Handels- und Gesellschaftsrecht

Unerlaubte Rechtsdienstleistung bei Beratervertrag zur Gründung einer EWIV

Aktenzeichen  091 O 1187/16

Datum:
9.2.2017
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 152071
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 134, § 812, § 818
RDG § 3, § 5 Abs. 1
StBerG § 4 Nr. 5, § 5 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Eine ohne Erlaubnis vorgenommene Rechtsdienstleistung ist nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Handelnde sich dabei der Hilfe eines Rechtsberaters bedient (ebenso BGH BeckRS 2009, 24832 Rn. 23). (Rn. 41) (redaktioneller Leitsatz)
2 Ein Beratervertrag, der gegen § 3 RDG verstößt, ist auch dann gemäß § 134 BGB nichtig, wenn er auch erlaubte Tätigkeiten umfasst (ebenso BGH BeckRS 2000, 2986 unter II.2). (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
3 Ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag wegen Gesetzeswidrigkeit nichtig, so kann dem Auftragnehmer nur dann ein Anspruch auf Wertersatz nach §§ 812, 818 BGB zustehen, wenn der Auftraggeber entsprechende Auslagen erspart hat (ebenso BGH BeckRS 2000, 2986 unter II.3.b.aa). (Rn. 46) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Auf die Widerklage hin wird die Klägerin verurteilt, an die Beklagte 29.750,- EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszins seit 30.6.2016 zu bezahlen.
III. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von jeweils 110 % des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.
Die zulässige Widerklage ist begründet.
Der zwischen den Parteien abgeschlossene Beratungsvertrag ist gem. § 134 BGB nichtig. Ein Anspruch auf die vertraglich vereinbarte Vergütung der Klägerin gegenüber der Beklagten besteht deswegen nicht.
Die Beklagte hat Anspruch auf Rückzahlung des aufgrund des nichtigen Vertrags bezahlten Betrags in Höhe von 29.750,- EUR gem. §§ 812, 818 BGB.
Ein Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte im Hinblick auf etwa bereits erbrachte Leistungen aus dem Beratungsvertrag besteht nicht, weil diese für die Beklagte wertlos war.
Der streitgegenständliche Beratervertrag hat sowohl Rechtsdienstleistungen i.S.d. § 3 RDG (Artikel 3 2.2., „Entwurf der Satzung und der sonstigen Verträge“, 2.3. und 3.3., „Die Untersuchung und laufende Überprüfung etwaiger rechtlicher Veränderungen auf EU-Ebene und des Rechtes des ausgewählten Standortes“ 3.2, „Anpassung der Satzung und der sonstigen Verträge an tatsächliche und rechtliche Veränderungen) sowie Hilfeleistung in Steuerangelegenheiten gem. § 5 Abs. 1 StBerG (Artikel 3 1.2. „Konzept der steuerlichen Darstellung“) zum Gegenstand.
Eine Nebenleistung i.S.d. § 5 Abs. 1 RDG liegt zweifelsohne nicht vor, ebenso nicht ein bloßes Hilfsgeschäft im Rahmen einer anderweitigen Berufsaufgabe gem. § 4 Nr. 5 Steuerberatergesetz.
Eine ohne entsprechende Erlaubnis vorgenommene Rechtsdienstleistung ist auch nicht dadurch gerechtfertigt, dass der Handelnde sich dabei der Hilfe eines Rechtsberaters bedient (BGH I ZR 166/06), so dass der Hinweis unter Art. 6 Abs. 3 des Beratervertrags keine Auswirkungen auf den gegebenen Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz hat.
Der Beratervertrag verstößt somit gegen § 3 RDG und ist damit gem. § 134 BGB nichtig. Dass er auch erlaubte Tätigkeiten umfasst, spielt keine Rolle (BGH, Urteil vom 17.2.2000, IX ZR 50/98).
Entsprechendes gilt auch für die Nichtigkeit gem. § 134 BGB im Hinblick auf den Verstoß gegen das Steuerberatergesetz (BGH, Urteil vom 14.4.2005, IX ZR 109/04).
Die Beklagte hat Anspruch auf Rückzahlung des von ihr im Rahmen der Vertragsabwicklung geleisteten Betrags in Höhe von 20.750,- EUR gem. §§ 812, 818 BGB.
Aufgrund der Nichtigkeit des Vertrags stehen der Klägerin keine weiteren Zahlungsansprüche aus dem Vertrag mehr zu.
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Wertersatz nach §§ 812, 818 BGB zu, der im Rahmen der Rückabwicklung des nichtigen Vertrags im Wege einer Saldierung zu berücksichtigen wäre, weil die Beklagte im Hinblick auf etwaige Tätigkeiten der Klägerin, die diese im Rahmen der Vertragsabwicklung erbracht hat, nicht bereichert ist. Die Abwicklung nach Bereicherungsrecht soll nicht demjenigen, der eine gesetzeswidrige Geschäftsbesorgung vornimmt, auf einem Umweg entgegen § 134 BGB doch eine Vergütung verschaffen, sondern nur verhindern, dass der Empfänger der Leistung daraus einen ungerechtfertigten Vorteil zieht. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin käme demnach nur in Betracht, wenn die Beklagte entsprechende Auslagen erspart hätte (BGH 10.11.1977, VII ZR 321/75; BGH 17.2.2000, IX 50/98).
Dies war im vorliegenden Fall jedoch nicht gegeben, weil die Beklagte keine Aufwendungen erspart hat, nachdem das von der Klägerin verfolgte Konzept für die Beklagte unbrauchbar war und auch die in steuerlicher Hinsicht gemachten Versprechungen nicht erfüllte.
Zunächst war die Gründung und der Betrieb einer EWIV im Hinblick auf die Beklagte und deren Unternehmen schon im Ansatz verfehlt, weil, was auch die Klägerin nicht bestreitet, der Zusammenarbeit von Unternehmen in verschiedenen EU-Ländern dienen soll, während das Unternehmen der Beklagten nur in Deutschland und auf rein nationalem Gebiet tätig ist.
Weiterhin kam es der Beklagten, was ebenfalls unstreitig geblieben ist, bei Abschluss des Beratervertrags wesentlich darauf an, mit Ausnahme der Umsatzsteuer keiner Besteuerung mehr in Deutschland zu unterliegen und keinen Betriebsprüfungen mehr ausgesetzt zu sein, während tatsächlich – auch das bestreitet die Klägerin nicht – jedenfalls dann Unternehmenssteuern anfallen und Betriebsprüfungen bei den Mitgliedern in Deutschland stattfinden, wenn die EWIV Auszahlungen an ihre Mitglieder vornimmt.
Schließlich kam es auch nicht zu einer erfolgreichen und vollständigen Umsetzung des Konzepts, so dass etwaige Teilleistungen der Klägerin für die Beklagte ohne Interesse sind und stellt die Tatsache der grundsätzlichen Geheimhaltungsverpflichtung der Beklagten gem. § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB (BGH 10.2.2010, VIII ZR 53/09) und die Tatsache der Zusammenarbeit der Beklagten mit zahlreichen Versicherungsgesellschaften auf (vorschüssiger) Provisionsbasis einen Umstand dar, der zumindest zu erheblichen Umsetzungsschwierigkeiten im Hinblick auf die gemäß dem Konzept der Klägerin notwendige Abtretung der Provisionsansprüche der … an die EWIV geführt hätte, so dass auch aus diesem Grund die Ablehnung der weiteren Realisierung des Konzepts der Klägerin durch die Beklagte, insbesondere auch unter Berücksichtigung der weiteren bereits genannten Umstände, gerechtfertigt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 709 ZPO:

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