung zur Zahlung knüpft auch nicht daran an, dass die Klägerin bereits in irgendeiner Form Tätigkeiten zur Gewinnung eines Investors oder im Rahmen eines Kreditvergabeprozesses begonnen hat.
Der Beklagte hat sich hier daher zu einer Leistung ohne Gegenleistung verpflichtet. Dies kann nur als Schenkung im Sinne des § 516 BGB eingeordnet werden. Es hätte daher die Form des § 518 BGB eingehalten werden müssen. Nachdem dies nicht der Fall ist, liegt auch keine wirksame Verpflichtung des Beklagten vor.
In Betracht kommt auch nicht die Übernahme eines pauschalierten Schadensersatzes wegen Verletzung (vor-) vertraglicher Pflichten des Beklagten. Die Zahlungsverpflichtung knüpft gerade nicht an ein schuldhaftes Verhalten des Beklagten an. Der Beklagte wurde zudem durch das Term Sheet gegenüber der Klägerin zu keinen Leistungspflichten außer der Zahlung der Abbruchgebühr und der Kostenübernahme verpflichtet. Auch die Projektgesellschaft wird zu nichts verpflichtet.
Ein selbstständiges Schuldversprechen im Sinne des § 780 BGB kommt ebenfalls nicht in Frage. Es fehlt hier an einem gültigen Grundgeschäft. Die Klägerin wäre daher ungerechtfertigt bereichert.
Anspruch auf Zahlung entstandener Kosten in Höhe von 15.402,77 €:
Die Verpflichtung des Beklagten, Kosten zu tragen, die der Klägerin im Rahmen des Kreditvergabeprozesses bereits entstanden sind, ist dagegen wirksam.
Hier handelt es sich nicht um eine unentgeltliche Verpflichtung, da der Beklagte sich hier nur verpflichtet hat, Kosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit dem Kreditvergabeprozess bereits entstanden sind, zu erstatten.
Notwendigerweise können solche Kosten nur aufgrund bereits erbrachter Leistungen durch die Klägerin im Zusammenhang mit der Mezzanine-Finanzierung entstehen.
Das Gericht ist aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Klägerin bereits in das Projekt der Gewinnung eines interessierten Investors für die Vergabe eines Mezzanine-Darlehens an die Kreditnehmerin, die Palais am B. T. GmbH & Co. KG, eingetreten ist. Das Gericht ist hiervon überzeugt aufgrund der Aussagen der einvernommenen Zeugen D., D1 und Dr. H.
Der Zeuge D. hat ausgesagt, dass der Geschäftsführer der Klägerin ihm im November 2014 das Investment „Palais am B. T.“ herangetragen habe. Er habe das Projekt interessant befunden und sich entschieden, dies weiterzuverfolgen. Der Zeuge D. hat auch dargelegt, dass seine Firma A. in der Lage gewesen wäre, das Mezzanine-Kapital zur Verfügung zu stellen. Er habe das Projekt intensiv mit Herrn Morgenroth diskutiert und auch eigene Recherchen angestellt. Der Zeuge D1 sagte ebenfalls aus, dass er Anfang 2015 von dem Geschäftsführer der Klägerin wegen des Projekts „Palais am B. T.“ angefragt worden sei. Die Übernahme einer Mezzanine-Tranche wäre auch interessant gewesen. Der Zeuge D1 hat ebenfalls dargelegt, dass eine entsprechende Finanzierung durch die D2, für die er tätig ist, möglich gewesen wäre. Der Zeuge Dr. H. hat ausgeführt, dass er im Zusammenhang mit dem Projekt „B. Palais“ Beratungsleistungen für die Klägerin erbracht hat und dabei sogar eine gesonderte Anfrage für einen potentiellen Investor bearbeitet habe.
Das Gericht hat keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen. Anhaltspunkte dafür, dass die Zeugen D1 und D. nicht in der Lage gewesen wären, eine Mezzanine-Finanzierung zu ermöglichen und dass die Klägerin nicht mit diesem Zeugen wegen einer solchen Finanzierung in Kontakt getreten ist, sind nicht ersichtlich.
Auch die Aussage des Grundstückseigentümers, des Zeugen U. G., ist nicht geeignet, Zweifel an der Aussage der übrigen Zeugen zu erwecken.
Dieser sagte zwar aus, Herr M. habe ihm im März 2015 gesagt, dass er nur Vermittler sei und nicht in der Lage sei, das „Eigenkapital in Höhe von 30 Mio. €“ zur Verfügung zu stellen. Aus der Aussage des Zeugen hat sich jedoch insgesamt der Eindruck ergeben, dass er nur daran interessiert war, ob ihm eine verbindliche Zusage bezüglich eines Kapitalbetrages in Höhe von 30 Mio. € gemacht werden könne. In welcher Form dieses Kapital zur Verfügung gestellt würde, hatte dagegen offensichtlich kein Interesse für den Zeugen. Es muss daher davon ausgegangen werden, dass der Zeuge nicht im Einzelnen nachvollzogen und im Gedächtnis behalten hat, was ihm der Geschäftsführer der Klägerin zur beabsichtigten Finanzierung erläutert hat, sondern dass er nur das Ergebnis, dass im Zeitpunkt März 2015 ein weiteres Kapital in Höhe von 30 Mio. € nicht zur Verfügung stand, abgespeichert hat. Daher kann aufgrund der Aussage des Zeugen G. nicht zur Überzeugung des Gerichtes festgestellt werden, dass die Klägerin nie in den Prozess der Gewinnung eines interessierten Investors für die Zurverfügungstellung eines Mezzanine-Darlehens in Höhe von 30 Mio. € eingetreten ist.
Das Gericht ist aufgrund der Aussage des Zeugen Dr. H. davon überzeugt, dass der Klägerin Rechtsanwaltskosten für rechtliche Beratung im Zusammenhang mit der beabsichtigten Mezzanine-Finanzierung in Höhe von 15.402,77 € entstanden sind. Der Zeuge hat bestätigt, dass er für die Klägerin in diesem Zusammenhang beratend tätig geworden ist. Er habe beraten bezüglich Verträgen der Klägerin mit dem Finanzier und zwischen dem Finanzier und der Darlehensnehmerin. Der Zeuge hat bestätigt, dass er die Leistungen, die er abgerechnet hat, auch erbracht hat. Eine Vorlage eines auf Stunden oder gar Minuten heruntergebrochenen Tätigkeitsnachweises ist nicht erforderlich.
Es ist unerheblich, ob der Zeuge H. anwaltliche Tätigkeiten bereits vor dem 07. Dezember 2014 erbracht hat oder erst nach dem 29.12.2014. Die Kostenübernahmeverpflichtung sieht eine zeitliche Begrenzung nicht vor. Auch aus dem Anschreiben vom 17. Dezember 2014 der Klägerin an den Beklagten, wonach sich diese an das Term Sheet als Grundlage ihrer Investmentempfehlung an den Investor bis zum 29.12.2014 gebunden fühle, führt nicht zu einer solchen Begrenzung. Wenn der Klägerin nach dem 29.12.2014 Kosten im Zusammenhang mit der beabsichtigten Mezzanine-Finanzierung entstanden sind, hat der Beklagte diese daher zu ersetzen.
Die Klägerin hat die ihr entstandenen Kosten auch ausreichend durch Vorlage der Rechnung des Rechtsanwalts Dr. H. nachgewiesen, die zusätzliche Vorlage von Stundennachweisen ist nicht erforderlich. Die Klägerin hat durch Vorlage des entsprechenden Bankauszuges nachgewiesen, dass sie die Rechnung des Rechtsanwalts Dr. H. beglichen hat.
Nebenforderungen:
Der Zinsanspruch der Klägerin beruht auf §§ 286, 288 BGB. Die Klägerin hat den Beklagten die Kosten mit Schreiben vom 22.09.2015 in Rechnung gestellt und die Kostenrechnung des Dr. H. vorgelegt. Die Kosten waren binnen zehn Geschäftstagen nach Zugang der Rechnung zu begleichen. Verzug lag somit spätestens am 05.10.2015 vor.
Kosten und Vollstreckbarkeit:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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