Aktenzeichen M 17 K 16.31244
Leitsatz
Hauterkrankungen und eine chronische Hepatitis begründen keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG bei einer Rückkehr in den Senegal. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell verzichtet.
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet, da der Bescheid vom 18. Mai 2016 rechtmäßig ist und den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.
1.1 Die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
1.2 Das Heimatland des Klägers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
1.3 Der Kläger hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Er hat sich auf gesundheitliche Probleme berufen sowie darauf, dass der Geschäftspartner seines Vaters ihn umbringen lassen wollte, um an das Erbe des Klägers zu gelangen. Diese Umstände begründen aber bereits mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von Art. 16a GG oder § 3 AsylG (vgl. a. § 30 Abs. 2 AsylG). Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2. Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
2.1 Selbst wenn man dem Vortrag des Klägers zu den Mordversuchen des Geschäftspartners seines Vaters glaubt, hätte er bei einer Rückkehr die Möglichkeit, die Hilfe staatlicher Stellen in Anspruch zu nehmen. Insbesondere kann von einer allgemein mangelnden Schutzfähigkeit oder -willigkeit des senegalesischen Staates nicht ausgegangen werden. Der senegalesische Staat nimmt keine Repressionen Dritter hin, d. h. der Kläger könnte hier grundsätzlich Hilfe erlangen (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 15.10.2014, S. 13; VG München, B.v. 24.3.2016 – M 4 S 16.30549 – UA S. 7; VG München, B.v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30464 – UA S. 6; VG München, B.v. 22.3.2016 – M 15 S 16.30357 – UA S. 8; VG München, B.v. 10.3.2016 – M 21 S 16.30061 – UA S. 9; VG Augsburg, U.v. 22.5.2013 – Au 7 K 13.30106 – juris Rn. 16). Das Gericht teilt aufgrund der vorliegenden Erkenntnismittel daher die Einschätzung des Bundesamtes, dass der senegalesische Staat bei Bedrohungen, bei denen es sich – wie hier – um kriminelles Unrecht nichtstaatlicher Akteure handelt, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 3c Nr. 3, § 3d Abs. 1 und 2 AsylG).
2.2 Im Übrigen besteht in derartigen Fällen auch eine inländische Fluchtalternative (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. der entsprechenden Anwendung von § 3e AsylG). Der Kläger kann durch die Verlegung seines Wohnsitzes in andere Landesteile Senegals, insbesondere in urbane Zentren, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und ihn nichtstaatliche Dritte, hier der Geschäftspartner seines Vaters, mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden (vgl. Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 21.11.2015, S. 12; VG Augsburg, B.v. 24.04.2013 – Au 7 S 13.30107; VG München, B.v. 24.3.2016 – M 2 S 16.30464 – UA S. 6).
2.3 Die geltend gemachten Erkrankungen des Klägers stellen kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar.
a) Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
b) Abgesehen davon, dass die Klägerseite keine aktuellen Atteste vorgelegt hat, die den Mindestanforderungen des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 11.9.2007 – 10 C 8/07 – juris Rn. 15) genügen (vgl. § 60a Abs. 2c und 2d AufenthG), können Hauterkrankungen und eine chronische Hepatitis B, die der Kläger bis zu seiner Einreise in Deutschland offenbar gar nicht bemerkt hatte, nicht zur Annahme einer erheblichen und konkreten Gefahr im Sinne der o.g. Rechtsprechung und damit zur Bejahung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernisses gemäß § 60 Abs. 7 AufenthG führen (vgl. a. VG Augsburg, U.v. 22.5.2013 – Au 7 K 13.30106 – juris Rn. 22).
3. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.