Arbeitsrecht

Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen Dienstherrn wegen „Mobbings“

Aktenzeichen  B 5 K 14.106

Datum:
24.5.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AGG AGG §§ 15 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4
BeamtStG BeamtStG § 45
BGB BGB § 839 Abs. 3

 

Leitsatz

Die Frist des § 15 Abs. 4 S. 2 AGG beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Dabei handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Verlust des Anspruchs führt. (redaktioneller Leitsatz)
Die Frist des § 15 Abs. 4 S. 2 AGG findet auch auf Fälle von angeblichen Benachteiligungen innerhalb eines fortgesetzten Arbeitsverhältnisses Anwendung. (redaktioneller Leitsatz)
Ein auf § 45 BeamtStG gestützter Schadensersatzanspruch kommt grundsätzlich auch in Fällen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des sogenannten Mobbings in Betracht. (redaktioneller Leitsatz)
Auch bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Fürsorgepflichtverletzung und bei Mobbingkonstellationen kommt der Rechtsgedanke des § 839 Abs. 3 BGB zur Anwendung. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Der Einhaltung einer Klagefrist bedurfte es nicht. Auch ein Vorverfahren i. S. d. § 68 VwGO war entbehrlich, da ein solches in beamtenrechtlichen Streitigkeiten wie der vorliegenden nach § 54 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) i. V. m. Art. 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5, Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) lediglich fakultativen Charakter hat. Zweifel an der Prozessfähigkeit des Klägers bestehen nicht.
2. Die Klage hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Der Kläger hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf die Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 650.000,00 Euro.
a) Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus § 15 Abs. 1 und 2 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes. Die Vorschriften des AGG gelten gem. § 24 Nr. 1 AGG unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend auch für Landesbeamte wie den Kläger.
aa) Die Geltendmachung eines Schadensersatz- bzw. Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG scheitert indes für sämtliche vom Kläger behaupteten Verstöße des Dienstherrn gegen das Benachteiligungsverbot, die sich vor dem 18. August 2006 ereignet haben, bereits daran, dass vor diesem Zeitpunkt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz noch nicht in Kraft getreten war, so dass sich Ansprüche nach den Vorschriften dieses Gesetzes daraus nicht ableiten lassen.
bb) Aber auch soweit der Kläger seine Ansprüche auf Vorfälle nach Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes stützt, kann er Schadensersatz bzw. Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG nicht erfolgreich geltend machen. Unabhängig von der Frage, ob in den vom Kläger beklagten „Diskriminierungsfällen“ überhaupt – wie vorgetragen -Benachteiligungen wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung oder einer Behinderung vorliegen, steht insoweit jedenfalls die Regelung des § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG entgegen, wonach ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden muss. Die Frist beginnt nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Dabei handelt es sich um eine materielle Ausschlussfrist, deren Nichteinhaltung zum Verlust des Anspruchs führt (vgl. BeckOK BGB/Fuchs AGG § 15 Rn. 9). Die Frist findet auch auf die vorliegenden Fälle von angeblichen Benachteiligungen innerhalb eines fortgesetzten Arbeitsverhältnisses Anwendung (vgl. etwa OLG Köln, U. v. 24.5.2012 – 7 U 207/11). Dem kann nicht entgegengehalten werden, die vergleichsweise kurz bemessene Frist verstoße gegen Unionsrecht. Das Gericht folgt insoweit den Ausführungen des Bundesarbeitsgerichts in seinem im Urteil vom 24.9.2009 (8 AZR 705/08 – NZA 2010, 387 ff. – juris), welches im Einzelnen zur Richtlinienkonformität Stellung genommen und ausdrücklich festgehalten hat, dass die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 Satz 2 letzter Halbsatz AGG nicht europäischem Gemeinschaftsrecht widerspricht (vgl. auch Ernst/Braunroth/Wacher, AGG § 15 Rn. 11 – beck online). Handelt es sich bei der Benachteiligung um einen Dauertatbestand bzw. ist sie aus verschiedenen Einzelhandlungen zusammengesetzt, so ist für den Fristbeginn auf den Ablauf des Zustandes bzw. die letzte Einzelhandlung abzustellen (vgl. Rupp in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 7. Aufl. 2016, § 15 AGG Rn. 12). Der Anspruch ist schriftlich, d. h. mindestens in einfacher Textform gem. § 126b des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), geltend zu machen.
Maßgeblich für den Fristbeginn ist vorliegend nach Auffassung des Gerichts der 13. März 2011. Ab dem 14. März 2011 war der Kläger durchgängig bis zu seiner Versetzung in den Ruhestand dienstunfähig erkrankt und verrichtete keinen Dienst mehr. Weitere dienstbezogene Benachteiligungen konnten demzufolge nicht mehr eintreten, so dass die letztmögliche benachteiligende Handlung nur bis zu diesem Zeitpunkt stattgefunden haben kann. Unterstellt man – zugunsten des Klägers – hinsichtlich der geltend gemachten Diskriminierungsereignisse einen fortwährenden zeitlichen Zusammenhang, so fand dieser jedenfalls mit Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers seinen Abschluss. Der Kläger hatte zu dieser Zeit auch Kenntnis von der Benachteiligung und den anspruchsbegründenden Tatsachen, so dass der Lauf der zweimonatigen Ausschlussfrist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG spätestens mit Ablauf des 13. März 2011 begann.
Der Kläger wandte sich wegen seiner Schadensersatzforderungen erstmals mit seinem Aufforderungsschreiben vom 16. Mai 2011 an die JVA …. Das Schreiben ging dort ausweislich der vorgelegten Akten am 17. Mai 2011 ein. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist nach § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG jedoch bereits abgelaufen, da diese gem. § 187 Abs. 1 BGB am 14. März 2011 begann und gem. § 188 Abs. 1 Alt. 1 BGB am 13. Mai 2011 endete. Eine fristgerechte Geltendmachung der Schadensersatzansprüche liegt demnach nicht vor, so dass der Kläger mit Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 und 2 AGG ausgeschlossen ist.
b) Ein Schadensersatzanspruch des Klägers ergibt sich darüber hinaus auch nicht aus einer Verletzung der dem Dienstherrn obliegenden Fürsorgepflicht dem Kläger gegenüber.
aa) Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn findet ihre positivrechtliche Verankerung in § 45 BeamtStG. Vergleichbare Regelungen enthalten bzw. enthielten auch § 78 Bundesbeamtengesetz (BBG) sowie Art. 86 des Bayerischen Beamtengesetzes (BayBG) a. F. Es handelt sich dabei ebenso wie bei der umfassenden Treuepflicht des Beamten gegenüber dem Dienstherrn um einen hergebrachten Grundsatz des Berufsbeamtentums (vgl. BVerwG, U. v. 22.5.1980 – 2 C 1.77 – RiA 1980, 237; U. v. 29.6.1995 – 2 C 10/93 – juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 22.2.2016 – 3 ZB 13.2134 – juris Rn. 8). Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts setzt ein Schadenersatzanspruch wegen Verletzung der Fürsorgepflicht ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten des Dienstherrn bzw. der für ihn handelnden Organe und Personen voraus (vgl. BVerwG, U. v. 12.6.1979 – II C 19.75 – Buchholz 237.5 § 92 HessBG Nr. 5 – juris Rn. 26), wobei weiter Voraussetzung ist, dass dieses Verhalten einen bezifferbaren Schaden adäquat kausal herbeigeführt hat und dass der Beamte seiner Schadensabwendungspflicht nach § 839 Abs. 3 BGB nachgekommen ist (vgl. BVerwG, B. v. 3.11.2014 – 2 B 24/14 – juris Rn. 6 m. w. N.; BayVGH, B. v. 12.3.2014 – 6 ZB 12.470 – juris Rn. 8).
bb) Ein solcher Schadensersatzanspruch kommt grundsätzlich auch in Fällen der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und des sogenannten Mobbings in Betracht. Unter Mobbing wird dabei ein systematisches Anfeinden‚ Schikanieren und Diskriminieren von Beschäftigten untereinander oder durch Vorgesetzte verstanden‚ das über gewöhnliche‚ von jedermann zu bewältigende berufliche Schwierigkeiten hinaus geht und eine mehr oder weniger schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts‚ der Ehre und/oder der Gesundheit des Betroffenen darstellen kann, wobei für die Verletzungshandlung kennzeichnend ist, dass es sich dabei um fortgesetzte‚ aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende Verhaltensweisen handelt, welche in der Regel nach Art und Ablauf einer übergeordneten‚ von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind (vgl. statt vieler BayVGH, B. v. 12.3.2014 – 6 ZB 12.470 – juris Rn. 9 m. w. N.). Ob in diesem Sinn ein systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren vorliegt‚ hängt immer wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem in einem Betrieb allgemein üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit mit Kollegen oder Vorgesetzten erfüllt bereits den Begriff des „Mobbing“. Kurzfristigen Konfliktsituationen mit Vorgesetzten oder Kollegen fehlt in der Regel schon die notwendige systematische Vorgehensweise. Auch wenn einzelne Handlungen für sich den Begriff des Mobbing nicht erfüllen‚ kann möglicherweise die Gesamtheit der Handlungen als solches anzusehen sein. Es muss jedoch zwischen den einzelnen Handlungen im juristischen Sinn ein Fortsetzungszusammenhang bestehen (vgl. BayVGH, a. a. O., Rn. 10; BVerwG‚ U. v. 15.12.2005 – 2 A 4.04 – juris).
cc) Es kann vorliegend letztlich offen bleiben, ob die zahlreichen vom Kläger gerügten „Diskriminierungsvorwürfe“ für sich allein genommen oder unter dem Gesichtspunkt eines übergreifenden planmäßigen Vorgehens als Mobbing im oben dargestellten Sinne qualifiziert werden können und ob eine damit einhergehende Verletzung der Pflicht, den Kläger vor derartigen Beeinträchtigungen zu schützen, seitens des Dienstherrn vorliegt. Denn es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass einem von einer Fürsorgepflichtverletzung betroffenen Beamten eine Schadensabwendungs- bzw. Schadensminderungspflicht trifft. Da der Kläger dieser Verpflichtung im vorliegenden Fall nicht nachgekommen ist, ist ihm die nunmehrige Geltendmachung möglicher Ansprüche verwehrt. Dies folgt aus dem Rechtsgedanken des § 839 Abs. 3 BGB. Nach dieser Vorschrift, welche sich ihrer systematischen Stellung nach vordergründig auf Amtshaftungsansprüche bezieht, tritt eine Ersatzpflicht nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Es handelt sich dabei um eine besondere Ausprägung des Mitverschuldensprinzips, das in allgemeiner Form in § 254 BGB niedergelegt ist und für das gesamte private und öffentliche Haftungsrecht gilt. Bei rechtswidrigem Handeln des Staates soll der verwaltungsgerichtliche Rechtsschutz im Vordergrund stehen und dem Betroffenen dadurch die missbilligte Wahlmöglichkeit genommen werden, entweder den rechtswidrigen hoheitlichen Akt mit den ordentlichen Rechtsschutzmitteln anzugreifen oder aber diesen zu dulden und dafür zu liquidieren. Nach dem Grundsatz von Treu und Glauben soll nur derjenige Schadensersatz erhalten, der sich in gehörigem und ihm zumutbarem Maß für seine eigenen Belange eingesetzt und damit den Schaden abzuwenden versucht hat (vgl. BVerwG, B. v. 3.11.2014 – 2 B 24/14 – juris Rn. 7 m. w. N.). Dieser Rechtsgedanke beansprucht nicht allein im Bereich des Amtshaftungsrechts Geltung, sondern ist auch auf Fälle der Fürsorgepflichtverletzung und insbesondere auf Mobbing-Konstellationen anwendbar (vgl. BVerwG, a. a. O. juris Rn. 6 ff.; OVG NW, U. v. 12.12.2013 – 1 A 71/11 – juris Rn. 71 ff.; BayVGH, B. v. 2.12.2015 – 14 ZB 15.2160 – juris Rn. 9, 16). Dem Kläger hätte damit zu Gebote gestanden, gegen das vom ihm behauptete belastende Verhalten von Kollegen und Vorgesetzten sämtliche Rechtsbehelfe zu ergreifen, die eine Unterbindung des schädigenden Verhaltens und zugleich eine Abwendung des Schadens selbst bezwecken und ermöglichen können, einschließlich des Rechtsschutzes im gerichtlichen Verfahren (vgl. BayVGH, a. a. O. Rn. 10).
Hieran gemessen hat der Kläger den ihn treffenden Obliegenheiten nicht genügt und es insbesondere versäumt, rechtzeitig um Primärrechtsschutz nachzusuchen. So macht der Kläger im Rahmen seiner Klage etwa geltend, permanent schlecht beurteilt und aus diesem Grund während seiner gesamten Dienstzeit in der JVA … nicht befördert worden zu sein. Nach seinen Ausführungen in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger entsprechende Einwendungen gegen seine Beurteilung zwar im Mitarbeitergespräch mit seinem unmittelbaren Dienstvorgesetzten, dem Dienstleiter, vorgebracht, jedoch habe er es nicht ernstlich in Erwägung gezogen, hiergegen auch den Rechtsweg zu beschreiten und erforderlichenfalls vor dem Verwaltungsgericht Klage zu erheben. Mit dem in der mündlichen Verhandlung vorgebrachten Argument, er sei hierfür wohl zu ängstlich gewesen, kann der Kläger nicht gehört werden. Wie sich aus anderen Verfahren des Klägers vor der erkennenden Kammer ergibt (vgl. etwa die Verfahren B 5 K 04.770 wegen Dienstunfallfürsorge, B 5 K 07.1018 wegen Dienstwohnungsvergütung und B 5 K 14.255 wegen Ruhestandsversetzung), war und ist dieser sehr wohl in der Lage, seine rechtlichen Interessen gegenüber dem Dienstherrn im Klagewege zu verfolgen. Gleiches gilt etwa auch für die vom Kläger monierte Diensteinteilung und Dienstzeitgestaltung. Der Kläger macht geltend, ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr zu Nachtdiensten eingeteilt worden zu sein, woran er jedoch aus finanziellen Gründen Interesse gehabt hätte. Andererseits sei er häufig zu Wochenenddiensten eingeteilt worden, was sich negativ auf seine gesundheitliche Situation ausgewirkt habe. Gegen derlei Maßnahmen der Dienstleitung hätte der Kläger sich an die nächsthöhere Stelle wenden und darüber hinaus gegebenenfalls auch gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen können und müssen. Auch soweit der Kläger etwa Beeinträchtigungen durch beleidigende und aggressive Äußerungen von Kollegen beklagt, wäre es ihm zumutbar gewesen, sich zunächst an den Anstaltsleiter oder dessen Stellvertreterin zu wenden, um nach Lösungen bei Konflikten zu suchen und bei Erfolglosigkeit dieser Bemühungen ggf. auf ein Einschreiten des Dienstherrn zu klagen. Soweit der Kläger ausführt, dass er etwa durch Vorsprache beim Dienstleiter mit seinem Begehren nicht habe durchdringen können, weil dieser selbst an Diskriminierungen gegenüber dem Kläger beteiligt gewesen sei, hätte der Kläger unter Umgehung des Dienstleiters unmittelbar bei der Anstaltsleitung Hilfe suchen müssen. Dass es ihm nicht gelungen sei, ein solches Gespräch zu führen, kann nicht nachvollzogen werden. Selbst wenn es dem Kläger während seiner Dienstzeit nicht möglich gewesen sein sollte, den Anstaltsleiter oder dessen Stellvertreterin, welche nach überzeugender und glaubhafter Auskunft der stellvertretenden Anstaltsleiterin in der mündlichen Verhandlung regelmäßig in der JVA … anwesend waren, bezüglich seiner Probleme anzusprechen, so hätte für ihn zumindest die Möglichkeit bestanden, sich außerhalb des Dienstes schriftlich oder persönlich um einen Gesprächstermin zu bemühen und seine Situation zu schildern. Dies alles hat der Kläger jedoch unterlassen. Erst mit seinem Aufforderungsschreiben vom 16. Mai 2011 hat sich der Kläger erstmalig und umfassend gegenüber seiner Dienststelle zu den seiner Meinung nach vorgefallenen Diskriminierungen erklärt. Es hätte – folgte man seinem Vortrag – bereits erheblich früher Anlass bestanden, dies zu tun. So stellt schon der Bau eines Eigenheimes verbunden mit dem Auszug des Klägers aus der Dienstwohnung Ende November 2007, welchen er als eine Art „erste Flucht“ – vor der „zweiten Flucht“ durch den Umzug nach Berlin im April 2012 – beschreibt, eine erhebliche Zäsur in Hinblick auf das beklagte „Diskriminierungsgeschehen“ dar, die geeignet gewesen wäre, beim Kläger einen entsprechenden Impuls zu setzen und ihn zu veranlassen, die bestehenden Probleme förmlich auf dem Dienstweg und notfalls auch auf dem Rechtsweg einer Lösung zuzuführen. Stattdessen leistete der Kläger seinen Ausführungen zufolge weiterhin Dienst in der JVA … wie zuvor und nahm die gegen ihn unternommenen Diskriminierungen mehr oder weniger im Sinne einer „stillen Duldung“ hin. Das im vorliegenden Verfahren verfolgte Schadensersatzbegehren erweist sich vor diesem Hintergrund als ein unzulässiges Liquidieren des aus seiner Sicht erlittenen Schadens im Sinne des Grundsatzes „Dulde und liquidiere“. Es wäre Sache des Klägers gewesen, zeitnah um Primärrechtsschutz nachzusuchen, statt nach dem Verstreichen eines Zeitraums von mehr als elf Jahren das behauptete erlittene Unrecht nunmehr durch die Geltendmachung von Sekundäransprüchen zu verfolgen. Ein derartiges Wahlrecht besteht nicht (vgl. OVG NW, U. v. 12.12.2013 – 1 A 71/11 – juris Rn. 85), so dass ein Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten wegen Verletzung der diesem zukommenden Fürsorgepflicht ausscheidet.
3. Über den ursprünglich mit der Klage verfolgten Unterlassungsanspruch war nicht zu entscheiden, da der Kläger seine Klage in der mündlichen Verhandlung insoweit nicht aufrechterhalten hat.
4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO, wonach der Kläger als unterlegener Beteiligter die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 der Zivilprozessordnung (ZPO). Der Einräumung einer Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO bedurfte es angesichts der – wenn überhaupt anfallenden – dann allenfalls geringen vorläufig vollstreckbaren Aufwendungen der Beklagten nicht, zumal diese auch die Rückzahlung garantieren kann, sollte in der Sache eventuell eine Entscheidung mit anderer Kostentragungspflicht ergehen.
5. Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach § 124 und § 124a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung die Zulassung der Berufung beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Stellung des Antrags auf Zulassung der Berufung beim Verwaltungsgericht erster Instanz. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in den § 3 und § 5 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz bezeichneten Personen und Organisationen.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist.
Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
einzureichen.
Es wird darauf hingewiesen, dass die Berufung nur zuzulassen ist,
1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. wenn das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der Obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 650.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs. 1, 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Streitwertbeschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 Euro übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth,
Hausanschrift: Friedrichstraße 16, 95444 Bayreuth, oder
Postfachanschrift: Postfach 110321, 95422 Bayreuth,
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Beschlusses eingelegt werden. Der Beschwerdeschrift sollen 4 Abschriften beigefügt werden.
Die Frist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 340148, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,
eingeht.

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