Arbeitsrecht

Anspruch auf Arbeitsbefreiung an Vorfesttagen

Aktenzeichen  4 Sa 352/16

Datum:
15.2.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
AuR – 2017, 416
Gerichtsart:
LArbG
Gerichtsort:
Nürnberg
Rechtsweg:
Arbeitsgerichtsbarkeit
Normen:
Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) Anlage 5 § 3 Abs. 2
TVöD § 6 Abs. 3 S. 3

 

Leitsatz

1. Eine Arbeitsbefreiung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Anlage 5 AVR hat nur zu erfolgen, wenn der Mitarbeiter an einem Vorfesttag nach Dienstplan zur Arbeit eingeteilt ist. Bei Zusammentreffen mit einem dienstplanmäßig freien Tag erfolgt keine Arbeitszeitgutschrift vergleichbar der Regelung in § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD. (Rn. 27 – 31)
2. Die in § 3 Abs. 2 S. 2 Anlage 5 AVR geregelte Arbeitsbefreiung an Vorfesttagen soll es dem Beschäftigten ermöglichen, an diesen Tagen stressfrei die Vorbereitungen für die kommenden Festtage zu treffen. Dieser von der Regelung beabsichtigte Zweck wird schon dann erreicht, wenn der Beschäftigte an einem Vorfesttag nach dem Dienstplan nicht zur Arbeit eingeteilt ist. Eine (ergänzende) Auslegung der Bestimmung, dass dem Beschäftigten auch für den Fall des Zusammentreffens eines dienstplanmäßig freien Tages mit einem Vorfesttag eine Arbeitszeitreduzierung zugute kommen soll, ist nicht wegen einer Ungleichbehandlung zu nicht kirchlichen Beschäftigten geboten. (Rn. 30 – 32) (red. LS Alke Kayser)

Verfahrensgang

15 Ca 7219/15 2016-07-14 Endurteil ARBGNUERNBERG ArbG Nürnberg

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts
Nürnberg vom 14.07.2016, Az.: 15 Ca 7219/15, wird auf Kosten der Berufungsführerin zurückgewiesen.
2. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64 Abs. 1, Abs. 2 b ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO.
II.
Die Berufung ist sachlich nicht begründet.
Das Arbeitsgericht Nürnberg hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Beklagte ist zur Vornahme der begehrten Zeitgutschrift nicht verpflichtet, wenn die Klägerin aufgrund der erstellten Dienstpläne an den Vorfesttagen der Jahre 2014 und 2015 nicht zur Arbeit eingeteilt war.
Die Voraussetzungen für eine Arbeitsbefreiung nach § 3 Abs. 2 Satz 2 Anlage 5 AVR liegen nur dann vor, wenn die Klägerin an den betreffenden Vorfesttagen an sich dienstplanmäßig Arbeit zu leisten gehabt hätte. Nur in diesem Fall fände die geregelte Arbeitsbefreiung statt und wäre eine Zeitgutschrift im Umfang der ausgefallenen Arbeitszeit vorzunehmen.
Dies ergibt sich aus dem klaren Wortlaut, wonach an den benannten Tagen „Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung der Dienstbezüge“ zu gewähren ist, was dann nicht greift, wenn für den Mitarbeiter bereits nach Dienstplan an diesem Tag keine Arbeitspflicht besteht.
Die Anlage 5 AVR enthält weder in § 3 Abs. 2 noch an anderer Stelle eine mit § 6 Abs. 3 Satz 3 TVöD vergleichbare Sonderregelung für den Fall des Zusammentreffens eines dienstplanmäßig freien Tages mit einem Vorfesttag.
Es ist auch keine diesbezügliche (ergänzende) Auslegung geboten. Durch die geregelte Freistellung an den Vorfesttagen soll dem Beschäftigten ermöglicht werden, an diesen Tagen stressfrei die Vorbereitungen für die kommenden Festtage zu treffen. Dieser von der Regelung beabsichtigte Zweck wird auch dann erreicht, wenn schon nach Dienstplan der Mitarbeiter an diesem Tag nicht zur Arbeit eingeteilt ist. In diesem Fall steht die Arbeitspflicht nach Dienstplan der Vorbereitung auf die Festtage nicht entgegen und es bedarf der keiner zusätzlichen Arbeitsbefreiung.
Dass dem Mitarbeiter losgelöst von der Arbeitspflicht an den Vorfesttagen eine Arbeitszeitreduzierung zugute kommen soll, lässt sich § 3 der Anlage 5 AVR nicht entnehmen.
Eine Ungleichbehandlung von Arbeitnehmergruppen infolge des unterschiedlichen Inhalts der für sie geltenden kollektivrechtlichen Regelungen lässt sich bezüglich der streitgegenständlichen Arbeitszeitfragen nicht vermeiden.
Für eine inhaltliche Angleichung können zwar die beteiligten Vertragspartner im Rahmen ihrer Vertragsfreiheit und Tarifautonomie sorgen, es sind aber nicht die Arbeitsgerichte berufen, eine Anpassung vorzunehmen, die sich an der für den Arbeitnehmer günstigsten Regelung orientiert.
Die Dienstplangestaltung selbst in den betreffenden Wochen der beiden Jahre 2014 und 2015, was die Lage ihrer arbeitsfreien Tage anlangt, wird von der Klägerin nicht angegriffen. Eine gezielte Schlechterstellung der Klägerin zum Zweck einer Umgehung der Regelung in § 3 Abs. 2 Anlage 5 AVR kann deshalb nicht festgestellt werden.
III.
1. Die Klägerin hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Im Hinblick auf den Regelungsgehalt des § 3 Abs. 2 Anlage 5 AVR wird dem Rechtstreit grundsätzliche Bedeutung beigemessen, § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG.


Ähnliche Artikel

Minusstunden im Sommerloch: Was ist erlaubt?

In vielen Branchen ist das Sommerloch sehr präsent. Doch wie ist das eigentlich bei einem flexiblen Arbeitszeitmodell, wenn durch weniger Arbeit Minusstunden entstehen? Wir erklären, was zulässig ist und was nicht erlaubt ist.
Mehr lesen


Nach oben