Arbeitsrecht

Beitragspflichten zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft – Hemmung des Verfalls

Aktenzeichen  10 AZR 43/19

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:240221.U.10AZR43.19.0
Normen:
§ 7 SokaSiG
Anl 26 SokaSiG
Anl 27 SokaSiG
Anl 28 SokaSiG
Anl 29 SokaSiG
Anl 30 SokaSiG
Anl 31 SokaSiG
Anl 32 SokaSiG
§ 253 Abs 2 Nr 2 ZPO
§ 690 Abs 1 Nr 3 ZPO
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 15 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 21 Abs 1 VTV-Bau vom 24.11.2015
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 15 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 21 Abs 1 VTV-Bau vom 10.12.2014
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 15 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 21 Abs 1 VTV-Bau vom 03.12.2013
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 15 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 21 Abs 1 VTV-Bau vom 03.05.2013
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 18 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 21 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 24 Abs 1 VTV-Bau vom 17.12.2012
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 18 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 21 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 24 Abs 1 VTV-Bau vom 21.12.2011
§ 1 Abs 1 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 1 Abs 2 Abschn II VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 13 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 37 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 18 Abs 2 S 1 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 21 Abs 1 S 1 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 24 Abs 1 VTV-Bau vom 18.12.2009
§ 1 Abs 2 Abschn V Nr 36 VTV-Bau vom 12.11.1986
Spruchkörper:
10. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Wiesbaden, 24. Januar 2018, Az: 11 Ca 18/17, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 2. November 2018, Az: 10 Sa 296/18 SK, Urteil

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 2. November 2018 – 10 Sa 296/18 SK – aufgehoben, soweit die Berufung zurückgewiesen wurde hinsichtlich der Klage auf Beiträge für Dezember 2011 bis November 2013 in Höhe von 22.414,99 Euro.
2. Insoweit wird der Rechtsstreit zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft.
2
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft verpflichtet. Der Kläger nimmt den Beklagten auf der Grundlage verschiedener Tarifverträge über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) auf Beiträge für gewerbliche Arbeitnehmer in Anspruch. Er verlangt Beiträge in Höhe von insgesamt 90.166,77 Euro für die Zeit von Dezember 2011 bis Mai 2017.
3
Für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Oktober 2014 stützt sich der Kläger auf Bruttolohnsummen, die die Arbeitsverwaltung ermittelt hat. Für November und Dezember 2014 zieht der Kläger die vom Statistischen Bundesamt ermittelten Durchschnittslöhne heran. Die Beitragsforderungen für Januar 2015 bis Juli 2016 berechnet der Kläger auf der Grundlage von Meldungen des Beklagten. Für August 2016 bis Mai 2017 legt der Kläger wieder die statistischen Durchschnittslöhne zugrunde.
4
Der Kläger stützt seine Beitragsansprüche für Dezember 2011 auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 (VTV 2009) und für den Zeitraum von Januar bis Dezember 2012 auf den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 idF vom 21. Dezember 2011 (VTV 2011). Für Januar bis Juni 2013 liegt den Beitragsforderungen der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 18. Dezember 2009 idF vom 17. Dezember 2012 (VTV 2012) zugrunde, für Juli bis Dezember 2013 der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 (VTV 2013 I) und für Januar bis Dezember 2014 der Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 3. Dezember 2013 (VTV 2013 II). Für Januar bis Dezember 2015 zieht der Kläger den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 10. Dezember 2014 (VTV 2014) heran und für Januar 2016 bis Mai 2017 den Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 24. November 2015 (VTV 2015).
5
Der Senat hat festgestellt, dass die Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV 2009, des VTV 2011, des VTV 2012, des VTV 2013 I und des VTV 2013 II unwirksam sind (BAG 25. Januar 2017 – 10 ABR 34/15 -, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 1459/17 -; BAG 25. Januar 2017 – 10 ABR 43/15 -, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 1104/17 -; BAG 21. September 2016 – 10 ABR 33/15 – BAGE 156, 213, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 4/17 -; BAG 21. September 2016 – 10 ABR 48/15 – BAGE 156, 289, nachgehend BVerfG 10. Januar 2020 – 1 BvR 593/17 -). Die Allgemeinverbindlicherklärungen des VTV 2014 vom 6. Juli 2015 (AVE VTV 2015) und des VTV 2015 vom 4. Mai 2016 (AVE VTV 2016) hat der Senat für wirksam befunden (BAG 20. November 2018 – 10 ABR 12/18 -; 21. März 2018 – 10 ABR 62/16 – BAGE 162, 166).
6
Der Beklagte wurde überwiegend im Auftrag der Z GmbH tätig, die Fertiggaragen herstellt und vertreibt. Er baute nach einer Montageanleitung von der Firma H vorproduzierte Garagentore in einen von der Z GmbH bereitgestellten Betonrahmen ein. Zum Einbau wurden Metallschienen, Schrauben und Dübel verwendet. Der Baukörper der Garagen war fertiggestellt, bevor die Tore montiert wurden. Teilweise wurden auch Fenster und Türen mit Klemmzargen in den Betonrahmen der Fertiggarage montiert oder ein elektrischer Antrieb verbaut. Jedenfalls der überwiegende Teil der Arbeiten des Beklagten wurde auf dem Betriebsgelände der Z GmbH erbracht. Anschließend wurden die fertiggestellten Garagen mit einem Spezialfahrzeug zum Kunden transportiert und dort eingebaut.
7
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge sei eröffnet. Garagen seien Bauwerke. Die Tätigkeiten im Betrieb des Beklagten dienten dazu, das Bauwerk herzustellen.
8
Der Kläger hat die streitigen Beitragsansprüche für den Zeitraum von Dezember 2011 bis Mai 2017 in ursprünglich neun getrennten Rechtsstreitigkeiten geltend gemacht. Im Hinblick auf Beiträge für August und September 2016 hat er am 8. Juni 2017 einen Vollstreckungsbescheid über 4.086,00 Euro erwirkt, der dem Beklagten am 13. Juni 2017 zugestellt worden ist. Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte Einspruch eingelegt, der am 14. Juni 2017 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Am 10. August 2017 hat der Kläger einen Vollstreckungsbescheid über 14.380,82 Euro zu Beitragsansprüchen für den Zeitraum von Dezember 2012 bis Dezember 2013 erwirkt, der dem Beklagten am 19. August 2017 zugestellt worden ist. Gegen den Vollstreckungsbescheid hat der Beklagte Einspruch eingelegt, der am 24. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangen ist. Das Arbeitsgericht hat alle Rechtsstreitigkeiten zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung verbunden.
9
Der Kläger hat beantragt,
        
die Vollstreckungsbescheide vom 8. Juni 2017 und 10. August 2017 aufrechtzuerhalten und den Beklagten darüber hinaus zu verurteilen, an ihn 71.699,95 Euro zu zahlen.
10
Der Beklagte hat beantragt, die Vollstreckungsbescheide aufzuheben und die Klage abzuweisen. Der betriebliche Geltungsbereich der Verfahrenstarifverträge sei nicht eröffnet. Er baue fertig angelieferte Garagentore ein und versehe die Tätigkeit nahezu ausschließlich auf dem Betriebsgelände der Z GmbH. Nur in Ausnahmefällen sei er noch vor Ort beim Endkunden tätig. Dies komme vor, wenn Mängel beseitigt werden müssten. Lediglich ein- bis zweimal im Monat hätten solche Arbeiten beim Endkunden stattgefunden. Die von ihm verrichteten Tätigkeiten seien weder als Fertigbauarbeiten noch als Trocken- und Montagebauarbeiten zu bewerten.
11
Das Arbeitsgericht hat die Vollstreckungsbescheide aufrechterhalten und der Klage stattgegeben. Die dagegen gerichtete Berufung des Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision will der Beklagte weiterhin erreichen, dass die Vollstreckungsbescheide aufgehoben werden und die Klage abgewiesen wird.


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