Aktenzeichen II R 26/15
§ 7 GrStG
§ 92 BewG 1991
§ 3 Abs 1 S 1 Nr 1 S 1 GrStG
Art 107 Abs 1 AEUV
Leitsatz
NV: Die nach § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG erforderliche Vereinbarung, dass der Grundbesitz (Grundstück im zivilrechtlichen Sinn, Erbbaurecht) am Ende des Vertragszeitraums einer Öffentlich Privaten Partnerschaft auf den Nutzer (juristische Person des öffentlichen Rechts) übertragen wird, kann nicht durch ein bloßes Optionsrecht des Nutzers auf Übertragung des Grundbesitzes am Ende dieses Zeitraums ersetzt werden .
Verfahrensgang
vorgehend Hessisches Finanzgericht, 10. Februar 2015, Az: 3 K 1637/13, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 10. Februar 2015 3 K 1637/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
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Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG, an der die Z GmbH als Komplementär (ohne Kapitalbeteiligung) und der Kreis … (Kreis) als Kommanditist beteiligt sind. Gesellschafter der Z GmbH sind die I GmbH und die L GmbH.
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Am 9. September 2005 schlossen die Klägerin und der Kreis einen notariell beurkundeten Vertrag über Erbbaurechte. Danach beabsichtigte der Kreis, im Wege einer Sale-and-lease-back-Transaktion Erbbaurechte an Grundstücken mit aufstehenden Schulgebäuden einzuräumen und zurückzuleasen. Der Vertrag bezog sich auf mehrere Grundstücke, die der Kreis als Eigentümer und zuständiger Träger jeweils für den Betrieb einer Schule genutzt hatte, u.a. das Grundstück A. An den einzeln genannten Grundstücken bestellte der Kreis der Klägerin jeweils ein Erbbaurecht. Die Erbbaurechte sollten mit ihrer Eintragung im Grundbuch beginnen und jeweils nach dem Ablauf von 99 Jahren enden. Für die Einräumung der Erbbaurechte hatte die Klägerin an den Kreis als Einmalleistung einen Erbbauzins in Höhe von insgesamt 220.165.000 € zu zahlen. Davon entfielen auf das Erbbaurecht an dem Grundstück A 12.900.000 €. Dem Kreis wurde das Recht eingeräumt, vor Ablauf der vereinbarten Dauer der Erbbaurechte die Übertragung der Erbbaurechte an sich oder einen von ihm zu bezeichnenden Dritten zu verlangen, wenn der für die Erbbaurechte geplante Leasingvertrag nicht zustande kommen oder bestimmte Vertragsstörungen eintreten sollten (Heimfall).
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Den geplanten Leasingvertrag ließen die Klägerin als Leasinggeber und der Kreis als Leasingnehmer am 14. Dezember 2005 notariell beurkunden. Leasinggegenstand sind die mit dem Vertrag vom 9. September 2005 bestellten Erbbaurechte einschließlich der Schulgebäude. Die Gesamtmietzeit begann am 1. Dezember 2005 und soll am 30. November 2023 enden.
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Am 14. Dezember 2005 wurde ferner ein Vertrag zwischen der Klägerin und dem Kreis über ein Ankaufsrecht notariell beurkundet. Danach kann der Kreis oder eine von ihm zu benennende Körperschaft des öffentlichen Rechts von der Klägerin unter der Voraussetzung, dass er seine Pflichten aus dem Immobilien-Leasing-Vertrag ordnungsgemäß erfüllt hat, den Abschluss eines Kaufvertrags über die Erbbaurechte (einschließlich der Gebäude) zum 30. November 2017 verlangen.
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Zugleich wurde ein Vertrag über ein Andienungsrecht notariell beurkundet. Danach kann die Klägerin vom Kreis den Abschluss eines Kaufvertrags über die Erbbaurechte (einschließlich der Gebäude) zum 30. November 2023 verlangen.
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Schließlich wurde am 14. Dezember 2005 zwischen dem Kreis als Käufer einerseits und der I GmbH und der L GmbH als Verkäufer andererseits ein Ankaufsrechtsvertrag über Geschäftsanteile notariell beurkundet. Danach hat der Kreis unter bestimmten Voraussetzungen das Recht, die Geschäftsanteile der Verkäufer an der Z GmbH zum 30. November 2017 oder 30. November 2023 zu kaufen.
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Mit Bescheid vom 18. März 2011 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) gegenüber der Klägerin im Wege der Nachfeststellung auf den 1. Januar 2006 einen Einheitswert für das Erbbaurecht an dem Grundstück A fest. Zugleich setzte er gegen die Klägerin einen Grundsteuermessbetrag fest.
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Mit dem Einspruch beanspruchte die Klägerin die Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 des Grundsteuergesetzes (GrStG). Zur Begründung wies sie u.a. auf das Schreiben vom 5. September 2005 hin, mit dem der Kreis das Land Hessen als alleinigen unwiderruflich berechtigten Dritten zur Ausübung des Ankaufsrechts unter der Voraussetzung benannt hat, dass er selbst weder sein Ankaufsrecht ausübt noch stattdessen die Anteile der Komplementärin an der Objektgesellschaft übernimmt. Eine Verpflichtung zur Ausübung des Ankaufsrechts besteht nach dem Schreiben für das Land Hessen nicht.
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Der Einspruch der Klägerin hatte nur insoweit Erfolg, als das FA mit Bescheid vom 20. Juni 2012 den Einheitswert auf 1.587.305 € und den Grundsteuermessbetrag auf 5.555,56 € herabsetzte. Das FA erklärte die Feststellung des Einheitswerts und des Grundsteuermessbetrags gemäß § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO) für vorläufig hinsichtlich der Frage, ob die Vorschriften über die Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsgemäß sind.
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Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit der Begründung ab, die Voraussetzungen für die Grundsteuerbefreiung seien nicht erfüllt. Das FG-Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2015, 1014 veröffentlicht.
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Mit der Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1, Abs. 1 Satz 3 GrStG. Das Erbbaurecht sei ihr zwar als zivilrechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümerin zuzurechnen. Dies sei aber aufgrund des Bestehens einer Öffentlich Privaten Partnerschaft (ÖPP) zwischen ihr und dem Kreis gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG unschädlich. Die Übertragung des Erbbaurechts auf den Kreis am Ende des Vertragszeitraums sei im Sinne dieser Vorschrift vereinbart. Zum einen werde der Grundbesitz am Ende der Laufzeit des Erbbaurechts wieder auf den Kreis übertragen. Zum anderen genüge es den Anforderungen des § 3 Abs. 1 Satz 3 GrStG, wenn es am Ende des Vertragszeitraums voraussichtlich zu einer Zurechnung des Grundbesitzes zum begünstigten Rechtsträger kommen werde. Dies treffe vorliegend zu.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung, die Einspruchsentscheidung vom 19. Juli 2013 und die Bescheide vom 18. März 2011 und 20. Juni 2012 aufzuheben.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.