Aktenzeichen II R 36/13
Leitsatz
1. NV: Wird ein Vermögensgegenstand einer Person im Wege der Schenkung übertragen und wendet diese den Vermögensgegenstand freigebig einem Dritten zu, ist für die Bestimmung des jeweiligen Zuwendenden und des jeweiligen Bereicherten darauf abzustellen, ob die weitergebende Person eine eigene Entscheidungsbefugnis bezüglich der Verwendung des geschenkten Gegenstands hat .
2. NV: Die freigebige Zuwendung eines Kommanditanteils unter Nießbrauchsvorbehalt ist nach 13a Abs. 4 Nr. 1 ErbStG a.F. nur steuerbegünstigt, wenn der Bedachte Mitunternehmer wird .
3. NV: Behält sich der Schenker die Ausübung der Stimmrechte auch in Grundlagengeschäften der Gesellschaft vor, kann der Bedachte keine Mitunternehmerinitiative entfalten .
Verfahrensgang
vorgehend FG Münster, 4. Juli 2013, Az: 3 K 1311/12 Erb, Urteil
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 4. Juli 2013 3 K 1311/12 Erb wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
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I. Der Ehemann (E) der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war alleiniger Kommanditist der E.-Vermögensverwaltungs GmbH & Co. KG (KG). Die Komplementär-GmbH war nicht am Vermögen der Gesellschaft beteiligt. Die Kommanditeinlage betrug 100.000 €.
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Nach § 6 Abs. 1 des KG-Gesellschaftsvertrags (KG-Vertrag) ist zur Geschäftsführung die Komplementär-GmbH berufen. Diese bedarf nach § 6 Abs. 2 des KG-Vertrags der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung bei näher definierten außergewöhnlichen Geschäften. Die Gesellschafterversammlung ist zudem nach § 7 Abs. 2 des KG-Vertrags u.a. zuständig für die Überwachung und Entlastung der Geschäftsführung, für die Feststellung des Jahresabschlusses und die Ergebnisverwendung, für Satzungsänderungen, die Aufnahme und den Ausschluss von Gesellschaftern und die Liquidation der Gesellschaft. Nach § 7 Abs. 5 des KG-Vertrags werden die Beschlüsse der Gesellschafterversammlung grundsätzlich mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 11. November 2005 übertrug E seinen Kommanditanteil unentgeltlich und unter Nießbrauchvorbehalt zu einem Viertel auf die Klägerin und zu drei Viertel auf den gemeinsamen Sohn (S).
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In Abschn. VI. des Vertrags “Nießbrauchsvorbehalt” vereinbarten die Vertragsparteien u.a., dass E als Nießbrauchsberechtigter hinsichtlich der mit den Nießbrauchsrechten belasteten Kommanditanteile auch das Stimmrecht ausübt. Insofern erteilten die Klägerin und S dem E Stimmrechtsvollmacht und zwar ausdrücklich auch hinsichtlich der unter § 6 Abs. 2 und § 7 Abs. 2 des KG-Vertrags geregelten Angelegenheiten.
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Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16. November 2005 übertrug die Klägerin ihren Kommanditanteil unter Anerkennung des fortbestehenden Nießbrauchsrechts des E auf S, der damit alleiniger Kommanditist wurde. Die Übertragung erfolgte unentgeltlich, allerdings unter gleichzeitiger Vereinbarung einer auf den Zeitpunkt des Todes des E aufschiebend bedingten dauernden Last zugunsten der Klägerin.
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In der Schenkungsteuererklärung vom 26. März 2007 nahm E hinsichtlich der Schenkung vom 11. November 2005 den Freibetrag nach § 13a Abs. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes in der im Streitjahr gültigen Fassung (ErbStG) in Anspruch und bestimmte, dass auf S ein Anteil von 100 % entfallen solle.
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Mit Bescheid vom 16. Oktober 2007 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) die Schenkungsteuer aus dem Vertrag vom 11. November 2005 gegenüber der Klägerin fest. Einen verminderten Wertansatz nach § 13a Abs. 2 ErbStG berücksichtigte er nicht. Das FA stundete die Steuer teilweise nach § 25 ErbStG.
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Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. Seiner Ansicht nach hatte das FA die Steuervergünstigung des § 13a Abs. 2 ErbStG zu Recht nicht gewährt, da eine Mitunternehmerstellung der Klägerin mangels Mitunternehmerinitiative nicht gegeben sei. Dies folge schon aus der Stimmrechtszuordnung zum Nießbraucher für den Bereich der außergewöhnlichen und der Grundlagengeschäfte der KG, zumindest aber aus der dem E eingeräumten Stimmrechtsvollmacht. Unbeachtlich sei, wie die Beteiligten die Willensbildung innerhalb der KG tatsächlich gehandhabt hätten.
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Das FG hat den Tatbestand seiner Entscheidung durch Beschluss vom 4. November 2013 geändert. Es ist dabei dem Antrag der Klägerin insoweit gefolgt, als die ursprüngliche Bezeichnung “GmbH-Gesellschaftsvertrag” durch “GmbH-Gründungsvertrag” ersetzt wurde. Im Übrigen hat das FG den Antrag als unbegründet zurückgewiesen.
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Mit der Revision rügt die Klägerin die fehlerhafte Anwendung von § 13a ErbStG. Bereits die Grundannahme des FG, wonach eine umfassende Zuordnung der Stimmrechte zum Nießbraucher zulässig sei, sei unzutreffend. Sowohl der Bundesfinanzhof (BFH) als auch der Bundesgerichtshof gingen davon aus, dass die Einräumung eines Nießbrauchs nicht zu einem Ausschluss des Gesellschafters von seinen Mitwirkungsrechten führe und seine Stellung als Mitunternehmer unberührt lasse. Ungeachtet dessen hätten die Parteien eine Zuordnung der Stimmrechte zum Nießbraucher –soweit diese überhaupt zulässig sei– nicht vereinbart. Die Auslegung des Übertragungsvertrags gebe dies nicht her. Aus Abschn. VI. des Übertragungsvertrags lasse sich allenfalls eine Stimmrechtsübertragung per Vollmacht und keine unmittelbare Stimmrechtszuordnung herleiten. Diese Stimmrechtsvollmacht sei nicht unwiderruflich erteilt worden.
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Das angefochtene Urteil weise zudem Verfahrensmängel auf. Das FG habe die Einwendungen im Tatbestandsberichtigungsverfahren nicht hinreichend berücksichtigt und infolgedessen einen unzutreffenden Sachverhalt seiner Entscheidung zugrunde gelegt.
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Die Klägerin beantragt, die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 8. März 2012 aufzuheben und den Bescheid vom 16. Oktober 2007 dahin zu ändern, dass die Schenkungsteuer unter Berücksichtigung des Bewertungsabschlags nach § 13a Abs. 2 ErbStG herabgesetzt wird.
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Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.