Arbeitsrecht

Voraussetzungen der Zulage für die vorübergehend vertretungsweise Wahrnehmung höherwertiger Aufgaben

Aktenzeichen  M 21 K 14.4702

Datum:
29.11.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBesG BBesG aF § 46 Abs. 1 S. 1
VwGO VwGO § 113 Abs. 5 S. 1

 

Leitsatz

1 Für die Übertragung im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG aF bedarf es keiner durch beamtenrechtlichen Verwaltungsakt getroffenen rechtsgestaltenden Regelung. Es genügt vielmehr ein Realakt oder Organisationsakt in den gebräuchlichen Formen der Dienstpostenzuweisung oder -übertragung.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Organisationsmaßnahme muss von der zuständigen Stelle des Dienstherrn getroffen werden und wirksam sein.  (redaktioneller Leitsatz)
3 Das Merkmal “vorübergehend vertretungsweise” erfasst nur die Fälle der Vakanzvertretung, in denen es an einem Stelleninhaber mit funktionsgerechtem Statusamt fehlt.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der den diesbezüglichen Antrag des Klägers ablehnende Bescheid des BAPersBw vom 16. Juni 2014 und dessen Beschwerdebescheid vom 15. September 2014 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf die Gewährung der von ihm begehrten Zulage (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Werden einem Beamten oder Soldaten die Aufgaben eines höherwertigen Amtes vorübergehend vertretungsweise übertragen, erhält er nach 18 Monaten der ununterbrochenen Wahrnehmung dieser Aufgaben nach § 46 Abs. 1 des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG a.F.) i.d.F. d. Bek. vom 19. Juni 2009 (BGBl I S. 1434), aufgehoben durch Art. 1 Nr. 15 des siebten Besoldungsänderungsgesetzes vom 3. Dezember 2015 (BGBl I S. 2163) mit Wirkung vom 1. Januar 2016, eine Zulage, wenn in diesem Zeitpunkt die haushaltsrechtlichen und laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für die Übertragung dieses Amtes vorliegen.
Diese Voraussetzungen sind im Fall des Klägers nicht erfüllt, weil es zum einen an einer Übertragung höherwertiger Aufgaben im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG a.F. fehlt und weil der Kläger diese Aufgaben zum anderen nicht im Sinne dieser Vorschrift vorübergehend vertretungsweise wahrgenommen hat.
Nach zutreffender Auffassung bedarf es für die Übertragung im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG a.F. keiner durch beamtenrechtlichen Verwaltungsakt getroffenen, rechtsgestaltenden Regelung. Es genügt vielmehr ein Realakt oder Organisationsakt in den gebräuchlichen Formen der Dienstpostenzuweisung oder -übertragung. Dies folgt daraus, dass die vorübergehende, das statusrechtliche Amt unberührt lassende Übertragung einer höherwertigen Aufgabe etwa durch eine Umsetzung oder Organisationsverfügung erfolgen kann, diese aber keinen Verwaltungsaktcharakter aufweist (vgl. OVG TH, U.v. 18.8.2015 – 2 KO 191/15 – juris Rn. 47 m.w.N.).
Zu fordern ist allerdings, dass die Organisationsmaßnahme von der zuständigen Stelle des Dienstherrn getroffen worden ist und dass sie wirksam ist. Dies ist deshalb geboten, weil nur der zuständigen personalverantwortlichen Stelle eine höherwertige Verwendung des Beamten dienst- und besoldungsrechtlich zugerechnet werden kann, während sonstige Vorgesetzte grundsätzlich nur Anordnungen für das bereits zugewiesene Amt erteilen können. Es deckt sich zudem mit einem der gesetzgeberischen Ziele des § 46 Abs. 1 BBesG a. F., den Dienstherrn davon abzuhalten, freie Stellen auf Dauer aus fiskalischen Gründen nicht entsprechend der Bewertung gemäß der Ämterordnung des Besoldungsrechts zu besetzen. Auch insoweit ist Anknüpfungspunkt der Zulage, die höherwertige Verwendung der zuständigen personalbewirtschaftenden Stelle des Dienstherrn zuzurechnen (vgl. OVG TH, U.v. 18.8.2015 – 2 KO 191/15 – juris Rn. 48 m.w.N.).
Nach diesen Grundsätzen fehlt es im Fall des Klägers an einer Übertragung höherwertiger Aufgaben im Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG a.F.
Aus der Mitteilung des Referats III 1.4 des BAPersBw an das Referat III Z 4 des BAPersBw vom 8. September 2014 ergibt sich, dass der nicht dienstpostengerechten Verwendung des Klägers weder ursprünglich seitens der personalverwaltenden Stelle des BAPersBw zugestimmt worden ist noch, dass von dort nachträglich eine Genehmigung zur Verwendung des Klägers auf dem mit A12 bewerteten Dienstposten des Hörsaalleiters 55 erteilt worden ist.
Bereits durch das Schreiben der Pionierschule und Fachschule des Heeres für Bautechnik I. vom 20. März 2014 an das Bundesverwaltungsamt ist hingegen belegt, dass der Kläger (lediglich) durch den ehemaligen Leiter der Fachschule mit der Führung des Hörsaals 55 beauftragt worden ist, was nach den vorstehenden Ausführungen für die Gewährung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG a.F. nicht genügt.
Darüber hinaus hat der Kläger diese Aufgaben nicht Sinne des § 46 Abs. 1 BBesG a.F. vorübergehend vertretungsweise wahrgenommen.
Das Tatbestandsmerkmal „vorübergehend vertretungsweise“ stellt einen einheitlichen Rechtsbegriff dar. Der Beamte soll die ihm übertragenen, einem höheren Statusamt zugeordneten Aufgaben erfüllen, bis sie einem Beamten mit funktionsgerechtem höheren Statusamt übertragen werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2011 – 2 C 30/09 – juris Rn. 11 m.w.N. U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 10 m.w.N.).
Das Merkmal steht in unmittelbarem Zusammenhang mit dem weiteren gesetzlichen Merkmal der haushaltsrechtlichen Voraussetzungen. Dieses ist eingefügt worden, um zu vermeiden, dass durch die Gewährung der Zulage Mehrkosten entstehen. Die Zulage soll aus bereitstehenden Haushaltsmitteln bestritten werden. Daraus folgt, dass das Merkmal „vorübergehend vertretungsweise“ nur die Fälle der Vakanzvertretung erfasst, in denen es an einem Stelleninhaber mit funktionsgerechtem Statusamt fehlt. Dagegen wird in den Fällen der Verhinderungsvertretung eine Zulage nicht gewährt, weil die Haushaltsmittel bereits für die Besoldung des an der Dienstausübung gehinderten Stelleninhabers benötigt werden (vgl. BVerwG, U.v. 28.4.2011 – 2 C 30/09 – juris Rn. 12 m.w.N; U.v. 25.9.2014 – 2 C 16/13 – juris Rn. 12 m.w.N.; BayVGH, B.v. 16.9.2014 – 3 ZB 13.246 – juris Rn. 5 m.w.N.).
Demnach scheitert der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer Zulage nach § 46 Abs. 1 BBesG a.F. auch an dem Umstand, dass in seinem Fall keine Vakanzvertretung, sondern eine Verhinderungsvertretung vorliegt.
Die in den angegriffenen Bescheiden zu Recht getroffene Aussage, dass hier in der Sache eine Verhinderungsvertretung vorliegt, wird einwandfrei insbesondere durch die Zusammenschau der den Dienstposten des Hörsaalleiters (Hörsaal 55) umfassenden Aufgabenbeschreibung Stand 23. September 2008, aus der sich die ATN-Nummern 1000129 und 1000622 ergeben, und des in der Beschwerdeakte (Bl. 30 ff.) befindlichen, diese dienstpostenbezogenen ATN-Nummern widerspiegelnden Personalstammblatts des Hauptmann S., Stand 2. September 2014, als zutreffend bestätigt. Diesem Personalstammblatt zufolge hatte der Hauptmann S. den mit A12 dotierten Dienstposten des Hörsaalleiters (Hörsaal 55) seit 1. April 2013 inne und sollte auf ihm bis 30. Juni 2015 verwendet werden.
Nach all dem war die Klage abzuweisen.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2, Abs. 1 Satz 1 VwGO, §§ 708 Nr. 11, 711 Sätze 1 und 2 ZPO.


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