Aktenzeichen 1 StR 427/18
§ 266 Abs 1 StGB
§ 261 StPO
§ 267 StPO
Verfahrensgang
vorgehend LG Augsburg, 2. Februar 2018, Az: 510 Js 106652/12 – 10 KLs
Tenor
1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Landgerichts Augsburg vom 2. Februar 2018 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben. Die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen – bleiben aufrechterhalten.
2. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
3. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
Gründe
1
Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Untreue in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.
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Hiergegen wendet sich die auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten. Das Rechtsmittel erzielt den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
I.
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Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
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1. Der Angeklagte übernahm im Jahr 1983 das Amt des Kämmerers der Großen Kreisstadt L. , das er bis zum Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2013 ausübte.
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Ab dem Jahr 2003 befasste er sich mit der Möglichkeit, die Zinsbelastung der Stadt L. aus Festzinskrediten durch den Einsatz derivater Finanzinstrumente zu reduzieren und das Schuldenmanagement zu optimieren. Über die Zulässigkeit von Derivatgeschäften und deren rechtliche Rahmenbedingungen informierte er sich bei dem Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband sowie beim Landratsamt L. und holte verschiedene Angebote ein.
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Sodann erläuterte der Angeklagte Funktion und Wirkungsweise von Finanzderivaten sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für deren Einsatz in den Sitzungen des Verwaltungs- und Finanzausschusses vom 10. November 2004 und des Stadtrates vom 24. November 2004. Zugleich sprach er sich – nach Vergleich verschiedener Angebote – für eine Zusammenarbeit mit dem Privatbankhaus H. KGaA (im Folgenden: A Bank) aus. Daraufhin fasste der Stadtrat in der genannten Sitzung vorlagegemäß einen Grundsatzbeschluss, durch den die Verwaltung ermächtigt wurde, zur Steuerung und Optimierung der bestehenden Kredite und Darlehen moderne Finanzinstrumente einzusetzen. Betont wurde, dass diese stets im Zusammenhang mit Grundgeschäften stehen müssten. Der Oberbürgermeister Le. wurde zum Abschluss der erforderlichen Rahmenverträge mit dem günstigsten Anbieter ermächtigt. In Umsetzung dieses Beschlusses unterzeichnete der Oberbürgermeister Le. in der Folge zwei Rahmenverträge mit der A Bank. Zudem ermächtigte er den Angeklagten sowie dessen Mitarbeiter M. und G aus dem Referat Haushaltswirtschaft am 17. März 2005, die Stadt jeweils einzeln gegenüber der A Bank beim Abschluss der Finanzgeschäfte zu vertreten.
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Ab dem 24. März 2005 schloss der Angeklagte auf Grundlage der genannten Rahmenverträge eine Vielzahl von Derivatgeschäften ab, die sich anfangs im Rahmen des kommunalrechtlich Zulässigen bewegten. Dabei handelte es sich zunächst um zwei einander nachfolgende Finanzderivate in Form sog. „swaps“ (IRS 664 und IRS 504), also Verträge zur Modellierung von Zinslasten (sog. „Plain Vanilla Swaps“). Das damit verbundene Zinsschwankungsrisiko aus den durch die Stadt zu zahlenden variablen Zinsen begrenzte er durch den gleichzeitigen Abschluss eines sog. „Caps“.
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Nicht mehr zur Steuerung des Zinsaufwandes und zur Optimierung des Kreditportfolios der Stadt L. geeignet waren dagegen fünf sog. „Swaptions“, deren Verkauf an die A Bank der Angeklagte in der Zeit von Juni 2006 bis Juni 2008 veranlasste. Dabei handelte es sich um Optionen auf Zinsswaps, die dem Vertragspartner gegen Zahlung einer Prämie an die Stadt das Recht verschaffen, zukünftig in einen bestimmten Zinsswap einzutreten. Dabei verfolgte der Angeklagte allein das Ziel, kurzfristig Gewinne in Form der vereinnahmten Optionsprämien zu generieren. Der zuständige Verwaltungs- und Finanzausschuss wurde über diese Geschäfte erst im Nachhinein informiert.
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a) Des Weiteren schloss der Angeklagte für die Stadt L. am 25. Juni 2008 einen aus dem Festzinsempfänger-Swap IRS 968 (Laufzeit bis 30. Juni 2010, Festzins 5,255 % p.a.) und dem Festzinszahler-Swap IRS 969 (Laufzeit bis 29. Dezember 2034, Festzins 4,805 % p.a.) bestehenden Doppelswap mit der A Bank ab (Tat 1). Beide Swaps hatten einen Bezugsbetrag von jeweils 41.959.193 EUR, was dem Gesamtportfolio der Stadt und einem Teil des Kreditportfolios der Stadtwerke entsprach. Während der Swap IRS 968 keinem konkreten Kredit zugeordnet war, bezog sich der Swap IRS 969 – ebenso wie eine der Swaptions (IRS 203) – auf den 2006 abgeschlossenen Festzinsempfänger-Swap IRS 504 (Grundgeschäft). Im Rahmen des Swaps IRS 969 stand der Bank ein einseitiges Kündigungsrecht zu; hierfür musste sie eine Optionsprämie zahlen, die in die Zinskonditionen eingepreist wurde und für zwei Jahre zu einem Zinsgewinn der Stadt von 0,45 % p.a. führte.
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In der Folge übte die A Bank die Swaption IRS 203 aus. Aus dem dadurch begründeten Festzinszahler-Swap IRS 1002 folgte eine jährliche Zinsbelastung der Stadt von 4,61 % (Bezugsbetrag: 28.158.335 EUR). Vorangegangenen Empfehlungen, die Swaption zurückzukaufen, war der Angeklagte nicht gefolgt. Zudem bezog sich der Festzinszahler-Swap IRS 1002 auf denselben Festzinsempfänger-Swap (IRS 504) wie der Swap IRS 969, so dass die Festzinsempfängerposition nunmehr doppelt abgesichert war. Darauf, dass dadurch die Konnexität nicht mehr gewährleistet sei, wies die Bank den Angeklagten hin. Der Angeklagte gab dies weder den zuständigen Organen der Stadt weiter noch unterrichtete er diese über die Möglichkeit gegen eine Abschlagszahlung von ca. 3 Mio. EUR ganz aus dem Derivat auszusteigen.
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b) Stattdessen veranlasste er – wiederum ohne Wissen des Verwaltungs- und Finanzausschusses, dass der als Gegengeschäft für die Derivate IRS 969 und IRS 1002 ausgewiesene Festzinsempfänger-Swap IRS 504 am 5. Februar 2010 gegen eine Ausgleichszahlung zu Gunsten der Stadt L. in Höhe von 969.500 EUR aufgelöst wurde, um so das Zinsergebnis für das Jahr 2010 zu verbessern (Tat 2). Darüber, dass sich dadurch die Verletzung des Konnexitätsprinzips vertiefte, wurde der Angeklagte aufgeklärt.
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Die jeweils mit den Finanzgeschäften verbundenen Risiken und Verstöße gegen das Konnexitätsprinzip (Taten 1 und 2) sowie das kommunalrechtliche Spekulationsverbot durch Einräumung des einseitigen Kündigungsrechts (Tat 1) erkannte der Angeklagte, setzte sich darüber aber bewusst zwecks Prämiengenerierung hinweg. Bis September 2017 musste die Stadt L. aus dem Swap IRS 969 insgesamt Zinsen in Höhe von rund 3,7 Mio. EUR zahlen.
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2. Das Landgericht hat angenommen, dass der Stadt L. durch das Tatverhalten des Angeklagten jeweils Vermögensnachteile in Form des negativen Barwerts der abgeschlossenen Geschäfte entstanden seien, was der Angeklagte für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen habe.
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Zur Ermittlung des jeweiligen negativen Barwertes hat sich die Strafkammer der Hilfe des Sachverständigen W. bedient. Dieser ist von der Prämisse ausgegangen, dass bei Abschluss eines Derivatgeschäfts im Verhältnis Verbraucher und Bank zwingend ein negativer Barwert für Ersteren entstehe, weil Kosten und Gewinnerwartung der Bank eingepreist würden. Zur Berechnung des negativen Barwertes des Doppelswaps habe er dessen Risikoprofil ermittelt, das aufgrund des einseitigen Kündigungsrechts der Bank für den Swap IRS 969 asymmetrisch gewesen sei. Den Wert bezifferte der Sachverständige mit 138.785 EUR (Tat 1). Bei der Veräußerung des Swaps IRS 504 hat der Sachverständige im Ausgangspunkt darauf abgestellt, wie hoch der faire Marktwert des Swaps im Verkaufszeitpunkt war. Dies sei der Betrag, der im Verhältnis zweier Großbanken für die Übernahme der Position aus dem Swap zu zahlen gewesen wäre. Der Sachverständige hat diesen Betrag auf 1.050.000 EUR beziffert. Abzüglich der tatsächlich gezahlten 969.500 EUR ergebe sich danach ein Vermögensnachteil von 80.500 EUR (Tat 2). Bis zum Jahr 2016 habe die Auflösung des IRS 504 zu einem Vermögensverlust in Höhe von ca. 5 Mio. EUR für die Stadt L. geführt (sog. Verlaufsschaden).
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Diese Ausführungen des Sachverständigen hat das Landgericht für schlüssig befunden und ist ihnen gefolgt. Gestützt sieht es seine Berechnung hinsichtlich Tat 2 dadurch, dass die Verteidigung des Angeklagten im Verfahrensverlauf ein sog. Orderticket der A Bank vorlegte, wonach der Wert des IRS 504 am Tag der Auflösung 1.005.000 EUR betragen habe, was der Mitarbeiter der A Bank Ho. als „Interbankenpreis“ bezeichnet habe, also den Preis, den die Bank selbst bei Auflösung des Derivats erzielt hätte.
II.
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Der Schuldspruch wegen Untreue zum Nachteil der Stadt L. in zwei Fällen hält sachlich-rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht ist zwar im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Abschluss der verfahrensgegenständlichen Verträge jeweils eine ihm obliegende Vermögensbetreuungspflicht verletzte; indes genügen die Urteilsgründe den Anforderungen an die Darlegung zur Feststellung eines Vermögensnachteils durch die Derivatabschlüsse nicht.
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1. Die in § 266 Abs. 1 StGB vorausgesetzte Vermögensbetreuungspflicht (vgl. hierzu BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16, BGHSt 62, 144 Rn. 49 ff. mwN) folgt für den Angeklagten bereits aus seiner Stellung als Kämmerer der Stadt L. . Als Kämmerer oblag es ihm, die Finanzwirtschaft der Stadt L. gemäß den gesetzlich geregelten Haushaltsbestimmungen selbständig zu führen, alle für eine geordnete Finanzwirtschaft erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen und das Vermögen der Stadt vor Nachteilen zu bewahren.
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2. Der Angeklagte hat diese Vermögensbetreuungspflicht verletzt, indem er die verfahrensgegenständlichen Finanzderivate abschloss.
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a) Nach der Rechtsprechung des Senats konkretisiert sich der Maßstab der Sorgfaltspflicht, den ein kommunaler Entscheidungsträger bei Abschluss von Finanzgeschäften zu beachten hat, aufgrund der kommunalrechtlichen Rahmenbedingungen wie folgt (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18 Rn. 19; Urteil vom 21. Februar 2017 – 1 StR 296/16 aaO mwN): Ein Finanzgeschäft einer Kommune muss zunächst einen sachlichen und zeitlichen Bezug zu einem konkret vorhandenen oder aktuell neu abgeschlossenen Kreditvertrag dergestalt aufweisen, dass das mit dem Grundgeschäft verbundene Risiko durch das Finanzgeschäft in einer angemessenen Weise abgesichert oder optimiert wird (Konnexität). Darüber hinaus ist der Abschluss eines Finanzgeschäfts dann pflichtwidrig, wenn das Risiko des Kapitalverlustes die Chance des Kapitalgewinns deutlich übersteigt und dadurch die kommunale Aufgabenbindung und -erfüllung nicht unerheblich gefährdet wird, wenn die Abwägungsentscheidung infolge von Informationsdefiziten oder Mängeln bei der Sachverhaltserfassung nicht richtig erfolgen konnte, wenn sachfremde Gesichtspunkte in die Entscheidungsfindung einfließen sowie wenn konkrete Anweisungen der Aufsichtsbehörde zu den Geschäftskonditionen zu Gunsten einer Chance auf höhere Kostenreduzierung missachtet werden.
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b) Nach den Urteilsfeststellungen hat der Angeklagte in mehrfacher Hinsicht gegen diese Anforderungen verstoßen: Zum einen hatten beide verfahrensgegenständlichen Finanzderivate keinen ausreichenden Bezug zu den bisherigen Kreditverträgen. Durch den Verkauf des Derivats IRS 504 vertiefte sich die Verletzung des Konnexitätsprinzips noch weiter, weil dadurch das Bezugsgeschäft zweier Festzinszahler-Swaps (IRS 969 und 1002) wegfiel. Zum anderen lief der Abschluss des Doppelswaps dem Spekulationsverbot zuwider, indem der A Bank ein einseitiges Kündigungsrecht eingeräumt wurde, was zu einem asymmetrischen Risikoprofil zu Lasten der Stadt L. und somit zu einem erhöhten Verlustrisiko für diese führte. Schließlich handelte der Angeklagte aus Erwägungen, die der kommunalrechtlichen Haushaltswirtschaft fremd sind, weil es ihm jeweils allein um die kurzfristige Prämiengenerierung ging.
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3. Die Urteilsgründe genügen jedoch nicht den Darlegungsanforderungen an die Feststellung eines Vermögensnachteils durch die Derivatabschlüsse.
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a) Ein dem betreuten Vermögen zugefügter Nachteil im Sinne des § 266 Abs. 1 StGB ist jede durch die Tathandlung verursachte Vermögenseinbuße. Die Vermögensminderung ist dabei nach dem Prinzip der Gesamtsaldierung festzustellen; maßgeblich ist der Vergleich der Vermögenswerte unmittelbar vor und nach der pflichtwidrigen Verhaltensweise zu Lasten des betroffenen Vermögens (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH, Beschluss vom 19. September 2018 – 1 StR 194/18 Rn. 22 mwN). Ein Nachteil liegt deshalb nicht vor, wenn durch die Tathandlung zugleich ein den Verlust aufwiegender Vermögenszuwachs begründet wird. Werterhöhend kann auch eine vermögenswerte realistische Gewinnerwartung wirken (BGH aaO mwN).
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Ein Nachteil im Sinne von § 266 Abs. 1 StGB kann als sog. Gefährdungsschaden auch darin liegen, dass das Vermögen des Opfers aufgrund der bereits durch die Tathandlung begründeten Gefahr des späteren endgültigen Vermögensabflusses in einem Maße konkret beeinträchtigt wird, dass dies schon zu diesem Zeitpunkt eine faktische Vermögensminderung begründet. Jedoch darf dann die Verlustwahrscheinlichkeit nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens letztlich nicht belegbar bleibt. Voraussetzung ist vielmehr, dass unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls der Eintritt eines Schadens so naheliegend erscheint, dass der Vermögenswert aufgrund der Verlustgefahr bereits gemindert ist (BVerfGE 126, 170, 221 ff.; BGH aaO Rn. 23 mwN). Unter diesen Voraussetzungen kann bereits in dem Abschluss wirtschaftlich nachteiliger Verträge eine vermögensnachteilsgleiche Vermögensgefährdung liegen (BGH aaO).
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Da der Vermögensnachteil ein selbstständiges, neben der Voraussetzung der Pflichtverletzung stehendes Tatbestandsmerkmal darstellt, ist er – von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen – eigenständig zu ermitteln, anhand üblicher Maßstäbe des Wirtschaftslebens zu konkretisieren und zu beziffern (st. Rspr.; vgl. zuletzt BGH aaO Rn. 24 mwN). Nach bilanzieller Betrachtungsweise liegt dabei beim Abschluss von Zinsswap-Verträgen ein Nachteil in Höhe der zu bildenden Drohverlustrückstellungen (§ 249 HGB) vor, die nach dem Marktwert des Derivats zu bewerten sind. Der Marktwert eines Anlage- oder Derivatgeschäfts ist auf Grundlage der Höhe des konkreten Ausfallrisikos sowie des Wahrscheinlichkeitsgrades einer Gewinnerzielung – auch unter Berücksichtigung der den Vertragspartnern jeweils eingeräumten Kündigungsmöglichkeiten – unter Anwendung finanzmathematischer Berechnungen bzw. betriebswirtschaftlicher Bewertungskriterien zu ermitteln (BGH aaO mwN). Ein Vermögensnachteil kann dabei einerseits dann vorliegen, wenn die seitens des Vermögensinhabers eingeräumte Gewinnmarge marktunüblich ist und daher den Wert des Vertragsschlusses übersteigt, und andererseits, wenn der Wert des abgeschlossenen Finanzderivats hinter dem Wert der dadurch abgelösten Zahlungspflicht zurückbleibt (im Einzelnen BGH aaO Rn. 26 ff.). Für das Vorliegen eines Vermögensnachteils im erstgenannten Sinn reicht es nicht aus, dass die Bank überhaupt eine Gewinnmarge vereinnahmt; vielmehr muss diese gemessen am üblichen Marktpreis überhöht sein (BGH aaO Rn. 25 ff.; ebenso SSW/Saliger, StGB, 4. Aufl., § 266 Rn. 118; Schweiger, WuB 2019, 157, 160; Strauß, ZWH 2019, 50, 55). Die Marktüblichkeit bestimmt sich nach den konkreten zeitlichen und örtlichen Verhältnissen und nach der jeweiligen Handels- und Umsatzstufe (vgl. auch LK/Tiedemann, StGB, 12. Aufl., § 263 Rn. 163 mwN).
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b) Diesen Vorgaben wird das landgerichtliche Urteil nicht gerecht. Es leidet insoweit an einem Darstellungsmangel.
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aa) Es kann dahinstehen, ob das Landgericht bei der Ermittlung etwaiger Vermögensnachteile bereits einen falschen Ausgangspunkt gewählt hat. Zwar stellt es – insoweit zutreffend – auf den jeweiligen Marktwert der Derivatgeschäfte ab, geht aber – dem Sachverständigen folgend – davon aus, dass dieser bei Geschäften zwischen „Verbrauchern“ und Banken für Erstere aufgrund der eingepreisten Kosten und der Gewinnmarge stets negativ sei, und scheint darin den jeweiligen Vermögensnachteil zu sehen. Dies steht aber zum einen nicht in Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, wonach ein Vermögensnachteil nur bei einer marktunüblich überhöhten Gewinnmarge gegeben ist, während im Falle eines marktüblichen Entgelts der jeweilige Vertragsabschluss und die damit eingeräumten Zahlungsaufschübe und Gewinnchancen als Gegenleistung für die eingeräumte Gewinnmarge zu verstehen sind (vgl. BGH aaO Rn. 27). Bei der Ermittlung des Marktpreises wäre vorliegend auf Geschäfte zwischen Kommunen und Banken abzustellen. Zum anderen mag zwar ein gewisser Anhalt dafür gegeben sein, dass Geschäfte zwischen Verbrauchern und Banken eher für Letztere wirtschaftlich vorteilhaft sind; dies gilt aber nicht ausnahmslos und erübrigt nicht eine Beweisführung und richterliche Überzeugungsbildung im Einzelfall.
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bb) Folgt das Tatgericht der Beurteilung eines Sachverständigen hat es dessen Ausführungen im Urteil zumindest in gedrängter Form zusammenfassend unter Mitteilung der wesentlichen tatsächlichen Grundlagen (Anknüpfungstatsachen) und der daraus gezogenen Schlussfolgerungen (Befundtatsachen) darzustellen, damit das Revisionsgericht prüfen kann, ob die Beweiswürdigung auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht und die Schlussfolgerungen nach den Gesetzen der Logik, den Erfahrungssätzen des täglichen Lebens und den Erkenntnissen der Wissenschaft möglich sind (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 31. Mai 2017 – 5 StR 149/17 Rn. 10; Urteil vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 Rn. 2). Dies gilt in besonderem Maß, wenn es sich dem Ergebnis ohne Angabe eigener Erwägungen anschließen will und allein auf die Sachkunde des Gutachters vertraut (BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012 – 5 StR 52/12 Rn. 8; Urteil vom 3. Mai 2012 – 3 StR 46/12 Rn. 8). Der Umfang der Darlegungspflicht richtet sich danach, ob es sich um eine standardisierte Untersuchungsmethode handelt, sowie nach der jeweiligen Beweislage und der Bedeutung, die der Beweisfrage für die Entscheidung zukommt (BGH, Urteil vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 aaO).
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cc) Diesen Anforderungen genügt die Darstellung des Gutachtens vorliegend im Hinblick auf beide verfahrensgegenständliche Taten nicht. Bei der Ermittlung des Marktwertes eines Anlage- oder Derivatgeschäfts unter Anwendung finanzmathematischer Berechnungen bzw. betriebswirtschaftlicher Bewertungskriterien handelt es sich nicht um ein standardisiertes Verfahren, so dass das Tatgericht erhöhte Darlegungsanforderungen treffen. Sofern es bei der Berechnung des Marktwertes eine mathematische Formel heranzieht, hat es diese regelmäßig mitzuteilen und den Rechenweg unter Anwendung der Formel zumindest in zusammenfassender und nachvollziehbarer Form darzustellen.
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(1) Zu dem Doppelswap führt der Sachverständige aus, dessen Risikoprofil sei aufgrund des der Bank eingeräumten Kündigungsrechts asymmetrisch ausgestaltet gewesen, und setzt dessen negativen Barwert mit dem Preis des Kündigungsrechts gleich. Zu seiner diesbezüglichen Berechnung teilt die Strafkammer mit, den Wert habe er durch „Vergleich und Mittelung in anderen Fällen bezahlter und damit marktüblicher Preise für Kündigungsrechte vergleichbarer Swaps“ ermittelt.
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Eine derartige, im Wesentlichen auf die Mitteilung des Ergebnisses des Gutachtens beschränkte Darstellung reicht nicht aus, wenn es sich – wie vorliegend – um kein allgemein anerkanntes und weithin standardisiertes Verfahren handelt (BGH, Urteile vom 27. Oktober 1999 – 3 StR 241/99 aaO und vom 29. September 1992 – 1 StR 494/92 Rn. 4). Auch hat die Strafkammer davon abgesehen darzulegen, warum sie die Ausführungen des Sachverständigen in eigener Verantwortung billigt; dass sie seine Berechnungen für „vollkommen schlüssig“ halte und sich nach „kritischer Würdigung zu eigen“ mache, reicht dazu nicht (vgl. BGH, Urteil vom 21. April 1982 – 2 StR 780/81 Rn. 4).
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Um dem Senat die Überprüfung der Schlüssigkeit des Gutachtens und seines Beweiswertes zu ermöglichen, hätte das Landgericht daher zumindest darlegen müssen, wie viele Vergleichsfälle der Sachverständige herangezogen und nach welchen Kriterien er diese ausgewählt hat. Nur dann wäre dem Urteil zu entnehmen, ob das verwendete Vergleichsmaterial überhaupt repräsentativ war (vgl. zur Auswahl der Vergleichspopulation bei DNA-Analysen BGH, Urteil vom 21. März 2013 – 3 StR 247/12, BGHSt 58, 212 Rn. 13).
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Damit ist im Ergebnis ein im Wesentlichen auf das einseitige Kündigungsrecht zurückzuführender negativer Barwert zum Zeitpunkt des Abschlusses des betreffenden Derivatgeschäfts in Höhe von 138.785 EUR weder belegt noch nachvollziehbar. Der Senat kann auch nicht dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe einen Mindestschaden für die „Eingehungsuntreue“ entnehmen.
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(2) Den negativen Barwert im Hinblick auf die Veräußerung des Swaps IRS 504 sieht der Sachverständige in der Differenz zwischen dem „fairen Marktwert“ des Swaps und dem tatsächlich von der Stadt L. erzielten Verkaufspreis. Als fairen Marktwert setzt er den Betrag an, der im Verhältnis zweier Großbanken für die Übernahme zu zahlen gewesen wäre (vgl. zu diesbezüglichen Bedenken bereits oben unter 3. a)). Zu seiner Berechnung führt das Landgericht aus, dieser sei „über Bloomberg unter Zugrundelegung bestimmter Preisalgorithmen und Bewertung des Swaps auf Basis historischer Zinsen sowie durch Abzinsung und Bildung eines Mittelwertes aus Bit und Ask Spread Satz“ erfolgt.
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Auch diese allgemein gehaltene Wiedergabe der Ausführungen des Sachverständigen ermöglicht dem Senat die gebotene Nachprüfung nicht. Dem Urteil sind weder die von dem Sachverständigen angewandte Berechnungsmethode zumindest in ihren groben Zügen noch die im Rahmen der Berechnung verwendeten Parameter zu entnehmen. Dies gilt namentlich für die herangezogenen Preisalgorithmen, die Zinssätze sowie den Bid- Ask Spread Satz. Auch was unter einer „Berechnung nach Bloomberg“ zu verstehen ist, gehört nicht zum Allgemeinwissen und hätte daher zumindest knapp erläutert werden müssen.
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Zwar stellt das Landgericht insofern eigene ergänzende Erwägungen dazu an, warum es die Ausführungen des Sachverständigen für überzeugend hält. Diese wecken aber tatsächlich eher Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses: So sieht das Landgericht die Berechnungen durch den auf dem Orderticket ausgewiesenen Preis gestützt, obwohl dieser auf 1.005.000 EUR lautet, so dass zu dem von dem Sachverständigen errechneten Betrag von 1.050.000 EUR immerhin eine Differenz von 45.000 EUR besteht und damit mehr als die Hälfte des dem Angeklagten angelasteten Schadens aus dieser Tat.
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4. Die Aufhebung des Schuldspruchs entzieht den verhängten Einzelstrafen und der daraus gebildeten Gesamtstrafe die Grundlage. Die Feststellungen des Landgerichts sind aufzuheben, soweit sie von dem aufgezeigten Rechtsfehler betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO). Aufrechterhalten bleiben können deshalb die Feststellungen zum objektiven Tatgeschehen – mit Ausnahme derjenigen zum Vorliegen von Vermögensnachteilen. Ergänzende Feststellungen, die zu den bisherigen nicht im Widerspruch stehen, bleiben insoweit möglich.
Raum
Fischer
Bär
Leplow
Pernice