Steuerrecht

Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen

Aktenzeichen  13 K 2766/18

Datum:
14.11.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2020, 1393
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
EStG § 13a Abs. 3
FGO § 135 Abs. 1

 

Leitsatz

Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 13a III EStG idF des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl 2014 I S. 2417) ist im Falle eines Rumpfwirtschaftsjahres der nach § 13a IV EStG zu ermittelnde Gewinn zeitanteilig und nicht etwa mit den für ein volles Wirtschaftsjahr geltenden Werten anzusetzen (gegen BMF, Schreiben v. 10.11.2015, IV C 7-S 2149/15/10001, BStBl 2015 I S. 877); insoweit hat sich im Hinblick auf frühere Fassungen des § 13a EStG nichts geändert (Anschluss an BFH, Urteil v. 6.12.1956, IV 246/55 U, BStBl 1957 III S. 65).

Tenor

1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 2016 vom 13. Juni 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17. Oktober 2018 wird die Einkommensteuer 2016 auf 11.933 € herabgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist begründet. Das Finanzamt hat zu Unrecht im Kalenderjahr 2016 den Durchschnittssatzgewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.06.2016 – 30.06.2016 in voller Höhe angesetzt.
1. Nach § 13a Abs. 3 Satz 1 EStG ist der Durchschnittssatzgewinn die Summe aus dem Gewinn der landwirtschaftlichen Nutzung und Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung von Wirtschaftsgütern des land- und forstwirtschaftlichen Betriebsvermögens (§ 13a Abs. 3 EStG). Der Gewinn aus der landwirtschaftlichen Nutzung ist die nach den Grundsätzen des § 4 Abs. 1 ermittelte Summe aus dem Grundbetrag für die selbst bewirtschafteten Flächen und den Zuschlägen für Tierzucht und Tierhaltung (§ 13a Abs. 4 Satz 1 EStG). Als Grundbetrag je Hektar der landwirtschaftlichen Nutzung ist gemäß § 13a Abs. 4 Satz 2 EStG der sich aus Anlage 1a ergebende Betrag vervielfältigt mit der selbst bewirtschafteten Fläche anzusetzen. Laut der Anlage 1a Nr. 1 (zu § 13a EStG) betragen für ein Wirtschaftsjahr der Grundbetrag und die Zuschläge für Tierzucht und Tierhaltung 350 € pro Hektar selbst bewirtschafteter Fläche; bei Tierbeständen für die ersten 25 Vieheinheiten fällt kein Zuschlag an. Angefangene Hektar und Vieheinheiten sind anteilig zu berücksichtigen.
Im Streitfall sind die Voraussetzungen zur Anwendung des § 13a EStG – zwischen den Parteien unstreitig – erfüllt. Es ergibt sich für das Wirtschaftsjahr 01.07.2015 – 30.06.2016 ein Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen aus dem Grundbetrag inkl. Zuschlag für Tiere von 5.465,08 € (350 € x 15,6145 ha laut notariellem Übergabevertrag beträgt die Landwirtschaftsfläche 119.998 qm = 11,9998 ha zuzüglich 39.357 qm zugepachteter Fläche abzüglich 3.210 qm verpachteter Fläche) zuzüglich Pachtzinsen i.H.v. 200 €. Der Gewinn nach Durchschnittssätzen beträgt somit 5.665,08 €. Für das Wirtschaftsjahr 01.07.2016 – 30.06.2017 beträgt der Gewinn ebenfalls 5.665,08 € (350 € x 15,6145 ha zuzüglich 200 € Pachtzinsen), da die vom Kläger berichtigten Hektargrößen auch im Folgejahr zu berücksichtigen sind. Dem Kalenderjahr 2016 ist somit für das Wirtschaftsjahr 01.07.2016 – 30.06.2017 ein Gewinn i.H.v. 2.833 € zuzuordnen. Unstreitig hat der Kläger den land- und forstwirtschaftlichen Betrieb von seinen Eltern mit Übergabevertrag vom 31. Mai 2016 zum 1. Juni 2016 erworben. Somit ist beim Kläger gemäß § 4a EStG für den Zeitraum 01.06.2016 – 30.06.2016 ein Rumpfwirtschaftsjahr anzusetzen.
2. Im Streitfall ist für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.06.2016 – 30.06.2016 der nach Durchschnittsätzen ermittelte Gewinn zeitanteilig, also i.H.v. 472 € (5.465,08 € x 1/12), anzusetzen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zur Vorläuferregelung, nämlich der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittssätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft vom 2. Juni 1949 (VOL, Steuer- und Zollblatt StuZBl 1949, 158), ist nur der für die Dauer des Rumpfwirtschaftsjahres entsprechende Teilbetrag der nach der VOL anzusetzenden Jahresbeträge der Besteuerung zu unterwerfen (BFH-Urteil vom 6. Dezember 1956 IV 246/55 U, BStBl III 1957, 65). Dieser Rechtsprechung hatte sich auch die Verwaltung angeschlossen, und in den Einkommensteuerrichtlinien geregelt, dass bei einem Rumpfwirtschaftsjahr der Grundbetrag und die Zuschläge nur anteilig anzusetzen sind (R 13a.2 Abs. 7 EStR 2012). Trotz der Änderung des § 13a EStG durch das Zollkodex-Anpassungsgesetz vom 22. Dezember 2014 (BGBl I 2014, 2417) hat sich an der zeitanteiligen Erfassung bei einem Rumpfwirtschaftsjahr nichts geändert (Kulosa in Schmidt EStG § 13a Rn. 28; Kanzler in Herrmann/Heuer/Raupach EStG/KStG § 13a EStG Anm. 38; Walter in Besteuerung der Land- und Forstwirtschaft nwb-Verlag Rn. 445; a.A. BMF-Schreiben vom 10. November 2015 IV C 7-S 2149/15/10001, BStBl I 2015, 877; Felsmann Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, C 316g; Nacke in Blümich EStG § 13a Rn. 102). Denn aus dem Wortlaut des § 13a Abs. 3 bis Abs. 7 EStG und der Anlage 1a ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Gewinnermittlung für ein Rumpfwirtschaftsjahr von der zeitanteiligen Erfassung des nach Durchschnittssätzen ermittelten Gewinns abweichen wollte. Die in der Anlage 1a geregelte Gewinnermittlung durch Grundbetrag zuzüglich Zuschläge für Tierzucht und Tierhaltung mit einem Ansatz von 350 € pro Hektar gilt ausdrücklich für ein Wirtschaftsjahr. Das Rumpfwirtschaftsjahr ist dagegen nicht ausdrücklich genannt. Aus der Tatsache, dass gemäß Anlage 1a Nr. 1 zu § 13a EStG angefangene Hektar und Vieheinheiten nur anteilig zu berücksichtigen sind, wird deutlich, dass der Gesetzgeber zum einen eine anteilige Berechnung zulässt und zum anderen eine möglichst den tatsächlichen Verhältnissen nahekommende Ermittlung der Durchschnittssätze beabsichtigt. An der bisherigen Rechtsprechung des BFH ist demnach festzuhalten, zumal die Auslegung des § 13a Abs. 3 und 4 EStG im Streitfall zu dem Ergebnis führen würde, dass bei den Rechtsvorgängern für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.07.2015 – 31.05.2016 der volle Grundbetrag samt Zuschlägen als Gewinn und beim Kläger für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.06.2016 – 30.06.2016 noch einmal der volle Grundbetrag samt Zuschlägen für ein volles Wirtschaftsjahr anzusetzen wäre, was dazu führen würde, dass ein Wirtschaftsjahr bei verschiedenen Steuerpflichtigen jeweils in voller Höhe und damit doppelt angesetzt würde.
Der Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft für das Streitjahr 2016 berechnet sich wie folgt:
„Rumpfwirtschaftsjahr 01.06.2016 – 30.06.2016: 1/12 x 5.665,08 €: 472 € Wirtschaftsjahr 01.07.2016 – 31.12.2016: ½ x 5.665,08 €: 2.833 € Summe 3.305 €
3. Berechnung der Einkommensteuer 2016:
Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft 3.305 €
Einkünfte aus Gewerbebetrieb 9.807 €
Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit 39.483 € Gesamtbetrag der Einkünfte 52.595 €
abzüglich Sonderausgaben – 4.331 € zu versteuerndes Einkommen 48.264 €
festzusetzende Einkommensteuer 11.942 €
ab Ermäßigung für Handwerkerleistungen – 9 €
festzusetzende Einkommensteuer 11.933 €
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 151 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 708 Nr. 10, § 711 Zivilprozessordnung.“

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