Arbeitsrecht

Unzulässige Wahlanfechtung durch lediglich einen Wahlberechtigten und nicht innerhalb von 12 Arbeitstagen nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses

Aktenzeichen  M 14 P 21.281

Datum:
2.11.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 33375
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BPersVG a.F. § 25

 

Leitsatz

Tenor

Der Antrag wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Beteiligten streiten über die Gültigkeit der am 11. November 2020 stattgefundenen Wahl zum Personalrat beim ÜbwSt ÖRA SanDst Bw Süd (Überwachungsstelle für öffentlich-rechtliche Aufgaben des Sanitätsdienstes der Bundeswehr Süd).
Am … November 2020 fand beim ÜbwSt ÖRA SanDst Bw Süd die Wahl des am vorliegenden Verfahren beteiligten örtlichen Personalrats statt. Zu wählen waren fünf Personalratsmitglieder, davon ein Vertreter der Arbeitnehmer, einer der Beamten und drei der Soldaten. Das Wahlergebnis wurde am Nachmittag des 11. November 2020 bekannt gemacht.
Mit Schreiben vom … November 2020 an den Wahlvorstand brachte der Antragsteller die Anfechtung der Wahl vor. Das Schreiben war von den Unterstützern OFApo … und OStFw … mit unterzeichnet.
Mit am … Januar 2021 beim Verwaltungsgericht München eingegangenem Antrag erhob der Antragsteller „Eilantrag und Klage zum Widerspruch der Personalratswahl“. Er trug vor, er verfolge die Absicht, die Wahl des Personalrats in der Dienststelle für ungültig zu erklären. Der Wahlvorstand habe eine Anleitung zum Ausfüllen des Wahlzettels geschrieben. Auf Nachfrage zu seiner Wählbarkeit als Reservist, der am Tag der Wahl schon länger als sechs Monate im Dienst sei, habe er nur die Aussage erhalten, dass man diese prüfen wolle, dies, obwohl er sein Interesse an einer aktiven Teilnahme am Personalrat bekundet habe. Zudem wäre eine Listenwahl im Hinblick auf die Fluktuation in der Dienststelle sinnvoller gewesen. Auf seine Nachfrage hin sei ihm nur mitgeteilt worden, dass es keinen Beschluss dazu gebe, ob Listenwahl oder Personenwahl durchgeführt werden solle.
Der Beteiligte zu 1) beantragt,
den Antrag als unzulässig abzulehnen.
Dieser sei nicht innerhalb der gesetzlichen Frist und nicht von mindesten drei Wahlberechtigten gestellt worden.
Der Beteiligte zu 2) stellt keinen Antrag. Er beruft sich nicht auf eine Fristversäumnis des Antragstellers und meint, die Wahlanfechtung erscheine hinsichtlich dessen Vorbringen zu Wahlanleitung und Wahlverfahren begründet.
Das Verwaltungsgericht hat mit Schreiben vom … Februar 2021 auf die Unzulässigkeit der Wahlanfechtung hingewiesen. Der Antragsteller hielt mit Schreiben vom … Februar 2021 an seinem Antrag fest. Er meint, die außergerichtliche Unterstützung durch zwei weitere Wahlberechtigte reiche aus. Die Antragsfrist sei eingehalten, weil er die Wahlanfechtung bereits vor dem Antrag an das Verwaltungsgericht gegenüber dem Wahlvorstand erklärt habe. Seine Reservedienstleistung habe am … November 2020 geendet, weshalb er an den letzten Tagen der Frist keinen Zugriff mehr auf den Dienstrechner gehabt habe. Am … Januar 2021, dem ersten Tag Dienst im neuen Jahr, habe er telefonischen Kontakt zum Verwaltungsgericht aufgenommen in der Hoffnung, die Klage zur Niederschrift einreichen zu können, was aber nicht möglich gewesen sei. Da die Klageerhebung via E-Mail technisch nicht möglich gewesen sei, habe er diese schließlich per Post versandt. Er sei weder vom Personalratsvorsitzenden noch vom Wahlvorstand auf das Verstreichen der Frist hingewiesen worden. Aufgrund der besonderen Umstände eines Reservedienstleistenden könne die Zeit zwischen … November 2020 und … Januar 2021 nicht mit zur Frist gezählt werden. Zu berücksichtigen sei überdies, dass er absoluter Laie sei.
Am … November 2021 fand eine Anhörung der Parteien statt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist bereits unzulässig, darüber hinaus auch unbegründet.
Nach der im maßgeblichen Zeitpunkt der Personalratswahl (vgl. BVerwG, B.v. 24.2.2015 – 5 P 7.14 – juris Rn. 11) am … November 2020 geltenden Vorschrift des § 25 Bundespersonalvertretungsgesetz (BPersVG) a.F. können mindestens drei Wahlberechtigte binnen einer Frist von 12 Arbeitstagen, vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, die Wahl beim Verwaltungsgericht anfechten, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht geändert oder beeinflusst werden konnte.
Die in § 25 BPersVG a.F. statuierten Hürden für eine Wahlanfechtung dienen dabei der Rechtssicherheit und der Kontinuität der Personalvertretungen.
1. Der Antrag ist bereits unzulässig, weil er nicht von der erforderlichen Zahl der Wahlberechtigten gestellt wurde. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 BPersVG a.F. sind anfechtungsberechtigt insbesondere „mindestens drei Wahlberechtigte der Dienststelle“. Die Mindestzahl von drei Wahlberechtigten muss als Sachurteilsvoraussetzung nicht nur bei der Einleitung des Wahlanfechtungsverfahrens, sondern während des gesamten Verfahrens gegeben sein (BVerwG, B.v. 24.2.2015 – 5 P 7.14 – juris Rn. 11; Schlatmann in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u.a., BPersVG, 85. Update 07/2021, § 25 a.F. Rn. 20). Diese Sachurteilsvoraussetzung ist hier nicht erfüllt. Im vorliegenden Fall handelt allein der Antragsteller, der im Zeitpunkt der Wahl infolge seiner Aktivierung zwar wahlberechtigt war (vgl. VG München, B.v. 17.2.2020 – M 14 P 19.3490 – juris), alleine aber nicht zur Wahlanfechtung berechtigt ist. Eine lediglich außergerichtliche Unterstützung durch weitere Personen (hier OFApo Wieland und OStFw Schorer) ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 BPersVG a.F. nicht ausreichend.
2. Der Wahlanfechtungsantrag wurde darüber hinaus nicht fristgerecht erhoben und ist deshalb nicht begründet. Die Einhaltung der Anfechtungsfrist stellt dabei eine Begründetheitsfrage dar (vgl. BVerwG, B.v. 23.10.2003 – 6 P 10/03 – juris Rn. 10 f.). Der Antrag wurde nicht innerhalb einer Frist von 12 Arbeitstagen ab Bekanntgabe des Wahlergebnisses noch am Nachmittag des … November 2020 gestellt. Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Bekanntgabe des Wahlergebnisses hinsichtlich des bekannt gemachten Inhalts (vgl. insoweit BVerwG, B.v. 23.10.2003 – 6 P 10/03 – juris Ls. und Rn. 13 ff.) liegen nicht vor. Ausgehängt wurde neben der Bekanntmachung des Ergebnisses der Wahl zum Personalrat auch die Niederschrift über das Ergebnis der Personalratswahl. Die Frist von 12 Arbeitstagen begann damit am 12. November 2020 zu laufen und lief am Freitag, den 27. November 2020, um 24 Uhr ab (zur Fristberechnung vgl. Schlatmann in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u.a., BPersVG, 85. Update 07/2021, § 25 a.F. Rn. 23). Der Wahlanfechtungsantrag ging erst am … Januar 2021 und damit nach Fristablauf bei Gericht ein. Eine Verlängerung der Frist, durch gerichtliche Entscheidung oder in anderer Weise, ist nicht möglich, weil es sich um eine Ausschlussfrist handelt. Auch eine Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand (vgl. § 233 Zivilprozessordnung – ZPO) kommt nicht in Betracht (Schlatmann in: Lorenzen/Gerhold/Schlatmann u.a., BPersVG, 85. Update 07/2021, § 25 a.F. Rn. 24). Zudem war der Antragsteller nicht ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert, weil – wie bei jedem Arbeitnehmer – auch Zeiten bei der Fristberechnung zu berücksichtigen sind, in denen keine Dienstleistungspflicht besteht. Läuft die Frist ab, ohne dass wirksam angefochten wurde, ist die Wahl damit unanfechtbar geworden.
Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit der Wahl ergeben sich aus dem Vorbringen des Antragstellers nicht.
Für eine Kostenentscheidung ist im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren kein Raum.


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