Aktenzeichen M 2 K 17.40926
AsylG § 80
Leitsatz
1 Ob bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 155 Abs. 1 S. 1 VwGO das Gericht die Kosten gegeneinander aufhebt (1. Alt.) oder verhältnismäßig verteilt (2. Alt.), steht in seinem originären gerichtlichen Ermessen. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Verfahrenskosten sind, wenn eine Behörde zur Hälfte oder sogar in noch höherem Maße obsiegt, grds. nach § 155 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VwGO gegeneinander aufzuheben. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
Die Gegenvorstellung wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Mit Beschluss vom 19. Februar 2018 hat das Gericht das Verfahren nach übereinstimmender Erledigterklärung eingestellt (Nr. I) und die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben (Nr. II). Gegen die Kostenentscheidung in Nr. II richtet sich die Gegenvorstellung vom *. April 2018.
II.
1. Die – ausdrücklich als solche bezeichnete – Gegenvorstellung ist bereits unzulässig. Sie ist unstatthaft, weil sie in der geschriebenen Rechtsordnung keine Grundlage findet (vgl. BVerwG, B.v. 26.2.2009 – 2 PKH 2.09 – juris Rn. 3). Gleiches ergibt sich ebenfalls aus der rechtlichsystematischen Wertung sowohl des § 80 AsylG als auch nach § 92 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog.
2. Zudem ist die Gegenvorstellung unbegründet und auch deshalb erfolglos. Es verbleibt bei der im Einstellungsbeschluss vom 19. Februar 2018 getroffenen Ermessensentscheidung über die Kostenverteilung (§ 161 Abs. 2 i.V.m. § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 und Satz 2 VwGO – Kostenaufhebung).
Die vom Kläger mit seiner Gegenvorstellung verfolgte Kostenquotelung, mit der er der Sache nach eine Erstattung seiner außergerichtlichen (Anwalts-)Kosten in Höhe von 1/3 von der Beklagten begehrt, entspricht auch mit Blick auf den Vortrag im Schriftsatz vom *. April 2018 nicht der Billigkeit. Hierzu wird in entsprechender Anwendung von § 117 Abs. 5 VwGO zunächst auf die bereits im Einstellungsbeschluss vom 19. Februar 2018 gegebene Begründung verwiesen. Des Weiteren gilt Folgendes: Die Möglichkeit der Kostenaufhebung nach § 155 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. VwGO ist nicht nur auf Fälle etwa gleichwertigen Obsiegens und Unterliegens beschränkt, sondern besteht generell (vgl. z.B. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl. 2017, § 155 Rn. 3; Rennert in: Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 155 Rn. 4; Unterreitmeier, DÖV 2015, 1044, 1051), sodass auch vorliegend – jedenfalls bei der gegebenen Obsiegensquote der Beklagten von 2/3 und des Klägers von 1/3 – entsprechend verfahren werden konnte. Ob bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO das Gericht die Kosten gegeneinander aufhebt (1. Alt.) oder verhältnismäßig verteilt (2. Alt.), steht dabei in seinem originären gerichtlichen Ermessen. Dies ermöglicht es bei der zu treffenden Kostenentscheidung insbesondere, die tatsächliche Kostenlast der Beteiligten zu berücksichtigen. Bei unterschiedlichen eigenen außergerichtlichen Kosten der Beteiligten – namentlich wenn, wie häufig im Verwaltungsprozess, nur die Klagepartei, nicht aber der beklagte Hoheitsträger anwaltlich vertreten ist – kommt eine Kostenaufhebung dann in Betracht, wenn Gründe es rechtfertigen, den Verfahrensgegner – hier die Beklagte – an den außergerichtlichen Kosten -vorliegend der Klagepartei – nicht teilhaben zu lassen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der nicht anwaltlich vertretene Beklagte bei einer quotenmäßigen Verteilung der Kosten, obwohl er sogar zu mehr als der Hälfte obsiegt hat, schlechter gestellt würde als bei der Kostenaufhebung. Denn in einem solchen Fall würden trotz der mehr als hälftigen Kostengrundentscheidung zu Gunsten des Beklagten die sodann dem Kläger zu erstattenden außergerichtlichen Kosten – hier in Höhe von 1/3, d.h. bei einen Gegenstandswert nach § 30 Abs. 1 RVG gem. Nr. 3100 VV-RVG i.H.v. 131,30 EUR netto – deutlich über dem von Hoheitsträger allein einforderbaren Auslagenersatz nach § 162 Abs. 2 Satz 3 VwGO und Nr. 7002 VV-RVG i.H.v. (höchstens) 20 EUR liegen. Dies wäre weder mit dem Gleichheitssatz noch mit dem Rechtstaatsgebot vereinbar. Nach richtiger Auffassung sind daher die Verfahrenskosten, wenn eine Behörde zur Hälfte oder sogar in noch höherem Maße obsiegt, grundsätzlich nach § 155 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. Und Satz VwGO gegeneinander aufzuheben (vgl. ausführlich und zutreffend: Unterreitmeier, DÖV 2015, 1044, 1050 f. m.w.N.; i.E. ebenso: Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand 33. EL Juni 2017, § 155 Rn. 8 und Kopp/Schenke aaO). So liegt der Fall auch hier.
Einer Kostenentscheidung bedarf es für das Verfahren der Gegenvorstellung nicht. Es ist gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).