Arbeitsrecht

Beurteilungsspielraum des Wahlvorstands bei der Bereichszuordnung der Wahlbewerber nach § 2 Abs. 3 BayRKWO

Aktenzeichen  1 KO 2/18

Datum:
21.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53799
Gerichtsart:
Kirchliches Arbeitsgericht
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Kirchengerichte
Normen:
BayRKWO § 2 Abs. 1 und Abs. 3, § 23 Abs. 1

 

Leitsatz

Dem Wahlvorstand kommt bei der Bereichszuordnung der Wahlbewerber nach § 2 Abs. 3 Bay. Regional-KODA-Wahlordnung (BayRKWO) ein Beurteilungsspielraum zu.

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klage ist in der zuletzt beantragten Form zulässig.
Der Rechtsweg/ die sachliche Zuständigkeit des Kirchlichen Arbeitsgerichts ist gegeben, da eine Streitigkeit aus dem Recht der Kommissionen zur Ordnung des Arbeitsvertragsrechts vorliegt (§ 2 Abs. 1 KAGO). Dazu gehört auch das Wahlrecht für diese Kommissionen.
Der Kläger als Wahlberechtigter ist klagebefugt (§§ 25 BayRKWO, 8 Abs. 1, lit. c) KAGO). Das Kirchliche Arbeitsgericht für die Bayerischen (Erz-) Diözesen ist nach § 3 Abs. 2, Satz 1 KAGO auch örtlich zuständig, weil die Geschäftsstelle der hier betroffenen Bay. RegionalKODA-Kommission ihren Sitz (Augsburg) in dessen Gerichtsbezirk hat.
Ob die kirchengesetzlichen Fristen für die Anfechtung eingehalten sind und der Beklagte der richtige Anfechtungsgegner ist, gehört zur Begründetheit der Klage und ist deshalb hier nicht zu prüfen.
II.
Die Klage ist unbegründet.
Es bestehen bereits gewichtige Zweifel, ob der Kläger die formellen Vorgaben an eine durchgreifende Anfechtung der Wahl der Mitarbeitervertreter zur KODA-Kommission nach der BayRKWO beachtet hat. Die Kammer des Kirchlichen Arbeitsgerichts geht davon aus, dass der Beklagte nicht der zutreffende Anfechtungs-/Klagegegner ist, sondern die Passivlegitimation beim Regional-Wahlvorstand liegt (§§ 24, 25 BayRKWO).
Unabhängig davon liegt nach der Erkenntnis der Kammer kein Verstoß des Beklagten gegen das anzuwendende Wahlrecht vor (§ 25 Abs. 1 u. 3 BayRKWO).
1. Zugunsten des Klägers ist davon auszugehen, dass er die (vorprozessuale) zweiwö chige Anfechtungsfrist ab Bekanntgabe des vorläufigen Wahlergebnisses beachtet hat (§ 25 Abs. 1 BayRKWO). Zwar hat er sofort die gerichtliche Klage erhoben und den vorprozessualen Anfechtungsweg nicht beschritten. Allerdings sind in der Klageschrift die Anfechtung und ihre Begründung hinreichend deutlich formuliert. Damit ist auch die vorprozessuale Anfechtung jedenfalls „inzidenter“ wirksam geschehen. Da die so zu bewertende Klageschrift dem beklagten Wahlvorstand am 09.05. 2018 zugegangen ist, ist auch die zweiwöchige Anfechtungsfrist gewahrt (§§ 187, 188 Abs. 2, 193 BGB). Ohne Bedeutung ist dabei, dass dem Beklagten die Anfechtung quasi mittelbar über das Kirchliche Arbeitsgericht zugegangen ist. § 25 Abs. 1, S.2 BayRKWO schreibt keinen bestimmten Zugangsweg vor. Es ist genügend, wenn die Identität des Anfechtenden ausreichend deutlich erkennbar ist. Solches ist mit der Klageschrift zweifelsfrei gegeben.
Entgegen der Auffassung des Klägers hält die Kammer jedoch dafür, dass der beklagte diözesane Wahlvorstand für die vorprozessuale Anfechtung und entsprechend für die Anfechtungsklage nicht passivlegitimiert ist. Dabei ist dem Kläger zuzugestehen, dass die Benennung „Wahlvorstand“ in § 25 Abs. 1, S.2 BayRKWO indifferent ist und deshalb der Anfechtende den Anfechtungsadressaten auswählen könnte. Dabei wird jedoch nicht ausreichend beachtet, dass § 3 BayRKWO den allgemeinen Begriff „Wahlvorstand“ funktional differenziert. Danach kommt dem Regional-Wahlvorstand – wie §§ 13, 24 und insbesondere § 26 Abs. 2 BayRKWO ausweisen – eine koordinierende und beaufsichtigende Funktion zu. Für die gebotene Auslegung des Begriffs „Wahlvorstand“ ist gerade auf den systematischen Zusammenhang der Bestimmungen nach §§ 24 – 24 BayRKWO abzustellen.
Danach sind die einzelnen Wahlergebnisse beim Vorsitzenden des Regional-Wahlvorstandes zusammenzuführen und dann erfolgt die Bekanntgabe des gesamten vorläufigen Wahlergebnisses durch diesen (§ 24 Abs. 2 BayRKWO). Das Wahlergebnis erlangt also seine (vorläufige) Wirksamkeit nur durch den Regional-Wahlvorstand. Auch läuft die Anfechtungsfrist nur durch diesen Akt der Bekanntgabe an. Weiter stellt der RegionalWahlvorstand, bzw. sein Vorsitzender fest, ob die Zweiwochenfrist ohne Anfechtungserklärung abgelaufen ist (§ 26 Abs. 2, S.1 BayRKWO). Daraus wird deutlich, dass mit der Bekanntgabe des Wahlergebnisses der Regional-Wahlvorstand der „Herr“ des weiteren Wahlgeschehens ist. Dem folgend ist die Anfechtungserklärung an den Regional-Wahlvorstand zu richten. Auch ist nur er in der Anfechtungsklage der richtige Klagegegner. Dabei bleibt festzuhalten, dass für das Anfechtungsverfahren bei der Wahl der Mitarbeitervertreter zur bay. KODA-Kommission allein die BayRKWO maßgeblich ist. Es gilt der allgemeine Grundsatz der Spezialität der Norm.
All dies war für den Kläger durchaus erkennbar. Er war mehrjähriges Mitglied der Bay. KODAKommission und von daher mit der Bay. Regional -KODA-Ordnung (BayRKO) und deren Wahlordnung vertraut. Auch besitzt er eine gewisse juristische Grundausbildung und ist beruflich mit juristischen Aufgaben (Justiziariat) befasst.
2. Im Weiteren ergibt sich die Unbegründetheit der Klage aus dem fehlenden Verstoß gegen das geltende Wahlrecht seitens des Beklagten. Die von diesem vorgenommene Zuordnung der Kandidatin C. zum Wahlbereich 7 ist nicht zu beanstanden.
§ 2 Abs. 1, S.2 BayRKWO bestimmt, dass dem Wahlbereich 2 (Verbands- und/oder Bildungsarbeit) nur entsprechende Beschäftigte zuzuordnen sind, die nach Teil A, 2.10. eingruppiert sind. Die genannte Entgeltordnung kennt nur die EG 9b und 10. In der angefügten Protokollnotiz ist ausdrücklich bestimmt, dass Beschäftigte mit allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen und Zuordnung nach EG 11 oder höher nicht zur Entgeltordnung Teil A, 2.10 gehören.
Wie die umfassende Erörterung in der mündlichen Verhandlung ergeben hat, lagen für den Beklagten zur Beschäftigungssituation von Frau C. folgende (tatsächliche) Erkenntnisse vor: In der vom Rechtsträger übermittelten Wählerliste wurde sie als „Bildungsreferentin“ bezeichnet, aber gleichzeitig als „leitende Mitarbeiterin“ geführt. Erst auf Nachfrage teilte der Rechtsträger mit, dass es sich nicht um eine Leitungsfunktion im Sinne des Wahlrechts handele. Weiter wandte sich wegen der Abgrenzungsproblematik bei dem Wahlbereich 2 der Vorsitzende des Beklagten direkt an Frau C. und erhielt von ihr die Auskunft, dass sie nach EG 12 vergütet werde. Eine weitere Erklärung zu dieser Vergütung nach EG 12 ist weder von Frau C. noch von irgendeiner anderen Seite erfolgt.
Bei diesem Sachstand ist es nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte – nach gehöriger Beratung und Beschlussfassung – die Kandidatin dem Wahlbereich 7 (hier: sonstige Beschäftigte) zugeordnet hat. Der beklagte Wahlvorstand hat nach § 2 Abs. 3 BayRKWO einen Beurteilungsspielraum bei der Zuordnung der Wahlbereiche. Der Beklagte hat alle tatsächlichen Umstände hinreichend berücksichtigt, die Rechtsbegriffe zutreffend eingeordnet sowie fehler- und widerspruchsfrei subsumiert. So konnte er mit durchaus naheliegenden Überlegungen annehmen, dass die Vergütung der Bewerberin C. nach EG 12 im ursächlichen Zusammenhang mit einer entsprechenden Eingruppierung steht. Es sind keinerlei Gründe für den Beklagten erkennbar geworden, warum sie eine Vergütung nach EG 12 erhalten sollte, obwohl sie beispielsweise nur nach EG 10 eingruppiert war. Der Beklagte hatte vielmehr bis zum Vorbringen und Nachweis des Gegenteils davon auszugehen, dass der Dienstgeber von Frau C. nach den Normen des ABD vergütet und deshalb auch eine entsprechende Eingruppierung vorliegt. Irgendeine andere Rechtsgrundlage für diese Vergütung war in keiner Weise erkennbar. Kirchliche Dienstgeber stehen bei Eingruppierung und Entgeltzahlung einem öffentlichen Arbeitgeber gleich. Beide wollen in diesem Bereich ausschließlich den Normenvollzug (st. Rspr.,vgl. BAG v. 18.11. 2004, 8 AZR 674/03, ZTR 2005, 153).
Dies gebietet auch für die kirchlichen Dienstgeber der allgemeine Grundsatz der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit.
An der sachgerechten Eingruppierung der Frau C. mussten sich für den Beklagten auch deshalb keine Zweifel ergeben, weil sie ja ursprünglich von ihrem Dienstgeber sogar als „Leitende Mitarbeiterin“ bezeichnet worden war. Von daher war grundsätzlich die Einschätzung des Beklagten berechtigt, dass bei der Tätigkeit von Frau C. auch die Eingruppierungsmerkmale der allgemeinen Entgeltordnung (Teil A, 2.2.1.) vorliegen können; so z. B für die EG 11 oder 12 Heraushebungen durch „besondere Schwierigkeit und Bedeutung“ oder durch „das Maß der Verantwortung“. Eine solch gewichtigere Tätigkeit – über die wenig aussagekräftige Bezeichnung „Bildungsreferentin“ hinaus – lag auch deshalb nicht fern, weil der Dienstgeber (Einrichtung F.) ausweislich der Personalliste nur über einen sehr kleinen Personalbestand verfügt.
Weitere Ermittlungen zur Eingruppierung der Kandidatin C. waren dem Beklagten weder zumutbar noch möglich. Der Beklagte hatte sich auch formell ordnungsgemäß verhalten, indem er – vom Kläger unbestritten – die Wahlbewerberin persönlich zur Bereichszuordnung anhörte (§ 2 Abs. 3 BayRKWO).
Auch im hiesigen Verfahren (§ 7 Abs. 3 KAGO) sind keinerlei Erkenntnisse hervorgetreten, wonach sich die Bewertungen und Einordnungen des Beklagten als eindeutig unrichtig ergeben würden.
Nach alledem ist die Zuordnung von Frau C. in den Wahlbereich 7 fehlerfrei geschehen.
Weitere Anfechtungsgründe hat der Kläger nach seiner ausdrücklichen Erklärung in der mündlichen Verhandlung nicht mehr geltend gemacht.
Die Klage musste deshalb insgesamt erfolglos bleiben.
III.
Über die Erstattungspflicht von notwendigen Auslagen des Klägers (§ 12 Abs. 1, S.2 KAGO) war nicht mehr zu befinden, da insoweit bereits eine rechtskräftige Entscheidung des Kirchlichen Arbeitsgerichtshofs vom 25.09. 2018 vorliegt.
Gerichtgebühren werden vor den kirchlichen Arbeitsgerichten nicht erhoben (§ 12 Abs. 1, S.1 KAGO).
IV.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, da die (kirchen-) gesetzlichen Voraussetzungen nach § 47 Abs. 2 KAGO nicht vorlagen. Es war der vorgefundene Einzelfall zu entscheiden. Eine Divergenz ist nicht behauptet und auch sonst nicht zu erkennen.

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