Nemo tenetur – das Schweigerecht

Darum sollten Sie Ihr Schweigerecht als bedeutende rechtsstaatliche Errungenschaft nutzen. Frei nach nemo tenetur se ipsum accusare.

Anwendung des Schweigerechts bei Rechtsverfahren

Nemo tenetur se ipsum accusare: Im deutschen Strafrecht steht dieser lateinische Grundsatz für das Schweigerecht. Konkret heißt das: Jeder hat das Recht, zu Tatvorwürfen, die gegen ihn erhoben werden, zu schweigen. Damit werden die Rechte der Beschuldigten gestärkt.

Schweigen bei Tatvorwürfen und anderen Anschuldigungen

Das Schweigerecht wird dabei als eine wesentliche rechtsstaatliche Errungenschaft angesehen, da es einen Gegenpol zu den Rechten der staatlichen Ermittlungsbehörden darstellt. Die Rechtsgrundlage für das Schweigerecht ist detailliert im § 136 Abs. 1 Satz 2 StPO (Strafprozessordnung). Demnach ist niemand verpflichtet, sich selbst zu belasten bzw. anzuklagen. Konkret bedeutet das: Jeder Angeklagte, Angeschuldigte, Beschuldigte und auch Zeuge kann das Recht in Anspruch nehmen, bei Tatvorwürfen, die gegen ihn selbst erhoben werden, zu schweigen. Dies gilt sowohl gegenüber dem Gericht und der Staatsanwaltschaft als auch der Polizei sowie der Steuerfahndung.

Nichteinhaltung durch Ermittlungsbeamte

Wichtig dabei ist, dass der Beschuldigte zwingend auf sein Recht hingewiesen wird, dass er laut Gesetz keine Angaben zur Sache oder zu Beschuldigungen machen muss. Hierbei handelt es sich um ein essenzielles Recht, das ein zentrales Prinzip des rechtsstaatlichen Verfahrens darstellt. Das haben Bundesverfassungsgericht und Bundesgerichtshof ausdrücklich bestätigt. Zudem ist das Schweigerecht fest im deutschen Grundgesetz verankert und wird sogar durch die Europäische Menschenrechtskonvention garantiert. 

Demnach dürfen die Ermittlungsbeamten nicht ständig weiter fragen, wenn der eindeutig erklärte Wille des Angeschuldigten besteht, von seinem Schweigerecht Gebrauch zu machen. Missachten die Ermittlungsbehörden dieses per Gesetz anerkannte Recht, kann dies zu einer Unverwertbarkeit der getätigten Aussagen des Beschuldigten führen. Dies ist zum Beispiel im Passus BGH 3 StR 435/12 vermerkt. 

Hierbei gibt es allerdings eine Ausnahme

Wenn Ermittlungsbeamte auf sachlicher Ebene versuchen, den Angeklagten dennoch zu einer Aussage zu bringen, kann dies unter Umständen das Schweigerecht aushebeln. Daher kommt es auch gerade im Hinblick auf diese Thematik häufig zu schwierigen Abgrenzungsverfahren. Daher sollten Sie, wenn Sie erst einmal das Schweigerecht für sich in Anspruch genommen haben, dann auch tatsächlich schweigen. Sonst laufen Sie Gefahr, dass Ihre Aussagen plötzlich doch vor Gericht zulässig sind.

Verteidigung durch konsequentes Schweigen

Wenn Sie sich dafür entschieden haben, von Ihrem Schweigerecht Gebrauch zu machen, stellt dies nicht gleichzeitig das Einräumen der Vorwürfe bzw. der entsprechenden Tat dar. Strafgericht und Ermittlungsbehörden dürfen das Schweigen daher auch nicht negativ oder sogar als Eingeständnis werten. Stattdessen zählt das konsequente Schweigen zu Sachverhalten und Anschuldigungen zu oft angewendeten Verteidigungstaktiken. Dabei müssen Sie nicht zwingend im kompletten Verlauf von Ermittlung und Gerichtsverfahren schweigen. Hat der Beschuldigte sein Schweigerecht nicht genutzt und Angaben gegenüber den Ermittlungsbeamten gemacht, erschwert dies in vielen Fällen von vorneherein eine Verteidigung. Daher gilt: Reden ist Silber und Schweigen ist Gold. Wenn Sie vom Schweigerecht Gebrauch machen, betrifft dies allerdings nicht die Angaben zu Ihrer Person. 

Diese Angaben sind immer verpflichtend
– Name
– Geburtsdatum und Geburtsort 
– Familienstand 
– Meldeanschrift 
– Staatsangehörigkeit 
– Beruf 

Schweigerecht mindestens nutzen bis zur Akteneinsicht

Auf jeden Fall aber sollten Sie Ihr Schweigerecht so lange in Anspruch nehmen, bis Sie bzw. Ihr Anwalt Einsicht in die Ermittlungsakte erhalten. Denn: Nur wenn Verteidiger und Beschuldigter über Tatvorwurf, die konkrete Beweislage und weitere wichtige Informationen verfügen, können gezielt entlastende Argumente vorgebracht werden. Nicht nur das Risiko sich durch frühzeitig getätigte Aussagen selbst zu belasten ist sehr groß, sondern auch Aussagen, die ohne vorherige Akteneinsicht erfolgen. Beruft sich ein Beschuldigter daher auf sein Recht zu schweigen, gewinnt er die erforderliche Zeit, um anwaltlichen Beistand hinzuzuziehen und alle Dinge sorgfältig zu überdenken.

Schweigen im Gegensatz zu schlüssigen Verhaltensweisen

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