Aktenzeichen IX R 15/16
§ 120 Abs 2 S 1 FGO
§ 56 Abs 2 FGO
Leitsatz
NV: Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht gewährt werden, wenn nach den glaubhaft gemachten Tatsachen die Möglichkeit offenbleibt, dass die Fristversäumnis vom Prozessbevollmächtigten verschuldet war.
Verfahrensgang
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 4. April 2016, Az: 8 K 2166/14, Urteil
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 4. April 2016 8 K 2166/14 wird als unzulässig verworfen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
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I. Die Beteiligten streiten über die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie in der Sache über den Ansatz eines Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft nach § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes.
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Mit Einkommensteuerbescheid 2012 vom 26. Juli 2013 sowie mit Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2014 hatte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt –FA–) einen Gewinn aus einem privaten Veräußerungsgeschäft in Höhe von 26.000 € erfasst. Mit Urteil vom 4. April 2016 hat das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) die von den Klägern und Revisionsklägern (Kläger) dagegen erhobene Klage abgewiesen und die Revision zugelassen. Das FG-Urteil ist dem von den Klägern bevollmächtigten Rechtsanwalt mittels Empfangsbekenntnis am Dienstag, den 12. April 2016, zugestellt worden. Mit am Dienstag, den 10. Mai 2016, beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangenen Schriftsatz haben die Kläger Revision gegen das Urteil eingelegt. Eine Verlängerung der Frist zur Begründung der Revision durch den Senatsvorsitzenden aufgrund eines vor Ablauf der Frist gestellten Antrags erfolgte nicht.
3
Mit Schreiben des Vorsitzenden vom 20. Juni 2016 wurde der Prozessbevollmächtigte der Kläger auf den am 13. Juni 2016 erfolgten Ablauf der Revisionsbegründungsfrist und die bis dahin fehlende Revisionsbegründung hingewiesen.
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Mit Schreiben vom 12. Juli 2016 haben die Kläger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Zur Begründung bringen sie vor, ihr Prozessbevollmächtigter habe nach Eingang des FG-Urteils die Handakte und den Vorgang seiner erfahrenen und bis dahin stets sorgfältig und zuverlässig arbeitenden Büroangestellten ausgehändigt. Er habe diese angewiesen, im Fristenkalender die Revision auf den 12. Mai 2016 sowie die Begründung der Revision auf den 13. Juni 2016 zu notieren. Zudem habe eine Vorfrist für den 6. Mai 2016 und den 7. Juni 2016 notiert werden sollen. Anschließend habe die Akte ihm mit Ausführungsbestätigung sofort wieder vorgelegt werden sollen. Diese Anweisung sei noch im Beisein des Prozessbevollmächtigten auf dem Urteil notiert worden. Die Büroangestellte habe anschließend die Eintragung der Frist zur Einlegung der Revision nebst der Vorfrist vorgenommen. Die Eintragung der Revisionsbegründungsfrist, der Vorfrist dazu und die sofortige Wiedervorlage der Akte sei versäumt worden. Nachdem die Kläger den Prozessbevollmächtigten am 5. Mai 2016 mit der Einlegung der Revision beauftragt hätten und dieser die Revision am 10. Mai 2016 eingelegt habe, habe sich die Akte im Büro ihres Prozessbevollmächtigten befunden. Bei der Büroangestellten handele es sich um eine geschulte und stets zuverlässige Bürokraft, die den Fristenkalender seit mehr als fünfeinhalb Jahren sorgfältig und fehlerlos geführt habe. Daher liege ein Büroversehen einer bis dahin fehlerfrei arbeitenden Büroangestellten vor. An das genaue Geschehen während der Eintragung der Fristen könne sich die Büroangestellte allerdings nicht mehr erinnern. Sie vermute, dass sie bei Eintragung der Fristen durch andere Arbeitsaufträge abgelenkt gewesen sei.
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Die Kläger beantragen,ihnen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Hinblick auf die Frist zur Begründung der Revision zu gewähren, das Urteil des FG vom 4. April 2016 und die Einspruchsentscheidung vom 23. Mai 2014 aufzuheben und den Bescheid über Einkommensteuer 2012 vom 26. Juli 2013 dahingehend zu ändern, dass die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in Höhe von 26.000 € nicht berücksichtigt werden.
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Das FA beantragt sinngemäß,die Revision als unzulässig zu verwerfen.