Miet- und Wohnungseigentumsrecht

Zum Strafcharakter der Verwirkung des Maklerlohnanspruchs

Aktenzeichen  5 U 3296/19

Datum:
29.8.2019
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 40145
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO § 522 Abs. 2
BGB § 654

 

Leitsatz

1. § 654 BGB ist auch in anderen Fällen anzuwenden, in denen der Makler unter vorsätzlicher oder grob leichtfertiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in wesentlicher Weise zuwidergehandelt hat. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Anwendung des § 654 BGB setzt nicht voraus, dass dem Auftraggeber ein Schaden entstanden ist. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Strafcharakter gebietet es, den Anwendungsbereich der Bestimmung auf solche Fälle einzuschränken, in denen der Makler seine Treuepflicht gegenüber den Auftraggebern vorsätzlich, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat. (Rn. 2) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

11 O 134/18 2019-05-16 Endurteil LGMUENCHENII LG München II

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 16.05.2019, Az. 11 O 134/18, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Es wird beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 65.000 €
festzusetzen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Beschlusses.

Gründe

Das Landgericht ist im Ergebnis zutreffend zu dem Schluss gelangt, dass die Klägerin ihren Maklerlohnanspruch wegen mindestens leichtfertiger Verletzung ihrer Treuepflichten gegenüber der Beklagten, aber auch dem eigentlich zahlenden Zeugen … gem. § 654 BGB verwirkt hat.
Die Vorschrift des § 654 BGB betrifft ihrem Wortlaut nach zwar nur den Fall, dass der Makler vertragswidrig auch für den anderen Teil tätig geworden ist. Sie drückt aber einen von der Treu- und Sorgfaltspflicht des Maklers ausgehenden allgemeinen Rechtsgedanken aus und ist demgemäß auch in anderen Fällen anzuwenden, in denen der Makler unter vorsätzlicher oder grob leichtfertiger Verletzung wesentlicher Vertragspflichten den Interessen seines Auftraggebers in wesentlicher Weise zuwidergehandelt hat. Die Verwirkung des Anspruchs auf Maklerlohn nach § 654 BGB hat Strafcharakter. Sie soll den Makler bei Vermeidung des Verlustes seines Vergütungsanspruchs dazu anhalten, die ihm gegenüber seinen Auftraggebern obliegende Treuepflicht zu wahren. Die Anwendung der Vorschrift setzt nicht voraus, dass dem Auftraggeber ein Schaden entstanden ist. Der Strafcharakter gebietet es andererseits, den Anwendungsbereich der Bestimmung auf solche Fälle einzuschränken, in denen der Makler seine Treuepflicht gegenüber den Auftraggebern vorsätzlich, mindestens aber in einer dem Vorsatz nahekommenden grob leichtfertigen Weise verletzt und deshalb den Maklerlohn nach allgemeinem Rechts- und Billigkeitsempfinden nicht verdient hat.
Die Rechte und Pflichten der Parteien richteten sich zunächst nach dem am 08.02.2017 unterzeichneten Alleinauftrag Anlage K 1. Nach diesem sollte die Klägerin als Vermittlungsmaklerin der Beklagten einen Käufer zuführen, der auch die Provision von 6% zahlen sollte. Ggf. sollte die Klägerin die Kaufvertragsverhandlungen führen. In der Folgezeit wies sie dem Zeugen … als Nachweismaklerin die Gelegenheit zum Vertragsschluss mit der Beklagten nach. Dass sie insoweit als Vermittlungsmaklerin tätig gewesen wäre und dies der Beklagten so mitgeteilt hätte, behauptet sie selbst nicht. Deshalb war sie unter keinen Umständen berechtigt, dem Zeugen … mit Anlage B 4 den von der Beklagten gegenüber der … GmbH akzeptierten Kaufpreis von 1,03 Mio € übermitteln, dies kann, selbst wenn die Vertreterin der Klägerin … ohne persönliche Absicht handelte (SN 21.01.2019, S.4), nur als leichtfertig gewertet werden. Denn es liegt auf der Hand, dass ein Makler, der derartige Doppeltätigkeiten im gleichen Haus durch 2 Mitarbeiter ausführt (SN aaO, S.3), zur Vermeidung der Verletzung der Vertraulichkeit und Neutralität entsprechende Vorkehrungen zu treffen hat. Die Klägerin hat außerdem ihrem Vertragspartner … falsche Auskünfte erteilt. Nach den Feststellungen des Landgerichts ist es unstreitig, dass der letzte Interessent vor dem Zeugen … die … GmbH war (LGU S.2), Tatbestandsberichtigung hat die Klägerin nicht beantragt. Außerdem ist das Landgericht den Angaben des Zeugen … gefolgt, dass ihm gegenüber behauptet worden sei, dass der vorherige Interessent 1,12 Mio € geboten habe. Insofern ist es auch nachvollziehbar, dass der Zeuge die Nachfrage nach anderen Interessenten nicht verstanden hat (SN S.4, LGU S.15). Waren zwei Maklerverträge geschlossen, so war die Klägerin an deren Pflichtenkatalog gebunden und gehalten, die sich daraus für sie ergebenden Pflichten gewissenhaft zu erfüllen. Allerdings war die Klägerin mit Wissen der Parteien für beide Seiten, für den Käufer … und die Vermittlungsmaklerin für den Zeugen …, hätte sie ihre Pflichten schon deshalb verletzt, weil sie diesen Umstand der Beklagten nicht offengelegt hat. Im Übrigen war die Klägerin keinesfalls berechtigt, gegenüber dem Zeugen … als Kaufinteressent unrichtige Angaben zu machen (vgl. BGH, Urteil vom 13.3.1985, IVa ZR 222/83 juris Rn.10/11).
Beklagte, tätig, und zwar für den Zeugen wohl nur als Nachweismaklerin. War sie Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme der Berufung nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).


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