Aktenzeichen M 15 K 13.5005
BayVwVfG BayVwVfG Art. 48 Abs. 1, Abs. 2 S. 2
BayHO BayHO Art. 23, Art. 44 Abs. 1
Leitsatz
1. Hintergrund eines förderrechtlichen Grundsatzes, wonach mit der Durchführung der Maßnahme erst nach Bewilligung begonnen werden darf und der vorzeitige Maßnahmebeginn – hierzu gehört bereits der Abschluss eines der Ausführung zugrunde liegenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags – einen Förderausschluss zur Folge hat, ist es, dass die Förderung die Schaffung staatlicherseits erwünschter Projekte ermöglichen soll. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Antragsteller, der ohne Förderbescheid bzw. ohne Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns mit der Realisierung eines Projektes beginnt, gibt zu erkennen, dass er das Projekt auf jeden Fall und ungeachtet einer möglichen staatlichen Förderung realisieren will und kann. (redaktioneller Leitsatz)
3. Soweit keine gesetzlichen Regelungen bestehen, ist die Verwaltung grundsätzlich frei, Regelungen, etwa über Objekte, Empfänger oder Verfahren einer Zuwendung sowie deren Umfang, zu treffen. Dies geschieht üblicherweise durch interne Richtlinien (hier: Vollzugsbekanntmachung „BioKlima-Richtlinie“), die in Form der Selbstbindung der Verwaltung über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) Außenwirkung entfalten. (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine Behörde kann sich grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz gegenüber einer anderen Behörde berufen. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Beklagten vom 3. April 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September 2013, mit dem der Zuwendungsbescheid vom 4. Juli 2012 zur Förderung des Projekts „Biomasseheizwerk …“ zurückgenommen wurde, ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Nach Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG kann ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der eine Geldleistung gewährt, zurückgenommen werden, wenn sich der Begünstigte nicht auf Vertrauensschutz berufen kann (Art. 48 Abs. 2 BayVwVfG). Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Der Zuwendungsbescheid vom 4. Juli 2012 war rechtswidrig, denn die Klägerin hat bereits vor Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns der Gesamtmaßnahme dadurch in förderschädlicher Weise mit der Gesamtmaßnahme begonnen, dass sie der Firma … GmbH mit Schreiben vom 13. Oktober 2011 den rechtlich verbindlichen Auftrag erteilt hat, die Baumaßnahmen für die Gesamtmaßnahme „Fernwärmeprojekt …“ entsprechend dem abgegebenen Angebot durchzuführen. Damit liegt ein Verstoß gegen Art. 23 und 44 Abs. 1 BayHO vor.
Nach Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 23 BayHO dürfen staatliche Zuwendungen nur dann gewährt werden, wenn ein erhebliches staatliches Interesse an der Zweckerfüllung besteht, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im notwendigen Umfang befriedigt werden kann. Nr. 1.3 der Verwaltungsvorschriften zu Art. 44 BayHO (VV zu Art. 44 BayHO) bestimmt, dass Zuwendungen nur für solche Vorhaben bewilligt werden dürfen, die noch nicht begonnen worden sind. Nach Nr. 1.3.1 VV zu Art.44 BayHO ist als Vorhabensbeginn grundsätzlich der Abschluss eines der Bauausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrags zu werten. Diese Regelungen, die nach Nr. 12.1 der hier einschlägigen Richtlinie des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zur Förderung der CO2-Vermeidung durch Biomasseheizanlagen (BioKlima-Richtlinie) vom 12. Januar 2010 für anwendbar erklärt worden sind, entsprechen dem gesetzlichen Rahmen der Subventionsgewährung (Art. 44 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. Art. 23 BayHO). Auch die BioKlima- Richtlinie selbst weist in Nr. 4.3 darauf hin, dass mit dem Vorhaben vor Bewilligung nicht begonnen werden darf und als Vorhabensbeginn bereits der Abschluss eines der Bauausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrags gilt. Auch im Antragsformular für das Förderprogramm „BioKlima“ wird auf Seite 1 unten links ausdrücklich darauf hingewiesen, dass mit der Durchführung der Maßnahme erst nach Bewilligung begonnen werden darf und dass ein vorzeitiger Maßnahmebeginn, wozu bereits der Abschluss eines der Ausführung zugrundeliegenden Lieferungs- oder Leistungsvertrags rechnet (exemplarisch werden Bestellung, Kaufvertrag, Werkvertrag aufgeführt), ohne schriftliche Zustimmung des Technologie- und Förderzentrums (TFZ) einen Förderausschluss zur Folge hat. Das Antragsformular enthält in Nr. 12. die Erklärung des jeweiligen Antragstellers, dass er von der BioKlima-Richtlinie Kenntnis genommen und diese beachtet hat. Auch in den auf Seite 7 des Antragsformulars enthaltenen Erklärungen bestätigt der jeweilige Antragsteller, mit der Maßnahme noch nicht begonnen zu haben, und dass ihm bekannt ist, dass mit der Durchführung der Investitionen erst nach Erhalt des Zuwendungsbescheids bzw. nach schriftlicher Zustimmung des TFZ zum vorzeitigen Maßnahmebeginn begonnen werden darf.
Hintergrund dieses förderrechtlichen Grundsatzes ist, dass die Förderung die Schaffung staatlicherseits erwünschter Projekte ermöglichen soll. Ein Antragsteller, der ohne Förderbescheid bzw. ohne Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns mit der Realisierung eines Projektes beginnt, gibt zu erkennen, dass er das Projekt auf jeden Fall und ungeachtet einer möglichen staatlichen Förderung realisieren will und kann (BayVGH, B.v. 12.9.2000 – 4 ZB 97.3544 – juris Rn. 8). Darüber hinaus soll durch die Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns sichergestellt werden, dass der Staat regelmäßig die Möglichkeit hat, auf die Ausgestaltung des Vorhabens Einfluss zu nehmen, um so die Erreichung des staatlicherseits erwünschten Zwecks sicherzustellen. Bei einem förderunschädlichen Maßnahmebeginn vor Prüfung der Maßnahme wäre diese Einflussnahmemöglichkeit nicht mehr gegeben. Das Verbot des vorzeitigen Maßnahmebeginns entspricht der Vorgabe des Art. 23 BayHO und stellt einen allgemeinen förderrechtlichen Grundsatz dar (BayVGH, a. a. O.).
Der Beklagte hat bei der Förderung von Biomasseheizwerken Wert darauf gelegt, dass eine Förderung nur gewährt wird, wenn mit der Maßnahme erst nach Erlass des Förderbescheids oder nach Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns begonnen wurde. Die BioKlima-Richtlinie vom 12. Oktober 2010 schreibt in Nr. 4.3 ausdrücklich vor, dass vor Bewilligung mit dem Vorhaben noch nicht begonnen werden darf, und dass eine eventuelle Zustimmung zum vorzeitigen Baubeginn schriftlich zu beantragen ist und ausschließlich schriftlich erteilt wird.
Es bestehen auch keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass der Zuwendungsgeber ein solches Verfahren vorgegeben hat. Im Bereich der leistenden Verwaltung ist es allgemein anerkannt, dass dem Gesetzgeber und der Verwaltung ein weiter Gestaltungsspielraum zusteht, dessen Grenze durch das Willkürverbot nach Art. 3 Abs. 1 GG und die Vorgaben des Haushaltsrechts gezogen wird. Soweit keine gesetzlichen Regelungen bestehen, ist die Verwaltung grundsätzlich frei, Regelungen, etwa über Objekte, Empfänger oder Verfahren der Zuwendung sowie deren Umfang, zu treffen. Dies geschieht üblicherweise durch interne Richtlinien (hier: Vollzugsbekanntmachung „BioKlima-Richtlinie“), die in Form der Selbstbindung über den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) Außenwirkung entfalten.
Nach Nr. 1.3.1 VV zu Art. 44 BayHO ist als Vorhabensbeginn grundsätzlich der Abschluss eines der Ausführung zuzurechnenden Lieferungs- und Leistungsvertrages zu werten. Hier hat die Klägerin den Auftrag für die Gesamtmaßnahme am 13. Oktober 2011 vergeben und damit vor der Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns der Gesamtmaßnahme am 2. März 2012. Dass sich die Auftragserteilung auf die gesamten von der beauftragten Firma … GmbH durchzuführenden Arbeiten bezog, ergibt sich eindeutig aus der Bezugnahme des Auftragsschreibens der Klägerin vom 13. Oktober 2011 auf die Leistungsbeschreibung vom 11. August 2011 und das Angebot der Baufirma vom … August 2011. Das von der Klägerin vorgelegte Leistungsverzeichnis bezieht sich eindeutig auf die Errichtung des Fernwärmenetzes im gesamten Maßnahmegebiet. Auch die im Auftragsschreiben genannte Auftragssumme in Höhe von 4.521.421,98 € brutto zeigt eindeutig, dass am 13. Oktober 2011 die Arbeiten im gesamten Maßnahmegebiet beauftragt worden sind. Die Klägerin selbst hat in ihrem Schreiben vom 14. Februar 2013 an … e.V. auch die Vergabe der Gesamtmaßnahme am 13. Oktober 2011 eingeräumt.
Die Klägerin ist damit bereits vor Erteilung der Genehmigung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn hinsichtlich der gesamten Maßnahme eine vertragliche Verpflichtung eingegangen, denn sie war durch die Auftragsvergabe gebunden. Eine rechtliche Möglichkeit, sich im Falle der Nichterteilung der entsprechenden Zustimmung vom Vertrag lösen zu können, bestand nicht. Daher spielt es auch keine Rolle, ob die Baufirma von der Klägerin darauf hingewiesen worden ist, dass sie nur die Arbeiten im Baugebiet „…“ durchführen dürfe, für die vom TFZ am 7. Oktober 2011 die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn dieser ausdrücklich als Teilmaßnahme bezeichneten Arbeiten erteilt worden war. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Firma … – wie von der Klägerin im Schreiben vom 14. Februar 2013 an … e.V. behauptet – mit dem Weiterbau in den Straßenzügen, die nicht von den Zustimmungen zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vom 7. Oktober 2011 („…“) und vom 13. Dezember 2011 („…-straße“) erfasst waren, bis zur Genehmigung des vorzeitigen Beginns der Gesamtmaßnahme gewartet hat. Abgesehen davon war der Auftrag für die Gesamtmaßnahme auch schon vor Erteilung der Genehmigung des vorzeitigen Beginns der Maßnahmen an der …-straße erteilt.
Der Maßnahmebeginn vor dem Erlass des Zuwendungsbescheids oder vor Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn für die gesamte Maßnahme führt zum Verlust der Förderfähigkeit (vgl. Nr. 1.3 VV zu Art. 44 BayHO). Einem Zuwendungsempfänger, der ein Vorhaben begonnen hat, ehe die Zuwendung bewilligt ist oder ehe der Zuwendungsgeber wenigstens dem vorzeitigen Baubeginn zugestimmt hat, gleichwohl noch Zuwendungen zu gewähren, würde gegen Art. 44 i. V. m. Art. 23 BayHO verstoßen. Die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn, die in der hier einschlägigen BioKlima-Richtlinie in Nr. 4.3 ausdrücklich vorgesehen ist, stellt bereits die Ausnahme von der Regel dar, dass schon begonnene oder gar vollendete Maßnahmen nicht gefördert werden dürfen. Der Hinweis des Beklagten in seinem Schreiben vom 2. März 2012, mit dem die Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn für die Gesamtmaßnahme erteilt worden ist, betont zwar, dass damit noch keine Förderzusage verbunden sei. Faktisch bedeutet indes die Genehmigung des vorzeitigen Maßnahmebeginns der gesamten Maßnahme das Einverständnis mit der Planung und die Aussage, dass die Maßnahme grundsätzlich förderfähig ist. Deshalb ist es förderschädlich, wenn vorher mit der Maßnahme begonnen wird. Es würde das System der staatlichen Förderung von Vorhaben sprengen, könnte sich der Staat nicht mehr auf das Erfordernis der Genehmigung des vorzeitigen Baubeginns vor Maßnahmebeginn berufen.
Dies hat umso mehr zu gelten, wenn – wie hier – im Zeitpunkt der Auftragserteilung für die Gesamtmaßnahme und damit des vorzeitigen Maßnahmebeginns noch gar nicht absehbar ist, ob die Gesamtmaßnahme überhaupt förderfähig ist.
Der Beklagte hatte in den Schreiben, mit denen er dem vorzeitigen Maßnahmebeginn für das Gebiet „…“ (Schreiben vom 7. Oktober 2011) und „…-straße“ (Schreiben vom 13. Dezember 2011) zugestimmt hat, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Gesamtmaßnahme bislang bzgl. der Fördervoraussetzungen noch nicht abschließend habe geprüft werden können, weil noch Unterlagen fehlten, und somit der Beginn der (jeweiligen) Teilmaßnahme auf eigenes Risiko der Klägerin erfolge. Es war also nicht so, dass im Zeitpunkt der Auftragserteilung für die Gesamtmaßnahme eine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn nur eine bloße Förmelei gewesen wäre, die von der Klägerin jederzeit hätte beantragt werden und von der Behörde jederzeit hätte erteilt werden können. Vielmehr hätte ein entsprechender Antrag mangels Prüffähigkeit der Maßnahme sogar abgelehnt werden müssen. Erst nach der Prüfung der vollständigen Unterlagen, die von der Klägerin am 30. Januar 2012 eingereicht worden sind, und der entsprechenden Bestätigung von … e.V. am 2. März 2012 stand die Förderfähigkeit der gesamten Maßnahme fest.
Der gesamte Schriftverkehr und auch die Einlassungen der Klägerseite und des Beigeladenenvertreters in der mündlichen Verhandlung zeigen, dass es der Klägerin von Anfang an klar war, dass aufgrund der engen zeitlichen Rahmenbedingungen die Förderfähigkeit der Maßnahme nach der BioKlima-Richtlinie schwierig sein würde. Es liegt aber im Verantwortungsbereich des Maßnahmeträgers, rechtzeitig die Voraussetzungen für die Förderfähigkeit seines Projekts zu schaffen.
Der hier zu entscheidende Fall weist auch keine solchen Besonderheiten auf, dass der ungenehmigte vorzeitige Maßnahmebeginn ausnahmsweise als unschädlich angesehen werden könnte. Dass ein Maßnahmebeginn durch die Vergabe des Gesamtauftrags ohne vorherige Zustimmung des TFZ förderschädlich ist, musste der Klägerin bekannt gewesen sein. Möglicherweise wurde der Auftrag in voller Kenntnis der Rechtslage vergeben, da – worauf die Klägerin selbst mehrfach hinweist – nach den Förderbedingungen der KfW eine Vergabe der Gesamtmaßnahme notwendig war und die Klägerin sonst Gefahr gelaufen wäre, diese Fördersumme in Höhe von 887.380,- € (vgl. Finanzierungsplan im Antrag vom 5. Dezember 2011 unter Nr. 3.2) zu verlieren.
Die Klägerin wurde auch von den Vertretern des Beklagten auf die Förderschädlichkeit eines vorzeitigen Maßnahmebeginns hingewiesen. Herr D. (TFZ) und Herr P. (… e.V.) haben in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass in der Besprechung am 22. August 2011 auf die Förderschädlichkeit eines vorzeitigen Maßnahmebeginns hingewiesen worden sei. Herr L., der ehemalige Geschäftsführer der Beigeladenen, hat zudem in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bestätigt, dass von der Beklagtenseite am 22. August 2011 erklärt worden sei, dass der Auftrag nach der Submission nicht vergeben werden dürfe, bevor nicht eine Genehmigung zum Maßnahmebeginn vorliege. Diese Aussage kann sich nach der Gesamtschau aller Umstände nur auf die gesamte Maßnahme beziehen, weshalb die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn für die Teilmaßnahme „…“ auch nicht als Rechtfertigung für die Vergabe des gesamten Auftrags angeführt werden kann.
Auch der Email-Verkehr zwischen dem 23. September 2011 und dem 30. September 2011 belegt, dass der Klägerseite die Problematik des vorzeitigen Maßnahmebeginns bekannt war. So wurde vom TFZ in der Email vom 23. September 2011 darauf hingewiesen, dass eine fachliche Prüfung der Gesamtmaßnahme noch nicht möglich sei, da wesentliche Unterlagen noch fehlten; erst bei Klärung der offenen Fragen, insbesondere auch zur Wärmebelegungsdichte, könnten die Unterlagen an … e.V. zur Prüfung weitergeleitet werden. Zudem sei eine Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn erst möglich, wenn nach der fachlichen Prüfung durch … e.V. feststehe, dass die Förderauflagen sicher eingehalten werden könnten. In der Email vom 30. September 2011, die sich auf die Anfrage der Klägerin zur Leitungsverlegung im Baugebiet „…“ bezog, wies das TFZ nochmals ausdrücklich darauf hin, dass bereits eine Vergabe der Teiltrasse vor einer schriftlichen Zustimmung des TFZ den Gesamtausschluss der Förderung zur Folge habe.
Dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten, es sei dem Beklagten bei der Besprechung am 22. August 2011 bekannt gewesen, dass der vorzeitige Baubeginn „…“ die Vergabe der Gesamtmaßnahme voraussetze, kommt keine entscheidungserhebliche Bedeutung zu. Denn zum einen hat der Beklagte mit Email vom 30. September 2011 nochmals klargestellt, dass bereits die Vergabe einer Teilmaßnahme ohne vorherige Zustimmung zum Förderausschluss führe. Diese Email, die ausdrücklich auf die Besprechung vom 22. August 2011 Bezug nimmt, blieb von der Klägerin unkommentiert und unwidersprochen, was ein Indiz dafür ist, dass der Klägerin sehr wohl bekannt war, dass die vorzeitige Vergabe der Gesamtmaßnahme vor einer entsprechenden Zustimmung den Ausschluss der Förderung zur Folge hat. Dies zeigt im Übrigen auch die Nachfrage des Vertreters der Beigeladenen in der Email vom 29. September 2011, ob die Leitungsverlegung in der …-straße (gemeint war das Gebiet „…“) als vorzeitiger Baubeginn gewertet werde. Zum anderen hat das TFZ in der Besprechung auch darauf hingewiesen, dass für die Beantwortung vergaberechtlicher Fragen die Zuständigkeit beim Auftragsberatungszentrum (ABZ) liege.
Es fällt allein in den Verantwortungsbereich der Klägerin, die Einhaltung der Fördervoraussetzungen sicherzustellen. Darauf, ob es ihr vergaberechtlich möglich gewesen wäre, den Umfang der Ausschreibung auf der Grundlage des Leistungsverzeichnisses vom August 2011 nachträglich noch zu beschränken, kommt es damit ebenso wenig an wie auf eine mögliche Kenntnis des Beklagten von den zeitlichen Aspekten des Vergabeverfahrens.
Anders wäre es allenfalls, wenn eine schriftliche Zusage vorgelegen hätte, dass unter den gegebenen Umständen auch eine Vergabe der Gesamtmaßnahme förderunschädlich sei. Ein solche existiert aber nicht.
Auch für einen Verzicht des für die Förderung zuständigen TFZ auf die Einhaltung der Fördervoraussetzungen gibt es keinerlei Anhaltspunkte, da seitens des TFZ nach der Besprechung vom 22. August 2011 mehrfach aktenkundig auf die Förderschädlichkeit des vorzeitigen Beginns der Gesamtmaßnahme hingewiesen worden ist.
Hinzu kommt, dass die Klägerin selbst in ihrem Antragsformular vom 5. Oktober 2011 und vom 5. Dezember 2011 ausdrücklich erklärt hat, dass mit der Maßnahme noch nicht begonnen worden sei. Für das TFZ bestand auch aufgrund der zuvor erfolgten Hinweise auf die Rechtslage kein Anlass, an der Erklärung der Klägerin zu zweifeln, zumal diese durch ihr Verhalten zu erkennen gegeben hat, sich der Problematik des vorzeitigen Maßnahmebeginns durchaus bewusst zu sein.
Der Rücknahme des rechtswidrigen Zuwendungsbescheids steht auch kein schützenswertes Vertrauen der Klägerin im Sinne von Art. 48 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BayVwVfG auf den Bestand des Bewilligungsbescheids entgegen. Das Institut des Vertrauensschutzes soll den Bürger unter gewissen Voraussetzungen in seinem Vertrauen auf die Rechtmäßigkeit und den Bestand von Maßnahmen der Verwaltung schützen. Demgegenüber kann sich eine Behörde grundsätzlich nicht auf Vertrauensschutz gegenüber einer anderen Behörde berufen. Offen bleiben kann, ob sich die Klägerin als kommunale Gesellschaft, deren Alleingesellschafterin eine Gemeinde ist (vgl. Internetauftritt der Klägerin) überhaupt auf einen Vertrauensschutz berufen kann. Bei Gemeinden gibt es grundsätzlich keinen Vertrauensschutz, da Gemeinden als Körperschaften des öffentlichen Rechts an den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung gebunden sind (BayVGH, U.v. 6.4.2011 – 4 B 00.334 – juris). Jedenfalls würde ein Vertrauensschutz der Klägerin daran scheitern, dass sie wiederholt auf das Erfordernis eines vorzeitigen Maßnahmebeginns hingewiesen worden ist. Die Klägerin hat in allen Antragsformularen, die von ihr eingereicht worden sind, erklärt, dass sie mit der Maßnahme noch nicht begonnen habe (vgl. Nr. 11 des jeweiligen Antragsformulars). Im Rahmen dieser Erklärung wird ausdrücklich Bezug genommen auf die Erläuterungen auf Seite 1 des Antragsformulars, in denen ausdrücklich auf die Förderschädlichkeit des vorzeitigen Maßnahmebeginns hingewiesen wird. Gerade auch der Antrag vom 5. Dezember 2011 belegt die Kenntnis der Klägerin von der Förderschädlichkeit, da sie in Nr. 11 erneut erklärt, mit der Maßnahme noch nicht begonnen zu haben, wobei sie ausdrücklich den Baubeginn „…“, für den die Zustimmung des TFZ zum vorzeitigen Maßnahmebeginn vorlag, angeführt und gleichzeitig die Freigabe zum Weiterbau in der …-straße beantragt hat. Darüber hinaus ist die Klägerin mehrfach vor einem vorzeitigen Maßnahmebeginn gewarnt worden. Insbesondere durch Email des TFZ vom 30. September 2011 und auch in der Besprechung am 22. August 2011 ist sie auf die Förderschädlichkeit eines vorzeitigen Maßnahmebeginns hingewiesen worden.
Auch Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Ermessensausübung durch den Beklagten bei der Entscheidung über die Rücknahme des Zuwendungsbescheids sind nicht ersichtlich. Der Beklagte hat in den Ermessenserwägungen alle relevanten Gesichtspunkte eingestellt. Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere waren der von der Klägerseite behauptete Umstand einer Falschberatung sowie die angebliche Kenntnis des Beklagten von den konkreten Umständen (bevorstehende Submission, Voraussetzungen der Kfw-Förderung) keine im Rahmen des Ermessens zu berücksichtigenden Belange. Für eine Falschberatung der Klägerin durch Mitarbeiter des Beklagten ergeben sich keinerlei Hinweise. Auch der Umstand, dass bei der Besprechung am 22. August 2011 dem Beklagten möglicherweise mitgeteilt worden ist, dass das Vergabeverfahren bereits läuft, spielt im Rahmen der Ermessenserwägungen keine Rolle. Es liegt nicht im Verantwortungsbereich des Beklagten, zu prüfen, ob es der Klägerin vergaberechtlich möglich war, nur für die Teilmaßnahme, zu der eine Zustimmung zum Maßnahmebeginn vorlag, Verträge abzuschließen. Wie bereits ausgeführt, wurde durch den Beklagten mehrfach auf die Förderschädlichkeit einer Vergabe vor Zustimmung zum vorzeitigen Maßnahmebeginn hingewiesen. Außerdem war es bei der Besprechung am 22. August 2011 aus Sicht des Beklagten nicht auszuschließen, dass noch vor der Vergabe der Gesamtmaßnahme eine Zustimmung zum Maßnahmebeginn für die Gesamtmaßnahme möglich sein würde. Diese hing allein von der Vorlage vollständiger und damit prüffähiger Unterlagen durch die Klägerin ab. Dass die Zustimmung zum vorzeitigen Beginn der Gesamtmaßnahme nach Vorlage der vollständigen Unterlagen, die vom TFZ mehrfach angefragt worden sind, zügig möglich gewesen wäre, wenn die Klägerin die erforderlichen Unterlagen früher vorgelegt hätte, zeigt die mit Schreiben vom 2. März 2012 erteilte Zustimmung, die schon ca. einen Monat nach Eingang der vollständigen Unterlagen erfolgt ist. Es liegt allein im Verantwortungsbereich der Klägerin, dass der Beklagte dem vorzeitigen Maßnahmebeginn nicht schon vor Vergabe des Auftrags für die Gesamtmaßnahme zustimmen konnte. Daher wäre, selbst wenn der Beklagte über das laufende Vergabeverfahren und den engen zeitlichen Rahmen für die Klägerin informiert gewesen wäre, dies kein beim Ermessen hinsichtlich der Rücknahme einzustellender Belang.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, da sie keinen Antrag gestellt und sich damit keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 162 Abs. 3 i. V. m. § 154 Abs. 3 VwGO).
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 709 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 200.000,- € festgesetzt (§ 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz -GKG-).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,– übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.