Arbeitsrecht

Entfernung eines Reichsbürgers aus dem Beamtenverhältnis

Aktenzeichen  M 19L DK 18.4035

Datum:
2.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 49161
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 11, Art. 14 Abs. 2 S. 1, Art. 25 Abs. 1
BeamtStG § 33 Abs. 1 S. 3, § 34 S. 3
StGB § 22, § 23, § 240
GG Art. 33 Abs. 5

 

Leitsatz

1. Mit der politischen Treuepflicht ist es nicht vereinbar, wenn der Beamte die freiheitliche demokratische Grundordnung durch gezielte Fragen kontinuierlich in Frage stellt (Rn. 25 – 27). (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht als verfassungsrechtlich verankerte Kernpflicht ist deshalb stets als Dienstvergehen innerhalb des Dienstes zu werten, selbst wenn die pflichtwidrigen Handlungen außerhalb des Dienstortes und der Dienstzeit verübt wurden (Rn. 37). (redaktioneller Leitsatz)
3. Die schuldhafte Missachtung der politischen Treuepflicht ist disziplinarrechtlich von erheblicher Bedeutung, weil die Einhaltung dieser Pflicht unverzichtbare beamtenrechtliche Kernpflicht ist (Rn. 44). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt (Art. 11 BayDG).
1. Das Disziplinarverfahren weist in formeller Hinsicht keine Mängel auf. Solche hat der Beklagte auch nicht geltend gemacht. Er erhielt insbesondere mehrfach die Gelegenheit zur Äußerung.
2. Das Gericht legt seiner Entscheidung den Sachverhalt zugrunde, der Gegenstand der Disziplinarklage ist. Der Beklagte hat in mehreren zwischen Mai 2016 und Juli 2017 verfassten Schreiben und getätigten Äußerungen (- Schreiben v. 2. und 10.5.2016 an HGV S.
– Schreiben v. 17. und 23.5.2016 an das Amtsgericht Nördlingen
– Anhörungen am 16. und 17.8.2016 in der JVA …
– „Einspruch“ v. 7.10.2016 an das Amtsgericht Nördlingen
– Schreiben v. 21.11.2016 an das Landratsamt D.-R.
– Klageschrift v. 6.2.2017 an das Verwaltungsgericht Augsburg
– mündliche Verhandlung am 26.7.2017 beim Verwaltungsgericht Augsburg) gezeigt, dass er keine Gewähr dafür bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung einzutreten. Seine Abkehr hiervon hat sich bis heute stetig manifestiert. Der Beklagte stellt weder die Erstellung dieser Schreiben noch das Innehaben und Vertreten der genannten Ansichten in Abrede. Darüber hinaus sind die tatsächlichen Feststellungen aus dem Urteil des Landgerichts Augsburg vom 25. Juli 2017 zu dem Schreiben vom 10. Mai 2016 für das Verwaltungsgericht bindend (vgl. Art. 55 Halbs. 1, Art. 25 Abs. 1 BayDG).
3. Durch sein Verhalten hat der Beklagte ein Dienstvergehen begangen. Er hat gegen seine politische Treuepflicht (vgl. 3.1.) sowie gegen seine Pflicht zu gesetzmäßigem (vgl. 3.2.) und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (vgl. 3.3.) verstoßen.
3.1. Die Äußerungen des Beklagten in den genannten Schreiben und Anhörungen begründen einen Verstoß gegen die politische Treuepflicht aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG. Diese Regelung fordert, dass Beamtinnen und Beamte sich durch ihr gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes bekennen und für deren Erhaltung eintreten. Das Bundesverfassungsgericht (B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 17; ähnlich bereits B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Ls. 2) führt hierzu aus:
„Berufsbeamte und Berufsrichter unterliegen einer politischen Treuepflicht, die zu den von Art. 33 Abs. 5 GG garantierten hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums zählt. Gemeint ist damit nicht eine Verpflichtung, sich mit den Zielen oder einer bestimmten Politik der jeweiligen Regierung zu identifizieren. Gemeint ist vielmehr die Pflicht zur Bereitschaft, sich mit der Idee des Staates, dem der Beamte dienen soll, mit der freiheitlichen demokratischen, rechts- und sozialstaatlichen Ordnung dieses Staates zu identifizieren. Dies schließt nicht aus, an Erscheinungen dieses Staates Kritik üben zu dürfen, für Änderungen der bestehenden Verhältnisse – innerhalb des Rahmens der Verfassung und mit den verfassungsrechtlich vorgesehenen Mitteln – eintreten zu können, solange in diesem Gewand nicht eben dieser Staat und seine verfassungsmäßige Grundlage in Frage gestellt werden. Unverzichtbar ist, dass der Beamte den Staat und die geltende verfassungsrechtliche Ordnung bejaht, sie als schützenswert anerkennt, in diesem Sinne sich zu ihnen bekennt und aktiv für sie eintritt. Der Beamte, der dies tut, genügt seiner Treuepflicht und kann von diesem Boden aus auch Kritik äußern und Bestrebungen nach Änderungen der bestehenden Verhältnisse – im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung und auf verfassungsmäßigen Wegen – unterstützen. Die Treuepflicht gebietet, den Staat und seine geltende Verfassungsordnung zu bejahen und dies nicht bloß verbal, sondern auch dadurch, dass der Beamte die bestehenden verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorschriften beachtet und erfüllt. Die politische Treuepflicht fordert mehr als nur eine formal korrekte, im Übrigen uninteressierte, kühle, innerlich distanzierte Haltung gegenüber Staat und Verfassung; sie fordert vom Beamten, dass er sich eindeutig von Gruppen und Bestrebungen distanziert, die diesen Staat, seine verfassungsmäßigen Organe und die geltende Verfassungsordnung angreifen, bekämpfen und diffamieren.“
Allerdings fordert das Bundesverfassungsgericht für die Annahme einer disziplinarrechtlichen Relevanz der Verletzung der politischen Treuepflicht Folgendes (B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 31; ebenso bereits B.v. 22.5.1975 – 2 BvL 13/73 – juris Rn. 45):
„Dabei ist zu beachten, dass sich der umschriebene Inhalt der Treuepflicht des Beamten nicht völlig mit dem Inhalt der disziplinär zu ahndenden Treuepflichtverletzung des Beamten deckt, weil zum letztgenannten Tatbestand ein Minimum an Gewicht und an Evidenz der Pflichtverletzung gehört. Das bloße Innehaben einer Überzeugung und die bloße Mitteilung, dass man diese habe, ist nicht in jedem Fall eine Verletzung der Treuepflicht, die dem Beamten auferlegt ist; dieser Tatbestand ist aber jedenfalls dann überschritten, wenn der Beamte aus seiner der Verfassung widersprechenden politischen Überzeugung Folgerungen für seine Einstellung gegenüber der verfassungsmäßigen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland, für die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten, für den Umgang mit seinen Mitarbeitern oder für politische Aktivitäten im Sinne seiner politischen Überzeugung zieht.“
Diese Anforderungen sind nicht gewährleistet, wenn ein Beamter als Anhänger der sog. „Reichsbürgerbewegung“ die Geltung des Grundgesetzes und die verfassungsmäßige Struktur der Bundesrepublik Deutschland in Frage stellt (VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 – RN 10 B DK 17.1988 – S. 17, n.v.; VG Trier, U.v. 14.8.2018 – 3 K 2486/18.TR – juris Rn. 53 ff.; OVG Sachsen-Anhalt, U.v. 15.3.2018 – 10 L 9/17 – juris Rn. 56 ff.; VG München, U.v. 8.2.2018 – M 19 L DK 17.5914 – n.v.; OVG NW, B.v. 22.3.2017 – 3d 296/17.O – juris Rn. 7).
Nach den im Disziplinarverfahren getroffenen Feststellungen teilt der Beklagte jedenfalls zum Teil das Gedankengut der sog. „Reichsbürgerbewegung“. Dabei ist es unerheblich, ob er Mitglied einer entsprechenden Gruppierung ist, zu anderen Angehörigen dieser Bewegung Kontakt hat oder seine Ansichten selbst als solche einstuft. Weiter ist unerheblich, ob er seine Äußerungen als Thesen oder als Fragen formuliert. Für die politische Treuepflicht ist erforderlich, dass ein Beamter jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung eintritt. Damit ist es nicht vereinbar, wenn er diese durch gezielte Fragen kontinuierlich in Frage stellt.
Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es sich bei der sog. „Reichsbürgerbewegung“ um keine homogene, streng zusammengehörige oder klar abgrenzbare Gruppe handelt. Vielmehr umfasst die Bewegung mehrere, oft untereinander konkurrierende Gruppierungen in Deutschland, so dass nicht von einer geschlossenen „Reichsbürger-Ideologie“ oder von einer spezifischen Weltanschauung gesprochen werden kann. Allerdings ist allen Anhängern gemein, dass sie die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten. Sie behaupten etwa, dass das Deutsche Reich fortbestehe. Die Bundesrepublik sei völker- und verfassungsrechtlich illegal und de jure nicht existent. Sie sei kein Staat, sondern eine privatrechtliche Organisation, aus der man austreten könne bzw. die keine hoheitlichen Befugnisse gegenüber den „Reichsbürgern“ habe. Die Leugnung der Existenz der Bundesrepublik Deutschland bedingt, dass die „Reichsbürger-Ideologie“ konsequent das Grundgesetz, die Gesetze und die Legitimität staatlicher Institutionen sowie ihrer Repräsentanten negiert. Sie zweifelt die Rechtsgültigkeit von Verwaltungshandeln sowie die Zuständigkeit der Verwaltungen und Gerichte an oder ignoriert sie gänzlich, beispielsweise mit der Weigerung, öffentliche Abgaben (etwa Rundfunkbeiträge) oder Bußgeldzahlungen zu leisten (vgl. BayVGH, B.v. 5.10.2017 – 21 CS 17.1300 – juris Rn. 14; VG Regensburg, U.v. 26.11.2018 – RN 10B DK 17.1988 – S. 17 f., n.v.; VG Trier, U.v. 14.8.2018 – 3 K 2486/18.TR – juris Rn. 67 ff.).
Der Beklagte hat in seinen Schreiben und mündlichen Äußerungen zum Teil mehrfach und durchgängig in unmissverständlicher Weise zum Ausdruck gebracht, dass er insbesondere
– den Beitragsservice des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als privatrechtliche Firma ansieht, mit der er keine Geschäftsverbindungen unterhält
– dessen Schreiben als bloße Angebote wertet und diese ablehnt
– den Menschen benannt haben will, der das Vollstreckungsersuchen erstellt hat, und damit die Existenz einer staatlichen Verwaltung negiert
– Namen und Anschrift seines staatlichen Richters genannt und dessen Bestallungsurkunde vorgelegt haben will und damit die Legitimation jedenfalls des Amtsgerichts Nördlingen in Zweifel zieht
– die Staatlichkeit der Bundesrepublik Deutschland hinterfragt und hierfür die rundfunkbeitragsrechtliche Streitigkeit nutzt
– die Benennung des Völkerrechtssubjekts zu seiner Staatsangehörigkeit erreichen will und damit die Existenz der Bundesrepublik als Staat anzweifelt
– die Bundesrepublik als Nichtregierungsorganisation und die Bundeskanzlerin als deren Geschäftsführerin ansieht
– Gerichte entweder als Schiedsgerichte oder freiwillige Gerichtsbarkeit betrachtet, die vertraglich zwischen den Parteien vereinbart sind.
Durch diese Bekundungen hat der Beklagte klar und unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht, dass er Gedankengut der Reichsbürgerbewegung und mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht in Einklang stehende Staatsideen vertritt. Der Schwerpunkt des Vorwurfs liegt dabei nicht darauf, dass er in seinen Äußerungen seine (vermeintlichen) Rechte gegenüber Behörden und Gerichten wahrgenommen, sondern darauf, dass er darin die Negierung der Staats- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland zum Ausdruck gebracht hat.
Dem Gedankengut der Reichsbürgerbewegung entspricht es auch, dass der Beklagte HGV S. seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen übersandt, Schreiben ohne Unterschrift als nicht rechtsgültig angesehen und sich explizit als „lebender Mensch“ bezeichnet hat.
Soweit der Beklagte angibt, dass er auf dem Boden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung stehe, stellt dies eine leere Bekundung dar. Seine Äußerungen belegen das Gegenteil. So hat er dies zwar auch in der mündlichen Verhandlung bekundet, aber gleichzeitig erklärt, der Beitragsservice sei keine Behörde und könne deshalb keine „Selbsttitulierung“ vornehmen, behördliche Schreiben müssten eine Unterschrift tragen, weil man sonst nicht wisse, wer die Verantwortung trage und er wünsche, dass unser Staat die volle Souveränität erhalte. Diese Äußerungen sind mit einem Bekenntnis zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung nicht vereinbar.
Der Annahme eines Dienstvergehens steht nicht entgegen, dass die einzelnen Äußerungen – überwiegend – für sich genommen nicht strafrechtlich zu beanstanden sind; dies schließt einen Verstoß gegen die dem Beklagten obliegende Verfassungstreuepflicht nicht aus (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 27/17 – juris Rn. 84). Unerheblich ist insoweit auch, dass die politische Überzeugung des Beklagten – soweit ersichtlich – keinen Einfluss auf die Art der Erfüllung seiner Dienstpflichten im Übrigen hatte und es nicht zu konkreten Beanstandungen seiner Dienstausübung gekommen ist (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 27/17 – juris Rn. 85).
3.2. Jedenfalls das Schreiben vom 10. Mai 2016 an HGV S. begründet auch einen Verstoß gegen die Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG). Der Beklagte hat hierdurch eine versuchte Nötigung (§§ 240, 22, 23 StGB) begangen.
3.3. Neben dem Verstoß gegen die politische Treuepflicht begründet sein Verhalten gegenüber Behörden und Gerichten weiter einen Verstoß gegen seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG). Mit seinen schriftlichen und mündlichen Äußerungen hat er seine verfassungswidrige Gesinnung nach außen getragen und einen Amtswalter unter Druck gesetzt.
4. Das Fehlverhalten des Beklagten stellt sich dabei sowohl als inner- als auch als außerdienstliches dar.
Der Verstoß gegen die Pflicht zur Verfassungstreue nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG begründet ein einheitliches innerdienstliches Dienstvergehen im Sinne von § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. Die Pflicht zum Eintreten für die freiheitliche demokratische Grundordnung ist unteilbar und nicht auf den dienstlichen Raum beschränkt (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 – juris Rn. 85; BayVGH, U.v. 28.11.2001 – 16 D 00.2077 – juris Rn. 155; VG Magdeburg, U.v. 30.3.2017 – 15 A 16/16 – juris Rn. 45). Ein Verstoß gegen die politische Treuepflicht als verfassungsrechtlich verankerte Kernpflicht ist deshalb stets als Dienstvergehen innerhalb des Dienstes zu werten, selbst wenn die pflichtwidrigen Handlungen außerhalb des Dienstortes und der Dienstzeit verübt wurden (Zängl in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BeamtenR in Bayern, Stand 2019, § 33 BeamtStG Rn. 109).
Den Verstoß gegen die Pflicht zu gesetzmäßigem Verhalten nach § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten nach § 34 Satz 3 BeamtStG sieht das Gericht als außerdienstlichen an. Der Schriftverkehr des Beklagten mit Behörden und Gerichten war weder formell in das Amt des Beamten noch materiell in die damit verbundene dienstliche Tätigkeit eingebunden (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 50/13 – juris Rn. 29). Als Dienstvergehen ist außerdienstliches Fehlverhalten von Beamten nach § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG dabei nur zu qualifizieren, wenn es nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen der Bürger in einer für ihr Amt bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind hier erfüllt. Der Beklagte hat seine verfassungsfeindliche Haltung gegenüber Behörden und Gerichten in mehreren Schreiben zum Ausdruck gebracht. Das Leugnen der Existenz der Bundesrepublik Deutschland als Staat und die Nichtanerkennung der staatlichen Hoheitsgewalt durch einen Beamten schaden der gesamten öffentlichen Verwaltung in besonderem Maße und beeinträchtigen das Vertrauen der Bevölkerung in das Beamtentum als Sachwalter einer stabilen und gesetzestreuen Verwaltung.
5. Der Beklagte hat die ihm obliegenden Pflichten dabei schuldhaft verletzt. Ihm ist vorsätzliches Handeln zur Last zu legen, weil er die ihm vorgeworfenen Äußerungen mit Wissen und Wollen getätigt hat. Das Gericht geht davon aus, dass ihm die Tragweite seines Handelns und die möglichen Konsequenzen für seine berufliche Existenz durchaus bewusst waren.
6. Die zu treffende Bemessungsentscheidung führt zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis, weil er durch sein Dienstvergehen das Vertrauen des Freistaats Bayern und der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
Nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens, der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn oder der Allgemeinheit, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und dem bisherigen dienstlichen Verhalten zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6/14 – juris Rn. 12; U.v. 18.6.2015 – 2 C 9/14 – juris Rn. 25; BayVGH, U.v. 5.10.2016 – 16a D 14.2285 – juris Rn. 55). Gegenstand der disziplinarrechtlichen Bewertung ist die Frage, welche Disziplinarmaßnahme in Ansehung der Persönlichkeit des Beamten geboten ist, um die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes und die Integrität des Berufsbeamtentums möglichst ungeschmälert aufrecht zu erhalten (BayVGH, U.v. 29.6.2016 – 16b D 13.993 – juris Rn. 36).
Die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als disziplinarrechtliche Höchstmaßnahme ist nur zulässig, wenn der Beamte wegen der schuldhaften Verletzung einer ihm obliegenden Pflicht das für die Ausübung seines Amts erforderliche Vertrauen endgültig verloren hat (Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayDG). Ist die Weiterverwendung eines Beamten wegen eines von ihm begangenen schweren Dienstvergehens nicht mehr denkbar, muss er durch die Disziplinarmaßnahme aus dem Beamtenverhältnis entfernt werden.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundsätze ist das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zuzuordnen. Da sich die Bemessung der Disziplinarmaßnahme vorrangig nach der schwersten Verfehlung richtet, kommt dem Gewicht des Verstoßes gegen die Pflicht zur Verfassungstreue im Fall des Beklagten richtungsweisende Bedeutung zu. Da die Variationsbreite der Verfassungstreuepflichtverletzungen zu groß ist, als dass sie einheitlichen Regeln unterliegen, gibt es zwar keine disziplinare Regelrechtsprechung (vgl. VG Trier, U.v. 14.8.2018 – 3 K 2486/18.TR – juris Rn. 102). Dennoch erscheint bei der Verletzung der politischen Treuepflicht in der besonders schweren Form verfassungsfeindlicher Aktivitäten grundsätzlich eine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten (Zängl, BayDG, Stand Aug. 2018, MatR II, Rn. 117). Die Grundlagen des Beamtenverhältnisses lassen es nicht zu, Personen mit der Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt zu betrauen, die die freiheitliche demokratische Verfassungsordnung ablehnen (BVerwG, U.v. 17.11.2017 – 2 C 25/17 – juris Rn. 91).
Die schuldhafte Missachtung der politischen Treuepflicht ist disziplinarrechtlich von erheblicher Bedeutung, weil die Einhaltung dieser Pflicht unverzichtbare beamtenrechtliche Kernpflicht ist. Das Verhalten des Beklagten macht deutlich, dass er die Amtspflicht, sich durch sein gesamtes Verhalten zu der freiheitlichen demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen und für deren Einhaltung einzutreten, nicht erfüllt. Er hat die Grundfeste der freiheitlichen demokratischen Grundordnung in mehreren Äußerungen gegenüber Behörden und Gerichten in Frage gestellt bzw. negiert. Damit hat er klar zum Ausdruck gebracht, dass er die geltende staatliche Ordnung nicht anerkennt. Sein Verhalten ist geeignet, einen erheblichen Ansehens- und Vertrauensverlust herbeizuführen. Durch die schwerwiegende Verletzung seiner Grundpflichten aus § 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG hat er das Vertrauen sowohl der Allgemeinheit wie auch des Dienstherrn in eine zukünftige amtsentsprechende Dienstführung zerstört. Die verfassungsrechtliche Konstituierung einer wehrhaften Demokratie schließt es aus, dass der Staat, dessen verfassungsmäßiges Funktionieren auch von der freien inneren Bindung seiner Amtsträger an die geltende Verfassung abhängt, zur Ausübung staatlicher Gewalt Amtsträger im Dienst belässt, die die freiheitliche demokratische Grundordnung in grundsätzlicher Weise ablehnen (vgl. BVerfG, B.v. 6.5.2008 – 2 BvR 337/08 – juris Rn. 18 und 22). Bringt ein derartiges Verhalten bereits einen jeden Beamten an den Rand seiner Tragbarkeit, so gilt dies erst recht für einen Beamten im Justizvollzugsdienst, dessen Kernaufgabe darin besteht, den gesetzmäßigen Strafvollzug und die Rückkehr der inhaftierten Personen in ein straffreies Leben in der Gesellschaft sicherzustellen. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist deshalb angesichts der Schwere der Pflichtenverstöße die konsequente und notwendige Ahndungsmaßnahme.
7. Von der danach auszusprechenden Höchstmaßnahme ist hier auch nicht deshalb zu Gunsten einer milderen Disziplinarmaßnahme abzuweichen, weil ein Milderungsgrund vorliegt, der geeignet ist, das schwere Dienstvergehen des Beklagten als weniger gravierend erscheinen zu lassen.
Als Milderungsgrund kommen hier die fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung des Beklagten und seine guten dienstlichen Leistungen in Betracht. Der Beklagte erreichte in der letzten periodischen Beurteilung vom 31. Juli 2014 für den Zeitraum von 2010 bis 2013 ein Gesamturteil von 13 Punkten; in den Jahren 2002, 2004, 2007 und 2008 wurden ihm Leistungsprämien zuerkannt. Angesichts der Schwere des festgestellten Dienstvergehens können jedoch weder die fehlende straf- und disziplinarrechtliche Vorbelastung noch die guten dienstlichen Leistungen zum Ausspruch einer milderen Disziplinarmaßnahme führen. Diese Umstände stellen ein normales Verhalten zur Erfüllung der Dienstpflichten dar. Sie sind nicht geeignet, die Schwere des Dienstvergehens so abzumildern, dass von einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis abgesehen werden könnte. Die langjährige pflichtgemäße Dienstausübung ist – selbst bei überdurchschnittlichen Leistungen – für sich genommen regelmäßig nicht geeignet, derartige Pflichtverstöße in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BayVGH, U.v. 18.3.2015 – 16a D 09.3029 – juris Rn. 96).
8. Die Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis ist auch nicht unverhältnismäßig. Das aus dem verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG, Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) folgende Verhältnismäßigkeitsgebot beansprucht auch bei der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen Geltung. Danach muss die dem Beamten staatlicherseits auferlegte Belastung geeignet und erforderlich sein, um den angestrebten Zweck zu erreichen. Zudem darf der Eingriff seiner Intensität nach nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und den vom Beamten hinzunehmenden Einbußen stehen. Die Entfernung eines aktiven Beamten aus dem Beamtenverhältnis als disziplinare Höchstmaßnahme verfolgt neben der Wahrung des Vertrauens in die pflichtgemäße Aufgabenerfüllung durch die öffentliche Verwaltung auch die Zwecke der Generalprävention, der Gleichbehandlung und der Wahrung des Ansehens des öffentlichen Dienstes. Ist durch das Gewicht des Dienstvergehens und mangels durchgreifender Milderungsgründe das Vertrauen endgültig zerstört und kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, der Beamte werde dem Gebot, seine Aufgaben pflichtgemäß zu erfüllen, Rechnung tragen, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als erforderliche und geeignete Maßnahme, den aufgezeigten Zwecken der Disziplinarmaßnahme Geltung zu verschaffen. Abzuwägen sind dabei das Gewicht des Dienstvergehens und des dadurch eingetretenen Vertrauensschaden einerseits und die mit der Verhängung der Höchstmaßnahme einhergehende Belastung andererseits. Ist das Vertrauensverhältnis wie hier gänzlich zerstört, erweist sich die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis als angemessene Reaktion auf das Dienstvergehen. Die Auflösung des Dienstverhältnisses beruht dann nämlich auf der schuldhaften Pflichtverletzung durch den Beamten und ist diesem als für alle öffentlich-rechtlichen Beschäftigungsverhältnisse vorhersehbare Folge bei derartigen Pflichtverletzungen zuzurechnen (BayVGH, U.v. 11.10.2017 – 16a D 15.2758 – juris Rn. 56).
Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 Satz 1 BayDG.


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