Arbeitsrecht

Sozialplanabfindung – persönlicher Geltungsbereich – Gleichbehandlung

Aktenzeichen  1 AZR 471/09

Datum:
1.2.2011
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
BAG
Dokumenttyp:
Urteil
Normen:
§ 112 BetrVG
§ 75 BetrVG
Spruchkörper:
1. Senat

Verfahrensgang

vorgehend ArbG Wiesbaden, 25. März 2008, Az: 7 Ca 2516/07, Urteilvorgehend Hessisches Landesarbeitsgericht, 11. Februar 2009, Az: 6/18 Sa 1059/08, Urteil

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 11. Februar 2009 – 6/18 Sa 1059/08 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1
Die Parteien streiten über eine Sozialplanabfindung.
2
Die Klägerin war bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängern seit dem Jahre 1986 als Sachbearbeiterin in W beschäftigt. Ihr Jahresgehalt belief sich zuletzt auf 33.168,50 Euro brutto.
3
Zum Jahreswechsel 2005/2006 übernahm der T Konzern die Gesellschaften der G Beteiligungs-GmbH und ihrer Tochtergesellschaften mit dem Ziel, diese in den T Konzern zu integrieren. In einer Rahmenvereinbarung vom 4. Dezember 2006 verständigten sich die T AG sowie die zu ihrem Konzern gehörenden Gesellschaften mit dem Konzernbetriebsrat darauf, im Hinblick auf die beabsichtigten Restrukturierungen Verhandlungen über den Abschluss von (Teil-)Interessenausgleichen bzgl. der einzelnen Maßnahmen durchzuführen. Die T AG verpflichtete sich, die Umstrukturierungsmaßnahmen nicht vor Abschluss der jeweiligen Interessenausgleiche zu beginnen. Die Klägerin kündigte mit Schreiben vom 31. Januar 2007 ihr Arbeitsverhältnis zum 31. März 2007.
4
Die T AG und der bei ihr gebildete Konzernbetriebsrat schlossen am 12. Juni 2007 einen Sozialplan (SP). Darin ist ua. bestimmt:
        
„§ 1   
        
Gegenständlicher Geltungsbereich
        
Dieser Sozialplan gilt für alle Betriebe von Unternehmen des T Konzerns in Deutschland, soweit die in diesen Betrieben bestehenden Betriebsräte diesen Sozialplan innerhalb von sechs Wochen nach seiner Unterzeichnung durch den Konzernbetriebsrat gegenüber dem Arbeitsdirektor der T AG für ihren jeweiligen Betrieb durch Unterzeichnung einer wortlautidentischen Fassung als Sozialplan im Sinne des § 112 BetrVG nachvollziehen. In betriebsratslosen Betrieben gilt dieser Sozialplan ohne weiteres.
        
§ 2     
        
Sachlicher und rechtlicher Geltungsbereich
        
1.    
Dieser Sozialplan gilt für alle Änderungen der Betriebsorganisation und sonstige vom Arbeitgeber veranlasste, mit der Integration zusammenhängende Maßnahmen, insbesondere für betriebsbedingte Kündigungen und Versetzungen, unabhängig davon, ob der Umfang der einzelnen Maßnahme die Schwelle zu einer Betriebsänderung im Sinne des § 111 BetrVG überschreitet.
        
2.    
In zeitlicher Hinsicht gilt dieser Sozialplan für alle mit der Integration zusammenhängenden Maßnahmen, die bis zum Ablauf des 31.12.2010 erfolgen; dafür ist im Falle von Kündigungen auf deren Ausspruch und nicht auf den Ablauf der Kündigungsfrist abzustellen. Integrationsbedingte Maßnahmen in diesem Sinne sind auch Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns, die vor Abschluss dieses Sozialplans, aber nach arbeitgeberseitiger Eröffnung der jeweiligen Angebotsphase von betroffenen Arbeitnehmern vorgenommen worden sind. Gleiches gilt für Arbeitsplatzwechsel innerhalb des T Konzerns vor Abschluss dieses Sozialplans, die schriftlich oder mündlich unter Bezug auf die Bestimmungen des noch abzuschließenden Sozialplans vereinbart wurden.
        
§ 3     
        
Persönlicher Geltungsbereich
        
1.    
Dieser Sozialplan gilt für alle Arbeitnehmer des T Konzerns im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG mit Ausnahme leitender Angestellter im Sinne des § 5 Abs. 3 BetrVG.
        
2.    
Die zum Ausgleich wirtschaftlicher Nachteile im Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgesehenen Leistungen gelten nicht für Arbeitnehmer,
        
        
…     
        
        
e)    
deren Arbeitsverhältnis aufgrund einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers beendet wird, sofern sie nicht durch den Arbeitgeber veranlasst ist. Dies ist nur der Fall, wenn der Arbeitnehmer nach Ausspruch einer Kündigung mit Beendigungswirkung durch den Arbeitgeber mit Wirkung zu einem früheren Zeitpunkt kündigt, in dem der Arbeitgeber für den betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines bisherigen Arbeitsverhältnisses und am bisherigen Standort (politische Gemeinde) keinen Beschäftigungsbedarf mehr hat; …
        
        
…“    
        
5
Der im Betrieb W bestehende Betriebsrat hat diesen Sozialplan am 9. Juli 2007 übernommen.
6
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Beklagte habe sie zum Ausspruch der Eigenkündigung veranlasst. In der Betriebsversammlung vom 19. Juli 2006 habe sie die Belegschaft über die geplante Betriebsänderung und den Wegfall ua. ihres Arbeitsplatzes in W zum 31. Dezember 2007 unterrichtet und hierdurch bei ihr die sichere Annahme hervorgerufen, mit einer Eigenkündigung einer Kündigung durch die Beklagte nur zuvorzukommen.
7
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
        
die Beklagte zu verurteilen, an sie 56.634,36 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
8
Die Beklagte hat zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags ausgeführt, die Klägerin falle nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans. Auch sei ihr zu keiner Zeit mitgeteilt worden, dass für sie nach Durchführung der Betriebsänderung keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr bestehe. Die Betriebsänderung sei damit für die Eigenkündigung nicht ursächlich gewesen.
9
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt sie ihr Klagebegehren weiter.


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