Arbeitsrecht

Inlandsungültigkeit einer polnischen Fahrerlaubnis, Verstoß gegen Wohnsitzerfordernis, keine Entkräftung durch Kläger

Aktenzeichen  M 19 K 21.653

Datum:
27.9.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 51206
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
FeV § 7
FeV § 28 Abs. 4 S. 1 Nr. 2, S. 2

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 19 K 21.653 2021-04-20 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg, da sie zwar zulässig, aber nicht begründet ist.
1. Die Feststellung der fehlenden Fahrberechtigung aufgrund des polnischen Führerscheins des Klägers und die Anbringung des entsprechenden Vermerks auf seinem Führerschein erfolgten zurecht.
1.1. Nach § 28 Abs. 1 Satz 1 der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) dürfen Inhaber einer gültigen EU-Fahrerlaubnis, die ihren ordentlichen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland haben, grundsätzlich von dieser Berechtigung auch im Inland Gebrauch machen. Eingeschränkt wird dies aber durch die Regelung des § 28 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 FeV. Nach dieser Vorschrift gilt die Berechtigung nach § 28 Abs. 1 FeV – zum Führen von Kraftfahrzeugen im Inland im Umfang ihrer Berechtigung – nicht für Inhaber einer EU- oder EWR-Fahrerlaubnis, die ausweislich des Führerscheins oder vom Ausstellungsmitgliedstaat herrührender unbestreitbarer Informationen zum Zeitpunkt der Erteilung ihren ordentlichen Wohnsitz im Inland hatten.
Im gegenständlichen Fall ist nach Berücksichtigung aller Umstände davon auszugehend ist, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt seinen ordentlichen Wohnsitz nicht in Polen hatte. Die von den polnischen Behörden mitgeteilten Informationen stellen, aufgrund der überwiegenden Beantwortung der Fragen mit „unknown“, eine unbestreitbare Information dar, die darauf hinweist, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt keinen ordentlichen Wohnsitz in Polen hatte. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit Bezug auf die Begründung des Eilbeschlusses (Rn. 29 bis 31), sowie die Begründung der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs hinsichtlich der gegen diesen Beschluss gerichteten Beschwerde (Rn. 17 bis 19).
Zur endgültigen Beurteilung der Frage der Einhaltung der Wohnsitzvoraussetzung sind damit die Umstände des gesamten Falles heranzuziehen, also auch die inländischen Umstände. Diese Umstände lassen auf einen Wohnsitzverstoß schließen. Der Umstand, dass der Kläger erst kurz vor der Ausstellung des Führerscheins unter einer ausländischen Adresse Wohnung genommen hat, ist dabei ein sehr gewichtiges Indiz dafür, dass er sich nur zum Zweck des Erwerbs einer Fahrerlaubnis dort angemeldet hat (BayVGH, B.v. 22.5.2017 – 11 CE 17.718 – juris Rn. 16).
1.2. Diesem Schluss ist der Kläger weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren durch substantiierte und verifizierbare Angaben zu seiner Wohnsitzbegründung in Polen entgegengetreten.
Seine Angaben, er habe sich in Polen niederlassen und sich dort selbstständig machen wollen, sind lediglich pauschal. Der Kläger führt insoweit weder aus, welche konkreten Schritte er hierfür während seines nach seinen Angaben fast einjährigen Aufenthalts in Polen unternommen hat, noch wie er seinen damaligen Aufenthalt finanziert haben will. Er legt auch keinerlei Unterlagen, etwa zur Finanzierung seines Gewerbes oder zur Gewerbeanmeldung vor, die geeignet wären, seine Angaben zu belegen.
Die erst in der mündlichen Verhandlung vorgelegte nicht übersetzte Anmeldebescheinigung führt ebenfalls zu keiner anderen Bewertung. Diese belegt, gerade vor dem Hintergrund, dass der Kläger während des dort genannten Zeitraums weitestgehend in Deutschland gemeldet war und sich hier sogar kurzfristig ab- und wieder angemeldet hat, allenfalls, dass er sich während dieses Zeitraums überhaupt in Polen aufgehalten hat, nicht aber, in welchem Umfang. Gleiches gilt für die ebenfalls nicht übersetzt vorgelegte Wohnsitzbescheinigung, zumal das dort angegebene Datum weder mit der Anmeldebescheinigung, noch mit der Bestätigung des Wohnungsvermittlers übereinstimmt.
Auch der vorgelegte Ausdruck, der nach Angaben des Klägers eine Bestätigung seines Wohnungsvermittlers darstellt, reicht nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um den überwiegenden Aufenthalt des Klägers in Polen zu belegen. Unabhängig davon, dass das Dokument weder unterzeichnet, noch das Datum vollständig ausgefüllt ist, ist es für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum dieser Wohnungsvermittler zwar Angaben zur Nummer seiner Bürgerkarte und zur Aufenthaltsregistrierung des Klägers machen kann, nicht aber zu typischerweise zu erwartenden Punkten, wie Mietobjekt oder Mietzins. Eine Online-Recherche der im Briefkopf des vorgeblichen Wohnungsvermittlers angegebenen Daten (Name, E-Mail, WhatsApp-Nummer) führt im Übrigen zu einer Agentur, die damit wirbt, den Erwerb eines polnischen Führerscheins „ohne MPU“ zu ermöglichen. Dass diese in ihrem Internetangebot herausstellt, dass im für den Erwerb der Fahrerlaubnis zu zahlenden Pauschalpreis zwar ein „Wohnsitz über 7 Monate“ garantiert sei, gleichzeitig aber darauf hinweist, dass eine tatsächliche Unterkunft nicht inkludiert ist (https://www. …, abgerufen am 10.10.2021) spricht zum einen dagegen, dass sich der Kläger tatsächlich dort überwiegend aufgehalten hat, zum anderen stellt es seine Aussage in Frage, er sei nach Polen gezogen, um sich dort selbstständig zu machen.
2. Die Befugnis zum entsprechenden Vermerk der fehlenden Berechtigung auf dem Führerschein des Klägers folgt aus § 47 Abs. 2 FeV.
3. Gegen die nach § 6a Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StVG i.V.m. § 1 Abs. 1, § 4 Abs. 1 der Gebührenordnung für Maßnahmen im Straßenverkehr festgesetzte Gebühr von 50 EUR, die nach § 2 dieser Verordnung festgesetzten Auslagen von 2,88 EUR sowie gegen die auf Art. 29 ff. des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) gestützte Androhung eines Zwangsgelds von 500 EUR begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Qualifizierte Einwände hiergegen wurden auch nicht erhoben.
Damit war die Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).


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