Aktenzeichen 4 K 334/16
BayRDG Art. 2, Art. 12, Art. 33a, Art. 12
GewStG § 2 Abs. 1
Leitsatz
Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerabzugsbeträge für die Zeit von Dezember 2009 bis Dezember 2013 (1.2013) vom 07.10.2014
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Gründe
Die Klage ist unbegründet.
Das beklagte Finanzamt hat zu Recht die an hauptamtlich tätige Mitarbeiter der Klägerin gezahlten Vergütungen für ehrenamtlich geleistete Dienste i.S. des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht als nach § 3 Nr. 26 und Nr. 12 EStG steuerfreie Einnahmen behandelt.
1. Ein Gewerbebetrieb i.S. des § 2 Abs. 1 GewStG i.V.m. § 15 Abs. 2 EStG ist jede selbständige nachhaltige Betätigung, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt, wenn die Betätigung weder als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufs noch als eine andere selbständige Tätigkeit anzusehen ist.
Ein Rettungsassistent übt grundsätzlich eine einem Krankengymnasten ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG aus (vgl. BMF, 22.10.2004, IV B 2-S. 2246-3/04, BStBl I 2004, 1030; 26.06.2009, IV B 9-S 7170/08/10009, BStBl I 2009, 756 zu USt; Schmidt/Wacker, EStG, § 18 Rz. 155 „Rettungsassistent“). Dies setzt gemäß § 15 Abs. 2 EStG u.a. eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt.
2. Diese Voraussetzungen erfüllt die ehrenamtliche Tätigkeit von hauptamtlich Beschäftigten der Klägerin nicht. Diese Tätigkeit steht in einem sachlichen und wirtschaftlichen Zusammenhang mit deren nichtselbständigen hauptberuflichen Tätigkeit.
Einnahmen, die einem Arbeitnehmer aus einem Dienstverhältnis zufließen, sind, da es am Merkmal der Selbständigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 EStG fehlt, Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG, § 2 Abs. 1 LStDV).
a) Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören neben Gehältern, Löhnen, Gratifikationen und Tantiemen auch andere Bezüge und Vorteile, die „für eine Beschäftigung“ im privaten Dienst gewährt werden. Es ist gleichgültig, ob es sich um laufende oder einmalige Bezüge handelt und ob ein Rechtsanspruch auf sie besteht (§ 19 Abs. 1 EStG). Bezüge und Vorteile werden „für eine Beschäftigung“ gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Für die Einnahmen gilt – ebenso wie für die Werbungskosten – das Veranlassungsprinzip (vgl. z.B. Urteile-BFH vom 06.03.1995 VI R 63/94, BStBl II 1995, 471, und vom 22.03.1985 VI R 26/82, BStBl II 1985, 641). Einnahmen werden dementsprechend durch eine nichtselbständige Tätigkeit erzielt, wenn ein sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang zum Beschäftigungsverhältnis und nicht zu einer anderen Einkunftsart besteht (vgl. z.B. hierzu auch BFH-Urteil vom 27.05.1998 X R 94/96, BStBl II 1998,619).
b) Übt ein Arbeitnehmer eine vom Arbeitgeber entlohnte Nebentätigkeit aus, so sind die Einnahmen aus der Nebentätigkeit durch das Arbeitsverhältnis veranlasst, wenn Haupt- und Nebentätigkeit gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird wie die Haupttätigkeit oder wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit ihm aus seinem Dienstverhältnis faktisch oder rechtlich obliegende Nebenpflichten erfüllt (vgl. BFH-Urteil vom 22.11.1996 VI R 59/96, BStBl II 1997, 254). Gleichartige oder ähnliche organisatorische Bedingungen liegen vor, wenn der Arbeitnehmer bei Ausübung der Nebentätigkeit in der Betätigung seines geschäftlichen Willens unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 LStDV). Demgegenüber ist ein Arbeitnehmer im Rahmen einer Nebentätigkeit selbständig tätig, wenn er eigene Unternehmerinitiative entfaltet und eigenes Unternehmerrisiko trägt (vgl. hierzu auch BFH-Urteile vom 14.06.1985 VI R 150-152/82, BStBl II 1985, 661; vom 24.07.1992 VI R 126/88, BStBl II 1993, 155; vom 20.12.2000 XI R 32/00, BStBl II 2001, 496).
c) Nach diesen Rechtsgrundsätzen stehen die den hauptamtlichen Beschäftigten der Klägerin für die ehrenamtlichen Schichten gezahlten Vergütungen in einem unmittelbaren Zusammenhang mit deren nichtselbständigen Tätigkeit. Sie sind durch das Arbeitsverhältnis veranlasst.
aa) Stellt ein Arbeitnehmer – aufgrund einer entsprechenden vertraglichen Nebenverpflichtung oder freiwillig – seine Arbeitskraft im Rahmen einer zusätzlichen Tätigkeit seinem Arbeitgeber zur Verfügung und/oder führt er auf Weisung seines Arbeitgebers die zu erfüllenden Aufgaben aus, so steht die hierfür vom Arbeitgeber gezahlte Vergütung in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit seiner nichtselbständigen Tätigkeit (vgl. BFH-Urteil in BStBl II 2001, 496).
bb) Im Streitfall handelt es sich bei der Haupt- und Nebentätigkeit der hauptamtlichen Rettungskräfte um gleichartige Tätigkeitsbereiche.
Wie die Klägerin durch ihre Vertreter selbst ausführt, sind die Aufgaben der ehren- und hauptamtlich tätigen Rettungs- und Unfallsanitäter die Gleichen. Nach Art. 2 BayRDG umfasst der Rettungsdienst die bodengebundene Durchführung von Notfallrettung, arztbegleiteten Patiententransport und Krankentransport. Während der Schichten sind die Krankenwagen der Klägerin bei einem Krankentransport mit einem Rettungssanitäter und bei einer Notfallrettung mit einem Notfallsanitäter sowie jeweils mit einem Rettungsdiensthelfer besetzt. Sämtliche hierbei von haupt- und ehrenamtlichen Einsatzkräften erbrachten Tätigkeiten sind u.a. hinsichtlich des Start- und Zielorts der Dienste, Arbeitsmittel, Arbeitsausübung, Dokumentationen, Pläne und Vorgaben dieselben Tätigkeiten wie in der Haupttätigkeit. Entsprechend setzt die Ausübung des Rettungsdienstes sowohl in der ehrenamtlich als auch hauptamtlich ausgeübten Tätigkeit dieselbe berufliche Qualifikation voraus. Wie auch der Kreisgeschäftsführer Rath in der mündlichen Verhandlung bestätigte, unterscheidet sich die Tätigkeit der Ehrenamtlichen in nichts von derjenigen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes; beide unterliegen denselben (fachlichen) Dienstanweisungen (s.a. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MDR 2003, 998, Vorbringen des Betriebsrats). Dies gilt unabhängig davon, ob die einzelnen Personen hauptamtlich oder ehrenamtlich im Rettungsdienst tätig sind. Die ehrenamtlichen Schichten unterscheiden sich in fachlicher Hinsicht nicht von den hauptamtlichen Schichten. Die Rettungskräfte üben auch in diesen Schichten dieselbe Tätigkeit aus wie in ihrer hauptamtlichen Tätigkeit.
Nach glaubhafter Aussage des Zeugen A sind die hauptamtlichen Mitarbeiter bei ehrenamtlichen Schichten von den ihnen durch den Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen zusätzlichen Aufgaben wie z.B. das Reinigen von Fahrzeugen befreit. Dieser Umstand ist nach Auffassung des Senats für den anzustellenden Vergleich beider Tätigkeiten unwesentlich. Entscheidend ist, ob die in der Nebentätigkeit und in der Haupttätigkeit ausgeübten Tätigkeiten der Art nach gleich sind, indem sie u.a. eine große Ähnlichkeit aufweisen. Dies ist nach Auffassung des Senats im Streitfall gegeben. Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind sowohl in der Nebenals auch in der Haupttätigkeit im selben Aufgabenbereich tätig. Außerdem werden in der hauptamtlichen und nicht in der ehrenamtlichen Tätigkeit zusätzliche Arbeiten erledigt. Beide Tätigkeiten weisen damit insoweit in fachlicher Hinsicht keine Unterschiede auf.
Demnach besteht hinsichtlich der in den haupt- und ehrenamtlichen Schichten ausgeübten Tätigkeiten ein unmittelbarer fachlicher Zusammenhang, der nach Auffassung des Senats der Art der Tätigkeit nach keine eindeutige Trennung beider Tätigkeiten zulässt. Die einem hauptamtlichen Mitarbeiter durch den Geschäftsverteilungsplan zugewiesenen Zusatzarbeiten sind keine geeigneten Abgrenzungsmerkmale.
cc) Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind auch während den ehrenamtlichen Schichten organisatorisch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert.
Die ehrenamtlich tätigen Personen sind grundsätzlich in sog. Bereitschaften (Gemeinschaften) als organisatorisch selbständige Untereinheiten de Klägerin organisiert (§ 1 Abs. 1 Ordnung der Bereitschaften (OdB)). Die Gemeinschaften selbst sind keine juristischen Personen des öffentlichen Rechts, sondern kameradschaftliche Zusammenschlüsse eines Teils seiner Mitglieder (BayVerfGH, E.v. 13.4.1962 – Vf. 107-VII-60 – VerwRspr. 1963, 391/396). Ihre Aufgaben umfassen u.a. die Mitwirkung im Rettungsdienst bzw. dessen Unterstützung (§ 5 Abs. 2 g OdB).
Der Rettungsdienst ist eine öffentliche Aufgabe und wird durch einen öffentlichen Rettungsdienst sichergestellt (Art. 1 BayRDG). Diese Aufgabe nehmen die Landkreise und kreisfreien Gemeinden im Zusammenschluss zu einem Zweckverband für Rettungsdienst als Angelegenheit des übertragenen Wirkungskreises wahr (Art. 4 Abs. 1 und 3 BayRDG). Der Zweckverband für Rettungsdienst beauftragt mit der bodengebundenen Durchführung von Notfallrettung, arztbegleitetem Patiententransport und Krankentransport grundsätzlich freiwillige Hilfsorganisationen oder private Unternehmen. (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 BayRDG).
Soweit die Klägerin, wie im Streitfall, mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt ist, wird es gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. d der Satzung der Klägerin in diesem Tätigkeitsbereich tätig. Die Organisation des Rettungsdienstes ist alleinige Aufgabe der hauptamtlichen Leitung des Rettungsdienstes. Diese teilt die Schichten, die nicht zwischen ehren- und hauptamtlichen Helfern unterscheiden, ein und erstellt die Dienstpläne. Die Bereitschaften, die im Rettungsdienst lediglich durch Bereitstellung von Fachpersonal mitwirken bzw. diesen unterstützen, sind in die Organisation des Rettungsdienstes nicht mit eingebunden. Dies betrifft u.a. die Besetzung von ehrenamtlichen Schichten mit haupt- oder ehrenamtlichen Kräften und deren Mitwirkung bei den jeweiligen Rettungseinsätzen sowie die Beschaffung von Fahrzeugen und technischen Geräten und deren Einsatz bzw. Koordinierung bei Rettungseinsätzen. Demnach bringen die hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes ihre ehrenamtliche Tätigkeit unter denselben organisatorischen Bedingungen wie ihre hauptamtliche Tätigkeit in den Rettungsdienst ein. Die ehrenamtliche Tätigkeit im Rettungsdienst wird nur betriebsintern als solche gesehen. Die im Rahmen von ehren- und hauptamtlichen Schichten im Rettungsdienst erbrachten Leistungen werden gegenüber den Leistungsträgern ohne entsprechende Unterscheidung als ein und dieselbe Leistung abgerechnet und von diesen vergütet.
Weiter sind die hauptamtlichen Mitarbeiter auch während der ehrenamtlichen Tätigkeit in räumlicher Hinsicht in den Betriebsablauf der jeweiligen Wache eingegliedert. Sie halten sich auch während den ehrenamtlichen Schichten in den Räumlichkeiten der Wache auf, die ihnen als hauptamtliche Mitarbeiter zugewiesen sind, soweit sie sich nicht in Rettungseinsätzen befinden. Die ehrenamtliche Tätigkeit hat insoweit für die hauptamtlichen Mitarbeiter keine Veränderung zur Folge. Damit besteht auch insoweit kein wesentlicher Unterschied zur hauptamtlichen Tätigkeit.
dd) Ebenso wird die Vergütung für eine ehrenamtliche Tätigkeit der hauptamtlichen Rettungskräfte vom jeweiligen Kreisverband, der mit der Durchführung des Rettungsdienstes beauftragt ist, ausgezahlt. Sie wird, wie der Beklagte ausführt, vom selben Arbeitgeber geschuldet und auch vergütet. Demnach entrichtet der Rettungsdienst als Unterorganisation der Klägerin an die hauptamtlichen Mitarbeiter neben dem regulären Gehalt auch die Vergütungen für geleistete ehrenamtliche Schichten. Die Bereitschaften sind mit diesen Vorgängen nicht befasst.
ee) Unabhängig davon, unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes während den ehrenamtlichen Schichten wie bei der hauptamtlichen Tätigkeit auch den fachlichen Weisungen und der Kontrolle der Klägerin als Arbeitgeberin.
Die ehrenamtlich tätigen Rettungskräfte sind während der ehrenamtlichen Schichten vollständig in den Betriebsablauf des Rettungsdienstes eingegliedert und verpflichtet, den bestehenden Weisungen Folge zu leisten. Die hauptamtlichen Rettungskräfte unterliegen auch während dieser Tätigkeit der Leitung und den Weisungen des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle bzw. den Wachleitern als dessen Vertreter. Sie nehmen ihre Aufgaben während eines Rettungseinsatzes im unmittelbaren und notwendigen Zusammenwirken mit ihren Kollegen wahr und sind dabei ebenso wie bei der hauptamtlichen Tätigkeit an staatliche Richtlinien und interne (fachliche) Dienstanweisungen gebunden. Ihre Tätigkeit dient unmittelbar dem arbeitstechnischen Zweck des Betriebs (vgl. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MRD 2003, 998; s.a. Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 28.04.2015 L 7 R 60/12, juris). Dem schließt sich der Senat an. Die haupt- und ehrenamtliche Tätigkeit unterscheidet sich somit im Rettungsdienst nicht deutlich wahrnehmbar.
Entgegen der Auffassung der Klägervertreter sind die ehrenamtlich Tätigen zumindest nach Schichtbeginn zur Durchführung der übernommenen Aufgaben verpflichtet. Der Umstand, dass sich die Ehrenamtlichen jederzeit bis zum Beginn der jeweiligen Schicht austragen können, ist damit für die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit ohne Bedeutung. Denn ehrenamtlich tätige (hauptamtliche) Rettungskräfte sind, wie bereits ausgeführt, durch die Verrichtung von ehrenamtlichen Schichten wie bei der Ausübung der hauptamtlichen Tätigkeit in die von der Klägerin unterhaltene Organisation des Rettungsdienstes eingegliedert. Sie unterscheiden sich in dieser Hinsicht nicht von den hauptamtlich Beschäftigten. Wie diese unterliegen sie den Weisungen der von der Klägerin als Arbeitgeberin betriebenen Rettungsleitstelle (vgl. BAG-Beschluss vom 12.11.2002 1 ABR 60/01, MRD 2003, 998). Insofern vermag der Senat keine entscheidungsrelevanten Unterschiede in der Ausübung von haupt- und ehrenamtlichen Diensten zu erkennen.
Dies gilt auch hinsichtlich der Durchführung einer übernommenen ehrenamtlichen Schicht. Nach den Ausführungen der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung seien hauptamtliche Mitarbeiter nicht nur bis zum Beginn, sondern sogar bis zum Ende einer ehrenamtlichen Schicht frei in ihrer Entscheidung, den Dienst anzutreten oder vorzeitig abzubrechen. Entgegen dieser Auffassung sind nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts die ehrenamtlich Tätigen jedenfalls nach Schichtbeginn zur Durchführung der übernommenen Aufgaben und Einhaltung der Schichtzeiten verpflichtet (vgl. BAG-Beschluss in MRD 2003, 998). Außerdem steht dem die überzeugende Aussage des Zeugen A entgegen, wonach bei der Erstellung der Dienstpläne eine gewisse Planungssicherheit für die Gewährleistung des Rettungsdienstes unerlässlich sei. Entsprechend werde von den Ehrenamtlichen grundsätzlich erwartet, dass sie die Schichten, für die sie sich gemeldet hätten, auch anträten bzw. sich rechtzeitig abmeldeten. Soweit dies wiederholt nicht der Fall sei, habe er zwar gegenüber ehrenamtlich tätigen Rettungskräften kein unmittelbares disziplinarisches Weisungsrecht, er würde jedoch über den Leiter des Bereitschaftsdienstes darauf hinwirken, dass dies in Zukunft abgestellt werde. Demnach bestehen nach Auffassung des Senats in Einzelfällen für den hauptamtlichen Leiter des Rettungsdienstes als fachlicher Vorgesetzten durchaus unmittelbar im Rahmen der Erstellung des Dienstplanes bzw. mittelbar im Rahmen der Organisationsstrukturen der Klägerin entsprechende Möglichkeiten, auch hinsichtlich ehrenamtlich Tätigen unter Beachtung des besonders schützenswerten Ehrenamts wohlwollend auf die Wahrung von betrieblichen Belangen des Rettungsdienstes als vorrangiges Gut hinzuweisen.
Im Übrigen reicht nach Auffassung des Senats bereits eine fachliche Weisungs- und Kontrollbefugnis des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle als Dienstvorgesetzter für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs beider Tätigkeiten aus. Auf den Umstand, dass hinsichtlich ehrenamtlich Tätiger grundsätzlich nur ein auf den fachlichen Bereich beschränktes Weisungsrecht besteht, kommt es daher nicht an.
Soweit darauf hingewiesen wird, dass vor kurzem eine ehrenamtliche Schicht wegen der Erkrankung einer ehrenamtlichen Rettungskraft erst eineinhalb Stunden später habe beginnen können bzw. ein Ehrenamtlicher wegen eines Unglücksfalls in der Familie die ehrenamtliche Schicht abgebrochen habe, handelt es sich hierbei nach Auffassung des Senats um außergewöhnliche Vorfälle, die grundsätzlich auch im Zusammenhang mit der hauptamtlichen Tätigkeit vorstellbar und arbeitsrechtlich gesetzlich geregelt sind. So ist z.B. ein Arbeitnehmer nach § 275 BGB grundsätzlich von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er aufgrund einer Erkrankung arbeitsunfähig ist. Außerdem besteht nach § 616 BGB ein Anspruch auf Sonderurlaub, wenn er aus persönlichen Gründen, unverschuldet, für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit an der Dienstleistung verhindert ist. In diesem Zusammenhang kommt bei besonderen familiären Ereignissen (z.B. Todesfall, schwere Erkrankung) auch eine (bezahlte bzw. unbezahlte) Freistellung in Betracht.
Nach Auffassung des Senats sind derartige Ausnahmefälle nicht geeignet, eine freiwillige Übernahme von ehrenamtlichen Schichten durch hauptamtliche Mitarbeiter zu belegen.
Schließlich ist der Umstand, dass ehrenamtlich Tätige eine Schicht hätten nicht übernehmen müssen, und die Frage, bis wann sie ihre bereits zugesagte Einsatzbereitschaft sanktionslos zurückziehen können, für die Weisungsgebundenheit der Tätigkeit ohne Bedeutung (BAG-Beschluss in MRD 2003, 998).
Der Umstand, dass die Rettungs- und Notfallsanitäter gemäß Art. 12 BayRDG am konkreten Einsatzort den Weisungen des ärztlichen Leiters Rettungsdienst (ALRD) bzw. des jeweiligen Notarztes, die keine Angestellte der Klägerin sind, unterliegen, steht dem nicht entgegen. Diese eng begrenzte Einschränkung des Weisungsrechts der Klägerin betrifft sowohl die haupt- als auch die ehrenamtliche Tätigkeit und ist deshalb nach Auffassung des Senats nicht wesentlich.
Weiter unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter während der haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeit im selben Umfang der uneingeschränkten fachlichen Kontrolle des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle bzw. dessen Vertreter. Auch insoweit ist kein Unterschied zwischen beiden Tätigkeiten zu erkennen.
ff) Wie diese Umstände zeigen, ist bei der von den hauptamtlichen Mitarbeitern verrichteten Nebentätigkeit keine hinreichende organisatorische, weisungs- und kontrollrechtliche Verselbständigung der ehrenamtlichen Tätigkeit im Rettungsdienst als Voraussetzung für die Annahme einer eigenen Unternehmerinitiative und eines eigenen Unternehmerrisikos in Form eines verselbständigten Tätigkeitsbereichs i.S. des § 15 Abs. 2 EStG gegeben. Die im Rettungsdienst tätigen Helfer haben keinen nennenswerten Gestaltungsspielraum. Sie verrichten Tätigkeiten, die weitgehend durch Sachzwänge, Richtlinien und Weisungen vorgegeben sind. Für eine individuelle Gestaltung des jeweiligen Geschehens bleibt kein Raum, der es gestatten würde, die Durchführung der ehrenamtlichen Aufgaben deutlich unterscheidbar von denen der hauptamtlichen zu machen (vgl. BAG-Beschluss in MDR 2003, 998).
Des weiteren fehlt es hinsichtlich der auf ehrenamtlicher Basis geleisteten Nebentätigkeiten innerhalb des Rettungsdienstes u.a. an unterschiedlichen Verantwortungs- und Leistungsbereichen, die zumindest organisatorisch eine eigenständige Organisationseinheit des Rettungsdienstes bilden. Die Bereitschaften, die den Rettungsdienst lediglich personell unterstützen, üben im Rettungsdienst, der ausschließlich in der Verantwortung der hauptamtlichen Rettungsdienstleitung liegt, keine vergleichbare, wesentliche Funktion aus. Zwischen den ehren- und hauptamtlichen Schichten besteht daher nach Auffassung des Senats ein enger sachlicher und wirtschaftlicher Zusammenhang, der eine selbständige Tätigkeit ausschließt.
Aufgrund dieser Umstände unterscheidet sich eine ehrenamtliche Tätigkeit im Rettungsdienst deutlich von einer nebenberuflichen Prüfungstätigkeit eines Hochschullehrers der Rechtswissenschaft am Landesjustizprüfungsamt z.B. für die erste juristische Staatsprüfung. Abweichend von der Auffassung des Klägervertreters handelt es bei dieser um eine staatliche Prüfung, die grundsätzlich losgelöst von der akademischen Ausbildung vom Landesjustizprüfungsamt als eigenständige Organisationseinheit organisiert und auch durchgeführt wird. Außerdem unterliegen die Mitglieder des Prüfungsausschusses u.a. in fachlicher Hinsicht keinen Weisungen des Landesjustizprüfungsamtes. Im Übrigen wird auf das BFH-Urteil vom 29.01.1987 IV R 189/85, BStBl II 1987, 783, verwiesen.
Die Vergütungen der hauptamtlichen Mitarbeiter des Rettungsdienstes für die Übernahme von zusätzlichen „ehrenamtlichen“ Schichten sind nach Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und stellen damit Zuwendungen der Klägerin für die Beschäftigung der hauptamtlichen Mitarbeiter i.S. von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 EStG dar. Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehört nicht nur das Entgelt, das ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber für die Erfüllung seiner Hauptpflicht bezieht, sondern auch das Entgelt, das er in Erfüllung einer rechtlichen oder faktischen Nebenverpflichtung erhält. Eine vertragliche Nebenverpflichtung muss sich nicht aus einer zusätzlichen Vereinbarung ergeben. Der Umfang der Leistungsverpflichtungen aufgrund eines bereits bestehenden Vertrages bestimmt sich letztlich gemäß § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 22.11.1996 VI R 59/96, BStBl II 1997, 254).
Die hauptamtlichen Mitarbeiter erbringen demnach durch die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten gegenüber der Klägerin als Arbeitgeberin zusätzliche Tätigkeiten im Rahmen des bestehenden Dienstverhältnisses, die zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen.
3. Die Vergütungen für die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten durch hauptamtliche Mitarbeiter der Klägerin sind nicht gemäß § 3 Nr. 26 EStG steuerfrei.
a) Nach § 3 Nr. 26 Satz 1 EStG in der für die Streitjahren geltenden Fassung sind Einnahmen aus nebenberuflichen Tätigkeiten als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer oder vergleichbaren nebenberuflichen Tätigkeiten, aus nebenberuflichen künstlerischen Tätigkeiten oder der nebenberuflichen Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen im Dienst oder im Auftrag einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einer unter § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallenden Einrichtung zur Förderung gemeinnütziger, mildtätiger und kirchlicher Zwecke (§§ 52 bis 54 der Abgabenordnung, AO) bis zur Höhe von insgesamt 2.100 € bzw. 2.400 € ab dem Jahr 2012 steuerfrei.
Hierin liegt eine unwiderlegbare gesetzliche Vermutung, dass dem Steuerpflichtigen ein entsprechender Aufwand entstanden ist. Selbst wenn ihm daher für eine der in § 3 Nr. 26 EStG bezeichneten Tätigkeiten keine Aufwandsentschädigung, sondern eine 2.100 € bzw. 2.400 € übersteigende Vergütung für seine (selbständige oder nichtselbständige) Arbeit gezahlt wird, ist diese bis zur Höhe von 2.100 € bzw. 2.400 € steuerfrei (BFH-Urteile vom 30.01.1986 IV R 247/84, BStBl II 1986, 401; vom 13.11.1987 VI R 154/84, BFH/NV 1988, 150). Entscheidend ist, dass es sich um Einnahmen aus einer nebenberuflichen Tätigkeit der in dieser Vorschrift genannten Art handelt. Eine nebenberufliche Tätigkeit i. S. von § 3 Nr. 26 EStG ist u.a. gegeben, wenn sie nicht mehr als ein Drittel der Arbeitszeit eines vergleichbaren Vollzeiterwerbs in Anspruch nimmt (vgl. BFH-Urteil vom 30.03.1990 VI R 188/87, BStBl II 1990, 854, 855). Übt der Steuerpflichtige mehrere verschiedenartige Tätigkeiten aus, so ist bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG erfüllt sind, jede Tätigkeit für sich zu betrachten. Etwas anderes gilt jedoch bei gleichartigen Tätigkeiten. Sie sind zusammen zu würdigen, wenn sie sich nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufes – Vollzeiterwerb oder sog. Halbtagsarbeit – darstellen. Ist jedoch eine der gleichartigen Tätigkeiten für sich allein betrachtet schon Vollzeiterwerb, so kann jede weitere Tätigkeit – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – i. S. des § 3 Nr. 26 EStG nebenberuflich sein.
Nach der Rechtsprechung des BFH kann eine Tätigkeit dann nicht mehr als Nebentätigkeit angesehen werden, wenn die erzielten Einnahmen vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit stammen und beide Tätigkeiten unmittelbar zusammenhängen. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang wird insbesondere dann angenommen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird oder wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis – faktisch oder rechtlich – obliegende Nebenpflicht erfüllt oder auch in der zusätzlichen Tätigkeit der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt (BFH-Urteile vom 08.02.1972 VI R 7/69, BStBl II 1972, 460, 462; vom 29.01.1987 IV R 189/85, BStBl II 1987, 783; Urteil des FG München vom 06.01.1992 7 K 7066/87, juris; Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 16.04.2002 4 K 10500/99, EFG 2002, 958; Urteil des FG Düsseldorf vom 29.02.2012 7 K 4364/10 L, EFG 2012, 1313).
Denn immer dann, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich einen Hauptberuf ausübt, kann Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 26 EStG nur für solche Tätigkeiten beansprucht werden, die sich von der hauptberuflichen Tätigkeit deutlich abgrenzen lassen (Urteil des Finanzgerichts Köln vom 23.09.1986 V K 485/85, EFG 1987, 16 und Urteil des Finanzgerichts Berlin vom 08.08.1989 VII 578/87, EFG 1990, 222).
Deshalb kann es aber auch nicht darauf ankommen, ob jemand zur Übernahme einer Tätigkeit im Rahmen seines Arbeitsverhältnisses verpflichtet ist oder nicht (vgl. BFH-Urteil vom 29.01.1987, a. a. O.).
Entscheidend ist vielmehr, ob die weitere Tätigkeit als Teil einer nichtselbständigen Haupttätigkeit anzusehen ist und ob sie unter Weisung und Kontrolle des Dienstherrn ausgeübt wird (BFH-Urteil vom 08.02.1972 VI R 7/69, BStBl II 1972, 460). Es ist deshalb erforderlich, eine Abgrenzung beider Tätigkeiten in inhaltlicher (BFH-Urteil vom 19.03.1987 IV R 27/86, BStBl II 1987, 497) und organisatorischer (BFH-Urteil vom 07.02.1980 IV R 37/76, BStBl II 1980, 321) Hinsicht vorzunehmen (Urteil des FG Baden-Württemberg vom 05.02.1991 5 K 65/86, EFG 1991, 594).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen sind im Streitfall die Voraussetzungen für die Annahme einer steuerfreien Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG nicht gegeben.
aa) Wie bereits ausgeführt, werden der Arbeitslohn für die hauptamtliche Beschäftigung und die Vergütung für die ehrenamtliche Nebentätigkeit von der Unterorganisation Rettungsdienst geschuldet und auch gezahlt. Die Einnahmen für die ehrenamtliche Tätigkeit stammen damit von der Klägerin als Arbeitgeberin der Haupttätigkeit. Bereits dies spricht gegen die Annahme einer steuerfreien Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG.
bb) Außerdem besteht zwischen der hauptamtlich ausgeübten Tätigkeit und den zusätzlichen ehrenamtlichen Schichten ein unmittelbarer Zusammenhang.
aaa) Die hauptamtlich Beschäftigten üben bei ihren haupt- und ehrenamtlichen Tätigkeiten dieselben gleichartigen Aufgaben aus. Auf die bisherigen Ausführungen hierzu wird verwiesen. Danach unterscheiden sich die in den ehrenamtlichen Schichten zu verrichtenden Aufgaben in fachlicher Hinsicht nicht von den in der hauptamtlichen Tätigkeit zu erbringenden Tätigkeiten. Die hauptamtlichen Rettungskräfte üben in den ehrenamtlichen Schichten dieselbe Tätigkeit aus wie in ihrer hauptberuflichen Schicht. Dass die hauptamtlichen Mitarbeiter in den ehrenamtlichen Schichten Arbeiten, die ihnen durch den Geschäftsverteilungsplan zusätzlich zugewiesen sind, nicht zu verrichten haben, ist nach Auffassung des Senats nicht entscheidungserheblich.
bbb) Außerdem wird die ehrenamtliche Tätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen wie die Haupttätigkeit desselben Arbeitgebers ausgeübt.
Die hauptamtlichen Mitarbeiter sind unter Hinweis auf die bisherigen Ausführungen auch während den ehrenamtlichen Schichten organisatorisch in den Betriebsablauf der Klägerin eingegliedert.
Die Organisation des Rettungsdienstes ist alleinige Aufgabe der hauptamtlichen Leitung des Rettungsdienstes. Diese teilt u.a. die Schichten ein, erstellt die monatlichen Dienstpläne und besetzt diese mit hauptbzw. ehrenamtlichen Rettungskräften. Zudem koordiniert die hauptamtliche Leitung des Rettungsdienstes u.a. die Rettungseinsätze. Diese Organisationsstrukturen der Klägerin gelten sowohl für die hauptamtlich als auch für die ehrenamtlich tätige Rettungskraft. Die hauptamtlichen Mitarbeiter erbringen damit ihre ehrenamtliche und ihre hauptberufliche Tätigkeit unter denselben organisatorischen Bedingungen.
Dies bezieht sich auch auf die Unterbringung der hauptamtlichen Mitarbeiter während der ehrenamtlichen Schichten in den Räumlichkeiten, die ihnen im Rahmen des Dienstverhältnisses zugewiesen sind.
Die ehrenamtliche Tätigkeit von hauptamtlichen Rettungskräften weist auch insoweit keinen erkennbaren, wesentlichen Unterschied zur hauptberuflichen Tätigkeit auf.
ccc) Für einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen der hauptberuflichen und ehrenamtlichen Tätigkeit spricht auch der von der Klägerin vorgegebene Umfang der ehrenamtlichen Tätigkeit und dessen Umsetzung im Rahmen der Ausübung des Rettungsdienstes.
Das Bayerische Rettungsdienstgesetz (z.B. Art. 33 a BayRDG) sieht grundsätzlich den Einsatz von Ehrenamtlichen im Rahmen des Rettungsdienstes vor. Im Rahmen einer Kostenkalkulation für den Rettungsdienst berücksichtigen die Leistungsträger, wie bereits ausgeführt, die Bereithaltungskosten für die hauptamtlichen Mitarbeiter mit einem Anteil von 17%. Dieser Anteil wird von den Leistungsträgern lediglich mit einer (niedrigen) Pauschale vergütet. In Höhe dieses Anteils stellt die Klägerin den Bereitschaften im Rettungsdienst Schichten zur Besetzung mit freiwilligen ehrenamtlichen Rettungskräften zur Verfügung. Soweit diese ehrenamtlichen Schichten nicht mit ehrenamtlichen Rettungskräften besetzt werden können, ist die Klägerin gezwungen, hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes einzusetzen. Dies geschieht nach dem Sachvortrag der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung entsprechend den Vorgaben im Dienstplan nicht auf arbeitsrechtlicher, sondern auf ehrenamtlicher Basis. Dies bedeutet u.a., dass die ehrenamtlichen Schichten von der Klägerin nicht nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen vergütet werden, sondern aus betriebs-wirtschaftlichen Gründen unentgeltlich zu leisten sind. Entsprechend können die hauptamtlichen Mitarbeiter grundsätzlich nicht zur Übernahme einer ehrenamtlichen Schicht verpflichtet werden. Die bestehende Leistungspflicht im Rettungsdienst und ein hierfür notwendiger geordneter Betriebsablauf erfordern jedoch von ihnen einen durch das Dienstverhältnis begründeten zusätzlichen beruflichen Einsatz. Entsprechend den Ausführungen der Klägerin werden hauptamtliche Mitarbeiter in einem gewissen Umfang (insgesamt bis zu 17% der jährlichen Schichten) zwangsläufig in ihrer beruflichen Funktion in dem ihnen dienstlich zugewiesenen Aufgabenbereich ehrenamtlich tätig. Demnach besteht nach Auffassung des Senats zumindest eine faktische, beruflich veranlasste Verpflichtung für die hauptamtlich Tätigen, ehrenamtliche Schichten zu übernehmen.
Zwischen der haupt- und ehrenamtlich ausgeübten Tätigkeit besteht damit auch insoweit kein (wesentlicher) Unterschied. Die nebenberufliche Tätigkeit der hauptamtlichen Mitarbeiter enthält nach Auffassung des Senats auch im Hinblick auf den Grundsatz der Förderung des Ehrenamtes im Rettungsdienst keine geeigneten Kriterien für eine fachliche und inhaltliche Abgrenzung von deren hauptamtlichen Tätigkeit. Der identische Tätigkeitsbereich und vor allem der Umstand, dass die ehrenamtliche Tätigkeit in einem entsprechenden Umfang von hauptamtlichen Mitarbeitern zu erbringen ist, sprechen nach Auffassung des Senats dafür, dass die von diesen ehrenamtlich ausgeübte Tätigkeit einen Teilbereich deren nichtselbständigen Haupttätigkeit darstellt.
Dass einzelne hauptamtliche Mitarbeiter im streitigen Zeitraum keine ehrenamtliche Tätigkeit ausgeübt haben, ist nach Auffassung des Senats in diesem Zusammenhang nicht ausschlaggebend, weil dieser Umstand eine entsprechende (faktische) Verpflichtung von hauptamtlichen Mitarbeitern durch die Klägerin nicht ausschließt.
Aufgrund des Umstandes, dass hauptamtliche Mitarbeiter tatsächlich (freiwillig) ehrenamtliche Schichten übernommen haben bzw. übernehmen, kommt es nach Auffassung des Senats im Streitfall nicht darauf an, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter vertraglich nicht verpflichtet sind, ehrenamtliche Tätigkeiten zu erbringen. Bereits die Übernahme von zusätzlichen Tätigkeiten im Rahmen einer faktischen Verpflichtung reicht für die Annahme eines unmittelbaren Zusammenhangs beider Tätigkeiten aus.
Soweit die Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung die Übernahme von zusätzlichen, ehrenamtlichen Schichten mit dem ehrenamtlichen Engagement der hauptamtlichen Mitarbeiter begründeten, wird dieses nach Auffassung des erkennenden Senats von deren beruflichem Einsatz im Rettungswesen und von den Vorgaben der Klägerin als Arbeitgeberin überlagert.
Wie bereits ausgeführt, sollen aus betriebswirtschaftlichen Gründen die Kosten für die Bereithaltung von Personal im Rettungsdienst, die von den Leistungsträgern nur mit einem Pauschbetrag und damit nur teilweise übernommen werden, durch eine von den Bereitschaften zu erbringende ehrenamtliche Unterstützung des Rettungsdienstes ausgeglichen werden. Soweit die ehrenamtlichen Rettungskräfte nicht ausreichen, um den Rettungsdienst zu gewährleisten, sieht sich die Klägerin nach ihrem Sachvertrag gezwungen, die freien ehrenamtlichen Schichten mit hauptamtlichen Mitarbeitern zu besetzen. Unabhängig davon, dass die einzelnen hauptamtlichen Mitarbeiter (arbeitsrechtlich) nicht zur Übernahme von ehrenamtlichen Schichten verpflichtet werden können, besteht nach Auffassung des Senats u.a. wegen der bestehenden Zwangslage der Klägerin in diesen Fällen eine faktische Verpflichtung der hauptamtlichen Mitarbeiter, zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs zusätzliche ehrenamtliche Schichten zu übernehmen. Im Vordergrund steht demnach im Zusammenhang mit der Übernahme von ehrenamtlichen Schichten die von der Klägerin vor allem aus Kostengründen erwartete und ihr aufgrund des Dienstverhältnisses entgegengebrachte Loyalität der jeweiligen hauptamtlichen Mitarbeiter.
cc) Abgesehen davon, unterliegen die hauptamtlichen Mitarbeiter auch während den ehrenamtlichen Schichten im Rettungsdienst den fachlichen Weisungen und der Kontrolle der Klägerin als Arbeitgeberin.
Die ehrenamtlichen Rettungskräfte sind aufgrund der vollständigen Eingliederung in den Betriebsablauf des Rettungsdienstes auch in den ehrenamtlichen Schichten verpflichtet, den bestehenden (fachlichen) Weisungen Folge zu leisten. Sie sind u.a. vor, während und nach einem Rettungseinsatz an staatliche Richtlinien und interne (fachliche) Dienstanweisungen wie z.B. die Dokumentationspflichten gebunden. Die haupt- und ehrenamtliche Tätigkeit unterscheiden sich auch insoweit nicht. Dies gilt für die Kontrollbefugnis des hauptamtlichen Leiters der Rettungsleitstelle entsprechend. Im Übrigen wird auf die bisherigen Ausführungen hierzu verwiesen.
Nach Würdigung dieser Umstände stellt die Übernahme einer ehrenamtlichen Schicht durch hauptamtliche Mitarbeiter des Rettungsdienstes keine Nebentätigkeit i.S. des § 3 Nr. 26 EStG, sondern eine zusätzliche Tätigkeit im Rahmen des Arbeitsverhältnisses dar. Die hieraus erzielten Einnahmen sind nicht nach dieser Vorschrift steuerbefreit.
4. Die von den hauptamtlichen Rettungskräften im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeiten bezogenen Vergütungen sind auch nicht gemäß § 3 Nr. 12 EStG von der Steuer befreit.
Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind Bezüge steuerfrei, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, dass sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.
a) Die im Streitfall von der Klägerin als KöR gezahlten Vergütungen sind nach Maßgabe dieser Vorschrift nur steuerfrei, wenn sie „für öffentliche Dienste“ und aus einer „öffentlichen Kasse“ i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG gezahlt werden.
aa) Zu den öffentlichen Diensten im Sinne dieser Vorschrift gehört neben der Ausübung einer eigentlichen hoheitlichen Tätigkeit der Gesamtbereich der hoheitlichen Verwaltung einschließlich der schlichten Hoheitsverwaltung (vgl. BFH-Urteile vom 19.01.1990 VI R 42/86, BStBl II 1990, 679; vom 09.05.1974 IV R 160/71, BStBl II 1974, 631). Die Ausübung des Rettungsdienstes durch die Klägerin als KöR ist jedoch grundsätzlich nicht als öffentlicher Dienst i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG anzuerkennen Vielmehr ist für die Annahme „öffentlicher Dienste“ im Sinne dieser Vorschrift eine Tätigkeit in Ausübung öffentlicher Gewalt (§ 4 Abs. 5 KStG) erforderlich, mithin eine Tätigkeit, die einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten ist (vgl. BFH-Urteil vom 04.02.1976 I R 200/73, BStBl II 1976, 355). Damit soll sichergestellt werden, dass nur Aufwandsentschädigungen für die Wahrnehmung solcher Tätigkeiten steuerfrei bleiben, mit denen die öffentliche Hand ihren eigentlichen Aufgaben nachgeht (v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 3 Nr. 12 Rz B 12/90).
bb) Gemäß Art. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayerischen Roten Kreuzes ist die Klägerin eine KöR. Eine KöR wird definiert als mitgliedschaftlich verfasster, unabhängig vom Wechsel der Mitglieder bestehender, mit Hoheitsgewalt ausgestatteter Verwaltungsträger. Die Klägerin ist aber weder Verwaltungsträger noch mit Hoheitsgewalt ausgestattet, so dass es an der materiellen Zuordnung zur öffentlichen Gewalt fehlt. Zwar sind alle KöR – auch die Klägerin – formell Teil der Organisationswelt des Staates, aber für die rechtliche Positionsbestimmung ist der materielle Status ausschlaggebend. Der öffentlich-rechtliche Status ändert nichts daran, dass es sich bei materieller Betrachtung um eine grundrechtsgeschützte Betätigung Privater handelt (Di Fabio, BayVBl 1999, 449/450). Die Klägerin nimmt lediglich gemeinwohlbezogene (öffentliche) Aufgaben z.B. im Rettungsdienst und im Zivil- und Katastrophenschutz wahr, ist aber nicht Träger staatlicher Hoheitsrechte und damit kein Teil der öffentlichen Verwaltung (BayVerfGH, Entscheidung vom 13.4.1962 Vf. 107-VII-60 – VerwRspr. 1963, 391/396; vgl. auch die Begründung zum Gesetzesentwurf zur Änderung des Gesetzes über die Rechtsstellung des Bayer. Roten Kreuzes, LT-Drs. 14/1451 S. 3). Bei der Verleihung des Körperschaftsrechts an die Klägerin war auch nicht an eine Übertragung staatlicher Aufgaben gedacht. Vielmehr sollte eine juristische Person des öffentlichen Rechts errichtet werden, um die Klägerin auf diese Weise zu ermöglichen, die Pflege gesellschaftlicher Interessen besonders wirksam zu gestalten (vgl. BVerfG, Entscheidung vom 20.2.1957 1 BvR 441/53, BVerfGE 6, 257/272, juris Rn. 49). Die Klägerin ist damit nur formell eine KöR. Aufgrund der besonderen Rechtsstellung sind die von der Klägerin und seinen Untergliederungen wie den Rettungsdiensten und Bereitschaften ausgeübten Dienstleistungen grundsätzlich dem Zivilrecht und nicht dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 02.05.2016 Vf. 93-VI-14, juris; Di Fabrio, BayVBl 1999, 449/452; BayVGH, Beschlüsse vom 06.10.2016 21 C 15.2210, juris; vom 05.03.2007 21 C 06.2549, juris). Dem schließt sich der erkennende Senat an.
Der hoheitliche Charakter des von der Klägerin ausgeführten Rettungsdienstes als solcher begründet damit noch nicht die Erbringung von hoheitlichen Leistungen.
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen führen die Klägerin und seine Untergliederungen als KöR mangels Ausstattung mit staatlichen Hoheitsrechten bei der Ausübung des Rettungsdienstes keine hoheitlichen Dienste i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG aus. Die Wahrnehmung der ihm übertragenen öffentlichen rettungsdienstlichen Aufgaben ist nicht einer öffentlichen-rechtlichen Körperschaft eigentümlich und vorbehalten, wie die Vergabe von Rettungsdienstleistungen an Hilfsorganisationen, wie beispielsweise das Deutsche Rote Kreuz, die Arbeiterwohlfahrt oder der Malteser Hilfsdienst und private Unternehmen zeigt (vgl. z.B. Organisation der Notfallversorgung in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung des Rettungsdienstes und des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes, Dt-BT WD 9 – 3000 – 105/14 vom 24.10.2014).
Demnach handelt es sich im Streitfall bei den im Rahmen des Rettungsdienstes erbrachten Leistungen nicht um Aufgaben des öffentlichen Dienstes. Es fehlt an der Ausübung einer öffentlichen Gewalt i.S. des § 4 Abs. 5 KStG und von Aufgaben, die der öffentlichen Hand vorbehalten sind.
Dies gilt entsprechend für die von § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG vorausgesetzte Zahlung von Bezügen aus einer öffentlichen Kasse.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist, wie bereits ausgeführt, die Klägerin kein Verwaltungsträger (vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 02.05.2016 Vf. 93-VI-14, juris; Di Fabrio, BayVBl 1999, 449/452; BayVGH, Beschlüsse vom 06.10.2016 21 C 15.2210, juris; vom 05.03.2007 21 C 06.2549, juris). Demnach handelt es sich bei den von der Klägerin bzw. deren Unterorganisationen geführten Kassen nicht um öffentliche Kassen i.S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG. Dies bedeutet bezogen auf den Streitfall, dass die Vergütungen, die die hauptamtlichen Mitarbeiter von der Klägerin für die Übernahme von ehrenamtlichen Schichten erhaltenen haben, nicht von einer öffentlichen Kasse i.S. dieser Vorschrift gezahlt wurden.
Die Voraussetzungen für eine Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind demnach nicht gegeben.
Der Haftungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnabzugsbeträge für die Zeit Dezember 2009 bis Dezember 2013 vom 07.10.2014 ist damit nicht zu beanstanden.
Nach allem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.