Strafrecht

1 OWi 2 SsRs 19/21

Aktenzeichen  1 OWi 2 SsRs 19/21

Datum:
2.6.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
OLG Zweibrücken 1. Senat für Bußgeldsachen
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:POLGZWE:2022:0602.1OWI2SSRS19.21.00
Normen:
Spruchkörper:
undefined

Leitsatz

Die Verweigerung der Herausgabe nicht bei den Akten befindlicher Unterlagen und Daten berührt den Grundsatz eines fairen Verfahrens nur dann, wenn deren Relevanz für die Verteidigung des Betroffenen nicht oder jedenfalls nicht sicher abzusprechen ist. Dies ist bei den Daten „der gesammten Messreihe“ jedenfalls derzeit nicht der Fall (nachfolgend zu dem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 30. März 2022 – 4 StR 181/21).

Verfahrensgang

vorgehend AG Kaiserslautern, 25. Januar 2021, 4 OWi 6070 Js 19749/20

Tenor

1. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen das Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 25. Januar 2021 wird als unbegründet verworfen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten ihres Rechtsmittels.

Gründe

Das Amtsgericht Kaiserslautern hat die Betroffene auf deren in zulässiger Weise eingelegten Einspruch gegen den Bußgeldbescheid des Polizeipräsidiums Rheinpfalz – Zentrale Bußgeldstelle (Az.: …) am 25. Januar 2021 wegen fahrlässigen Überschreitens der erlaubten Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 35 km/h zu einer Geldbuße von 120 Euro verurteilt. Gegen dieses Urteil, das dem Verteidiger am 4. Februar 2021 zugestellt worden ist, hat dieser am 4. März 2021 „Rechtsbeschwerde“ eingelegt, das Rechtsmittel mit Anträgen versehen und mit der Rüge der Verletzung des Gebots fairen Verfahrens sowie der allgemein erhobenen Sachrüge begründet.
Die Generalstaatsanwaltschaft hat mit Antragsschrift vom 17. März 2021 beantragt, das Rechtsmittel als Antrag auf Zulassung der Rechtsbeschwerde auszulegen und diesen als unbegründet zu verwerfen.
Der Einzelrichter des Senats hat mit Beschluss vom 29. April 2021 die Rechtsbeschwerde zugelassen und die Sache gem. § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 1 OWiG zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung dem Senat in der Besetzung mit drei Richtern übertragen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 4. Mai 2021 (NZV 2022, 27 mit Anm. Merz) dem Bundesgerichtshof gem. §§ 121 GVG 79 Abs. 3 S. 1 OWiG folgende Rechtsfrage vorgelegt:
„Liegt in der Verweigerung der Einsichtnahme in dritte Verkehrsteilnehmer betreffende Daten (“gesamte Messreihe“) auch dann ein Verstoß gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens, wenn eine Relevanz der betreffenden Daten für die Beurteilung der Zuverlässigkeit des verfahrensgegenständlichen Messvorgangs und damit für die Verteidigung des Betroffenen nicht erkennbar ist?“
Mit Beschluss vom 30. März 2022 hat der Bundesgerichtshof (4 StR 181/21, juris) die Sache an das Pfälzische Oberlandesgericht zurückgegeben, weil die Vorlegungsvoraussetzung einer Divergenz zu der Entscheidung des Thüringer Oberlandesgerichts vom 17. März 2021 (1 OLG 331 SsBs 23/20, VRS 140, 33) nicht vorlagen.
Die Rechtsbeschwerde war nunmehr entsprechend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft als unbegründet zu verwerfen.
I.
Nach den Feststellungen des Amtsgerichts befuhr die Betroffene mit einem PKW am 23. April 2020 um 10:18 Uhr in der Gemarkung Kaiserslautern die B 37 in Fahrtrichtung Kaiserslautern. In Höhe der Zufahrt „Ruheforst“ wurde die Geschwindigkeit des Fahrzeugs mit dem Messgerät ES 3.0 der Firma ESO mit 109/ km/h gemessen. Nach Abzug einer Toleranz von 4 km/h hatte die Betroffene damit die an der Messörtlichkeit durch Verkehrsschilder auf 70 km/h beschränkte Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 35 km/h überschritten.
II.
1.
Die auf die allgemein erhobene Sachrüge veranlasste umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils hat keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Betroffenen ergeben.
2.
Die mit der Behauptung, durch die Versagung des Zugangs zu nicht bei den Akten befindlichen Messdaten (“gesamte Messreihe“) habe das Amtsgericht das Gebot fairen Verfahrens (Art. 20 Abs. 3 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK) verletzt bzw. die Betroffene in ihrer Verteidigung unzulässig beschränkt, begründete Verfahrensrüge dringt ebenfalls nicht durch.
a) Ihr liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:
Der Verteidiger hat nach der am 10. Juli 2020 bewirkten Zustellung des Bußgeldbescheides an die Betroffene Einspruch eingelegt und mit Schriftsatz vom 16. Juli 2020 bei der Verwaltungsbehörde „komplette Akteneinsicht“ beantragt. Ferner hat er um Einsicht in „die Falldatensätze der gesamten tatgegenständlichen Messreihe mit Rohmessdaten/Einzelmess-werten sowie Statistikdatei und Caselist“ sowie weitere Urkunden gebeten (zum Begriff der Rohmessdaten s. Thiele, DAR 2020, 614, 615; Burhoff/Niehaus in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Rn. 236). Zur Begründung hat er ausgeführt, aus einer Analyse der Messreihe könne sich ergeben, dass andere Messungen fehlerhaft sind oder technisch nicht nachvollzogen werden können, was Rückschlüsse auf die tatgegenständliche Messung zulasse. Dies gelte insbesondere für die Aspekte atypischer Fotopositionen, einer Divergenz zwischen der Anzahl der erfassten Messungen und der generierten Falldatensätze, der Annulierungsrate des Geräts, möglicher Bewegungen des Messgeräts während der Messung sowie einer eventuellen Nutzung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs. Mit Schreiben vom 31. Juli 2020 lehnte die Verwaltungsbehörde mit Verweis auf die Grundsätze des standardisierten Messverfahrens die Übersendung „weiterer Unterlagen“ ab. Mit Schriftsatz vom 10. August 2020 beantragte der Verteidiger die Einholung einer gerichtlichen Entscheidung und die Übersendung der Sache an das Amtsgericht. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht durch Beschluss vom 26. August 2020 ab, weil ein Anspruch auf die Überlassung der Daten der gesamten Messreihe nicht bestehe und aus diesen auch keine Rückschlüsse auf die Messrichtigkeit des Geräts gezogen werden könnten. Der Verteidiger wiederholte nach Abgabe des Verfahrens an das Amtsgericht sein Begehren und erhob gegen den Beschluss vom 26. August 2020 sofortige Beschwerde, die bislang dem Landgericht noch nicht vorgelegt worden ist. In der mündlichen Verhandlung vom 25. Januar 2021 beantragte der Verteidiger die Aussetzung des Verfahrens, die er mit der nach wie vor nicht erfolgten Einsicht in die begehrten Messunterlagen begründete. Nach Zurückweisung des Aussetzungsantrages widersprach der Verteidiger der Verwertung der Messdaten und des Messfotos. Das Amtsgericht verlas das Datenfeld des Messfotos und legte dieses ausweislich der schriftlichen Urteilsgründe seiner Überzeugungsbildung zugrunde.
Die Rechtsbeschwerde sieht durch dieses prozessuale Geschehen das Gebot des fairen Verfahrens als verletzt an, weil das Amtsgericht das Recht der Betroffenen auf Einsicht in die begehrten Unterlagen (gesamte Messreihe) rechtsfehlerhaft missachtet habe.
b) Die Rüge eines Verstoßes gegen den Grundsatz des fairen Verfahrens ist zwar in zulässiger Weise erhoben. Die Betroffene hat insbesondere im Rechtsbeschwerdeverfahren – wie auch schon zuvor gegenüber der Verwaltungsbehörde und dem Amtsgericht – Gründe genannt, aus denen sie sich von begehrten Messdaten Erkenntnisse für die Prüfung der Zuverlässigkeit der Messung verspricht. Durch die Versagung der Herausgabe der begehrten Unterlagen und Daten ist die Betroffene aber nicht in unfairer Weise in ihrem Verteidigungsverhalten beeinträchtigt worden. Die Rüge ist daher nicht begründet.
aa) Das Recht auf ein faires Verfahren gem. Art. 6 Abs. 1 S. 1 MRK zählt zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens. Es gewährleistet dem Betroffenen, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde selbständig wahrzunehmen und Übergriffe der im vorstehenden Sinn rechtsstaatlich begrenzten Rechtsausübung staatlicher Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können. Der Anspruch auf ein faires Verfahren ist durch das Verlangen nach verfahrensrechtlicher “Waffengleichheit” von Ankläger und Beschuldigtem gekennzeichnet (Burhoff/Niehaus in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl., Rn. 227) und dient damit in besonderem Maße dem Schutz des Beschuldigten, für den bis zur Verurteilung die Vermutung seiner Unschuld streitet (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18, juris Rn. 32). Für den einem Ordnungswidrigkeitsvorwurf ausgesetzten Betroffenen erwächst aus dem Anspruch auf ein faires Verfahren namentlich das Recht, im Bußgeldverfahren auf seinen Antrag hin auch nicht bei den Akten befindliche amtliche Unterlagen, die er für die Prüfung des Tatvorwurfs benötigt, von der Verwaltungsbehörde zur Verfügung gestellt zu erhalten (Senat, Beschluss vom 07.01.2021 – 1 OWi 2 SsBs 98/20, juris Rn. 17 m.w.N.; Cierniak/Niehaus, DAR 2018, 541). Die Einsicht in solche, regelmäßig sich nicht bei der Bußgeldakte befindliche Unterlagen, wie etwa Aufbau- und Gebrauchsanleitungen (vgl. Senat aaO.) oder Wartungsunterlagen (vgl. Senat, Beschluss vom 27.04.2021 – 1 OWi 2 SsRs 173/20,ZfSch 2021, 353), kann für den Betroffenen bedeutsam sein. Denn die Kenntnis vom Inhalt dieser Unterlagen kann für ihn notwendig sein, um den gegen ihn erhobenen, auf ein standardisiertes Geschwindigkeits- oder Abstandsmessverfahren (was bei dem hier verwendeten Gerät gegeben ist, vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 06.07.2016 – III-1 RBs 38/16, juris Rn. 5 und OLG Koblenz, Beschluss vom 17.07.2018 – 1 OWi 6 SsBs 19/18, juris Rn. 26) gestützten Tatvorwurf in erheblicher Weise entgegen treten zu können. Denn (nur) dann, wenn der Betroffene konkrete Anhaltspunkte für einen Messfehler auch benennen kann, ist das Tatgericht gehalten, das Messergebnis zu überprüfen und sich von der Zuverlässigkeit der Messung zu überzeugen (vgl. zu den Grundsätzen des standardisierten Messverfahrens: BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18, juris Rn. 43; BGH, Beschlüsse vom 19.08.1993 – 4 StR 627/92, BGHSt 39, 291 ff., juris Rn. 25 ff. sowie Beschluss vom 30.10.1997 – 4 StR 24/97, BGHSt 43, 277 ff., juris Rn. 26; OLG Karlsruhe, Beschluss vom 08.01.2020 – 3 Rb 33 Ss 763/19, juris Rn. 8; HansOLG Bremen, Beschluss vom 03.04.2020 – 1 SsRs 50/19, juris, Rn. 8; Burhoff/Niehaus in Burhoff, Handbuch für das straßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 6. Aufl. Rn. 230; Cierniak, ZfS 2012, S. 664 <669>; Cierniak/Niehaus, DAR 2014, S. 2 jew. m.w.N.). Wenn der Betroffene demnach geltend machen kann, er wolle sich selbst Gewissheit darüber verschaffen, dass sich aus den dem Gericht nicht vorgelegten Inhalten keine seiner Entlastung dienenden Tatsachen ergeben, wird ihm deshalb die durch seinen Verteidiger vermittelte Einsicht grundsätzlich zu gewähren sein (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18, juris Rn. 55).
bb) Das Bundesverfassungsgericht hat allerdings darauf hingewiesen, dass das Recht auf Zugang zu außerhalb der Akte befindlichen Informationen im Bereich massenhaft vorkommender Ordnungswidrigkeiten nicht unbegrenzt ist. Vielmehr müssen die begehrten, hinreichend konkret benannten Informationen deshalb zum einen in einem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem jeweiligen Ordnungswidrigkeitenvorwurf stehen und zum anderen erkennbar eine Relevanz für die Verteidigung aufweisen (s.a. Sandherr, DAR 2021, 69, 70). Insofern ist maßgeblich auf die Perspektive des Betroffenen beziehungsweise seines Verteidigers abzustellen. Entscheidend ist, ob dieser eine Information verständiger Weise für die Beurteilung des Ordnungswidrigkeitenvorwurfs im Einzelfall für bedeutsam halten darf. Die Verteidigung kann grundsätzlich jeder auch bloß theoretischen Aufklärungschance nachgehen, wohingegen die Bußgeldbehörden und schließlich die Gerichte von einer weitergehenden Aufklärung gerade in Fällen standardisierter Messverfahren grundsätzlich entbunden sind (BVerfG, Stattgebender Kammerbeschluss vom 12.11.2020 – 2 BvR 1616/18, juris Rn. 57). Der Gewährung eines Informationszugangs können zudem gewichtige verfassungsrechtlich verbürgte Interessen wie beispielsweise die Funktionstüchtigkeit der Rechtspflege oder auch schützenswerte Interessen Dritter widerstreiten (vgl. hierzu: BVerfG, Beschluss vom 12.01.1983 – 2 BvR 864/81, BVerfGE 63, 45ff, juris Rn. 64).
cc) Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung über die Vorlage des Senats dessen Rechtsauffassung bestätigt, dass nicht jedwedem Informationsverlangen eines Betroffenen ohne gerichtliche Prüfung seiner Berechtigung nachzukommen ist. Vielmehr ist das im Rahmen seines Auskunftsverlangens gehaltene Vorbringen eines Betroffenen einer gerichtlichen Prüfung zu unterziehen (aA. Niehaus, DAR 2021, 377, 380). Die Verweigerung der Herausgabe nicht bei den Akten befindlicher Unterlagen und Daten berührt den Grundsatz eines fairen Verfahrens nur dann, wenn deren Relevanz für die Verteidigung des Betroffenen nicht oder jedenfalls nicht sicher abzusprechen ist. Im Rahmen dieser Prüfung kann insbesondere auf sachverständige Äußerungen oder Stellungnahmen der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) zurückgegriffen werden (vgl. Senat, Beschluss vom 27.10.2020 – 1 OWi 2 SsBs 103/20, juris Rn. 16). Die Beurteilung der Relevanz der Informationen für die Verteidigung kann im Rechtsbeschwerdeverfahren im Wege einer entsprechenden Verfahrensrüge zur Überprüfung durch das Oberlandesgericht gestellt werden. Dieses hat dann zu prüfen, ob das Tatgericht einen zutreffenden rechtlichen Maßstab an den Begriff der Relevanz gelegt hat und die erforderliche Klärung auf tatsächlichem Gebiet herbeigeführt hat. Moniert der Betroffene im Rechtsbeschwerdeverfahren einen diesbezüglichen Rechtsverstoß bedarf es, wenn sich die Relevanz der Unterlagen im Hinblick auf den Tatvorwurf nicht ohne weiteres ergibt, entsprechenden Vortrags. Denn nur dadurch wird das Rechtsbeschwerdegericht in die Lage gesetzt zu überprüfen, ob das Tatgericht diesen Vortrag zutreffend gewürdigt und rechtsfehlerfrei seiner Entscheidung über den Antrag auf Einsicht zugrunde gelegt hat. Ob aus der Perspektive eines Betroffenen die begehrten Messdaten für die Bewertung der Verlässlichkeit der ihn belastenden Geschwindigkeitsmessung Relevanz haben können, unterliegt damit (tat-)richterlicher Prüfung.
dd) Die begehrten Daten der „gesamten Messreihe“ haben auch aus der hier maßgeblichen Perspektive der Betroffenen keine Relevanz für deren Verteidigungsverhalten. Soweit das Thüringer Oberlandesgericht zur potentiellen Beweisbedeutung dieser Messdaten eine abweichende Auffassung vertritt (Beschluss vom 17.03.2021 – 1 OLG 331 SsBs 23/20, VRS 140, 33; im Ergebnis ebenso: OLG Stuttgart, Beschluss vom 03.08.2021 – 4 Rb 12 Ss 1094/20, juris Rn. 9), ist der Senat an diese auf rein tatsächlicher Ebene liegende Bewertung nicht gebunden (vgl. auch den auf die Vorlage ergangenen Beschluss des BGH, juris Rn. 11).
Dass Messdaten dritter Verkehrsteilnehmer (soweit solche tatsächlich gespeichert wurden) für die Überprüfung der Zuverlässigkeit der tatgegenständlichen Messung bedeutsam sind und damit für das Verteidigungsvorbringen Relevanz haben können, ist nicht erkennbar (vgl. bereits Senat, Beschluss vom 05.05.2020 – 1 OWi 2 SsBs 94/19, zfs 2020, 413, 415; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 04.01.2021 – 202 ObOWi 1532/20, juris Rn. 11). Die PTB hat in ihrer öffentlich zugänglichen Stellungnahme vom 30.03.2020 plausibel und nicht auf ein bestimmtes Messgerät beschränkt erläutert, weshalb aus der Statistikdatei, der Betrachtung der „gesamten Messreihe“ sowie der Annulierungsrate kein relevanter Erkenntnisgewinn zu erwarten ist (vgl. den Senatsbeschluss vom 05.05.2020 aaO.). Mit den im vorliegenden Verfahren benannten Merkmalen („atypische Fotoposition“, Anzahl erfasster Messungen und generierter Datensätze, Annullierungsrate, Bewegungen des Geräts und Messpunkte außerhalb des Messbereichs) hat sich der Senat bereits in der Vergangenheit befasst. Er hat u.a. auf der Grundlage einer hierzu von ihm eingeholten Stellungnahme der PTB jeweils sicher ausgeschlossen, dass sich aus diesen Gesichtspunkten Anhaltspunkte auf die (Un-)Zuverlässigkeit der Messung gewinnen lassen bzw. dass diese nicht bereits anhand der dem Betroffenen zur Verfügung gestellten Unterlagen ermittelbar sind; insoweit wird auf den Senatsbeschluss vom 27.10.2020 (aaO., ebenfalls das Gerät ES 3.0 der Firma ESO betreffend) verwiesen. Dass die diesbezüglichen Ausführungen der PTB in den maßgebenden Fachkreisen als umstritten und daher nicht als dort allgemein anerkannt gelten können, wird von Seiten der Betroffenen weder behauptet noch ist dies in sonstiger Weise für den Senat ersichtlich.


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