Aktenzeichen 11 Ca 3218/19
GVG § 17
BGB § 626 Abs. 2
ZPO § 12, § 17
KSchG § 4, § 7
BetrVG § 102 Abs. 1 S. 2
Leitsatz
Ist die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam, so begründet die Ungewissheit für den Ausgang des Kündigungsprozesses in der Regel zunächst einmal ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien weder durch die außerordentliche Kündigung vom 17.06.2019 beendet wurde noch durch die ordentliche Kündigung vom 04.07.2019 zum 31.03.2020 beendet werden wird.
2. Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zur Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung als erste Fachkraft in der Tätigkeitsebene III TV-BA weiter zu beschäftigen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
4. Der Streitwert wird festgesetzt auf 19.066,67 €.
5. Die Berufung wird nicht gesondert zugelassen.
Gründe
I.
Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten ist gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 a, b, 46, 48 ArbGG, §§ 17 f. GVG eröffnet.
Das Arbeitsgericht Nürnberg ist gemäß § 46 Abs. 2 ArbGG, §§ 12, 17 ZPO örtlich zuständig, da die Beklagte ihren Sitz in A-Stadt und damit im Bezirk des Arbeitsgerichts Nürnberg hat.
Das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich bereits aus der Vermeidung der Präklusionswirkung der §§ 4, 7 KSchG. Der Weiterbeschäftigungsantrag ist ausreichend bestimmt, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
II.
Die Klage ist vollumfänglich begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 17.06.2019 beendet worden und endet auch nicht durch die ordentliche Kündigung vom 04.07.2019 mit Ablauf des 31.03.2020. Auch der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist erfolgreich.
1. Der Kläger hat sich gegen die Kündigungen jeweils innerhalb der Frist des § 4 KSchG zu Wehr gesetzt.
2. Das Kündigungsschutzgesetz findet unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, §§ 1, 23 KSchG.
3. Die Beklagte hat jedoch das Vorliegen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB nicht substantiiert darlegen können.
a) Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, d.h. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Danach bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalles und nach Abwägung der Interessen beider Vertragsteile – jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – zumutbar ist (vgl. BAG 26.03.2015 – 2 AZR 517/14 m.w.N.).
b) Ausgehend von diesem rechtlichen Maßstab liegt im Verhalten des Klägers kein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund vor.
Die Beklagte hat zur Rechtfertigung der Kündigung dem Kläger mehrere Vorfälle zur Last gelegt, insbesondere die Installation des Webservers „XAMPP“ auf dem dienstlichen PC des Klägers, die Nutzung privater Dateien während der Arbeitszeit, die private Nutzung des dienstlichen Druckers zum Zwecke des Einscannens privater Unterlagen, der Aufruf privater Dateien im Internet Explorer während der Arbeitszeit sowie die Speicherung privater Dateien auf dem dienstlichen PC.
aa) Hinsichtlich der Installation des „XAMPP“-Webservers gelang es der Kammer auch trotz expliziter Nachfrage im Kammertermin nicht herauszufinden, ob die Beklagte dem Kläger vorwirft, dass dieser den Webserver von einer Stelle außerhalb der Beklagten in deren System eingespeist habe. Der Kläger hat dies substantiiert bestritten und geschildert, dass der Webserver bereits auf den Servern der Beklagten zur Verfügung stand und er ihn sich von dort – wie bereits auch andere Programme zuvor – nur auf seinen PC kopiert habe. Die Beklagte ist diesem Vortrag des Klägers, nicht substantiiert entgegengetreten. Die Beklagte hat auch nicht substantiiert vorgetragen, dass der Kläger darüber informiert gewesen sei, dass ein solches Vorgehen – die Nutzung von Programmen, die bereits auf den Servern der Beklagten frei zugänglich sind – nicht gestattet sei. Die Vermutung der Beklagten, bei entsprechendem Sachverstand, den auch der Kläger besäße, könnten Daten von außen geladen werden, genügt den Anforderungen einer substantiierten Darlegung eines wichtigen Kündigungsgrundes bei weitem nicht. Die Beklagte hat hierzu im Kammertermin nur den bereits schriftsätzlich dargelegten Sachvortrag wiederholt, dass der Kläger den Webserver am 18.03.2019 auf seinem PC installiert habe – was der Kläger auch nicht bestreitet -, aber nicht ausgeführt, dass er den Webserver von außen in das IT-Netz der Beklagten hineingebracht hat. Insofern hat die Beklagte auch nicht ausreichend substantiiert dargelegt, dass der Beklagten durch diese Installation tatsächlich ein erhöhtes Schadensrisiko entstanden ist. Zudem ist dabei darauf hinzuweisen, dass nach Ansicht der Kammer allein die entfernte Möglichkeit eines eventuellen Schadenseintritts nicht ausreicht, um eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Konkretere Anhaltspunkte, dass die IT der Beklagten tatsächlich durch das Verhalten des Klägers gefährdet war, wurden nicht ausreichend substantiiert dargelegt.
Insofern ist bereits auf der ersten Stufe der vorzunehmenden Prüfung einer außerordentlichen Kündigung dem Kläger nicht ausreichend substantiiert vorgeworfen, hier einen sicherheitsrelevanten Verstoß, der „an sich“ eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen könnte, begangen zu haben.
bb) Obige Ausführungen gelten gleichermaßen für den Vorwurf der Beklagten, der Kläger habe unzulässigerweise die Software „Google Chrome Portabel“ genutzt und hierdurch ein hohes Schadensrisiko verursacht. Auch hier hat der Kläger ausgeführt, die Datei liege seit Jahren auf dem Server der Beklagten.
cc) Soweit die Beklagte die außerordentliche Kündigung weiter mit dem Vorwurf des Einscannens privater Unterlagen, der Speicherung privater Dateien auf dem dienstlichen PC sowie der privaten Nutzung des Internets rechtfertigen will, so reichen auch diese Vorfälle nach Auffassung der Kammer weder einzeln für sich noch als Gesamtheit für eine außerordentliche Kündigung aus. Die Vorwürfe sind – selbst man deren Richtigkeit zugunsten der Beklagten unterstellen würde – nicht so schwerwiegend, als dass diese „an sich“ einen wichtigen Grund iSd § 626 Abs. 2 BGB ausreichen würden. Dabei ist auch zu beachten, dass der Kläger dargelegt hat, dass die Privatnutzung des Internets bei der Beklagten in eingeschränktem Maße gestattet ist. Die Beklagte hat hier nicht ausreichend dargelegt, dass die Privatnutzung des Klägers das Maß einer eingeschränkten Nutzung übersteigt. Auch genügt der Vortrag der Beklagten hinsichtlich des vorgeworfenen Arbeitszeitbetruges durch die Bearbeitung privater Dateien während der Arbeitszeit nicht, um die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Es hätte der Beklagten oblegen, jeweils konkret für die von ihr dargelegten 15 Zugriffe zwischen dem 18.03.2019 und 26.04.2019 darzulegen und unter Beweis zu stellen, dass diese Privatnutzung jeweils nicht in den Pausenzeiten, sondern während der Arbeitszeit des Klägers erfolgt ist. Dies hat die Beklagte nicht mal im Ansatz getan. Selbst wenn die im „XAMPP“-Ordner dargelegten Dateien keinen dienstlichen Bezug haben bzw. vom Kläger nicht zumindest als Übungsprojekte und zum Zwecke der Weiterbildung diese Dateien genutzt wurden, würde ein Zugriff auf diese – wenigen – Dateien keinen derartig schweren Pflichtverstoß darstellen, dass ein wichtiger Kündigungsgrund i.S.d. § 626 BGB anzunehmen ist.
dd) Selbst wenn man zunächst das Vorhandensein eines bzw. mehrerer wichtiger Gründe „an sich“ annehmen würde, würden diese Gründe jedenfalls der weiteren Überprüfung auf zweiter Prüfungsstufe nicht standhalten. Es ist nicht ersichtlich, warum es für die Beklagten unzumutbar sein sollte, den seit 2007 – mangels anderweitiger Anhaltspunkte -wohl ansonsten störungsfrei bei ihr beschäftigten Kläger nicht mindestens bis zum Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen oder ihm zunächst eine Abmahnung auszusprechen. Der seitens der Beklagten hierfür vorgetragene Vertrauensverlust ist nach Auffassung der Kammer nicht ohne weiteres nachzuvollziehen und daher nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass ein Abwarten bis zu einer ordentlichen Beendigung nicht in Frage käme.
ee) Da bereits ein ausreichender Kündigungsgrund für eine außerordentliche Kündigung nicht vorliegt, kommt es auf die Frage der Einhaltung der Frist des § 626 Abs. 2 BGB sowie auf die Frage der ordnungsgemäßen Anhörung des Personalrates nicht mehr an. Hinsichtlich der Anhörung ist jedoch darauf hinzuweisen, dass ein Arbeitgeber bei Anhörung des Betriebsrates auch etwaige entlastende Umstände mitzuteilen hat (vgl. BAG vom 23.10.2014 – 2 AZR 736/13). Es wäre daher angezeigt gewesen, in der Betriebsratsanhörung auch die Ausführungen des Klägers aus dessen Stellungnahmen vom 17.05.2019 und 04.06.2019 aufzunehmen, dass dieser die Programme aus dem internen Netzwerk genommen haben will, dass er für den Hinweis auf etwaiges Fehlverhalten gedankt hat und angekündigt hat, sich künftig noch sorgfältiger an die IT Richtlinien zu halten. Auch der in der Betriebsratsanhörung enthaltene Satz, der Kläger habe „die fraglichen Daten bewusst und absichtlich“ gelöscht, kann beim Leser auch den Eindruck erwecken, der Kläger habe die Löschung heimlich und in Verdeckungsabsicht vorgenommen. Vielmehr hat der Kläger jedoch bereits in seiner ersten Anhörung offen klargestellt, dass er die von der Beklagten gerügten Dateien gelöscht habe. Insofern war die Personalratsanhörung in diesem Punkt zu Lasten des Klägers zumindest missverständlich formuliert. Nach Auffassung der Kammer ist daher auch die Anhörung des Personalrats nicht ordnungsgemäß erfolgt, so dass die Kündigung sich auch deshalb als unwirksam erweist, § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG.
4. Auch die vorsorgliche ordentliche Kündigung, die aufgrund der Unwirksamkeit der außerordentlichen Kündigung nunmehr zur Entscheidung anstand, kann das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht beenden.
a) Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint.
Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt dabei das sog. Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für die Vertragspflichtverletzung, sondern dient der Vermeidung des Risikos weiterer Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen. Die Abmahnung ist insoweit notwendiger Bestandteil bei der Anwendung des Prognoseprinzips. Sie ist zugleich auch Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Nach § 1 Abs. 2 KSchG muss die Kündigung durch das Verhalten des Arbeitnehmers bedingt sein. Eine Kündigung ist nicht gerechtfertigt, wenn es andere geeignete mildere Mittel gibt, um die Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen (vgl. u.a. BAG vom 31.05.2007 – 2 AZR 200/06m.w.N.).
b) Die Beklagte hat begründet die hilfsweise ausgesprochene Kündigung mit den Gründen, die auch der außerordentlichen Kündigung zugrunde liegen. Hinsichtlich der Substantiierung der Kündigungsgründe der ordentlichen Kündigung wird daher auf die obigen Ausführungen zur außerordentlichen Kündigung Bezug genommen.
Letztlich kann dies jedoch dahinstehen. Selbst wenn man das Vorliegen der von der Beklagten dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen zu Gunsten der Beklagten unterstellen würde, ist die ordentliche Kündigung dennoch unwirksam, weil nach Ansicht der Kammer jedenfalls statt der Kündigung der Ausspruch einer Abmahnung als milderes Mittel ausreichend gewesen wäre.
Den Ausführungen der Beklagten bzgl. der Entbehrlichkeit einer Abmahnung kann nach Auffassung des Gerichts nicht gefolgt werden. Der Kläger hat entgegen dem Vortrag der Beklagten in seiner ersten Stellungnahme vom 17.05.2019 nicht pauschal die Vorwürfe abgestritten, sondern der Beklagten auch für den Hinweis auf die bestehenden IT-Richtlinien gedankt und angekündigt, in Zukunft sorgfältiger darauf zu achten. Es ist damit gerade nicht ausgeschlossen, dass der Kläger bei Ausspruch einer Abmahnung sich in Zukunft an sämtliche bestehenden IT Richtlinien halten würde. Auch sind die dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen nicht so schwer einzustufen – selbst wenn man sie zugunsten der Beklagten als wahr unterstellen würde – dass nicht eine Abmahnung als milderes Mittel in Betracht gekommen wäre, insbesondere, wenn man das Alter des Klägers (57 Jahre) und die – mangels entgegenstehender Anhaltspunkten wohl störungsfreie – Betriebszugehörigkeit des Klägers seit fast 12 Jahren in eine Interessenwägung dass der Kläger den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen würde.
Aus diesen Gründen ist auch die ordentliche Kündigung vom nicht sozial gerechtfertigt und kann das Arbeitsverhältnis nicht beenden.
Hinsichtlich der nicht ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung, auf die es nicht mehr entscheidungserheblich ankommt, wird auf die obigen Ausführungen im Rahmen der außerordentlichen Kündigung Bezug genommen.
5. Der geltend gemachte Weiterbeschäftigungsanspruch ist begründet. Nach dem Beschluss des Großen Senats des BAG vom 27.02.1985 hat der gekündigte Arbeitnehmer auch außerhalb der Regelungen der §§ 102 Abs. 5 BetrVG, 79 Abs. 2 BPersVG einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf arbeitsvertragsgemäße Beschäftigung über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsprozesses, wenn die Kündigung unwirksam ist und überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers einer solchen Beschäftigung nicht entgegenstehen. Ist die Kündigung nicht offensichtlich unwirksam, so begründet die Ungewissheit für den Ausgang des Kündigungsprozesses in der Regel zunächst einmal ein schutzwertes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des gekündigten Arbeitnehmers für die Dauer des Kündigungsprozesses. Diese Interessenlage ändert sich jedoch dann, wenn im Kündigungsschutzprozess ein die Instanz insoweit abschließendes Urteil ergangen ist, das die Unwirksamkeit der Kündigung und damit den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses feststellt. Durch dieses noch nicht rechtskräftige Urteil wird zwar keine endgültige Klarheit über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geschaffen. Gleichwohl hatten die Parteien Gelegenheit, dem Gericht in einem ordentlichen Prozessverfahren die zur rechtlichen Beurteilung der Kündigung aus ihrer Sicht erforderlichen Tatsachen vorzutragen, dafür Beweis anzutreten und ihre Rechtsauffassung darzulegen. Nachdem die erkennende Kammer der Ansicht ist, dass die ausgesprochenen Kündigungen unwirksam sind, wurde eine erste Klärung der Rechtslage im Sinne der Klagepartei vorgenommen. Dies muss bei der notwendigen Abwägung der widerstreitenden Interessen der Arbeitsvertragsparteien hinsichtlich des Beschäftigungsanspruchs erheblich ins Gewicht fallen. Nunmehr begründet die Ungewissheit des endgültigen Prozessausgangs für sich allein ein überwiegendes Gegeninteresse des Arbeitgebers nicht mehr. Vielmehr muss der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzlich Umstände ausführen, aus denen sich im Einzelfall sein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung ergibt. Dabei bleiben solche Gründe im Wesentlichen außer Betracht, die bereits zur Rechtfertigung der Kündigung angeführt wurden. Da die Beklagte keine weiteren Gründe vorgetragen hat, ist vom überwiegenden Interesse des Klägers an der Weiterbeschäftigung auszugehen. Die vom Kläger begehrte Beschäftigung als erste Fachkraft der Tätigkeitsebene III TV-BA entspricht der bisherigen Tätigkeit des Klägers.
Aus diesen Gründen war der Klage vollumfänglich stattzugeben.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 46 Abs. 2 ArbGG, § 91 Abs. 1 ZPO.
2. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG, 3 ZPO, 39 ff GKG. Für die Kündigungen wurden drei Bruttomonatsgehälter, für den Weiterbeschäftigungsantrag ein weiteres Bruttomonatsgehalt angesetzt.
3. Die Entscheidung über die Zulassung der Berufung war gemäß § 64 Abs. 3 a Satz 1 ArbGG in den Tenor aufzunehmen. Die Berufung ist gemäß § 64 Abs. 2 c ArbGG statthaft. Es ist kein Grund ersichtlich, die Berufung darüber hinaus gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen.