Verkehrsrecht

Entziehung der Fahrerlaubnis und behaupteter unwillentlicher Drogenkonsum

Aktenzeichen  11 CS 21.1896

Datum:
7.12.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 41330
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
StVG § 3 Abs. 1 S. 1, S. 2
FeV § 11 Abs. 7, § 46 Abs. 1, Abs. 5

 

Leitsatz

1. Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2. Derartige Behauptungen sind nur dann beachtlich, wenn überzeugend aufgezeigt werden kann, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk bzw. Nahrungsmittel zugänglich zu machen; ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

AN 10 S 21.765 2021-06-09 Bes VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Aberkennung des Rechts, von der ihm am 21. Dezember 2007 in Polen erteilten Fahrerlaubnis der Klasse B im Bundesgebiet Gebrauch zu machen.
Durch eine Mitteilung des Polizeipräsidiums Reutlingen erhielt die Antragsgegnerin Kenntnis davon, dass der Antragsteller am 23. Dezember 2020 als Kraftfahrzeugführer auffällig wurde. Nach dem Polizeibericht hatte der Werksschutz des Unternehmens Daimler in Esslingen gemeldet, dass der Antragsteller mit seinem Pkw an eine Zugangspforte gefahren und deutlicher Alkohol- oder Cannabisgeruch festgestellt worden sei. Ein freiwilliger Urinvortest habe positiv auf THC und Kokain reagiert. Im Rahmen der Blutentnahme habe der Antragsteller angegeben, am 21. Dezember 2020 Kokain und am 22. Dezember 2020 Marihuana konsumiert zu haben. In der am 23. Dezember 2020 entnommenen Blutprobe wurden nach der Befundmitteilung des Forensisch Toxikologischen Centrums München vom 12. Januar 2021 neben THC auch 84,5 ng/ml Benzoylecgonin festgestellt.
Mit Bescheid vom 15. April 2021 erkannte die Antragsgegnerin dem Antragsteller die Fahrerlaubnis ab und forderte ihn unter Androhung unmittelbaren Zwangs auf, seinen Führerschein unverzüglich zur Anbringung eines Sperrvermerks vorzulegen. Ferner ordnete sie die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an. Der genannte ärztliche Befundbericht belege den Konsum von Kokain, da Benzoylecgonin ein Kokainabbauprodukt sei, so dass der Antragsteller gemäß Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen sei.
Am 27. April 2021 erhob der Antragsteller Klage (AN 10 K 21.766) und stellte zugleich einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, den das Verwaltungsgericht Ansbach mit Beschluss vom 9. Juni 2021 ablehnte. Die Anfechtungsklage bleibe voraussichtlich ohne Erfolg.
Zur Begründung der hiergegen eingereichten Beschwerde, der die Antragsgegnerin entgegentritt, lässt der Antragsteller erstmals ausführen, die Blutprobe sei nicht verwertbar, da der Antragsteller nicht ordnungsgemäß in polnischer Sprache darüber belehrt worden sei, welche Bedeutung diese für die Beurteilung seiner Fahreignung haben werde. Sein Bruder, der die Belehrung der Polizei notdürftig ins Polnische übersetzt habe, spreche selbst nur unzureichend deutsch und sei auch aufgrund seines Bildungsstands nicht in der Lage, die Bedeutung der Belehrung zutreffend zu erfassen. Andernfalls hätte der Antragsteller sein Einverständnis verweigert und die Blutprobe hätte nicht entnommen werden können. Das in der Blutprobe festgestellte Benzoylecgonin könne nur dadurch erklärt werden, dass er am 21. oder 22. Dezember 2020 während einer Geburtstagsfeier bis zu zehn Dosen „Red Bull Cola“ getrunken habe. Dieses enthalte Kokain und sei deswegen im Jahr 2009 für kurze Zeit vom Markt genommen worden. Im Übrigen sei auch nicht ausgeschlossen, dass er unbewusst Kokain konsumiert habe; während der genannten Geburtstagsfeier könnten verbotene Substanzen anderer Gäste in seine Getränke oder sein Essen gelangt sein.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen wäre.
1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. Dezember 2020 (BGBl I S. 2667), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), im maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Gesetz vom 16. November 2020 (BGBl I S. 2704), zum Teil in Kraft getreten zum 1. April 2021, hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Bei einer ausländischen Fahrerlaubnis hat die Entziehung die Wirkung einer Aberkennung des Rechts, von der Fahrerlaubnis im Inland Gebrauch zu machen (§ 3 Abs. 1 Satz 2 StVG, § 46 Abs. 5 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 3 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 2 Abs. 8 StVG, § 46 Abs. 3 FeV).
Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die Anordnung zur Beibringung eines Gutachtens. Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zu §§ 11, 13 und 14 FeV entfällt bei Einnahme von Betäubungsmitteln im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis), hier Kokain (vgl. § 1 Abs. 1 BtMG i.V.m. Anlage III), die Fahreignung. Dies gilt unabhängig von der Häufigkeit des Konsums, von der Höhe der Betäubungsmittelkonzentration, von einer Teilnahme am Straßenverkehr in berauschtem Zustand und vom Vorliegen konkreter Ausfallerscheinungen beim Betroffenen (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 – Blutalkohol 55, 264 = juris Rn. 10 m.w.N.; B.v. 4.6.2019 – 11 CS 19.669 – juris Rn. 11 f.). Dementsprechend ist die Entziehung der Fahrerlaubnis bereits dann gerechtfertigt, wenn einmalig harte Drogen im Körper des Fahrerlaubnisinhabers und damit deren Einnahme nachgewiesen worden sind oder wenn der Fahrerlaubnisinhaber die Einnahme solcher Substanzen eingeräumt hat (vgl. BayVGH, B.v. 13.3.2020 – 11 ZB 20.1 – juris Rn. 11 ff.; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333 – juris Rn. 11 m.w.N.).
Die eignungsausschließende Einnahme von Betäubungsmitteln setzt dabei grundsätzlich einen willentlichen Konsum voraus. Die unbewusste Einnahme von Betäubungsmitteln stellt jedoch nach allgemeiner Lebenserfahrung eine seltene Ausnahme dar. Daher muss, wer sich darauf beruft, einen detaillierten, in sich schlüssigen und glaubhaften Sachverhalt vortragen, der einen solchen Geschehensablauf als ernsthaft möglich erscheinen lässt und der damit auch zumindest teilweise der Nachprüfung zugänglich ist (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2020 – 11 CS 20.2355 – BeckRS 2020, 38196 Rn. 14; B.v. 14.9.2020 – 11 CS 20.1292 – juris Rn. 14; B.v. 17.5.2019 – 11 CS 19.308 – juris Rn. 15 jeweils m.w.N.). Auch hat der Senat derartige Behauptungen nur dann für beachtlich gehalten, wenn überzeugend aufgezeigt werden konnte, dass dem Auffinden von Betäubungsmitteln im Körper eines Fahrerlaubnisinhabers Kontakt mit Personen vorausgegangen ist, die zumindest möglicherweise einen Beweggrund hatten, dem Betroffenen ein drogenhaltiges Getränk bzw. Nahrungsmittel zugänglich zu machen; ferner, dass dieser selbst die Aufnahme des Betäubungsmittels und deren Wirkung tatsächlich nicht bemerkt hat (vgl. BayVGH, B.v. 29.12.2020 a.a.O.).
2. Gemessen daran begegnet die Entziehung der Fahrerlaubnis keinen rechtlichen Bedenken. Die Antragsgegnerin hat zu Recht angenommen, dass der Antragsteller nach dem Ergebnis der entnommenen Blutprobe bewusst Kokain konsumiert hat und daher als ungeeignet anzusehen ist. Die dagegen im Beschwerdeverfahren erhobenen Einwände rechtfertigen keine andere Beurteilung.
a) Das Ergebnis der am 23. Dezember 2020 entnommenen Blutprobe, in der Benzoylecgonin in einer Konzentration von 84,5 ng/ml festgestellt wurde, belegt eine Aufnahme von Kokain im Dezember 2020. Benzoylecgonin ist ein Abbauprodukt von Kokain, das in der hier festgestellten Konzentration vorangegangenen Kokainkonsum ohne Weiteres nachweist. Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, kommt dem sog. analytischen Grenzwert für Benzoylecgonin, den die Grenzwertkommission auf 75 ng/ml festgesetzt hat (vgl. Blutalkohol 2007, 311), allein Bedeutung für die Frage zu, ob der Betroffene ein Kraftfahrzeug unter der Wirkung von Kokain geführt hat i.S.d. § 24a Abs. 2 StVG (vgl. König in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 24a StVG Rn. 21a). Der eignungsausschließende Konsum von Kokain hingegen wird auch durch Benzoylecgoninkonzentrationen weit unterhalb des analytischen Grenzwertes bewiesen (vgl. OVG NW, B.v. 24.7.2013 – 16 B 718/13 – juris Rn. 6; zur Nachweisgrenze siehe OVG NW, B.v. 11.9.2012 – 16 B 944/12 – juris Rn. 9; VG Oldenburg, B.v. 1.9.2020 – 7 B 2242/20 – juris Rn. 9 ff.). Hier wurde der analytische Grenzwert sogar überschritten und ist von einem Konsum innerhalb der letzten zwei Tage vor der Blutentnahme auszugehen (vgl. Tönnes/Skopp, Blutalkohol 2013, 113/120).
b) Die erstmals im Beschwerdeverfahren geltend gemachte übermäßige Aufnahme des Getränks „Red Bull Cola“ ist bereits im Ansatz nicht geeignet, die festgestellte Konzentration von 84,5 ng/ml Benzoylecgonin in der Blutprobe zu erklären. Die Antragsgegnerin hat dazu überzeugend auf eine Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung vom 27. Mai 2009 verwiesen. Danach hatte das Landesinstitut für Arbeit und Gesundheit des Landes Nordrhein-Westfalen in dem Erfrischungsgetränk „Red Bull Simply Cola“, das auch nach derzeitiger Rezeptur Cocablattextrakte enthält (vgl. die Produktbeschreibung zu „Organics by Red Bull Simply Cola“ unter www.redbull.com, abgerufen am 7.12.2021), zwar 0,4 Mikrogramm Cocain pro Liter ermittelt. Das Bundesinstitut kam jedoch zu der Bewertung, eine Gesundheitsgefährdung sei aufgrund des geringen Cocain-Gehalts nicht zu erwarten. Als niedrigste Dosis, von der möglicherweise beim Trinken eine unerwünschte Wirkung ausgehen könne, werde eine Tagesaufnahme von 4800 Mikrogramm Cocain pro Person angenommen. Diese Menge entspreche einer Cocainmenge, die in 12.000 Litern des Erfrischungsgetränks enthalten sei (Gesundheitliche Bewertung Nr. 020/2009; abrufbar unter www.bfr.bund.de). In Einklang damit wird die Konsumeinheit von Kokain durch Drogenkonsumenten bei oraler Aufnahme mit 50 mg (vgl. Bundesinstitut für Risikobewertung, a.a.O. S. 2) bzw. 100 mg (Patzak in Körner/Patzak/Volkmer, BtmG, 9. Aufl. 2019, „Stoffe“ Rn. 108) Kokain-Hydrochlorid angegeben. Bestätigt wird dieses Ergebnis durch pharmakokinetische Erkenntnisse, denen zufolge selbst Dosen von mehr als 100 mg Kokainbase bei oraler Aufnahme nicht zu Benzoylecgoninkonzentrationen oberhalb des analytischen Grenzwertes führten (vgl. Tönnes/Skopp, Blutalkohol 2013, 113/117; vgl. zu alldem auch VG Lüneburg, B.v. 18.5.2020 – 1 B 19/20 – juris Rn. 17; VG Bremen, B.v. 6.3.2013 – 5 V 98/13 – juris Rn. 20).
c) Soweit der Antragsteller mit der Beschwerde die Möglichkeit eines unbewussten Konsums von Kokain in den Raum stellt, genügt dies nicht den vorgenannten Anforderungen und lässt einen solchen Geschehensablauf nicht als ernsthaft möglich erscheinen.
d) Das Ergebnis der Blutprobe ist auch ohne Weiteres verwertbar. Soweit der Antragsteller einwendet, er sei im Vorfeld nicht in polnischer Sprache und damit in ihm verständlicher Form darüber belehrt worden, welche Folgen die Blutprobe für die Beurteilung seiner Fahreignung sowie seine Fahrberechtigung in Deutschland habe, andernfalls hätte er sein Einverständnis mit der Blutprobe verweigert, ist bereits kein Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften des Strafprozess- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts ersichtlich.
Die Polizei hat gegen den Antragsteller wegen eines Verstoßes gegen § 24a StVG ermittelt (vgl. Behördenvorgänge Bl. 89). Im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens ist die Entnahme von Blutproben nach Maßgabe von § 46 Abs. 4 OWiG, § 81a Abs. 1 Satz 2 StPO zulässig. Mit Einwilligung des Betroffenen kann demnach auch ohne Anordnung Blut entnommen werden. Die Wirksamkeit der Einwilligung verlangt eine freiwillige, ernstliche, in Kenntnis der Sachlage und des Weigerungsrechts erteilte ausdrückliche Zustimmung; dies setzt regelmäßig eine Belehrung voraus (vgl. Bücherl in Beck OK OWiG, Stand 10/2021, § 46 Rn. 26; Lampe in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl. 2018, § 46 Rn. 38; Trück in MüKoStPO, 1. Aufl. 2014, § 81a Rn. 25 f.). Die rechtlichen Folgen der Blutalkoholmessung muss der Betroffene dabei nicht überblicken, sondern nur den mit der Blutentnahme verbundenen körperlichen Eingriff und dessen Risiken (vgl. Trück, a.a.O. Rn. 25; Schleswig-Holsteinisches OLG, B.v. 13.3.2013 – 2 Ss 3/13 (5/13) – Blutalkohol 51, 115 =juris Rn. 10). Ohne Einwilligung ist die Entnahme nur auf Anordnung zulässig. Einer richterlichen Anordnung bedarf es dabei gemäß § 46 Abs. 4 Satz 2 OWiG abweichend von § 81a Abs. 2 Satz 1 StPO nicht, wenn bestimmte Tatsachen den Verdacht begründen, dass eine Ordnungswidrigkeit nach den §§ 24a und 24c StVG begangen worden ist. Zuständig für die Anordnung sind in diesem Fall die Beamten des Polizeidienstes (§ 53 Abs. 2 OWiG; vgl. auch Bücherl, a.a.O. Rn. 27; Lampe a.a.O. Rn. 37).
Daran gemessen lässt sich dem Beschwerdevorbringen bereits nicht entnehmen, dass der Antragsteller den mit der Blutprobenentnahme verbundenen Eingriff, dessen Risiken sowie sein Weigerungsrecht nicht erfasst hätte. Unabhängig davon bestand nach § 46 Abs. 4 OWiG kein Richtervorbehalt und war im Fall einer unwirksamen Einwilligung die Polizei zur Anordnung der Blutentnahme befugt. Die Frage, ob eine Probenentnahme unter Verletzung von ordnungswidrigkeitsrechtlichen Beweiserhebungsvorschriften im Verfahren zur Entziehung der Fahrerlaubnis berücksichtigungsfähig ist, stellte sich damit nicht, wäre hier aber auch zu bejahen (vgl. BayVGH, B.v. 5.2.2018 – 11 ZB 17.2069 – Blutalkohol 55, 264 = juris Rn. 12 ff.; OVG LSA, B.v. 23.8.2019 – 3 M 181/19 – Blutalkohol 57, 58 = juris Rn. 6 f.).
e) Darauf, dass der Antragsteller nach dem Polizeibericht vom 26. Februar 2021 den Konsum von Kokain eingeräumt hat, kam es demnach nicht mehr an.
3. Davon ausgehend hat das Verwaltungsgericht zu Recht angenommen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entziehung der Fahrerlaubnis das Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage überwiegt. Bei Kraftfahrern, denen die erforderliche Eignung zum Führen eines Kraftfahrzeugs fehlt, ist das Erlassinteresse regelmäßig mit dem Vollzugsinteresse identisch (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 8.6.2021 – 11 CS 20.2342 – juris Rn. 17). Dem steht das von der Beschwerde angesprochene Interesse des Antragstellers am Führen von Kraftfahrzeugen nicht entgegen. Denn dem Schutz der Allgemeinheit vor Verkehrsgefährdungen kommt angesichts der Gefahren durch die Teilnahme ungeeigneter Kraftfahrer am Straßenverkehr besonderes Gewicht gegenüber den Nachteilen zu, die einem betroffenen Fahrerlaubnisinhaber in beruflicher oder in privater Hinsicht entstehen (vgl. BVerfG, B.v. 19.7.2007 – 1 BvR 305/07 – juris Rn. 6; B v. 15.10.1998 – 2 BvQ 32/98 – BayVBl 99, 463 = juris Rn. 5, zu einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a StPO; B.v. 17.2.2020 – 11 CS 19.2220 – juris Rn. 17; OVG NW, B.v. 22.5.2012 – B.v. 22.5.2012 – 16 B 536/12 – juris Rn. 33).
4. Die Beschwerde war demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
5. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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