Aktenzeichen 10 CE 16.2342
Leitsatz
§ 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG gewährt keinen Anspruch auf eine Beschäftigungserlaubnis, sondern setzt eine solche voraus. (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
4 E 16.4408 2016-10-26 Bes VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.
Gründe
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller, ein … Asylbewerber, der eine Aufenthaltsgestattung besitzt, seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag weiter, den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung (§ 123 Abs. 1 VwGO) zu verpflichten, ihm bis zur rechtskräftigen Entscheidung in der Hauptsache vorläufig eine Beschäftigungserlaubnis für die Berufsausbildung als Anlagenmechaniker zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 26. Oktober 2016 abgelehnt, weil die von der Ausländerbehörde getroffene, ablehnende Ermessensentscheidung nach § 61 Abs. 2 AsylG nicht zu beanstanden sei.
Bezüglich der auf § 61 Abs. 2 AsylG beruhenden Ablehnung der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ist die Beschwerde – entgegen der unzutreffenden Rechtsmittelbelehrungdurch das Verwaltungsgericht – unzulässig, da es sich um eine Rechtsstreitigkeit nach dem Asylgesetz im Sinn des § 80 AsylG handelt (BayVGH, B.v. 9.3.2016 – 10 C 16.324 – juris; BayVGH, B.v. 21.12.2015 – 10 CE 15.2038, 10 C 15.2039 – juris; OVG Berlin-Bbg, B.v. 15.9.2016 – OVG 3 S. 73.16, OVG 3 M 95.16 – juris).
Aber auch wenn man davon ausgeht, dass keine Streitigkeit nach dem Asylgesetz im Sinne des § 80 AsylG vorliegt, weil der Antragsteller geltend macht, sein Anspruch auf eine Beschäftigungserlaubnis ergebe sich aus § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG, rechtfertigen die von ihm dargelegten Gründe (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO) es nicht, die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben.
Soweit sich der Antragsteller gegen die Erwägungen des Verwaltungsgerichts zu einer unzulässigen Vorwegnahme der Hauptsache wendet, kann er damit keine Abänderung des Beschlusses erreichen, weil diese Erwägungen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht tragen. Es hat zwar ausgeführt, es spreche schon vieles dafür, dass der Antrag unzulässig sei, weil er auf eine unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache gerichtet sei, dann aber den Antrag als „jedenfalls unbegründet“ abgelehnt, weil der Antragsteller keinen Anordnungsanspruch habe glaubhaft machen können.
Auch im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller keinen auf dem Aufenthaltsgesetz beruhenden Anspruch auf Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis glaubhaft machen können (§ 123 Abs. 1, Abs. 3, § 920 Abs. 2 ZPO).
Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG dürfen Ausländer eine Erwerbstätigkeit (§ 2 Abs. 2 AufenthG) nur ausüben, wenn der Aufenthaltstitel (§ 4 Abs. 1 AufenthG) dazu berechtigt. Dies gilt nach § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG nur dann nicht, wenn dem Ausländer aufgrund einer zwischenstaatlichen Vereinbarung, eines Gesetzes oder einer Rechtsverordnung die Erwerbstätigkeit gestattet ist, ohne dass er hierzu durch einen Aufenthaltstitel berechtigt sein muss. Derartige Ausnahmeregelungen bestehen für Personen mit Duldung (§ 60a AufenthG) in § 32 BeschV und für Inhaber einer Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylG) in § 61 AsylG. Somit hat das Verwaltungsgericht zu Recht den § 61 Abs. 2 AsylG als Maßstab für den Anspruch des Antragstellers herangezogen.
§ 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG gewährt keinen Anspruch auf eine Beschäftigungserlaubnis, sondern setzt eine solche voraus; erst wenn im Rahmen einer Ermessensentscheidung gemäß § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG i.V.m. § 32 Abs. 1 Satz 1 BeschV eine Beschäftigungserlaubnis erteilt ist, besteht nach dieser Vorschrift, um dem Ausländer den weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet rechtlich zu ermöglichen, ein Anspruch auf die Erteilung einer Duldung. Im Fall des Antragstellers liegen jedoch die Voraussetzungen für die Erteilung einer Duldung nicht vor; eine „Aussetzung der Abschiebung“ kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil er aufgrund der sich aus § 55 Abs. 1 Satz 1 AsylG ergebenden Aufenthaltsgestattung nicht abgeschoben werden kann.
Nichts anderes ergibt sich auch aus dem vom Antragsteller vorgelegten und zur Stützung seiner Rechtsansicht herangezogenen Schreiben des Bundesministeriums des Innern an die Innenministerien der Länder vom 1. November 2016. Hier wird im Rahmen der Erläuterung des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG dargelegt, dass die Erteilung der Duldung nur in Betracht kommt, „wenn der Ausländer die Berufsausbildung aufnimmt oder während eines Asylverfahrens bereits aufgenommen hat“ (S. 3). Hieraus ergibt sich jedoch nicht, wie der Antragsteller meint, ein Rechtsanspruch auf „eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG bereits während eines Asylverfahrens“. Vielmehr betont dieses Schreiben die Unterscheidung zwischen der Erteilung der Erlaubnis zur Beschäftigung und der Erteilung der Duldung und legt dar, dass eine Duldung nach § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG nur erteilt werden kann, wenn dem Ausländer eine Beschäftigungserlaubnis für eine Berufsausbildung nach § 4 Abs. 3 Satz 3 AufenthG i.V.m. § 32 Abs. 1 BeschV erteilt wird oder der Ausländer die Berufsausbildung bereits „mit dem Status einer Aufenthaltsgestattung“ und mit einer Erlaubnis nach § 61 Abs. 2 AsylG begonnen hat (vgl. S. 5 des Schreibens).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Da Gegenstand der Beschwerde nur ein (behaupteter) Anspruch auf Beschäftigungserlaubnis nach dem Aufenthaltsgesetz war, ist § 83b AsylG nicht anzuwenden.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).