Arbeitsrecht

Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, hier: Unterschied zwischen Bereitschaftsdienst und Tagesdienst

Aktenzeichen  M 21a K 18.4192

Datum:
22.1.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 6773
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AZV § 2 Nr. 12, § 3, § 13 Abs. 1
GG Art. 3
BBG § 87 Abs. 3 S. 1
VwGO § 113 Abs. 1 S. 1, Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1. Es liegt im Ermessen des Verordnungsgebers, ob er in einem durch Schichtdienst mit Bereitschaftszeiten geprägten Dienst bei Beamten, die für ein Kind unter zwölf Jahren Kindergeld erhalten, eine Reduzierung der Arbeitszeit für geboten hält oder nicht (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 45515). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Ungleichbehandlung bei der Arbeitszeit dahingehend, dass Beamten im Schichtdienst mit Bereitschaftszeiten für ein Kind unter zwölf Jahren keine Reduzierung der Arbeitszeit von 1 Stunde wöchentlich erhalten, andere Beamte des feuerwehrtechnischen Dienstes (zB im Tagesdienst eingesetzte Feuerwehrbeamte) aber schon, ist wegen der sachlichen Unterschiede beider Arbeitszeitformen gerechtfertigt (ebenso BayVGH BeckRS 2016, 45515). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Dezember 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Juli 2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verkürzung seiner regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 auf 47 Stunden (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1, 2 und 3 Nr. 1 AZV können Beamtinnen und Beamte, die für ein Kind unter zwölf Jahren Kindergeld erhalten, eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 41 Stunden auf 40 Stunden beantragen. Ein Anspruch des Klägers auf Verkürzung seiner Arbeitszeit lässt sich aus dieser Vorschrift jedoch nicht ableiten.
Auf Grundlage von § 87 Abs. 3 Satz 1 BBG i.V.m. § 13 Abs. 1 AZV in der Fassung vom 14. September 2012, wonach bei Bereitschaftsdienst die regelmäßige tägliche Arbeitszeit und die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit entsprechend den dienstlichen Bedürfnissen angemessen verlängert werden können, ist die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit für die Beamten im Schichtdienstbetrieb der Bundeswehrfeuerwehren mit Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 15. Juli 2013 (in der Fassung vom 31. März 2014) auf 48 Stunden festgelegt worden. Gegen diese Erhöhung der Arbeitszeit wendet sich der Kläger ausdrücklich nicht. Vielmehr möchte er in Anwendung des § 3 Abs. 1 AZV eine Verkürzung seiner Arbeitszeit auf 47 Stunden erreichen.
Eine Verkürzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit für Beamte, die für ein Kind unter zwölf Jahren Kindergeld erhalten, sieht der Verordnungsgeber nach § 13 Abs. 1 AZV bei der Verrichtung von Bereitschaftsdienst jedoch nicht vor (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2016 – 6 ZB 15.2614 – juris Rn. 9, zum Fall der Verkürzung der Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV für einen schwerbehinderten Beamten). Der Verordnungsgeber lässt mit der sogenannten Opt-Out-Regelung des § 13 Abs. 2 AZV auf freiwilliger Basis sogar noch längere Wochenarbeitszeiten, nämlich bis zu 54 Stunden im Siebentageszeitraum zu. Es liegt in seinem Ermessen, ob er in einem solchen durch Schichtdienst mit Bereitschaftszeiten geprägten Dienst bei Beamten, die für ein Kind unter zwölf Jahren Kindergeld erhalten, eine Reduzierung der Arbeitszeit für geboten hält oder nicht (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2016 – 6 ZB 15.2614 – juris Rn. 9, zum Fall der Verkürzung der Arbeitszeit nach § 3 Abs. 1 Satz 2 AZV für einen schwerbehinderten Beamten). Insofern weist die Beklagte auch zutreffend darauf hin, dass etwaige Schwierigkeiten hinsichtlich der Wahrnehmung familiärer Verpflichtungen bzw. von Erziehungsaufgaben bereits im Wesen des Schichtdienstes an sich begründet sind.
Auch soweit sich der Kläger auf eine Verletzung des Gleichheitssatzes des Art. 3 GG beruft, kann er hiermit nicht durchdringen. Denn zwischen den Beamten im Schichtdienst mit Bereitschaftszeiten und den anderen Beamten des feuerwehrtechnischen Dienstes (z.B. im Tagesdienst eingesetzten Feuerwehrbeamten) bestehen sachliche Unterschiede, die die Ungleichbehandlung bei der Arbeitszeit rechtfertigen (vgl. BayVGH, B.v. 19.4.2016 – 6 ZB 15.2614 – juris Rn. 9).
Nach § 2 Nr. 12 AZV ist der Bereitschaftsdienst die Pflicht, sich, ohne ständig zur Dienstleistung verpflichtet zu sein, an einer vom Dienstherrn bestimmten Stelle aufzuhalten, um im Bedarfsfall den Dienst aufzunehmen, wenn dabei Zeiten ohne Arbeitsleistung überwiegen. Zeiten der Bereitschaft, die auch Ruhephasen einschließen, sind anders strukturiert als Arbeitszeiten, bei denen eine durchgehende Tätigkeit des Beamten erwartet wird.
Nach den – unbestrittenen – Angaben der Beklagten ist in der Gesamtstundenanzahl von 48 Stunden ein Bereitschaftsdienstanteil von durchschnittlich 16 Stunden pro Woche enthalten. Zwar sind Bereitschaftsdienste i.S.d. § 2 Nr. 12 AZV arbeitszeitrechtlich wie Volldienst zu behandeln (vgl. EuGH, U.v. 25.11.2010 – C-429/09 – juris; B.v. 11.1.2007 – C-437/05 – juris). Die Beklagte weist jedoch zutreffend darauf hin, dass während der Bereitschaftszeiten eine größere zeitliche Flexibilität und eine geringere Beanspruchung gegeben sind. Während dieser Zeiten ist es den Beamten insbesondere möglich – wenn auch in der Dienststelle – privaten Aktivitäten nachzugehen bzw. private Angelegenheiten zu erledigen. Zwar ist während dieser Zeiten keine Kinderbetreuung möglich. Jedoch können – u.a. in Zusammenhang mit den Erziehungsaufgaben stehende – Telefonate geführt bzw. Schrift- oder E-Mail-Verkehr sowie sonstige Dinge erledigt werden, die ansonsten außerhalb der Dienstzeiten zu erledigen wären, sodass wiederum Zeit für die eigentliche Kinderbetreuung geschaffen werden kann.
Ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz ist vor diesem Hintergrund nicht erkennbar.
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Mangels Kostenerstattungsanspruchs scheidet der vom Kläger begehrte Ausspruch zur Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren aus.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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