Arbeitsrecht

Klagebefugnis eines Mitglieds des Bezirkstags

Aktenzeichen  RN 3 K 16.1026

Datum:
8.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 42 Abs. 2
BezO Art. 13, Art. 26, Art. 28

 

Leitsatz

Zur Reichweite der Klagebefugnis eines Mitglieds des Bezirkstags, kein freier Tausch von Plätzen in einem kommunalen Ausschuss (hier: Bezirksausschuss).
1 Die organschaftliche Stellung als Bezirksrat und Mitglied eines Ausschusses verleiht nur subjektive Mitwirkungsrechte in diesen Gremien. (redaktioneller Leitsatz)
2 Art. 26 Abs. S. 5 BezO räumt nur den jeweiligen Ausschussgemeinschaften, nicht aber den einzelnen Mitgliedern des Bezirkstages ein bindendes Vorschlagsrecht ein. Dem einzelnen Bezirksrat, der lediglich Rechte seiner Fraktion bzw. seiner Ausschussgemeinschaft geltend macht, fehlt es mangels subjektiver Rechtverletzung an der Klagebefugnis. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage, mit der letztlich über die Rechtmäßigkeit der Besetzung vom Bezirkstag gebildeter Ausschüsse gestritten wird, bleibt ohne Erfolg.
1. Die Klage, für die gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet ist, ist bereits unzulässig. Dem Kläger fehlt nämlich die erforderliche Klagebefugnis.
Dabei kann bei einem solchen Streit um kommunalverfassungsrechtliche Innenrechtsbeziehungen des Bezirks zu Gunsten des Klägers von der Statthaftigkeit der von ihm im Hauptantrag erhobenen Feststellungsklage ausgegangen werden. Die Möglichkeit der Verletzung in einem subjektiven Recht ist zur Ausschaltung der Popularklage nämlich sowohl bei einer Feststellungsklage (vgl. hierzu z.B. BayVGH, B.v. 25.6.2007 – 4 CE 07.910 – juris) wie auch bei einer alternativ in Betracht kommenden Leistungsklage (vgl. hierzu z.B. BVerwG, B.v. 5.2.1992 – 7 B 15/92 – juris) analog § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich. Der Kläger kann jedoch nicht geltend machen, durch die gegenständlichen Bezirkstagsbeschlüsse möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein, weil es ihm insoweit bereits an einer entsprechenden subjektiven Rechtsposition fehlt.
a) Der Kläger ist nicht als Privatperson von den streitgegenständlichen Beschlüssen des Bezirkstags vom 1. März 2016 betroffen, sondern allenfalls in seiner Eigenschaft als Bezirksrat und/oder als Ausschussmitglied und damit als Organ. Damit kann er im gegenständlichen Verfahren keine ihm gerade als Privatperson zustehenden Rechte geltend machen, sondern lediglich solche, die ihm in seiner Eigenschaft als Organ zustehen. Als solches ist er aber letztlich Teil der öffentlichen Gewalt, die selbst grundrechtsverpflichtet ist. Da der Kläger aber nicht zugleich Grundrechtsverpflichteter und Grundrechtsberechtigter sein kann, kann er sich als Organ grundsätzlich schon einmal nicht auf Grundrechte wie beispielsweise Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) berufen (vgl. Wahl/Schütz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 31. EL Juni 2016, § 42 Abs. 2 Rn. 101).
b) In seinen ihm tatsächlich zustehenden organschaftlichen Rechten oder in seiner Stellung als Organ ist der Kläger jedoch nicht berührt. Er ist gegenwärtig zwar Mitglied des Bezirkstags und Mitglied des Sozialhilfeausschusses, beide insoweit bestehenden organschaftlichen Stellungen und die damit verbundenen Mitwirkungs- und sonstigen Rechte (z.B. Recht auf Teilnahme, Beratung und Abstimmung in den Sitzungen der entsprechenden Gremien) bleiben durch die streitgegenständlichen Beschlüsse des Bezirkstags jedoch unberührt.
Wie der Kläger auch in der mündlichen Verhandlung deutlich gemacht hat, verfolgt er mit seiner Klage letztlich das Ziel, zum Mitglied des Bezirksausschusses bestellt zu werden – ihm geht es daher insbesondere auch nicht gerade darum, (isoliert) sein kommunales Ehrenamt als Mitglied des Sozialhilfeausschusses niederlegen zu dürfen (wohl Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BezO entsprechend) oder einer (isolierten) Abberufung aus diesem Ausschuss entgegenzutreten (wohl Art. 13 Abs. 2 BezO entsprechend), sondern eine mitgliedschaftliche Stellung im Bezirksausschuss zu erlangen. Die organschaftlichen Stellungen als Bezirksrat und als Mitglied im Sozialhilfeausschuss verleihen dem Kläger aber eben auch nur subjektive Mitwirkungsrechte in diesen beiden Gremien – ein Recht auf Erweiterung dieses Rechtskreises auf mitgliedschaftliche Stellung auch im Bezirksausschuss lässt sich daraus jedoch nicht ableiten.
Es existiert auch kein Anspruch, der einer Minderheit oder gar einem einzelnen Bezirksrat generell in jedem Ausschuss einen Sitz zusprechen würde (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: 102. EL Mai 2016, Art. 33 GO Rn. 14 m.w.N.). Ein Recht des einzelnen Bezirksrates darauf, eine mitgliedschaftliche Vertretung in einem Ausschuss des Bezirkstags zu erhalten, kann insbesondere auch nicht mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts über die Minderheitenrechte fraktionsloser Abgeordneter des Deutschen Bundestages begründet werden. Das Bundesverfassungsgericht hat die prinzipielle Mitwirkungsmöglichkeit für einen einzelnen (fraktionslosen) Abgeordneten in Ausschüssen, denen er nicht angehört, aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleitet. Für die Rechtsstellung des gewählten Kommunalvertreters fehlt aber eine entsprechende Vorschrift. Auch eine analoge Anwendung des Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG kommt nicht in Betracht. Zwar gehen auch die Kommunalvertretungen aus Wahlen im Sinn des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG hervor. Sie sind aber Organe einer Selbstverwaltungskörperschaft und kein Parlament. Im Übrigen hat das Bundesverfassungsgericht die aus Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG abgeleiteten Mitwirkungsmöglichkeiten des fraktionslosen Abgeordneten ohnehin in einem bloßen Rederecht und Antragsrecht in den Ausschüssen gesehen; es ist nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts verfassungsrechtlich jedoch nicht geboten, dem fraktionslosen Abgeordneten im Ausschuss ein – notwendigerweise überproportional wirkendes – Stimmrecht zu geben (vgl. zum Ganzen BayVGH, BayVBl 1993, 180 und BVerwG, BayVBl 1994, 376).
Der Kläger als Organ kann zudem nicht in einem Recht auf objektive Rechtmäßigkeit der vom Bezirkstag gefassten Beschlüsse verletzt sein, da ihm ein solches ebenfalls nicht zusteht. Als Organ bzw. als einzelner Bezirksrat hat der Kläger nämlich weder aus Art. 19 Abs. 4 GG (Rechtsschutzgarantie) noch aus Art. 20 Abs. 3 GG (Gesetzmäßigkeit der Verwaltung) oder aus sonstigen Vorschriften einen allgemeinen, gegebenenfalls einklagbaren Rechtsanspruch darauf, dass der Bezirkstag nur materiell rechtmäßige Beschlüsse fasst (vgl. zur entsprechenden Situation bei Gemeinderatsmitgliedern z.B. Hölzl/Hien/Huber, GO/LKrO/BezO, Stand: 56. EL Mai 2016, Art. 29 GO Nr. 5.5 sowie Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand: 131. EL September 2016, Art. 30 GO Nr. 6.2, jeweils m.w.N. zur Rechtsprechung). Dementsprechend kann er auch nicht allgemein die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Beschlüsse des Bezirkstags gerichtlich überprüfen lassen, mit denen seine Bestellung zum Mitglied des Bezirksausschusses abgelehnt wurde.
c) Der Kläger behauptet zwar sinngemäß durchaus, es bestehe ein Recht auf seine Bestellung zum Mitglied des Bezirksausschusses – ein solches Recht, in einem bestimmten Ausschuss (hier: dem Bezirksausschuss) vertreten zu sein, könnte tatsächlich aber jedenfalls nicht er selbst geltend machen, sondern allenfalls die Ausschussgemeinschaft, die ihn vorgeschlagen hat.
Dabei handelt es sich bei der „Entsendung“ von Mitgliedern einer Ausschussgemeinschaft nicht lediglich um eine „innerorganschaftliche Regelung des Zusammenschlusses“, die „in freiem, selbstbestimmtem Entschluss“ gleichsam aus sich heraus wirkt und automatisch zu einer entsprechenden personellen Zusammensetzung der jeweiligen Ausschüsse führt. Die weiteren Bezirksräte des Bezirksausschusses werden nämlich vom Bezirkstag bestellt (Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BezO). Allerdings hat der Bezirkstag hierbei dem Stärkeverhältnis der in ihm vertretenen Parteien und Wählergruppen Rechnung zu tragen (Prinzip der Spiegelbildlichkeit, Art. 26 Abs. 2 Satz 2 BezO). Ferner können sich Bezirksräte auch zur Entsendung gemeinsamer Vertreter in den Bezirksausschuss zusammenschließen und hierzu eine sogenannte Ausschussgemeinschaft bilden (vgl. Art. 26 Abs. 2 Satz 5 BezO). Dadurch ist es auch Minderheiten möglich, einen Sitz in einem oder mehreren Ausschüssen zu erhalten, der ihnen sonst verwehrt bliebe (Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand: 131. EL September 2016, Art. 33 GO Nr. 8). Bei der Bestellung der einzelnen Bezirksausschussmitglieder ist der Bezirkstag an die Vorschläge der in ihm vertretenen Parteien oder Wählergruppen – sowie ggf. der Ausschussgemeinschaften – gebunden; andere als die von diesen vorgeschlagenen Bezirksräte darf der Bezirkstag nicht zu Ausschussmitgliedern bestellen (vgl. Art. 26 Abs. 2 Satz 4 BezO und vorliegend auch § 4 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bezirkstags von Niederbayern). Diese Regelungen dienen dem Gebot der Wahlgleichheit, um jeden Ausschuss als „verkleinertes Abbild des Gemeinderats“ bilden zu können, und daher letztlich dem Prinzip der repräsentativen Demokratie. Deshalb ist es nur konsequent, wenn der Gesetzgeber der Gruppe, die das entsprechende Wahlergebnis für sich verzeichnen kann, und nicht dem einzelnen Mitglied das Vorschlagsrecht zuweist. Dies gilt auch im Anwendungsbereich von Art. 26 Abs. 2 Satz 5 BezO, der den Schutz von Minderheiten bezweckt, aber nicht den einzelnen Bezirksräten ein Vorschlagsrecht zugesteht, sondern nur der entsprechend zusammengeschlossenen Ausschussgemeinschaft die Möglichkeit eröffnet, gemeinsame Vertreter zu entsenden. Das bedeutet, dass das Gesetz tatsächlich nur den „Parteien oder Wählergruppen“ und – im Fall des Art. 26 Abs. 2 Satz 5 BezO – eben den jeweiligen Ausschussgemeinschaften das bindende Vorschlagsrecht einräumt, nicht aber den einzelnen Mitgliedern des Bezirkstages, auf die es auch nicht übertragen werden kann (vgl. zur entsprechenden Regelung in Art. 33 GO: Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand: 131. EL September 2016, Art. 33 GO Nr. 1.4 m.w.N.). Das vorgeschlagene Bezirkstagsmitglied ist in seiner Eigenschaft als Organ insoweit also letztlich nur Objekt eines etwaigen bindenden Vorschlagsrechts, nicht aber Subjekt in dem Sinne, dass es selbst Träger eines solchen Rechts ist. Ein einzelner Bezirksrat, welcher lediglich die Rechte seiner Fraktion bzw. seiner Ausschussgemeinschaft geltend macht, ist aber nicht klagebefugt (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: 102. EL Mai 2016, Art. 33 GO Rn. 35 m.w.N.), da er insoweit nicht in subjektiven Rechten verletzt sein kann.
Vorliegend könnte daher allenfalls die Ausschussgemeinschaft ÖDP/BP/FDP gegenüber dem Beklagten ein Recht auf Beachtung eines Bestellungsvorschlags geltend machen, nicht aber ein einzelner Bezirksrat, selbst wenn dieser von der Ausschussgemeinschaft bereits vorgeschlagen wurde. Geklagt hat im gegenständlichen Verfahren aber nicht die Ausschussgemeinschaft, sondern der einzelne Bezirksrat. Sowohl der „persönlich gestellte Antrag“ des Klägers vom 22. Februar 2016 wie auch der Bestellungsvorschlag der Ausschussgemeinschaft vom 10. bzw. 11. Februar 2016 verschafften diesem einzelnen Bezirksrat auch gerade noch keine subjektive organschaftliche Rechtsposition, in der er durch einen die Bestellung ablehnenden Beschluss des Bezirkstags verletzt sein könnte, sondern allenfalls die Chance, einen Ausschusssitz zu erlangen, bzw. einen bloßen, noch nicht geschützten Rechtsreflex, der ihm daher auch noch keine Klagebefugnis vermitteln kann (vgl. Bauer/Böhle/Ecker, Bayerische Kommunalgesetze, Stand: 102. EL Mai 2016, Art. 33 GO Rn. 35 m.w.N.). Allein durch einen gegebenenfalls bindenden Vorschlag der Ausschussgemeinschaft hat sich die Position eines vorgeschlagenen Bezirkstagsmitglieds auch noch nicht in einer Weise verdichtet, dass sie ihm eine Klagebefugnis verschaffen würde; vielmehr kann weiterhin allein die vorschlagende Ausschussgemeinschaft eine mögliche Verletzung eines allenfalls ihr zustehenden bindenden Vorschlagsrechts geltend machen. Ein solches wäre auch nicht dadurch bereits „verbraucht“, dass sie den Vorschlag getätigt, der Bezirkstag ihm aber nicht gefolgt ist, da dem Vorschlag durch dessen Ablehnung gerade noch nicht Rechnung getragen wurde. Auch der Umstand, dass die Ausschussgemeinschaft in den entsprechenden Ausschüssen weiterhin mit je einem Ausschusssitz vertreten ist, führt entgegen der in der mündlichen Verhandlung geäußerten Auffassung der Klägerseite nicht dazu, dass die Ausschussgemeinschaft keine Rechtsverletzung geltend machen könne: Immerhin können Fraktionen und Ausschussgemeinschaften nicht nur ein Recht geltend machen, überhaupt in Ausschüssen entsprechend ihrem Stärkeverhältnis vertreten zu sein, sondern auch, in diesen gerade durch die von ihnen vorgeschlagenen Personen vertreten zu sein.
Zu keinem anderen Ergebnis führt es schließlich, wenn man auch noch die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen geschlossene Vereinbarung über einen „Tausch“ ihrer Ausschussplätze zum 1. April 2016 in die Betrachtung miteinbezieht. Wenn schon ein grundsätzlich bindender Bestellungsvorschlag der Ausschussgemeinschaft dem Kläger keine subjektive Rechtsposition zu verschaffen vermag, muss dies erst Recht für die Vereinbarung zwischen zwei einzelnen Bezirksräten gelten, selbst wenn beide jeweils Mitglied der vorschlagenden Ausschussgemeinschaft sind.
Nach allem kann der Kläger nicht geltend machen, durch den streitgegenständlichen Beschluss des Bezirkstags vom 1. März 2016 möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein, sodass ihm die in analoger Anwendung des § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis fehlt. Die Klage ist mithin bereits unzulässig, ohne dass es auf die Frage der Prozessführungsbefugnis des Klägers in Bezug auf den Beschluss des Bezirkstags vom 1. März 2016 ankommt, mit dem der Antrag der Ausschussgemeinschaft auf Tausch der Ausschussbesetzung abgelehnt wurde.
2. Davon abgesehen ist die Klage aber auch unbegründet.
a) Sie ist zwar gegen den Bezirk (und nicht gegen den Bezirkstag) und damit – entgegen der Auffassung des Beklagten – gegen den richtigen Beklagten gerichtet. Im kommunalverfassungsrechtlichen Streit ist entsprechend dem Rechtsträgerprinzip (§ 78 VwGO analog) das Handeln des Organs Bezirkstag nämlich dem Bezirk zuzurechnen (vgl. zur Passivlegitimation im Kommunalverfassungsstreit BayVGH, U.v. 14.11.1984 – 4 B 83.A 1860 – BayVBl 1985, 339).
b) Der Bezirkstag hat es aber zu Recht abgelehnt, den Kläger zum Mitglied im Bezirksausschuss zu bestellen. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Ablehnung des „persönlich gestellten Antrags“ des Klägers vom 22. Februar 2016 wie auch hinsichtlich der Ablehnung des Bestellungsvorschlags der Ausschussgemeinschaft vom 10. bzw. 11. Februar 2016.
Wie bereits bei der Klagebefugnis aufgezeigt, hat jedenfalls der Kläger selbst ohnehin keinen entsprechenden Anspruch auf Bestellung. Es wäre deshalb allenfalls daran zu denken, der Ausschussgemeinschaft, die den Kläger vorgeschlagen hat, einen solchen Anspruch zuzubilligen. Indes sind auch insoweit die Voraussetzungen vorliegend nicht gegeben:
aa) Gemäß Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BezO werden die weiteren Bezirksräte des Bezirksausschusses vom Bezirkstag für die Dauer der Wahlzeit bestellt. Bereits aus dem Wortlaut dieser Norm lässt sich entnehmen, dass ein Wechsel in der Besetzung des Bezirksausschusses während der laufenden Wahlzeit grundsätzlich nicht vorgesehen ist.
Dem steht nicht entgegen, dass der Bezirkstag während des Laufs der Wahlzeit weitere Ausschüsse womöglich überhaupt erst neu bildet (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 1 BezO: „im Bedarfsfall“; die Bestellung der Ausschussmitglieder erfolgt in diesem Fall eben grundsätzlich für den Rest der Wahlzeit) oder einen weiteren Ausschuss wieder auflöst (vgl. Art. 28 Abs. 3 BezO; die Organstellung als Mitglied dieses Ausschusses endet dann eben ausnahmsweise vor Ablauf der Wahlzeit). Dabei handelt es sich nämlich nicht um einen Wechsel in der Zusammensetzung des Ausschusses während des Laufs der Wahlzeit, sondern um eine Änderung in der Existenz des Ausschusses als solcher.
Das zuvor aufgezeigte, sich schon aus dem Wortlaut ergebende Verständnis der Regelung des Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BezO findet seine Bestätigung in der Auslegung nach Sinn und Zweck. Die Bildung und Zusammensetzung von Kommunalausschüssen hat nicht nur dem Demokratieprinzip und als Ausfluss dessen dem Gebot der Spiegelbildlichkeit und des Minderheitenschutzes Rechnung zu tragen, sondern auch den Grundsätzen der Effektivität der Ausschussarbeit (vgl. Schreiber, Zum Gebot der Spiegelbildlichkeit bei der Bildung und Besetzung gemeindlicher Ausschüsse in Bayern, BayVBl 1996, 134, 140; Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand 28. EL Dezember 2015, Art. 33 GO Rn. 9). Das Gebot des Minderheitenschutzes verlangt aber nicht, die Sitze von zwei Mitgliedern einer Ausschussgemeinschaft in zwei verschiedenen Ausschüssen zur Hälfte der Wahlperiode wechselseitig tauschen zu lassen. Wie zuvor bereits dargelegt, fordert der Minderheitenschutz zunächst einmal nicht, dass auch jedes einzelne Bezirkstagsmitglied, das nicht Mitglied einer Fraktion ist, in jedem Ausschuss als Mitglied vertreten ist. Insofern genügt die Möglichkeit, sich gegebenenfalls über die Bildung von Ausschussgemeinschaften überhaupt Zugang zu Ausschussmitgliedschaften zu verschaffen. Der Gesetzgeber musste aber nicht darüber hinausgehend die Möglichkeit einräumen, dem einzelnen Mitglied einer Ausschussgemeinschaft während des Laufs der Wahlperiode Zugang zu verschiedenen Ausschüssen durch Tausch von Ausschusssitzen zu verschaffen. Vielmehr durfte er insoweit dem Interesse an einer effektiven Arbeit im Ausschuss ein so großes Gewicht beimessen, dass er nur in Ausnahmefällen einen Wechsel in der Ausschussbesetzung während der laufenden Periode zugelassen und dies nicht dem freien Willen der Fraktionen oder Ausschussgemeinschaften überlassen hat. Das Gebot der Effektivität der Ausschussarbeit verlangt nämlich durchaus nach einer gewissen Kontinuität in der Zusammensetzung des jeweiligen Gremiums, die zum Erhalt bereits gewonnener Erfahrungen und gebildeten Fachwissens der Ausschussmitglieder beiträgt und einen mehrfachen Einarbeitungsaufwand mit den dabei verbundenen Reibungsverlusten zu vermeiden hilft. Deshalb ist der Gesetzgeber ferner nicht gehalten, die vom Kläger mit Blick auf das Demokratieprinzip reklamierte „Herrschaft auf Zeit“ weiter in der Weise zu stückeln, dass eine Ausschussmitgliedschaft zur Hälfte der Wahlperiode ohne weiteres gewechselt werden kann. Darauf, in welchem Umfang derartige Reibungs- und sonstigen Verluste im konkreten Einzelfall mit einem Tausch von Ausschusssitzen tatsächlich verbunden wären, musste der Gesetzgeber im Interesse einer klaren und handhabbaren Regelung, die dem Minderheitenschutz ausreichend Rechnung trägt, nicht abstellen.
bb) Wie angemerkt gibt es zwar durchaus Ausnahmen zu dem oben aufgezeigten Grundsatz, wonach ein Wechsel in der Besetzung des Bezirksausschusses während der laufenden Wahlzeit ausgeschlossen ist.
Solche finden sich etwa in Art. 26 Abs. 3 BezO, der für den Fall der Änderung des Stärkeverhältnisses der „Parteien und Wählergruppen“ während der Wahlzeit einen Ausgleich vorgibt und für den Fall des Ausscheidens eines Ausschussmitglieds aus der von ihm vertretenen Fraktion die Neubesetzung dieses Sitzes regelt. Ein Ausschusssitz ist ausnahmsweise auch dann während der laufenden Wahlzeit neu zu besetzen, wenn zum Beispiel ein Ausschussmitglied seine Mitgliedschaft im Bezirkstag verliert (etwa nach Art. 23 Abs. 4 BezO i.V.m. Art. 4 Abs. 4 Nr. 2 BezWG) und damit auch aus dem Ausschuss ausscheidet, wenn es seine Mitgliedschaft im Ausschuss niederlegt (entsprechend Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BezO) oder aus diesem Amt abberufen wird (entsprechend Art. 13 Abs. 2 BezO). Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs soll auch eine Änderung des Verteilungsverfahrens für die Zusammensetzung der Ausschüsse während der Wahlperiode möglich sein (vgl. Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Stand: 131. EL September 2016, Art. 33 GO Nr. 4.2 m.w.N.), was ebenfalls die Neubesetzung eines oder mehrerer Ausschusssitze während des Laufs der Wahlperiode zur Folge haben kann.
In derartigen Ausnahmefällen steht den gegebenenfalls betroffenen Fraktionen und Ausschussgemeinschaften konsequenterweise auch während der laufenden Wahlzeit ein bindendes Vorschlagsrecht für die Besetzung der dadurch frei gewordenen Ausschusssitze zu – aber eben auch nur für derartige Fälle.
cc) Eine bloße Vereinbarung zwischen zwei Mitgliedern einer Ausschussgemeinschaft, zu einem bestimmten Datum oder zur Hälfte der Wahlzeit die Plätze in den Ausschüssen zu tauschen, stellt jedoch weder für sich genommen noch in Zusammenschau mit einem entsprechenden Bestellungsvorschlag der Ausschussgemeinschaft, der sie angehören, eine zulässige Ausnahme vom Grundsatz dar, der einen Wechsel in der Ausschussbesetzung während der laufenden Wahlzeit ausschließt.
Auch eine Fraktion oder Ausschussgemeinschaft kann ein auf ihren Vorschlag hin bestelltes Ausschussmitglied nicht einfach wieder abberufen bzw. durch den Bezirkstag abberufen lassen. Dies gilt unabhängig davon, ob eine solche Abberufung gegen oder – wie vorliegend – mit dem Willen des jeweiligen Ausschussmitglieds erfolgt. Genauso wenig können nämlich zwei Mitglieder einer Ausschussgemeinschaft ihre Sitze in zwei unterschiedlichen Ausschüssen ohne Weiteres niederlegen und sich in getauschter Konstellation neu bestellen lassen.
Das einzelne Bezirkstagsmitglied hat mit der Mitgliedschaft im Ausschuss nämlich ein kommunales Ehrenamt übertragen bekommen – und zwar in Bezug auf die Mitgliedschaft im jeweiligen konkreten Ausschuss und nicht bloß allgemein in Bezug auf irgendeine Ausschussmitgliedschaft. Das einzelne Bezirkstagsmitglied kann dieses jeweilige kommunale Ehrenamt in (zumindest entsprechender) Anwendung von Art. 13 Abs. 1 Satz 2 BezO nur aus wichtigem Grund niederlegen und in (zumindest entsprechender) Anwendung von Art. 13 Abs. 2 BezO nur aus wichtigem Grund aus ihm abberufen werden (vgl. zur Anwendbarkeit des vergleichbaren Art. 19 GO für die Abberufung von Gemeinderatsmitgliedern aus einem Ausschuss BayVGH, BayVBl 1989, 433 und VG Regensburg, U.v. 13.5.2016 – RN 3 K 14.2156 – juris). Zwar hat der Gesetzgeber nunmehr in Art. 4 Abs. 5 des Bezirkswahlgesetzes (BezWG) die Möglichkeit geschaffen, das Amt eines Bezirksrates ohne Angabe von Gründen niederzulegen (vgl. für das Amt eines Gemeinderats- oder Kreistagsmitglieds Art. 48 Abs. 1 Satz 2 GLKrWG); er hat jedoch davon abgesehen, diese Sonderregelung auch auf das Amt eines Ausschussmitglieds zu übertragen (vgl. zur entsprechenden Situation im Gemeinde- und Landkreiswahlrecht Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand 28. EL Dezember 2015, Art. 33 GO Rn. 9). Dies ist auch konsequent, da andernfalls die Gefahr bestanden hätte, dass (zu viele) gewählte Personen zwar das Amt eines Mitglieds des Bezirkstags (bzw. des Gemeinderats oder Kreistags) annehmen, sich dann aber der Mitgliedschaft in Ausschüssen verweigern können und dadurch letztlich die Bildung von ausreichend großen und eine effektive Gremienarbeit ermöglichenden Ausschüssen erschweren oder gar unmöglich machen.
Daher ist aber auch für einen Tausch der Ausschusssitze zwischen zwei Mitgliedern einer Ausschussgemeinschaft letztlich entsprechend Art. 13 BezO ein wichtiger Grund erforderlich, da nur dann die jeweilige Mitgliedschaft im konkreten kommunalen Ehrenamt beendet werden darf. Immerhin ist das jeweilige Gremium auf eine effektive Arbeitsweise angewiesen, die gerade auch durch ein gewisses Maß an Kontinuität gewährleistet und nicht ohne hinreichend gewichtige Gründe erschwert werden soll (s.o.). Nach der gegenwärtigen Rechtslage besteht ein Interesse daran, dass nur aus wichtigem Grund eine Änderung in der Ausschussbesetzung möglich ist, und zwar auch dann, wenn ein Wechsel im Einvernehmen mit dem jeweils betroffenen Ausschussmitglied stattfinden soll. Schließlich besteht kommunalrechtlich eine Pflicht zur gewissenhaften Erfüllung der Amtspflicht, der man sich nicht ohne weiteres entziehen kann (vgl. hierzu Streinz, Die Rechtsstellung der Mitglieder kommunaler Ausschüsse in Bayern, BayVBl 1983, 705, 709).
Selbst wenn in anderen bayerischen Kommunen ein freier Tausch von Ausschusssitzen praktiziert worden sein sollte, wie der Kläger durch Vorlage einer entsprechenden Auflistung geltend macht, ändert sich an dieser Bewertung nichts. Dies gilt unabhängig davon, dass offenbar schon nicht einmal alle der aufgelisteten Wechsel die Besetzung von Sitzen in kommunalen Ausschüssen betreffen, sondern einige ohnehin nur die Mitgliedschaft in Aufsichts- oder Verwaltungsräten von in Privatrechtsform betriebenen (kommunalen) Gesellschaften oder von Zweckverbänden, für die andere Regelungen einschlägig sind. Denn zum einen lässt sich der vorgelegten Liste schon nicht entnehmen, inwieweit bei den jeweiligen Wechseln von Ausschusssitzen nicht doch einer der oben genannten zulässigen Ausnahmefälle vorlag. Zum anderen wäre selbst dann, wenn einzelne der geltend gemachten Beispiele aus anderen Kommunen tatsächlich unter Verstoß gegen den Grundsatz, der einen Wechsel in der Ausschussbesetzung während der laufenden Wahlzeit ausschließt, erfolgt wären, gerade nicht auf die Rechtmäßigkeit eines derartigen Tauschs zu schließen. Auch ein vom Kläger angestellter Vergleich mit einem Wechsel im Amt des Präsidenten des Europäischen Parlaments trägt insoweit keine Früchte, weil es im gegenständlichen Verfahren um die Besetzung von kommunalen Ehrenämtern in einer Selbstverwaltungskörperschaft geht, für die andere gesetzliche Regelungen einschlägig sind.
Der sonach für den beabsichtigten wechselseitigen Tausch der Ausschussplätze zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen erforderliche wichtige Grund ist vorliegend nicht vorhanden. Ein solcher ist nach Art. 13 Abs. 1 Satz 3 BezO insbesondere dann gegeben, wenn der Verpflichtete die Tätigkeit nicht ordnungsgemäß ausüben kann, was vor allem mit gesundheitlichen, familiären, persönlichen oder beruflichen Gründen mit hinreichendem Gewicht begründet werden kann (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Stand 28. EL Dezember 2015, Art. 19 GO Rn. 9). Derartige Gründe sind vorliegend jedoch nicht geltend gemacht, vielmehr beschränkt sich das Vorbringen insoweit im Wesentlichen auf einen Verweis auf die zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen getroffene Vereinbarung bzw. auf den entsprechenden Wunsch der Ausschussgemeinschaft. Eine bloße Abrede zwischen zwei Bezirksräten kann die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen aber nicht ins Leere laufen lassen, zumal derartige Vereinbarungen nicht über dem Gesetz stehen. Wollte man nämlich bereits eine derartige politische Absprache zwischen zwei Bezirksräten für einen Wechsel der jeweiligen Ausschussmitgliedschaft genügen lassen, würden damit die dargestellten gesetzlichen Anforderungen an die Niederlegung eines derartigen Amtes umgangen werden können. Diese verlangen nach einem wichtigen Grund, damit man sich der Pflicht zur Erfüllung eines konkreten übertragenen kommunalen Ehrenamtes nicht einfach wieder entziehen kann. Die jeweilige Bereitschaft, ein kommunales Ehrenamt in einem anderen Ausschuss zu übernehmen, ändert daran nichts. Außer der vorgelegten Vereinbarung und der politischen Absprache zwischen dem Kläger und dem Beigeladenen sowie dem darauf fußenden Wunsch der Ausschussgemeinschaft sind jedoch keine Gründe für den Tausch der Ausschussplätze vorgetragen oder anderweitig ersichtlich.
Der Bezirkstag des Beklagten hatte daher den Kläger nicht zum Mitglied im Bezirksausschuss zu bestellen, die entsprechenden ablehnenden Beschlüsse vom 1. März 2016 sind daher rechtmäßig.
Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostentragungsrisiko ausgesetzt (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO); daher entspricht es der Billigkeit (§ 162 Abs. 3 VwGO), ihn seine außergerichtlichen Kosten selbst tragen zu lassen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf
§ 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

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