Arbeitsrecht

Kostentragung für Beschlussverfahren zur Rechtmäßigkeit eines Interviews des Personalrats

Aktenzeichen  AN 7 P 18.00303

Datum:
19.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 18291
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG § 44 Abs. 1 S. 1

 

Leitsatz

1 Die Dienststelle hat die Anwaltskosten der Personalvertretung für ein Beschlussverfahren zu tragen (§ 44 Abs. 1 S. 1 BPersVG), wenn der Personalrat die Vertretung durch einen Anwalt für erforderlich halten durfte, insbesondere die Einleitung des Verfahrens nicht haltlos oder mutwillig war. (Rn. 29) (redaktioneller Leitsatz)
2 Hat das Gericht sich bereits in einem vorausgehenden Verfahren eingehend zur Zulässigkeit von Presseinterviews der Personalvertretung erklärt, ist die Einleitung eines erneuten Verfahrens “haltlos”. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Verfahrensbeteiligten streiten über die Kostentragungspflicht der Dienststelle für die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für die beim Verwaltungsgericht Ansbach geführten personalvertretungsrechtlichen Streitverfahren AN 7 PE 17.01421 und AN 7 P 17.01422 („Maulkorb II“).
Den o.g. Verfahren ging das personalvertretungsrechtliche Verfahren AN 7 P 16.00390 voraus. In diesem Verfahren hatte der Antragsteller (Vorsitzender des Gesamtpersonalrats) und der Vorsitzende des örtlichen Personalrats, vertreten durch die …, mit Schriftsatz vom 8. März 2016 die Feststellung gegen die (damalige) Dienststellenleitung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) begehrt, dass ein an den Antragsteller gerichtetes Verbot, ein Interview mit Journalisten des …über die Mitwirkungsrechte der Personalräte beim BAMF zu führen, rechtswidrig gewesen ist („Maulkorb-I“-Verfahren). Die stellvertretende Dienststellenleitung hatte dem Antragsteller ein Gutachten ihres Justitiariats „mit der Bitte um Beachtung“ zukommen lassen und hierzu vermerkt: „Dies zugrunde gelegt kann das Interview, über das Sie mich vorab informiert haben, nicht stattfinden.“ In dem Gutachten war ausgeführt, dass die Einschaltung der Presse durch den Personalrat wegen des Verstoßes gegen die Schweigepflicht (§ 10 BPersVG) und gegen die Friedenspflicht (§ 66 Abs. 2 Satz 1 BPersVG) in der Regel nicht zulässig sei und bei Verstoß ein Ausschluss aus dem Personalrat nach § 28 Abs. 1 Satz 3 BPersVG und eine disziplinarische Ahndung in Betracht kämen.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2016 hatten die Verfahrensbeteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, sodass das Verfahren eingestellt wurde. Ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung hatte der damalige Vorsitzende der Fachkammer die vorläufige Rechtsauffassung des Gerichts wie folgt bekannt gegeben:
„Nach wohl übereinstimmender Meinung der Rechtsliteratur kann die Frage, ob Mitglieder der Personalvertretung Presseinterviews geben können, nur im Einzelfall entschieden werden, nämlich auf der Grundlage der jeweiligen konkreten Ausgangssituation. Es lässt sich nicht feststellen, dass in der einschlägigen Rechtsliteratur die Auffassung vertreten wird, Presseinterviews von Mitgliedern der Personalvertretung seien generell schlichtweg verboten. Auf der anderen Seite lässt sich der vorliegenden Rechtsliteratur jedoch auch nicht entnehmen, Presseinterviews von Mitgliedern der Personalvertretung seien uneingeschränkt zulässig. Insbesondere ist die Geheimhaltungspflicht nach § 10 BPersVG zu berücksichtigen. Die Personalvertretung bzw. ihre Mitglieder bedürfen keiner vorherigen Genehmigung der Dienststellenleitung für die Abgabe eines Presseinterviews. Andererseits haben die betreffenden Mitglieder der Personalvertretung in eigener Verantwortung darüber zu entscheiden, welche Informationen sie über interne Vorgänge an die Öffentlichkeit tragen. Das Risiko etwaiger rechtlicher Sanktionen aus Anlass der von Mitgliedern der Personalvertretung gegenüber der Öffentlichkeit abgegebenen Äußerungen tragen die betreffenden Mitglieder selbst. Die Friedenspflicht und die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit gelten sowohl für die Personalvertretung als auch für die Dienststellenleitung.
Aus Sicht der Fachkammer dürfte die E-Mail des Vizepräsidenten … vom 29. Februar 2016, 10:31 Uhr, nicht so zu verstehen sein, als habe damit ein generelles Verbot von Presseinterviews ausgesprochen werden sollen.“
Gegenstand des nunmehr verfahrensgegenständlichen Kostenstreitverfahrens ist folgender Sachverhalt:
Am 26. Juni 2017 wandte sich die … an die Pressestelle des BAMF und bat um ein Interview mit einem Vertreter des Personalrats zur aktuellen Belastungssituationen der Mitarbeiter, zum geplanten Stellenabbau und zum Umgang mit befristeten Arbeitsverhältnissen im BAMF. Dieses Interview sagte der Antragsteller zu und setzte den Vizepräsidenten des BAMF davon in Kenntnis. Dieser bat mit E-Mail vom 28. Juni 2017 den Antragsteller, das Gespräch im Interesse des Amtes und seiner Mitarbeiter nicht zu führen, weil die Recherche in einem Kontext stehe, der nichts Gutes ahnen lasse. Die E-Mail-Nachricht endete mit „Ich würde es sehr begrüßen, wenn Sie dies bei Ihrer Entscheidung berücksichtigen würden und künftig die Pressearbeit der Pressestelle und der Hausleitung überlassen würden.“
Beigefügt wurde ein Schreiben des Vizepräsidenten an den Antragsteller vom 28. Juni 2017, in dem unter Hinweis auf ein geführtes Interview des Antragstellers auf den rechtlichen Rahmen zum Umgang mit Presse- und Interviewanfragen an die Personalvertretungen hingewiesen wurde. Ausgeführt wurde insbesondere, dass es grundsätzlich nicht zu den Aufgaben der Personalvertretungen gehöre, die Öffentlichkeit über dienststelleninterne Vorgänge und Umstände zu informieren. Es bedürfe einer besonderen Interessensabwägung durch die Personalvertretung. Die Schweigepflicht müsse gewahrt bleiben. Die Angelegenheit müsse in den Zuständigkeitsbereich des Personalrats fallen. Die Dienststellenleitung dürfe nicht überrascht werden. Die Information müsse in sachlicher und ausgewogener Art und Weise erfolgen. Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Ansbach im Verfahren AN 7 P 16.00390, dass die Personalvertretung das Risiko rechtlicher Sanktionen trage, wurde verwiesen, auf personalvertretungsrechtliche, arbeitsrechtliche/beamtenrechtliche und zivil- und strafrechtliche Konsequenzen hingewiesen. Abschließend ist ausgeführt:
„Um derartige Konsequenzen zu vermeiden, bitte ich folgenden Ablauf bei Eingang einer Presse Anfrage zwingend einzuhalten:
Sofern Interviewanfragen an Mitglieder der Personalvertretungen über die hiesige Pressestelle in der Dienststelle eintreffen, werden diese an Sie weitergeleitet. Sofern jedoch zu dem Thema der Anfrage im Hause nach Einschätzung der Dienststelle eine fachlich versiertere Stelle existiert, wird diese Person den Pressevertretern als Ansprechpartner vermittelt und Sie werden über diesen Vorgang parallel informiert.
Sollten Interviewanfragen unmittelbar an Sie herangetragen werden, so bitte ich Sie um Benachrichtigung der Pressestelle. Sollte durch Ihre Initiative der Kontakt zu den Medien gesucht werden, so sind die in diesem Schreiben dargestellten Grundsätze zum Zugang des Personalrats zur dienststellenexternen Öffentlichkeit gleichfalls zu berücksichtigen.“
Mit E-Mail vom 29. Juni 2017 teilte der Antragsteller dem Vizepräsidenten des BAMF mit:
„Ich werde ihr Schreiben nicht als Sprechverbot werten (insofern verweise ich auf unsere Klage beim VG Ansbach, wonach der Personalrat sehr wohl ein eigenständiges Recht auf Pressearbeit hat) und werde aus diesem Grund Ihrer Bitte nicht nachkommen.“
Mit E-Mail vom gleichen Tag teilte der Antragsteller der Beteiligten mit, dass er das Gutachten und den Hinweis, künftig die Pressearbeit der Pressestelle und der Hausleitung zu überlassen, als Beeinträchtigung und Behinderung der Tätigkeit der Personalvertretung werte, der Punkt einer gerichtlichen Klärung zugeführt und Kostenantrag gestellt werde.
Mit Schreiben vom 30. Juni 2017 beantragte der Antragsteller die Zusage der Kostenübernahme für die erforderlichen Anwalts- und Gerichtskosten zur Beratung und gegebenenfalls gerichtlichen Klärung dieses Sachverhalts.
Mit Schreiben vom 13. Juli 2017 lehnte die Dienststellenleitung die Kostenübernahme sinngemäß ab, weil das Schreiben vom 28. Juni 2017 kein Interviewverbot enthalte und vom Antragsteller auch so nicht aufgefasst worden sei, nachdem dieser mit E-Mail vom 29. Juni 2017 mitgeteilt habe, dass er das Schreiben nicht als Sprechverbot werte und das Interview letztlich auch stattgefunden habe. Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit einem Schreiben vom 13. Juli 2017 und wies darauf hin, dass der Personalvertretung “zwingende Regelungen“ und generelle Regelungen auferlegt worden seien.
Am 20. Juli 2017 kam es zu einem weiteren Schreiben der Dienststellenleitung an den Antragsteller, mit dem weiterhin die Kostenübernahme abgelehnt wurde. In der Anlage wurde eine abgeänderte Fassung des Schreibens vom 28. Juni 2017 versandt, in der der Absatz „Um derartige Konsequenzen zu vermeiden, bitte ich folgenden Ablauf bei Eingang einer Presseanfrage zwingend einzuhalten“ gestrichen und durch die Überschrift „Verfahren“ ersetzt wurde.
Der Gesamtpersonalrat beschloss laut Sitzungsprotokoll vom 24. Juli 2017 in seiner Sitzung vom 19. und 20. Juli 2017, dass zur Klärung des Vorgehens und der von der Dienststelle abgelehnten Kostenübernahme ein personalvertretungsrechtliches Verfahren anhängig gemacht werden soll.
Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2017 beantragte der Antragsteller bei Gericht die Feststellung, dass die Dienstanweisung an den Antragsteller vom 20. Juli 2017 zum Umgang des Antragstellers mit der Presse rechtswidrig gewesen (Hauptsacheverfahren, AN 7 P 17.01422) ist sowie die Feststellung, dass die Beteiligte die Kosten des Antragstellers für dieses Verfahren zu tragen hat.
Mit Schriftsatz vom 21. Juli 2017 beantragte der Antragsteller im Wege der einstweiligen Verfügung überdies, die Anordnung von 20. Juli 2017 an den Antragsteller zum Umgang mit der Presse einstweilen auszusetzen, bis über den Hauptsacheantrag rechtskräftig entschieden wurde (AN 7 PE 17.01421).
In der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 erklärten die Verfahrensbeteiligten die Hauptsache übereinstimmend für erledigt. Das Verfahren wurde eingestellt. Der Vorsitzende der Fachkammer verwies zuvor auf den richterlichen Hinweis im Termin vom 21. Juni 2016. In der Sitzungsniederschrift ist hierzu ausgeführt:
„Insbesondere bestätigt der Vorsitzende, dass wohl weiterhin daran festzuhalten sei, dass die Personalvertretung bzw. ihre Mitglieder keiner vorherigen Genehmigung der Dienststellenleitung für die Abgabe eines Presseinterviews bedürfen, dass diese jedoch andererseits das Risiko etwaiger rechtlicher Sanktionen, etwa im Zusammenhang mit dem Verstoß gegen die Geheimhaltungspflicht, die Friedenspflicht und die Verpflichtung zur vertrauensvollen Zusammenarbeit, zu tragen hätten. Ergänzend weist der Vorsitzende vorsorglich darauf hin, dass diese oben genannten Rechtsgrundsätze, wie sie bereits im Termin vom 21. Juni 2016 dargestellt worden seien, auch für die Zukunft Geltung beanspruchen dürften und dass aus Sicht des Gerichts eine weitere Aufklärung der Verfahrensbeteiligten über die Rechtslage nicht erforderlich erscheine.“
Mit Schreiben vom 6. September 2017 stellte der Bevollmächtigte des Antragstellers seine Kostenrechnung an die Beteiligte. Die Übernahme der Kosten wurde mit E-Mail vom 28. September 2017 abgelehnt.
In seiner Sitzung vom 11. und 12. Oktober 2017 beschloss der Gesamtpersonalrat die Einleitung eines diesbezüglichen Gerichtsverfahrens.
Mit Schriftsatz vom 19. Februar 2018 machte die Antragstellerseite das Verfahren anhängig (AN 7 P 18.00303) und beantragte,
Es wird festgestellt, dass die Beteiligte die Anwaltskosten des Personalratsvorsitzenden aus den Verfahren AN 7 PE 17.01421 und AN 7 P 17.01422 in Höhe von … EUR zu tragen hat.
Die Beteiligte erklärte sich mit Schreiben vom 5. April 2018 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden und beantragte unter Vorlage des Schriftverkehrs zwischen den Parteien, den Antrag als unzulässig, hilfsweise unbegründet abzulehnen.
Der Antrag sei unzulässig, weil der Streitgegenstand bereits Gegenstand des Verfahrens AN 7 P 17.01422 gewesen sei. Die Rechtsverfolgung sei außerdem mutwillig, die Kosten deshalb nicht gemäß § 44 BPersVG von der Dienststelle zu tragen. Der Antragsteller sei mehrfach darauf hingewiesen worden, dass das Schreiben vom 28. Juni 2017 kein Interviewverbot ausspreche. Die missverständliche Passage sei entfernt und eine korrigierte Fassung des Schreibens dem Antragsteller übergeben worden. Es fehle an einer Beschwer für den Antragsteller, was sich auch aus den Ausführungen des Gerichts im Verfahren AN 7 P.00390 ergebe, auf die die Beteiligte Bezug genommen habe.
Mit Schriftsatz vom 17. April 2018 teilte die Antragstellerseite ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung mit.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Schriftsätze der Beteiligten im Verfahren AN 7 P 18.00303 und die beigezogenen Akten AN 7 P 16.00390, AN 7 PE 17.01421 und AN 7 P 17.01422 Bezug genommen.
II.
Über den Antrag kann, nachdem sich die Beteiligten hiermit einverstanden erklärt haben, ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, § 83 Abs. 2 BPersVG i.V.m. § 84 Abs. 3 ArbGG.
Der Feststellungsantrag auf Tragen der außergerichtlichen Kosten in Form der Rechtsanwaltsgebühren durch die Beteiligte ist zulässig, aber unbegründet und deshalb abzulehnen.
1. Der Antrag ist zulässig. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass die Kostentragungspflicht – teilweise, nämlich für das Hauptsacheverfahren – bereits Gegenstand des Verfahrens AN 7 P 17.01422 war.
Der Zulässigkeit einer erneuten Klageerhebung steht nach allgemeinen prozessrechtlichen Grundsätzen (vgl. für das Zivilrecht § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) die Rechtshängigkeit einer Klage bzw. eines Antrags mit gleichem Klage- bzw. Antragsgegenstand entgegen. Außerdem steht die materielle Rechtskraft einer Entscheidung einer weiteren Entscheidung in gleicher Sache entgegen (vgl. § 322 Abs. 1 ZPO, hierzu Thomas/Putzo ZPO, 37. Aufl. 2016, § 322 Rn. 8 ff). Beide Verfahrenshindernisse bzw. Unzulässigkeitsgründe greifen im vorliegenden Fall jedoch nicht ein. Nachdem das Verfahren AN 7 P 17.01422 von beiden Parteien in der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2017 übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, ist das Verfahren dadurch beendet worden und nicht mehr rechtshängig. Eine der Rechtskraft fähige Entscheidung des Gerichts liegt ebenfalls nicht vor. In materielle Rechtskraft erwachsen nur Urteile, nicht aber Einstellungsbeschlüsse (vgl. § 322 Abs. 1 ZPO, siehe auch Thomas/Putzo a.a.O., § 91a Rn. 50). Aus § 269 Abs. 6 ZPO lässt sich dementsprechend auch entnehmen, dass nach Klagerücknahme eine erneute Klage in gleicher Sache möglich ist. Nichts anderes gilt für Einstellungen nach übereinstimmender Erledigungserklärungen durch die Parteien, da das Gericht auch hier nicht über den Anspruch entscheidet (so auch Thomas/Putzo a.a.O. § 91a Rn. 50). Eine erneute Antragstellung in (teilweise) gleicher Angelegenheit war somit möglich.
Nachdem Antragsteller des Kostenverfahrens und Antragsteller des Hauptsache- und Eilverfahrens identisch sind, wird auch die Antragsbefugnis für das Kostenverfahren als gegeben angesehen.
2. Der Antrag ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG nicht erfüllt sind.
Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG trägt die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Kosten eines gerichtlichen Beschlussverfahrens nach § 83 BPersVG (Lorenzen/Etzel/Gerhold/Schlatmann/Rehak/Faber/ Griebeling/Hebeler, BPersVG, Stand Januar 2018 § 44 Rn. 30). Grundsätzlich hat die Beteiligte damit die außergerichtlichen Kosten der Personalvertretung dann zu tragen, wenn das Verfahren in Ausübung der Personalratstätigkeit eingeleitet wird (Lorenzen. a.a.O. § 44 Rn. 31) und der Personalrat die Vertretung durch einen Anwalt für erforderlich halten durfte (BVerwG, B.v. 9.3.1992, 6 P 11/90 – juris). Das Für-Notwendig-Halten-Dürfen setzt voraus, dass die Einleitung des Beschlussverfahrens nicht haltlos oder mutwillig und damit rechtsmissbräuchlich war (Lorenzen. a.a.O. § 44 Rn. 34, Ilbertz/Widmaier/Sommer, Bundespersonalvertretungsgesetz, 12. Aufl.2012, § 44 R. 19, Altvater, a.a.O. § 44 Rn. 29).
Die personalvertretungsrechtlichen Verfahren AN 7 PE 17.02421 und AN 7 P 17.01422 waren nach Ansicht des Gerichts als haltlos einzustufen. Haltos ist ein Verfahren dann, wenn es aus Ex-ante-Sicht eines verantwortungsbewussten Rechtsvertreters aussichtslos erscheinen musste. Dies ist hier der Fall, weil bereits im ersten personalvertretungsrechtlichen Streitverfahren (AN 7 P 16.00390 „Maulkorb I“) die Frage der Zulässigkeit von Presseinterviews durch einen Personalratsvorsitzenden und die möglichen Konsequenzen hieraus vom Gericht in verallgemeinerter Form aufgezeigt und – soweit in einem personalvertretungsrechtlichen Verfahren möglich – erschöpfend geklärt worden sind. Eine zusätzliche gerichtliche Klärung war mit den Verfahren AN 7 PE 17.01421 und AN 7 P 17.01422 nicht möglich und von vorneherein nicht zu erwarten.
In der mündlichen Verhandlung vom 21. Juni 2016 hatte das Gericht bei vergleichbarer Fragestellung im Verfahren AN 7 P 16.00390 zu Protokoll erklärt, dass nur im Einzelfall entschieden werden könne, ob ein Presseinterview zulässig sei, ein solches aber weder generell zulässig, noch generell unzulässig sei. Eine eindeutige gerichtliche Aussage wurde dahin gehend getroffen, dass es einer vorherigen Genehmigung eines Interviews der Dienststellenleitung nicht brauche und der Interviewte das Risiko rechtlicher Sanktionen selbst trage. Die dem Verfahren AN 7 P 16.00390 zugrunde liegende Nachricht der Beteiligten wurde vom Gericht nicht als generelles Interviewverbot verstanden.
Diese gerichtliche Aussage, auf die die Beteiligte in ihrer Stellungnahme vom 28. Juni 2017 Bezug genommen hat und deren Akzeptanz sie damit zum Ausdruck gebracht hat, zugrunde gelegt, ist es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller in der angegriffenen Nachricht vom 20. Juli 2017 eine „Dienstanweisung“ oder eine sonstige, bindende Einzelanweisung der Beteiligten erblickt. Sprachlich und aus dem Zusammenhang eindeutig erkennbar hatte die Beteiligte lediglich ihre Rechtsauffassung dargelegt und eine Bitte, aber kein Verbot ausgesprochen. Die Beteiligte hat gerade keine verbindliche Handlungsanweisung gegeben und auch keine Sanktion angedroht, sondern wörtlich um ein bestimmtes Vorgehen gebeten („… so bitte ich Sie…“) und dabei ersichtlich auf die Einsicht des Antragstellers gesetzt. Die in der E-Mail vom 28. Juni 2017 eventuell noch misszuverstehenden Formulierungen („zu berücksichtigen“, „zwingend einzuhalten“) wurden mit der E-Mail und geänderten Stellungnahme der Beteiligten vom 20. Juli 2017 spätestens ausgeräumt. Alleine diese geänderte Stellungnahme ist aber Gegenstand der Ausgangsverfahren gewesen und somit für die Kostentragung relevant. Dass auch der Antragsteller schon die E-Mail vom 28. Juni 2017 (noch ohne Klarstellung vom 20. Juli 2017) nicht als Anweisung verstanden hat, zeigt seine Reaktion vom 29. Juni 2017, nach der er der „Bitte nicht nachkommen“ werde und kein „Sprechverbot“ in der Nachricht erblicke. Dieser Reaktion hat die Beteiligte nicht widersprochen – weder mit der Stellungnahme am 20. Juli 2017 noch sonst – oder gar Konsequenzen angedroht. Das strittige Interview hat schließlich auch stattgefunden, ohne dass es zu weiteren Maßnahmen seitens der Beteiligten gekommen ist. Nach objektiver Betrachtungsweise waren die Verfahren AN 7 PE 17.01421 und AN 7 P 17.01422 somit von vorneherein unnötig und aussichtslos und ohne nachvollziehbaren Zweck erhoben.
Dass es im ersten Verfahren AN 7 P 16.00390 nicht zu einer Feststellung im Wege eines gerichtlichen Beschlusses gekommen ist, ändert an der Berechtigung des zweiten Antrags nichts. Die Rechtslage war vom erkennenden Gericht klar und eindeutig mitgeteilt worden. Eine beschlussmäßige Feststellung der streitigen Rechtsfrage hätte für die unterliegende Partei allenfalls den Rechtsvorteil gebracht, die Rechtslage in der zweiten Instanz klären zu lassen. Nachdem das Hauptsacheverfahren AN 7 P 17.01422 und das Eilverfahren AN 7 PE 17.01421 aber ebenfalls für erledigt erklärt worden sind und der Antragsteller sich diese Möglichkeit auch im zweiten Anlauf genommen hat, kann er sich hierauf nicht berufen bzw. kann geschlossen werden, dass es ihm hierauf nicht ankam.
Ein erneutes personalrechtliches Beschlussverfahren war auch nicht deshalb gerechtfertigt, weil der Antragsteller im Falle des Interviews ein persönliches Risiko wegen arbeits- bzw. disziplinarrechtlicher Konsequenzen, ev. strafrechtlicher Verfahren zu tragen hatte. Ein derartiges Risiko im persönlichen Bereich kann nicht mit den Mitteln des personalvertretungsrechtlichen Verfahrens beseitigt werden. Im personalrechtlichen Vertretungsverfahren können grundsätzlich lediglich Zuständigkeits- und Kompetenzfragen zwischen Funktionsträgern geklärt werden, aber keine arbeitsrechtlichen und beamtenrechtlichen und schon gar keine strafrechtlichen Folgen ausgesprochen oder für derartige Verfahren bindend festgelegt werden (für die vergleichbare Situation der Feststellung einer Schweigepflichtsverletzung vgl. BVerwG, B.v. 15.3.68, VII P 22.66 – juris).
Nachdem das Hauptsacheverfahren und Eilverfahren von vorne herein und klar erkennbar unter keinen Gesichtspunkt Erfolg versprochen haben, besteht eine Kostentragungspflicht der Beteiligten hierfür nicht.
Zweifelhaft wäre darüber hinaus – was aber offen bleiben kann –, ob das das Verfahren auslösende Presseinterview als Tätigkeit einzustufen ist, die zum gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich des Antragstellers bzw. zum Aufgabenbereich des GPR gehört. Nur für solche Tätigkeiten sind aber die Kosten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 BPersVG von der Dienststelle zu tragen (Lorenzen a.a.O. § 44 Rn 11).
Einer Kostenentscheidung für dieses Verfahren bedarf es nicht, da das Verfahren gerichtskostenfrei ist (§ 83 Abs. 2 BPersVG, § 80 Abs. 1 i.V.m. § 2a Abs. 1 Nr. 1 ArbGG, § 2 Abs. 2 GKG)


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