Arbeitsrecht

Dienstpostenkonkurrenz – Ausschreibung eines Beförderungsdienstpostens ohne Berücksichtigung von Umsetzungsbewerbern

Aktenzeichen  5 A 446/19 MD

Datum:
22.2.2022
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG Magdeburg 5. Kammer
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:VGMAGDE:2022:0222.5A446.19MD.00
Normen:
Art 33 Abs 12 GG
Art 19 Abs 4 GG
Art 33 Abs 12 GG
Art 19 Abs 4 GG
Spruchkörper:
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Leitsatz

1. Schreibt der Dienstherr Beförderungsdienstposten aus und stellt er klar, dass Umsetzungsbewerber nicht Adressaten der Ausschreibung sein sollen, so ist eine Auswahlentscheidung, die einen Umsetzungsbewerber nicht berücksichtigt, nicht zu beanstanden.(Rn.13)
2. Der Dienstherr muss nicht gesondert begründen, weshalb er eine Beförderungsentscheidung treffen will und andere Entscheidungen, etwa eine Umsetzungsentscheidung nicht treffen will.(Rn.14)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen eine Beförderungsauswahl Entscheidung des Beklagten. Sie ist im Amt einer Steueramtfrau im Finanzamt A-Stadt auf einem nach der Besoldungsgruppe A 11 LBesO bewerteten Dienstposten als Amtsprüferin beschäftigt.
Unter dem 29.05.2019 schrieb der Beklagte für Angehörige der Steuerverwaltung des Landes unter anderem beim Finanzamt A-Stadt einen Dienstposten „Amtsprüfer für Körperschaften“, bewertet nach der Besoldungsgruppe A 11 LBesO, aus. Die Stellenausschreibung richtete sich an Beförderungsbewerber der Laufbahngruppe 2. In der Ausschreibung hieß es weiter: „Anträge auf Versetzung bzw. auf gleichwertige Umsetzung können gesondert gestellt werden.“ Auf ihre Bewerbung teilte der Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12.08.2019 mit, ihr auf eine Umsetzung gerichteter Antrag könne im Rahmen der Beförderungsauswahl nicht berücksichtigt werden. Der Umsetzungsantrag werde an den Vorsteher des Finanzamtes weitergeleitet.
Den dagegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, mit dem sie geltend machte, der Hinweis in der Ausschreibung auf die Möglichkeit, Umsetzungsanträge gesondert zu stellen, verdeutliche, dass auch Inhaber eines statusgleichen Amtes in die Auswahlentscheidung einzubeziehen seien, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.11.2019 zurück. Wegen der im Vorfeld der Ausschreibung getroffenen Organisationsgrundentscheidung, für die Auswahl nur Beförderungsbewerber zu berücksichtigen, stehe dem Dienstherrn ein weites Ermessen zu. Aus dem Inhalt der Ausschreibung werde für einen verständigen Dritten in der Lage des Adressaten auch deutlich, dass der Adressatenkreis auf Beamte beschränkt sei, die das Statusamt A 11 LBesO noch nicht erreicht hätten.
Mit der dagegen am 17.12.2019 erhobenen Klage vertieft die Klägerin ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren und macht ferner geltend, der Grund für die Begrenzung des Bewerberkreises sei in den Verwaltungsakten nicht dokumentiert.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 12.08.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2019 zu verurteilen, über die Bewerbung der Klägerin auf die Stellenausschreibung „Amtsprüfer für Körperschaften“ beim Finanzamt A-Stadt unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er verweist auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid und macht ergänzend geltend, anders als bei Beförderungsauswahlentscheidungen unterlägen Organisationsgrundentscheidungen keiner Dokumentations- bzw. Begründungspflicht.

Entscheidungsgründe

Die zulässige allgemeine Leistungsklage ist unbegründet, weil die Ablehnung der Einbeziehung der Bewerbung der Klägerin auf die Ausschreibung des Beförderungsdienstpostens als Amtsprüfer Körperschaften rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt (vergleiche § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO analog).
Die Klägerin hat keinen Rechtsanspruch auf Einbeziehung ihres Umsetzungsantrages in die vom Beklagten getroffene Auswahlentscheidung über die Besetzung des ausgeschriebenen Dienstpostens als „Amtsprüfer Körperschaften“ beim Finanzamt A-Stadt.
Auf Art. 33 Abs. 2 GG kann die Klägerin ihren geltend gemachten Anspruch nicht stützen. Danach haben alle Deutschen einen Anspruch auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte. Den Zugang zu einem Amt der Besoldungsgruppe A 11 LBesO erstrebt die Klägerin nicht, weil sie ein solches Amt bereits innehat und auf einem Dienstposten der Besoldungsgruppe A 11 LBesO amtsangemessen beschäftigt ist. Sie will vielmehr erreichen, dass sie auf einem anderen, ebenfalls amtsangemessenen Dienstposten beschäftigt wird. Über die Umsetzung eines Beamten, also die Bestimmung eines neuen Aufgabenkreises, entscheidet der Dienstherr nach seinem Organisationermessen. Er kann eine solche Umsetzungsentscheidung auch mit einer Stellenausschreibung initiieren und sich den Auswahlgrundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG unterwerfen, wenn er dies für die Besetzung des konkreten Dienstpostens für zweckdienlich hält. Diesen Weg hat der Beklagte indes im vorliegenden Fall nicht überschritten. Nach ihrem Wortlaut richtete sich Stellenausschreibung an „Beförderungsbewerber/-innen der Laufbahngruppe 2“. Zu diesem Adressatenkreis gehört die Klägerin nicht, weil sie als Steueramtfrau bereits ein Statusamt der Besoldungsgruppe A 11 LBesO innehat. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich aus dem nachfolgenden Satz in der Stellenausschreibung, wonach „Anträge auf Versetzung bzw. auf gleichwertige Umsetzung (…) gesondert gestellt werden“ könnten, nichts Anderes herleiten. Vielmehr ist dieser zweite Satz gedanklich folgerichtig mit der Bestimmung des Adressatenkreises auf Beförderungsbewerber im vorhergehenden Satz verknüpft. Denn nur vor diesem Hintergrund ist es sinnstiftend, Adressaten auf die Möglichkeit zu verweisen, Anträge auf Umsetzung „gesondert“ zu stellen. Aus dem Umstand, dass Umsetzungsanträge „gesondert“ gestellt werden können lässt sich klar und eindeutig entnehmen, dass Umsetzungsanträge im Rahmen der Auswahlentscheidung wegen der hier streitgegenständlichen Stellenbesetzung nicht berücksichtigt werden, weil über solche Anträge in einem gesonderten Verfahren entschieden werden soll.
Der Beklagte hat sein aus seiner Organisationsfreiheit folgendes Recht, zwischen Umsetzung, Versetzung und Beförderung zu wählen, ohne Rechtsfehler Gebrauch gemacht. Die Organisationsgrundentscheidung unterliegt nicht unmittelbar der Dokumentationspflicht. Indes ist für die Organisationsgrundentscheidung – ähnlich der verfahrensrechtlichen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs – ein Nachweis zu fordern, der verhindert, dass die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten einzelner Bewerber verändert werden (vgl. OVG LSA, Beschl. v. 14.11.2017 – 1 M 106/17 – Rdnr. 9, juris). Diesem Zweck ist im vorliegenden Fall Rechnung getragen. Durch den klaren Wortlaut der Ausschreibung, der eine Einbeziehung von Umsetzungsbewerbern ausschließt, kann keine nachträgliche Einengung des Bewerberkreises vorliegen. Bereits mit der Einleitung des Bewerbungsverfahrens durch die Stellenausschreibung ist der angesprochene Bewerberkreises klar umgrenzt.
Die Organisationsgrundentscheidung bedarf auch keiner Begründung. Für Beförderungsentscheidungen mag dabei anderes gelten. Wird der Kreis potentieller Beförderungsbewerber durch die Ausschreibung eines Beförderungsdienstpostens beschränkt, etwa auf Beamte desselben Dienstherrn oder der Behörde, bei der der Beförderungsdienstposten eingerichtet ist, so sind die für die getroffene Organisationsgrundentscheidung maßgeblichen Erwägungen im Interesse einer effektiven gerichtlichen Kontrolle (vgl. Art. 19 Abs. 4 GG) der Einhaltung der Rechte der Bewerber aus Art. 33 Abs. 2 GG vor bzw. mit der Ausschreibung zu dokumentieren. Solche materiellen Rechte indes stehen der Klägerin als Umsetzungsbewerber aus den o. g. Gründen nicht zur Seite. Der Dienstherr muss auch nicht gesondert begründen, weshalb er eine Beförderungsentscheidung treffen will und andere Entscheidungen, etwa eine Umsetzungsentscheidung nicht treffen will. Selbst wenn man dies anders sehen wollte, dürfen die Anforderungen an eine Begründung nicht überspannt werden. Namentlich dann, wenn sich die Begründung der getroffenen Entscheidung aus der Entscheidung selbst heraus geradezu aufdrängt, wird ein Beharren auf einer schriftlichen Niederlegung der maßgeblichen Gründe zu einer sinnentleerten bloßen Förmelei. So verhielte es sich hier. Es liegt auf der Hand, dass die Begrenzung des Kreises der angesprochenen Adressaten auf Beförderungsbewerber im Interesse der Personalentwicklung mit dem Ziel erfolgt, Nachwuchskräften die Möglichkeit zu geben, sich auf höherwertigen Dienstposten durch Leistung zu bewähren und ihnen damit eine Beförderungsperspektive zu eröffnen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im 1. Rechtszug auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe
Die Bemessung der Höhe des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.


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