Arbeitsrecht

Sachgrundlose Befristung – Verlängerung – Arbeitszeitreduzierung

Aktenzeichen  7 AZR 108/20

Datum:
24.2.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
ECLI:
ECLI:DE:BAG:2021:240221.U.7AZR108.20.0
Normen:
§ 8 TzBfG
§ 14 Abs 1 S 2 Nr 1 TzBfG
§ 14 Abs 2 S 1 TzBfG
§ 1 TVG
Spruchkörper:
7. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Magdeburg, 28. Februar 2018, Az: 2 Ca 2008/17, Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Sachsen-Anhalt, 5. September 2019, Az: 3 Sa 304/18, Urteil

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 5. September 2019 – 3 Sa 304/18 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung am 2. August 2017 geendet hat.
2
Der Kläger war vom 3. August 2015 bis zum 2. August 2017 auf der Grundlage von drei befristeten Arbeitsverträgen bei der Beklagten als IT-Fachassistent beschäftigt. § 1 des Ausgangsvertrags der Parteien vom 29. Juni 2015 lautet auszugsweise:
        
„§ 1   
        
Herr B wird ab 03.08.2015 als Vollzeitbeschäftigter eingestellt.Das Arbeitsverhältnis ist befristet bis zum 31.12.2015.“
3
Dieser Vertrag wurde durch Änderungsvertrag vom 16. November 2015 bis zum 31. Dezember 2016 verlängert. In dem Änderungsvertrag heißt es ua.:
        
„§ 1   
        
§ 1 wird wie folgt geändert:
        
Herr B wird als Vollzeitbeschäftigter bis zum 31.12.2016 weiterbeschäftigt.“
4
Auf Antrag des Klägers schlossen die Parteien am 2. Dezember 2015 einen weiteren Änderungsvertrag zu dem Arbeitsvertrag vom 29. Juni 2015 in der Fassung vom 16. November 2015, dessen § 1 lautet:
        
„§ 1   
        
§ 1 wird wie folgt geändert:
        
Herr B wird als Teilzeitbeschäftigter mit 90,00 v.H. der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechend Vollzeitbeschäftigten bis zum 31.12.2016 weiterbeschäftigt.“
5
In einem Begleitschreiben vom 2. Dezember 2015 zu diesem Änderungsvertrag teilte die Beklagte dem Kläger ua. mit:
        
„Ihrem Antrag entsprechend beschäftige ich Sie ab dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2016 mit 90 v.H. der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten (Grundlage: § 13 Abs. 2 Tarifvertrag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA)).
        
…       
        
Der Vollständigkeit halber darf ich darauf hinweisen, dass im Anschluss an diese Änderung zur Arbeitszeit, damit ab 01.01.2017, Ihre Beschäftigung als Vollzeitbeschäftigter erfolgt.
        
Sollte sich an diesen Plänen etwas ändern, informieren Sie bitte die Personalberaterin für Ihre Dienststelle, spätestens bis 30.09.2016, damit Ihre Wünsche in die Personalplanung einbezogen werden können.
        
…“    
6
§ 13 des kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbaren Tarifvertrags für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Bundesagentur für Arbeit (TV-BA) vom 28. März 2006 in der hier maßgeblichen ab dem 1. August 2016 geltenden Fassung des 17. Änderungstarifvertrags vom 19. Juli 2016 lautet auszugsweise:
        
„§ 13 Teilzeitbeschäftigung
        
(1) Mit Beschäftigten soll auf Antrag eine geringere als die vertraglich festgelegte Arbeitszeit vereinbart werden, wenn sie
        
a) mindestens ein Kind unter 18 Jahren oder
        
b) einen nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftigen sonstigen Angehörigen
        
tatsächlich betreuen oder pflegen und dringende dienstliche Belange nicht entgegenstehen. Die Teilzeitbeschäftigung ist auf Antrag auf bis zu fünf Jahre zu befristen. Sie kann verlängert werden; der Antrag ist spätestens sechs Monate vor Ablauf der vereinbarten Teilzeitbeschäftigung zu stellen. Bei der Gestaltung der Arbeitszeit hat die/der Dienststellenleiter/in im Rahmen der dienstlichen Möglichkeiten der besonderen persönlichen Situation der/des Beschäftigten Rechnung zu tragen.
        
(2) Beschäftigte, die in anderen als den in Absatz 1 genannten Fällen eine Teilzeitbeschäftigung vereinbaren wollen, können von ihrer/ihrem Dienststellenleiter/in verlangen, dass sie/er mit ihnen die Möglichkeit einer Teilzeitbeschäftigung mit dem Ziel erörtert, zu einer entsprechenden Vereinbarung zu gelangen.“
7
Vor dem 29. November 2016 sprach der Teamleiter des Klägers diesen wegen einer Verlängerung des bis zum 31. Dezember 2016 befristeten Arbeitsvertrags an. Dabei äußerte der Kläger den Wunsch, bei einer Verlängerung des Arbeitsverhältnisses auch die Teilzeit im bisherigen Umfang fortzuführen. Daraufhin teilte die Personalabteilung dem Kläger mit, für sein Teilzeitbegehren sei ein Antrag nach § 13 Abs. 2 TV-BA notwendig. Am 29. November 2016 stellte der Kläger einen Antrag auf entsprechende Teilzeitbeschäftigung befristet für die Zeit bis zum 2. August 2017. Ebenfalls unter dem 29. November 2016 schlossen die Parteien einen „Vertrag zur Änderung des Arbeitsvertrages vom 29.06.2015 in der Fassung vom 02.12.2015“. Dieser lautet auszugsweise:
        
„§ 1   
        
§ 1 wird wie folgt geändert:
        
Herr B wird als Teilzeitbeschäftigter mit 90,00 v.H. der durchschnittlichen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit eines entsprechend Vollzeitbeschäftigten bis zum 02.08.2017 weiterbeschäftigt.
        
….“ 
8
Mit der am 21. August 2017 beim Arbeitsgericht eingegangenen, der Beklagten am 30. August 2017 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung zum 2. August 2017 geltend gemacht und die Auffassung vertreten, die Befristung sei nicht ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt, da gleichzeitig mit der Vertragsverlängerung am 29. November 2016 die Änderung der Arbeitszeit von Vollzeit auf Teilzeit vereinbart worden sei. Ein Rechtsanspruch hierauf habe nicht bestanden. Ein Sachgrund für die Befristung liege nicht vor.
9
Der Kläger hat zuletzt beantragt
        
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der im Arbeitsvertrag vom 29. November 2016 vereinbarten Befristung zum Ablauf des 2. August 2017 geendet hat.
10
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die im Änderungsvertrag vom 29. November 2016 vereinbarte Befristung zum 2. August 2017 sei ohne Sachgrund nach § 14 Abs. 2 TzBfG gerechtfertigt. Durch den Änderungsvertrag sei ausschließlich der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinausgeschoben worden. Mit der darin vereinbarten Teilzeitregelung sei lediglich der zu diesem Zeitpunkt bestehende Inhalt der Arbeitsbedingungen für den weiteren Verlauf des befristeten Arbeitsverhältnisses wiedergegeben worden. Der an den Kläger in der Mitteilung vom 2. Dezember 2015 zu der Vertragsänderung vom 2. Dezember 2015 erfolgte Hinweis, ab dem 1. Januar 2017 erfolge die Beschäftigung als Vollzeitbeschäftigter, sei ohne Bedeutung, da er sich auf einen Zeitraum nach dem zum damaligen Zeitpunkt vorgesehenen Ende des befristeten Vertrags am 31. Dezember 2016 bezogen habe. Sollte im Zusammenhang mit dem Änderungsvertrag vom 29. November 2016 eine Änderung der Vertragsbedingungen erfolgt sein, habe dies einer Verlängerung des befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG nicht entgegengestanden, da der Kläger die Verringerung seiner Arbeitszeit nach § 8 TzBfG und § 13 Abs. 2 TV-BA oder aufgrund einer betrieblichen Übung habe beanspruchen können. Jedenfalls sei die Befristung nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TzBfG wegen eines nur vorübergehenden betrieblichen Bedarfs an der Arbeitsleistung des Klägers gerechtfertigt. Im Rahmen von Umbauarbeiten, die durch ein Fluchtwegoptimierungsprogramm erforderlich gewesen seien, habe die IT-Einrichtung entfernt und nach Umgruppierung wieder neu aufgebaut werden müssen. Diese Aufgabe, die ursprünglich zum Ende des Jahres 2016 habe abgeschlossen sein sollen, sei dem Kläger übertragen worden. Über diesen Zeitpunkt hinaus habe sich noch ein Beschäftigungsbedarf immer dann ergeben, wenn Mitarbeiter mit Kundenkontakt umgezogen seien und eine Umrüstung mit der IT habe vorgenommen werden müssen. Außerdem sei Mitte 2016 geplant gewesen, das bestehende Computersystem zur Bestandsverwaltung auf ein neues System umzustellen. Dazu habe die Bestandsdatenbank in das neue System migriert werden müssen. In der Praxis habe sich jedoch gezeigt, dass dieses Vorhaben nicht umsetzbar gewesen sei und der gesamte Bestand manuell habe erfasst und eingepflegt werden müssen. Auch diese Aufgabe sei dem Kläger übertragen worden. Aufgrund dieses vorübergehenden Beschäftigungsbedarfs sei das Arbeitsverhältnis bis 2. August 2017 verlängert worden.
11
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.


Ähnliche Artikel

Mobbing: Rechte und Ansprüche von Opfern

Ob in der Arbeitswelt, auf Schulhöfen oder im Internet – Mobbing tritt an vielen Stellen auf. Die körperlichen und psychischen Folgen müssen Mobbing-Opfer jedoch nicht einfach so hinnehmen. Wir klären Rechte und Ansprüche.
Mehr lesen

Das Arbeitszeugnis

Arbeitszeugnisse dienen dem beruflichen Fortkommen des Arbeitnehmers und helfen oft den Bewerbern in die engere Auswahl des Bewerberkreises zu gelangen.
Mehr lesen


Nach oben