Arbeitsrecht

Ausweisung, Versuchter Totschlag, Schuldunfähigkeit aufgrund paranoider Schizophrenie, Wiederholungsgefahr (verneint), Aussetzung der Unterbringung zur Bewährung, Positive Legalprognose

Aktenzeichen  M 10 K 20.5141

Datum:
17.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 9745
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 53 Abs. 1

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2020 wird aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet, da der Bescheid der Beklagten vom 23. September 2020 rechtswidrig ist und den Kläger in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
1. Die tatbestandliche Voraussetzung der im angefochtenen Bescheid verfügten Ausweisung nach § 53 Abs. 1 AufenthG ist im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt des Gerichts nicht (mehr) gegeben. Eine Wiederholungsgefahr liegt nach Auffassung der Kammer insbesondere aufgrund der Aussetzung der Unterbringung des Klägers zur Bewährung, seiner aktuell positiven Entwicklung und des Eindrucks, den der Kläger in der mündlichen Verhandlung gemacht hat, nicht (mehr) vor.
Die behördliche Entscheidung über die Ausweisung ist durch das Gericht in vollem Umfang überprüfbar (vgl. BayVGH‚ B.v. 21.3.2016 – 10 ZB 15.1968 – juris Rn. 9 m.w.N.). Entscheidungserheblich für die Überprüfung ist der Zeitpunkt der (letzten) mündlichen Verhandlung oder der Entscheidung des Gerichts (vgl. BVerwG, U.v. 30.7.2013 – 1 C 9.12 – juris Rn. 8).
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben Ausländerbehörden und Verwaltungsgerichte bei einer spezialpräventiven Ausweisungsentscheidung und ihrer gerichtlichen Überprüfung eine eigenständige Prognose zur Wiederholungsgefahr zu treffen (vgl. z.B. BVerwG‚ U.v. 15.1.2013 – 1 C 10.12 – juris Rn. 18). Bei der Prognose‚ ob eine Wiederholung vergleichbarer Straftaten mit hinreichender Wahrscheinlichkeit droht‚ sind die besonderen Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen‚ insbesondere die Höhe der verhängten Strafe, die Schwere der konkreten Straftat‚ die Umstände ihrer Begehung‚ das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts sowie die Persönlichkeit des Täters und seine Entwicklung und Lebensumstände bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt (vgl. BayVGH‚ U.v. 28.6.2016 – 10 B 13.1982 – juris Rn. 32 m.w.N.; B.v. 2.11.2016 – 10 ZB 15.2656 – juris Rn. 10 m.w.N.). An die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und folgenschwerer der möglicherweise eintretende Schaden ist (stRspr, vgl. z.B. BVerwG, U.v. 4.10.2012 – 1 C 13.11 – juris Rn. 18; BayVGH, U.v. 8.3.2016 – 10 B 15.180 – juris Rn. 31).
Einer Aussetzung der Strafe oder Maßregel zur Bewährung kommt dabei eine erhebliche indizielle Bedeutung zu. Die Ausländerbehörde und die Verwaltungsgerichte sind für die Frage der Beurteilung der Wiederholungsgefahr daran aber nicht gebunden. Es bedarf jedoch einer substantiierten Begründung, wenn von der strafgerichtlichen Entscheidung abgewichen wird (BVerfG, B.v. 19.10.2016 – 2 BvR 1943/16 – NVwZ 2017, 229). Denn die der Ausweisung zugrunde liegende Prognoseentscheidung hat einen längeren Zeithorizont als die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer in den Blick zu nehmen. Es geht um die Beurteilung, ob es dem Ausländer gelingen wird, über eine etwaige (strafrechtliche) Bewährungszeit hinaus ein straffreies Leben zu führen (stRspr zur Strafaussetzung zur Bewährung gemäß § 57 StGB, vgl. z.B.: BVerwG, U.v. 15.1.2013, a.a.O., juris Rn. 18 f.; speziell zur Aussetzung einer Maßregel nach § 63 StGB: BayVGH, B.v. 1.2.2019 – 10 ZB 18.2455 – juris Rn. 8).
Im konkreten Fall ist zwar die Annahme einer Wiederholungsgefahr nicht per se dadurch ausgeschlossen, dass es an der Voraussetzung einer schuldhaften Tatbegehung mangelt. Im Rahmen des § 53 Abs. 1 AufenthG ist Maßstab alleine die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Damit ist es nicht erheblich, ob diese schuldhaft verursacht wurde (vgl. BayVGH, B.v. 1.2.2019, a.a.O., Rn. 7; B.v. 16.4.2020 – 10 ZB 20.536 – juris Rn. 9).
Aber gemessen an den dargestellten Vorgaben hat vorliegend die Entscheidung der Strafvollstreckungskammer vom 27. Januar 2022, die Unterbringung des Klägers in einem psychiatrischen Krankenhaus ab dem 17. Februar 2022 zur Bewährung auszusetzen, im Ausgangspunkt erhebliches indizielles Gewicht. Wenn auch die Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hier aufgrund der Erheblichkeit der im Raum stehenden Straftaten geringer anzusetzen sind, gibt es nach Auffassung der Kammer keine ausreichend belastbaren Argumente für ein Abweichen von dieser strafgerichtlichen Entscheidung. Vielmehr sprechen aufgrund der positiven Entwicklung des Klägers nach der Anlasstat die gewichtigeren Gründe für den Wegfall der Wiederholungsgefahr.
Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass die vom Kläger begangene Tat, der versuchte Totschlag in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, eine schwerwiegende Tat ist. Hinzu kommt, dass es sich um einen wahllosen und völlig überraschenden Angriff auf einen Unbeteiligten in seinem Zuhause gehandelt hat. Auch stellt der in der Vergangenheit verschiedentlich erfolgte Cannabiskonsum des Klägers einen Risikofaktor für eine erneute Tatbegehung dar, da ein derartiger Konsum nach den vorgelegten Unterlagen eine psychotische Entgleisung triggern kann. Jedoch ist dieses Risiko im Entscheidungszeitpunkt des Gerichts minimiert, da der Kläger nach den aktuellen psychiatrischen Gutachten vom 16. November 2021 und 28. Februar 2022 verinnerlicht hat, dass er keine Drogen mehr nehmen darf. Dies hat er in der mündlichen Verhandlung auch glaubhaft versichert. Zudem stellen die Schulden des Klägers einen weiteren Umstand dar, der grundsätzlich für eine Wiederholungsgefahr spricht. Allerdings hat der Kläger im Hinblick auf seine Schulden in Höhe von rund 14.500 EUR aus einem Konsumkredit durch Vorlage einer Ratenzahlungsvereinbarung nachgewiesen, dass er diese in monatlichen Raten von 100 EUR abzahlen kann, was im Hinblick auf den gegenwärtigen Verdienst des Klägers leistbar erscheint. Offen ist darüber hinaus nach Angaben des Klägers lediglich die Forderung des Geschädigten in Höhe von 3.600 EUR, die jedoch wegen ihrer Höhe und des Verdiensts des Klägers keine große Rolle bei der Beurteilung der Legalprognose spielen dürfte. Im Übrigen hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, keine weiteren Schulden zu haben. Er könne sich nicht erklären, woher die Angabe des Gutachters betreffend Schulden aus Gerichtskosten in Höhe von rund 30.000 EUR (Gutachten vom 16.11.2021, S. 65) stamme. Selbst wenn der Kläger künftig noch wegen der Kosten des strafgerichtlichen Verfahrens herangezogen wird, dürfte auch diese Schuld aufgrund des Verdiensts des Klägers bei Vereinbarung einer Ratenzahlung zu bewältigen sein. Vor diesem Hintergrund dürfte das Risiko, das eine unbearbeitete Schuldenproblematik im Hinblick auf eine erneute Straffälligkeit bergen kann, jedenfalls reduziert sein.
Gegen das Vorliegen einer Wiederholungsgefahr spricht im konkreten Fall, dass der Kläger drei Jahre lang eine Therapie absolviert und erfolgreich abgeschlossen hat. Nach den vorgelegten Berichten des Klinikums … ist die psychotische Symptomatik aufgrund der Medikamentengabe seit spätestens Mai 2019 vollständig remittiert. Der Kläger war während der Therapie zuverlässig und therapiesowie ab-stinenzmotiviert; es gab keine Suchtmittelrückfälle. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger die Tat in einer besonderen Situation beging, nämlich im Zuge der Erstmanifestation einer bisher nicht erkannten paranoiden Schizophrenie. Nunmehr ist die Erkrankung des Klägers bereits über einen längeren Zeitraum aufgrund der Depot-Medikation, die er nicht selbst einnimmt, sondern die ihm alle 4 Wochen ärztlich gespritzt wird, besser unter Kontrolle, was das Risiko einer erneuten psychotischen Entgleisung und einer damit möglicherweise verbundenen Straftatbegehung minimiert (vgl. zu diesem Aspekt: BayVGH, B.v. 16.4.2020, a.a.O., Rn. 7). Positiv zu bewerten ist ferner, dass der soziale Empfangsraum des Klägers verbessert wurde. Der Kläger hat nunmehr in der Wohnung seiner Mutter ein eigenes Zimmer und damit einen Rückzugsort. Überdies schilderte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, dass er in seiner Freizeit sehr viel Sport treibe, an der frischen Luft sei und sich mit Freunden treffe. Als weiterer stabilisierender Faktor im Leben des Klägers kommt in beruflicher Hinsicht hinzu, dass er seinen Hauptschulabschluss mit Erfolg nachgeholt, sich während der Therapie selbst zwei geringfügige Beschäftigungen organisiert hat und nunmehr seit Januar 2022 (zeitlich befristet bis Januar 2023) in Vollzeit als Schichtleiter in der Großmarkthalle in … arbeitet. Nach Angaben des Klägers hat er Aussicht auf einen unbefristeten Arbeitsvertrag, wenn er sich bewähre.
Weiteres gewichtiges Argument gegen die Annahme einer Wiederholungsgefahr ist die mit Beschluss der Strafvollstreckungskammer vom 27. Januar 2022 angeordnete Aussetzung der Unterbringung des Klägers zur Bewährung ab 17. Februar 2022. Grundlage hierfür war u.a. das psychiatrische Gutachten vom 16. November 2021, aus dem sich ergibt, dass der Kläger außerhalb der Maßregel keine rechtswidrigen Taten mehr begehen werde, wenn bestimmte Weisungen (insbesondere konsequente forensisch-ambulante Nachbetreuung, drogenabstinentes Leben, Lösung der Schuldenproblematik) eingehalten würden.
Das Gutachten vom 16. November 2021 ist nach Auffassung des Gerichts überzeugend. Der Gutachter setzt sich ausführlich mit dem Fall des Klägers auseinander. Das Gutachten beruht auf der Durchsicht zahlreicher, den Kläger betreffender Unterlagen sowie einer Untersuchung des Klägers. Die Diagnose wird in nachvollziehbarer Weise begründet. Im Anschluss wird zunächst eine Legalprognose anhand allgemeiner Basisraten dargestellt, dann wird unter Berücksichtigung zahlreicher Faktoren in überzeugender Weise eine individuelle Legalprognose erarbeitet. Das vom Kläger zudem vorgelegte (nach der Aussetzungsentscheidung erstellte) Gutachten des Klinikums … vom 28. Februar 2022 schließt sich dem Gutachten vom 16. November 2021 im Wesentlichen an.
Beide Gutachten gehen insbesondere davon aus, dass der Kläger medikamentencompliant und motiviert sei, seine Medikamente einzunehmen. Zudem habe er verinnerlicht, dass er in Zukunft drogenabstinent sein müsse, um sich vor einem weiteren Ausbruch der Krankheit zu schützen, was er auch in der mündlichen Verhandlung glaubhaft versicherte. Außerdem kann der Kläger nach den Gutachten die Straftat mit seiner Erkrankung in Verbindung bringen; eine Gewaltbereitschaft außerhalb der Psychose war nicht erkennbar. Nach dem Gutachten vom 16. November 2021 ist auch gewährleistet, dass neue Ausbrüche einer paranoiden Schizophrenie beim Kläger durch die forensische Ambulanz frühzeitig erkannt und entsprechende Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Gerade diese Aspekte sind aus Sicht der Kammer besonders bedeutsam, um die Begehung weiterer Straftaten zu verhindern.
Der Bewährungsbeschluss vom 27. Januar 2022 sichert zudem durch zahlreiche, teilweise strafbewehrte Weisungen ab, dass der Kläger nicht mehr straffällig wird. Es ist für 5 Jahre Führungsaufsicht angeordnet und der Kläger einem Bewährungshelfer unterstellt. Bei diesem sowie in der forensischen Ambulanz muss er sich regelmäßig vorstellen. Es werden auch regelmäßige Urin-, Haar- und Alkoholkontrollen angeordnet. Darüber hinaus ist nach Angaben des Klägers und der (ehemaligen) Therapeutin des Klägers, die in der mündlichen Verhandlung als Zuhörerin anwesend war, mit der Vorstellung in der forensischen Ambulanz nicht nur die Verabreichung der Depot-Medikation, sondern auch eine psychologische Anbindung verbunden. Nach Aussage der (ehemaligen) Therapeutin kann diese psychologische Betreuung bei Problemen im Leben des Klägers (beispielsweise bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz) intensiviert werden. Sofern derartige Probleme für die Betreuer erkennbar seien, würden die Termine in der Ambulanz in engeren zeitlichen Abständen vereinbart. Neben dieser psychologischen Anbindung gebe es beispielsweise auch Hilfe durch Sozialpädagogen bei einer etwaigen Suche nach einem neuen Arbeitsplatz.
Bei einer Gesamtbetrachtung dieser Argumente überwiegen nach Auffassung des Gerichts diejenigen Aspekte deutlich, die für das Entfallen der Wiederholungsgefahr sprechen. Die Umstände, die für eine Wiederholungsgefahr sprechen, fallen dagegen nicht überwiegend ins Gewicht, da es insoweit ohnehin nur wenige Aspekte gibt, die teilweise in ihrem Gewicht bereits vermindert sind. Die dargestellte positive Entwicklung des Klägers, die besonderen Umstände, die der Straftat zugrunde lagen, und die umfangreiche ambulante Nachsorge lassen aus Sicht des Gerichts zudem die Prognose zu, dass der Kläger auch nach Ablauf des Bewährungszeitraums (jedenfalls soweit eine Prognose überhaupt möglich ist) mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein dem Anlassdelikt vergleichbares Vergehen mehr begehen wird.
Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger seine Therapie zwar erfolgreich abgeschlossen, sich aber noch nicht über einen gewissen Zeitraum nach der (endgültigen) Entlassung aus der Unterbringung in Freiheit bewährt hat. Denn der konkrete Fall ist nicht vergleichbar mit den Fällen, in denen aufgrund von Betäubungsmittel- oder Alkoholabhängigkeit Straftaten begangen werden (vgl. stRspr BayVGH, statt vieler: BayVGH, B.v. 10.4.2014 – 10 ZB 13.71 – juris Rn. 6 m.w.N.) oder in denen beispielsweise eine Therapie wegen einer Gewalt- und Sexualstraftat absolviert wird (vgl. BayVGH, B.v. 13.10.2017 – 10 ZB 17.1469 – juris Rn. 17) und in denen für das Entfallen der Wiederholungsgefahr neben dem erfolgreichen Abschluss der Therapie eine Zeit der Bewährung in Freiheit verlangt wird. In den genannten Fällen ist eine derartige Bewährungszeit notwendig, um einen Beleg dafür zu haben, dass die in der Therapie erlernten Strategien zur Vermeidung der weiteren Straffälligkeit auch nach der Haftentlassung im Alltag erfolgreich sind. Jemand, der von Suchtmitteln abhängig war, muss nachweisen, dass es ihm gelingt, in Freiheit abstinent zu bleiben. Im (konkreten) Beispielsfall der Gewalt- und Sexualstraftat war der Nachweis zu erbringen, dass das in der Persönlichkeit des Täters angelegte Verhaltensmuster durch die Therapie erfolgreich durchbrochen wurde. Derartige Erwägungen passen auf den vorliegenden Fall, der insbesondere aufgrund der Umstände, die der Tatbegehung zugrunde lagen, atypisch ist, gerade nicht. Es geht weder darum, eine Abstinenz nachzuweisen, noch um die Durchbrechung eines in der Persönlichkeit des Klägers angelegten Verhaltensmusters. Der Kläger hat eine psychische Erkrankung, auf deren akutes Auftreten die Anlasstat zurückzuführen ist und die nach den psychiatrischen Gutachten mit Medikamenten gut behandel- und kontrollierbar ist.
2. Im vorliegenden Fall wird die Ausweisung auch nicht von generalpräventiven Gründen getragen.
Das Ziel einer generalpräventiven Ausweisung besteht darin, mit der Ausweisung des straffälligen Ausländers andere Ausländer davon abzuhalten, Straftaten zu begehen. Eine generalpräventive Wirkung kann allerdings nur erzielt werden, wenn die Anlasstat nicht derart singuläre Züge aufweist, dass die an sie anknüpfende Ausweisung keine abschreckende Wirkung entfalten könnte, und wenn angesichts der Schwere der Straftat ein dringendes Bedürfnis auch für eine ordnungsrechtliche Prävention besteht (BVerwG, B.v. 2.2.1979 – 1 B 238/78 – juris Rn. 18).
Hier ist die Ausweisung aufgrund der singulären Züge der Anlasstat nicht geeignet, abschreckende Wirkung für andere Ausländer zu entfalten. Der Kläger beging die Tat – wie bereits dargestellt – in einer besonderen, atypischen Situation, nämlich der Erstmanifestation der bisher unerkannten Schizophrenie.
3. Da die Ausweisung in Nummer 1 des angefochtenen Bescheids rechtswidrig und aufzuheben ist, entfallen die Voraussetzungen für die Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sowie die Abschiebungsandrohung in Nummern 2 und 3 des Bescheids. Sie sind daher ebenso aufzuheben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung fußt auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben