Versicherungsrecht

Deckungsanspruch aus Veranstaltungsausfallversicherung wegen Absage des Oktoberfestes 2020 aus Anlass der Corona-Pandemie – “Ochsenbraterei”

Aktenzeichen  14 HK O 8486/21

Datum:
11.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 38887
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
München I
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 313, § 762
AVB Veranstaltungsausfallversicherung

 

Leitsatz

1. Eine beidseitige Risikoübernahme erfolgte gerade nicht, vielmehr dient der Vertrag aus Sicht des Versicherungsnehmers gerade der Überwindung des Zufalls für den Versicherungsnehmer. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nur die Beklagte hat das Risiko eines Verlustes übernommen, die Klägerin hat nicht einen Risikoverlust übernommen, sondern vielmehr eine klar definierte Versicherungsprämie. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
3. Absichtserklärungen von Ministerpräsident und Oberbürgermeister sind gerade keine Bekanntgabe von Verwaltungsakten oder Allgemeinverfügungen, sondern lediglich eine Bekanntgabe, wie die Verwaltung der LH München weiter zu agieren gedachte. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Einem Deckungsanspruch aus einer für den Zeitraum 1.7. bis 31.10.2020 genommenen Veranstaltungsausfallversicherung für das Oktoberfest 2020 steht es nicht entgegen, dass der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt München und der Ministerpräsident des Freistaats Bayern bereits am 21.4.2020 auf einer gemeinsamen Pressekonferenz die gemeinsame Entscheidung bekanntgegeben hatten, das Oktoberfest aus Anlass der Corona-Pandemie nicht stattfinden zu lassen. Bei dieser Äußerung handelte es sich lediglich um eine Absichtserklärung. Erst die – im versicherten Zeitraum – am 10.8.2020 erfolgte Absage des Oktoberfestes begründete den Versicherungsfall (siehe auch LG München I BeckRS 2021, 38889 – “Fischer Vroni”). (Rn. 18 – 24 und 29 – 31) (redaktioneller Leitsatz)
5. Der Versicherer ist in einem solchen Fall auch nicht nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) von der Verpflichtung zur Leistung frei. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin € 513.961,25 nebst Jahreszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 08.07.2020 zu zahlen.
Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin € 3.724,00 netto nebst Jahreszinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 31.07.2021 zu zahlen.
2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahren trägt die Beklagte.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Urteilstenor ist gemäß § 319 Abs. 1 ZPO von Amts wegen berichtigt worden, da in Ziffer 1. ein offenbarer Schreib-/rechenfehler vorhanden war. Im ursprünglichen Tenor lautete die Urteilssumme EUR 513.261,25, während richtig ist der Betrag von EUR 513.961,26; die Summe bezog sich auf den im Gutachten gemäß Anlage K 8 festgestellten Schadenspositionen von EUR 2.055.845,- und davon die geltend gemachten 25 %; diese offenbare Unrichtigkeit (sei es Schreib-, sei es Divisionsfehler durch Vier) i.S.v. § 319 I ZPO konnte sofort in dem begründeten Urteil richtig gestellt werden, da eine solche Berichtigung gem. § 319 I ZPO von Amts wegen zu vorzunehmen ist und – wie sich auch aus § 319 II 2 ZPO durch Verweis auf § 130 b ZPO ergibt – in dem durch die Berufung angegriffenen Urteil zu vollziehen.
I.
Die zulässige Klage war im weitestgehenden Umfang begründet; beide Parteien hatten in der mündlichen Verhandlung vom 11.10.2021 ihr Einverständnis durch den Vorsitzenden alleine kundgetan.
II.
Dem Grunde nach besteht ein Anspruch auf Versicherungsleistung aus § 1 Ziff. 1 A (Typ A) a, Ziffer 2, Ziffer 4 der Bestandteile des Versicherungsvertrages geworden und Sonderbedingungen und besteht in Höhe von EUR 513.961,25.
1. Der Versicherungsvertrag kam am 15.01.2020 zustande durch die Einigung der Klägerin mit den beiden Maklern … und … infolge wirksamer Vertretung gem. § 54 Abs. 1 HGB in Ausübung einer Spezialvollmacht zugunsten der Makler durch die Versicherung.
a) Entgegen der Ansicht der Beklagten fand die Absage des Oktoberfestes 2020 nicht außerhalb des Versicherungszeitraums 01.07.2020 – 31.10.2020 durch die gemeinsame Pressekonferenz von Ministerpräsident … und Oberbürgermeister … am 21.04.2020 statt.
Aus den wörtlichen Zitaten der Beklagtenvertreter gem. Schriftsatz vom 11.08.2021 (vgl. Bl. 28 ff. d.A.) ergibt sich lediglich eine Absichtserklärung und eine Angabe für die Zukunft, was geschehen bzw. nicht geschehen wird. Dass es sich nur um Absichtserklärungen handelte und nicht um ein endgültiges Ereignis zeigte sich bereits in dem von der Beklagten angeführten Zitat des Ministerpräsidenten: „Deswegen haben wir uns gemeinsam entschieden, die Stadt München entscheidet das ja, wir haben uns aber angesprochen, dass das Oktoberfest nicht stattfinden wird im nächsten Jahr.“ Oberbürgermeister … sagte u.a.: „Und deswegen kann man, so schwer uns das fällt, tatsächlich heute nur resümieren, da sind wir uns einig, es kann Volksfeste, und das größte selbstverständlich ist das Oktoberfest, aber auch andere in dieser Zeit einfach nicht geben.
… Es gibt nichts abzusagen, weil das Oktoberfest nicht stattfinden wird. Es ist ja erstmal ein Entschluss, ein Beschluss des Münchner Stadtrates, in dem wir zum Beispiel festlegen, welche Beschicker auf die Wiesn gehen dürfen nach dem Auswahlverfahren. Diesen Beschluss wird es nicht geben. Damit findet das Oktoberfest nicht statt.“
Daraus ergibt sich, dass am 21.04.2020 zwar die Absichtserklärung dahingehend, das Oktoberfest nicht stattfinden zu lassen, geäußert wurde, dass es aber letztlich in die Zukunft gerichtete Handlungen bzw. Unterlassungen gewesen sind, die in den Zeitraum des Versicherungslaufs fallen. Dies zeigte sich insbesondere an dem Schreiben der LH München vom 10.08.2020 und damit innerhalb des Versicherungszeitraums, mit dem die LH München der Klägerin mitteilte, daß die Klägerin als Wirt von der Brauerei vorgeschlagen und bis zum Stand 21.02.2020 die Verwaltung auch den Vorschlag der Brauerei gefolgt wäre.
Erst damit ist endgültig das Ereignis rechtlich eingetreten, daß eine Zulassung nicht erfolgen kann, weil das Oktoberfest 2020 nicht stattfinden würde. Zuvor wurde weder ein Verwaltungsakt noch eine Allgemeinverfügung noch eine sonstige, bspw. den Stadtrat bindende Entscheidung von der Beklagten vorgetragen, insb. Auch nicht eine solche vor dem 1.7.20.
Hinzu kommt die Auslegung des Versicherungsvertrages, der ebenfalls dahingehend auszulegen ist, dass die Beklagte für den Ausfall des Oktoberfestes 2020 haftet; bei den Versicherungsbedingungen, die in Ziffer … a wie folgt lautete: „Der Versicherer gewährt dem Versicherungsnehmer Versicherungsschutz bis zur Höhe der vereinbarten Versicherungssumme, wenn die in der Police bezeichnete Veranstaltung infolge eines nicht vom Versicherungsnehmer zu vertretenden Umstands
a) nicht stattfinden kann“ (Hervorhebung durch Unterzeichner)
Hierbei handelt es sich schon nach dem äußeren Bild um Versicherungsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und von der Beklagten durch die von ihr bevollmächtigte Versicherungsmakler bestätigt wurde.
Wenn dann die Beklagtenseite angibt, dass es nicht allein entscheidend sei, dass die Veranstaltung „nicht stattfinden kann“ und der durchschnittliche Versicherungsnehmer eine Veranstaltungsversicherung daher nicht davon ausgehen würde, dass es für den Eintritt von Versicherungsschutz genügt, dass die Veranstaltung nicht stattfindet, kann ihr deshalb nicht gefolgt werden. Gleiches gilt für die Behauptung, dass zusätzlich zur fordern sei, dass die Veranstaltung existiert und der Versicherungsnehmer, Veranstalter oder Teilnehmer ist.
Bei Abschluss des Versicherungsvertrages am 15.01.2020 war gerade für die Parteien des Versicherungsvertrages das Oktoberfest 2020 zur Existenz gebracht worden dadurch, dass sie als Zweck ein versichertes Ereignis zwischen den Parteien vereinbart worden war. Insoweit handelt es sich bei vorliegenden Versicherung auch nicht um eine Wette i.S.v. § 762 BGB – wie die Beklagte insinuieren möchte -, die nicht zur Begründung von Verbindlichkeiten führen könnte. Denn unter diese Normen fallen nicht Versicherungsverträge (vgl. Habersack im Münchner Kommentar Rn 9 zu § 762 BGB), da diesen der aleatorische Charakter fehlt. Eine beidseitige Risikoübernahme erfolgte gerade nicht, vielmehr dient der Vertrag aus Sicht des Versicherungsnehmers gerade der Überwindung des Zufalls für den Versicherungsnehmer. Es haben auch nicht beide Parteien, sondern nur die Beklagte das Risiko eines Verlustes übernommen, die Klägerin hat nicht einen Risikoverlust übernommen, sondern vielmehr eine klar definierte Versicherungsprämie. Der vorliegende Vertrag war daher kein einseitig verpflichtender Vertrag mit einer lediglich noch ungewissen Verteilung der Gläubiger- und Schuldnerstellung, weshalb beide Parteien gerade nicht in Spielabsicht handelten.
Im übrigen hat die Beklagte auch nicht dargetan, daß sie im Besitz einer Erlaubnis nach dem Glücksspielvertrag der Länder wäre.
Dies ergibt sich auch aus der Auslegung des Versicherungsscheins gemäß Anlagen K 1 bzw. K 2, den Bedingungen. Das Ereignis, welches versichert war, war das Oktoberfest 2020, das wie jedes Jahr ab Mitte September bis Anfang Oktober eines jeden Jahres grundsätzlich stattfindet. In § 1 heißt es daher auch, dass Versicherungsschutz gewährt wird, wenn die Veranstaltung „nicht stattfinden kann“. Genau dieser Fall trat im Zeitraum vom 01.07.2020 – 31.10.2020 ein. Dieses Schadensereignis trat auch nach dem Beginn der Versicherung am 15.01.2020 durch das Nichtstattfinden der Veranstaltung Oktoberfest (vgl. Ziffer 2 der Sonderbedingungen zur Veranstaltungsausfallversicherung) ein. Nicht versicherter Gegenstand – aber eben auch nicht Versicherungsbedingung – waren hingegen allgemeine Kundgaben politisch Handelnder außerhalb des Versicherungszeitraums. Die Bekanntgaben in der Presseerklärung am 21.04.2020 durch Ministerpräsident Dr. … und Oberbürgermeister … waren Erklärungen in die Zukunft hinein gerichtet, die erst nach Versicherungsbeginn am 01.07.2020 wirkten, wie insbesondere auch die Absage der LH München am 10.08.2020 zeigte.
Diese Absichtserklärungen von Ministerpräsident und Oberbürgermeister waren gerade keine Bekanntgabe von Verwaltungsakten oder Allgemeinverfügungen, sondern lediglich eine Bekanntgabe, wie die Verwaltung der LH München weiter zu agieren gedachte. Ein gegenläufiger Stadtratbeschluss wäre jedenfalls auch nach dem 01.07.2020 noch rechtlich möglich gewesen. Die Verwaltung folgte jedoch ebenso wie der Stadtrat der LH München durch Nichtzulassung von Unternehmen wie der Klägerin zum Oktoberfest im Zeitraum des Versicherungsvertrages 01.07.2020 – 31.10.2020 der Ankündigung des Oberbürgermeisters. Damit ist das Schadensereignis, nämlich Ausfall des Oktoberfests 2020 auch in den Zeitraum des Versicherungsvertrages eingetreten.
Unschädlich insoweit ist auch, dass die Klägerin aufgrund des nicht weiter fortgeführten Zulassungsverfahrens nicht förmlich als Veranstalter auf dem Oktoberfest zugelassen worden war. Dieses Erfordernis ergibt sich bereits nicht aus den Versicherungs-Sonderbedingungen gem. Anlage K 2. Insbesondere treffen die Regelungen zu „Ausschlüssen“ in § 3 keine diesbezügliche Bestimmung.
Ein Wegfall des Anspruchs gem. §§ 346 i.V. mit 313 Abs. 1 Abs. 3 BGB wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage bestand ebenfalls nicht, da die Zulassung zum Oktoberfest bzw. die dahingehende Vorstellung i.S.d. § 313 Abs. 2 BGB nicht Geschäftsgrundlage wurde. Geschäftsgrundlage ist ein Umstand, der wenigstens von einer Partei der anderen erkennbar den Vertrag zugrunde gelegt worden ist, für die benachteiligte Partei so wichtig gewesen ist, dass sie den Vertrag bei Kenntnis der Sachlage nicht so geschlossen hätte und auf deren Berücksichtigung sich die andere Partei redlicherweise hätte einlassen müssen. Selbst wenn die Zulassung, wie von der Beklagten behauptet, im Vertrag erkennbar zugrunde gelegt worden wäre, hätte sich die Klägerin hierauf redlicherweise nicht einlassen müssen. Den Vertragsinhalt der vereinbarten Veranstaltungsausfallversicherung war es gerade, auch bei einem frühzeitigen Abbruch der Planung Deckung zu gewähren, unabhängig davon, ob zu diesem Zeitpunkt Zulassungen bereits erteilt wurden. Ein Umstand, über den sich die Parteien bereits vertraglich geeinigt haben, kann jedoch bereits begrifflich keine Geschäftsgrundlage sein.
2. Der geltend gemacht Schaden ergab sich aus dem von der Beklagten nicht substantiiert angegriffenen Gutachten des gerichtsbekannt sorgfältig arbeitenden Sachverständigenbüros …, die dem Gericht nach bald 16-jähriger Tätigkeit bei der Kammer für Handelssachen als sorgfältige Schadensermittler bekannt sind. Das Gericht hat sich hierbei an der Untergrenze der Schadensgesamtkosten von EUR 2.055.845,- orientiert, woraus die geringfügige Teilabweisung resultiert.
Die Beklagte kann nicht pauschal bestreiten, dass der Schaden nicht adäquat dargelegt worden sei. Dies ergibt sich aus § 138 Abs. 3 ZPO, weil das pauschale Bestreiten der Beklagten unzulässig ist.
Die Beklagte selbst hat Kenntnisse von dem Geschäftszahlen/-umfänge der Klägerin bereits aus ihren eigenen Überlegungen, die zur Bemessung der Gesamtprämie von brutto rund EUR 69.000,- führten. Denn der Umfang der Geschäfte ist Teil der Prämienermittlung. Diese Grundlage der Prämienberechnung ist der Mindestbereich des notwendigen Bestreitens, welches die Beklagte hätte anführen müssen, worüber der weitere Beklagtenvertreter … von derselben Kammer einige Wochen zuvor im Verfahren 14 HK O 6520/21 in der mündlichen Verhandlung vom 13.9.21 und damit sehr zeitnah hingewiesen worden war. In der mündlichen Verhandlung im vorliegenden Verfahren am 11.10.2021 konnte ggü. dem alleine anwesenden Beklagtenvertreter Dr. Bulach nicht weiter problematisiert werden, da bereits auf den Versuch, den Inhalt der Vertragsurkunde durch Auslegung der mündlichen Verhandlung zu erkunden, der Beklagtenvertreter abschließend bereits nur sagte: „Stellen wir doch die Anträge“ und sich damit weiterer Diskussion verwahrte.
Zur Schadensbemessung ist vom Versicherungsvertrag auszugehen, der angab „Versicherungssumme, Kosten und Gewinn EUR 5.200.000,-. Dies war die Versicherungssumme gemäß … der Versicherungsbedingung gemäß Anlage K 2. Als Gewinn wird dort in … definiert:
„Unter Gewinn ist der Betrag zu verstehen, der sich, bezogen auf das versicherte Ereignis, durch die Subtraktion der Kosten von den Einnahmen ergibt.
… Solange ein entgangener Gewinn mitversichert ist und der Betrag höher ist als 10 % der Versichertenkosten, so hat der Versicherungsnehmer in einem Schadenfall die Höhe des Gewinnes anhand der vor dem Schaden bereits verkauften Eintrittskarten nachzuweisen. Gelingt dieser Nachweis nicht und kann auch nicht durch Glaubhaftmachung unter Verweis auf den Verlauf des Vorverkaufs bis zum Schadeneintritt oder unter Verweis auf den Verlauf des Vorkaufes an einem anderen Veranstaltungsort oder z.B. bei Festivals einem anderen Versicherungszeitraum geführt werden, so erhält der Versicherungsnehmer zur Abgeltung seines entgangenen Gewinns einen Betrag in Höhe von 10 % aus der Versicherungssumme ohne Gewinn“.
Aus dieser Bedingung ergibt sich jedoch im vorliegenden Fall, dass die Klägerseite ihren Schaden und entgangenen Gewinn nachgewiesen hat durch Vorlage des Gutachtens Gielisch gem. Anlage K 8. Dessen Inhalt ist unstreitig geworden, da die Beklagte gem. § 138 ZPO es nicht hinreichend bestritten hat. Ein pauschales Bestreiten ohne weitere Darlegung, welche Überlegungen der Beklagten zur Prämienhöhe von rund EUR 69.000,- führten, ist unzulässig, da diese Kenntnisse nur bei der Beklagten existent sind.
Erst dann wäre ggf. ein Prüfungsmaßstab gewesen, inwieweit die Feststellung des Gutachtens … im vorliegenden Fall nicht eintreten hätten können.
Das Gutachten … hat – teilweise unter Einsichtnahme in die Buchhaltung – Material- und Wareneinkaufskosten, Personalkosten, Raumkosten, Versicherungskosten mit Ausnahme der vorliegenden streitgegenständlichen Versicherung, Kfz-Kosten, Werbekosten, Abschreibungen und Reparatur- und Instandhaltungskosten, sonstige betriebliche Kosten, sonstige neutrale Aufwendungen und sonstige Kosten aufgelistet zuzüglich eines entgangenen Gewinns. Die Auflistung war in sich schlüssig und nachvollziehbar, wenn beispielsweise das Gutachten auch die Preisdifferenz aus dem Weiterverkauf des bereits georderten Ochsenfleischs darlegte. Auch hat beispielsweise das Sachverständigenbüro … Kosten für Reparaturen und Instandhaltungsmaßnahmen in Höhe von knapp EUR 21.000,- herausgerechnet, da dies der ausgefallenen Veranstaltung 2020 nicht zugeordnet werden könnte. Das Gericht hat aus diesem Grund zugunsten der Beklagten bezüglich des entgangenen Gewinns nur die Annahme der schlechteren Gewinnuntergrenze zugrunde gelegt, wie sie das Sachverständigenbüro … auch auf Seite 26 f. seines Gutachtens errechnet hatte. Aufgrund des Verhaltens des Beklagtenvertreters konnte eine mündliche Verhandlung darüber auch nicht stattfinden, da der Beklagtenvertreter in der Sitzung lediglich die Anträge stellen lassen wollte. Spätestens hierdurch wurden die von der Beklagtenseite durch Vorlage des sachverständigen Gutachtens … genannten Beträge gem. § 138 Abs. 3 ZPO unstreitig, da sie als zugestanden anzusehen sind. Aus diesem Grund ist der Klägerseite auch der Nachweis des angefallenen Gewinns durch Glaubhaftmachung anderer Veranstaltungsorte bzw. Veranstaltungen i.S. der Klausel von Ziffer § 1 Ziffer 4, 3. Absatz gelungen, so dass es auf die 10 % Grenze, wie sie die Beklagtenseite aufführt, nicht ankam.
Ferner greift die Versicherungsbedingung auch nicht. Im Versicherungsschein angegeben „Versicherungssumme Kosten und Gewinn € 5.200.000,-“; da der Klägerin hier nur knapp € 514.000,- zugesprochen wurden, ist diese Grenze gar nicht erreicht, geschweige denn überschritten.
Von den geltend gemachten Anwaltskosten stehen der Klägerseite lediglich EUR 3.724,- netto zuzüglich Zinsen statt der ursprünglichen EUR 11.021,90 zu. Dies ergibt sich aus der Zugrundelegung des in der Hauptsache zugesprochenen Betrages von EUR 513.961,25; Basis für die Rechnung des Gebührenstreitwerts waren im Hinblick auf die lediglich 25 %-Beteiligung der Beklagten lediglich dieser Streitwert, nicht der Gesamtstreitwert, der ggf. von weiteren Versicherern zu tragen ist.
3. Kosten vorläufige Vollstreckbarkeit §§ 91, 92 II Nr. 1, 709 ZPO.


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