Arbeitsrecht

Zur Anpassung des Ruhegelds für Schornsteinfeger

Aktenzeichen  21 ZB 16.518

Datum:
2.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7782
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SchfHwG § 27 Abs. 4
SchfG § 29 Abs. 7, § 30 Abs. 1
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1

 

Leitsatz

1 Das Gesetz zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und zur Änderung anderer Gesetze vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2467) lässt die Höhe der bei seinem Erlass festgestellten Ruhegeldansprüche unberührt und änderte lediglich deren Anpassung (Dynamisierung). (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG bestimmen Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG) gemessen an dem mit dem Gesetz zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister verfolgten Zweck in zumutbarer Weise. Die mit den Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG vorgenommene Umgestaltung der Anpassung des Ruhegelds greift unter Berücksichtigung des mit der Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfeger verfolgten Zwecks auch nicht unangemessen in das Eigentum der Betroffenen ein. (Rn. 13 – 24) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 12 K 15.2545 2015-11-05 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 2.688,90 Euro festgesetzt.

Gründe

Dem Kläger geht es darum, dass die beklagte Versorgungsanstalt das für ihn festgesetzte Ruhegeld nicht nach den am 1. Januar 2013 in Kraft getretenen Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG, sondern entsprechend der früheren Rechtslage dynamisiert.
Der am … … 1948 geborene Kläger wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1981 als Bezirksschornsteinfegermeister bestellt. Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 versetzte das Landratsamt … den Kläger aus gesundheitlichen Gründen ab dem 1. Juli 2009 in den Ruhestand.
Die Beklagte setzte für den Kläger mit Bescheid vom 8. Februar 2012 ein monatliches Ruhegeld unter anderem für die Zeit ab dem 1. Juni 2011 in Höhe von 1.060,02 Euro fest. Zusammen mit der von der Deutschen Rentenversicherung bezogenen monatlichen Rente in Höhe von 1.100,89 Euro ergab sich damit eine Gesamtversorgung in Höhe von 2.161,09 Euro und abzüglich der Beitragsanteile zur Kranken- und Pflegeversicherung (insgesamt 296,71 Euro) in Höhe von 1.864,38 Euro.
Die Beklagte teilte dem Kläger unter Verweis auf die Regelung des § 27 Abs. 4 SchfHwG mit Schreiben vom „Juni 2013“ mit, dass sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung zum 1. Juli 2013 um 0,25 v.H. erhöht habe und damit das Ruhegeld ab diesem Zeitpunkt um 0,125 v.H. ansteige (halber Prozentsatz der Rentenanpassung), was einen Betrag von 1.106,86 Euro statt bisher 1.105,48 Euro ergebe. Unter dem 13. Juni 2014 hob die Beklagte das Ruhegeld des Klägers ab dem 1. Juli 2014 um 0,835 v.H. (Rentenanpassung: 1,67 v.H.) und damit auf 1.116,10 Euro an.
Die Widersprüche des Klägers wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15. Mai 2015 zurück.
Das Verwaltungsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 5. November 2015 abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Das von dem Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat im Grundsatz beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 5 Satz 2 VwGO), rechtfertigt es nicht, die Berufung gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Das Zulassungsvorbringen begründet keine ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, das den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf Anpassung seines Ruhegelds entsprechend der bisherigen Rechtslage abgelehnt hat und zur Begründung im Kern ausgeführt hat: Seit dem 1. Januar 2013 sei das Ruhegeld auf der Grundlage des § 27 Abs. 4 SchfHwG anzupassen; diese Vorschrift stehe im Einklang mit höherrangigem Recht.
1.1 Der Kläger meint, maßgeblich für die Fehlentscheidung des Verwaltungsgerichts sei zunächst, dass die Systematik des nach alter Rechtslage geltenden Versorgungssystems nicht richtig erfasst worden sei. Das Verwaltungsgericht verkenne den Umstand, dass geschützte Rechtsposition der Jahreshöchstbetrag im Sinn des § 30 SchfG sei. Es stelle lediglich isoliert auf eine „Dynamisierung“ des Ruhegelds aus der Zusatzversorgung entsprechend der Bezüge des öffentlichen Dienstes ab.
Das führt nicht zur Zulassung der Berufung. Das Verwaltungsgericht hat im Hinblick auf den vom Kläger behaupteten Eingriff in sein Eigentumsrecht zu Recht auf die Anpassung (Dynamisierung) des Ruhegelds nach der alten und neuen Rechtslage abgestellt (UA S. 11 f). Denn das Gesetz zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister und zur Änderung anderer Gesetze vom 5. Dezember 2012 (BGBl I S. 2467) ließ die Höhe der bei seinem Erlass festgestellten Ruhegeldansprüche unberührt und änderte lediglich deren Anpassung (Dynamisierung). So bestimmt § 27 Abs. 2 SchfHwG, dass die am 31. Dezember 2012 festgestellten Versorgungsleistungen Ruhegeld, Witwen- und Witwergeld, Waisengeld sowie Leistungen aus dem Härtefond nach Schließung der Zusatzversorgung (§ 27 Abs. 1 SchfHwG) weitergezahlt werden. Diese Leistungen werden seit dem 1. Januar 2013 nach der Bestimmung des § 27 Abs. 4 SchfHwG wie folgt dynamisiert: Zum 1. Juli eines jeden Jahres wird die Leistung um den Prozentsatz verändert, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert (Satz 1). In den Jahren ab 2013 erfolgt jedoch keine Veränderung der Leistungen, die höher ist als die Hälfte des in Satz 1 genannten Prozentsatzes (Satz 2) und zwar so lange, bis die Höhe der Leistungen 5,2 vom Hundert unter dem Wert liegt, der sich bei einer vollen Anpassung ergeben hätte (Satz 3). Demgegenüber waren nach § 29 Abs. 7 Halbs. 1 des mit Ablauf des 31. Dezember 2012 außer Kraft getretene Schornsteinfegergesetzes (Art. 4 Abs. 4 des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26.11.2008 – BGBl I 2242) bei bereits festgestellten Ruhegeldansprüchen Veränderungen des Jahreshöchstbetrags oder der Versichertenrente aus der gesetzlichen Sozialversicherung jeweils zu dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem sie wirksam werden. Der Jahreshöchstbetrag betrug 81 vom Hundert des jährlichen Bruttoarbeitseinkommens eines Beschäftigten des Bundes in Entgeltgruppe 8 Stufe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst in der jeweils geltenden Fassung ohne leistungsorientierte Bezahlungskomponenten, Jahressonderzahlungen und Einmalzahlungen (§ 30 Abs. 1 SchfG i.d.F. vom 26.11.2008).
1.2 Des Weiteren wendet der Kläger ein, die in § 27 Abs. 4 SchfHwG geregelte Anpassung der Leistungen entsprechend dem aktuellen Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung führe nicht lediglich zu einer geringfügigen Entwertung der Zusatzversorgung, sondern greife unverhältnismäßig in den nach altem Recht begründeten Anspruch des Klägers ein, den Jahreshöchstbetrag (§ 30 Abs. 1 SchfG) zu erhalten. Das Verwaltungsgericht lasse insoweit den Sonderstatus des Bezirksschornsteinfegermeisters außer Betracht. Dieser habe anders als in anderen Handwerksberufen seinen Betrieb weder ökonomisch gewinnorientiert führen können noch habe ihm dieser Betrieb einen etwa für die Altersvorsorge verwertbaren Vermögensvorteil geliefert. Aus diesem Grund habe mit der Einführung des Gesamtversorgungssystem bestehend aus den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und der Zusatzversorgung sichergestellt werden sollen, dass dem Bezirksschornsteinfegermeister ein angemessenes, die Existenzgrundlage sicherndes Ruhegeld zukomme. Zudem habe die Zwangsmitgliedschaft in der Versorgungsanstalt der deutschen Bezirksschornsteinfegermeister dem Kläger weitgehend die Möglichkeit zur privaten Altersvorsorge entzogen. Der aus all dem resultierende Vertrauensschutz des Klägers in den Erhalt des „angemessenen Ruhegelds“ sei vom Verwaltungsgericht trotz dessen hoher Bedeutung nicht berücksichtigt worden.
Diese Einwendungen zielen ohne Erfolg im Kern darauf, die durch § 27 Abs. 4 SchfHwG umgestaltete Anpassung der Ruhegeldansprüche greife unzumutbar in das Eigentumsrecht ein (1.2.1) und verletze das den Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers begrenzende Vertrauensschutzprinzip (1.2.2).
1.2.1 Es kann dahinstehen, ob und inwieweit die Anpassung von Bestandsrenten unter den Schutz der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG fällt (nach wie vor offengelassen BVerfG, B.v. 3.6.2014 – 1 BvR 79/01 – juris Rn. 53). Selbst wenn das anzunehmen wäre, bestimmen die Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG entgegen der Ansicht des Klägers Inhalt und Schranken des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG) gemessen an dem mit dem Gesetz zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister verfolgten Zweck in zumutbarer Weise.
a) Der Gesetzgeber hat mit der vom Kläger angegriffenen Regelung des § 27 Abs. 4 SchfHwG und den übrigen zur Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister erlassenen Bestimmungen die bisherige spezifische Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister der Änderung der rechtlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angepasst, die sich durch das Gesetz zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 (BGBl I S. 2242) ergeben haben. Diese Neuregelung half nach Einleitung eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Bundesrepublik Deutschland Beanstandungen der Europäischen Kommission ab, welche die Vorgaben des Gemeinschaftsrechts zur Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit betrafen (vgl. BT-Drs. 16/9237 Begr. S. 20).
Das bisherige System der Gesamtversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister war durch deren besondere Stellung als beliehene, allein mit Kehr- und Überwachungsaufgaben in einem Bezirk zuständige Unternehmer („Schornsteinfegermonopol“) geprägt. Es handelte sich um eine beamtenversorgungsrechtlichen Grundsätzen nachgebildete, von einem erdienbaren Jahreshöchstbetrag ausgehende (§ 29 Abs. 4 und 7, § 30 SchfG) und gesetzlich angeordnete berufsständische Zusatzversorgung, die mit Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung eine aufeinander bezogene Gesamtversorgung darstellte. Dabei waren die Beiträge zur Zusatzversorgung in den Kehrgebühren als Teil der Geschäftskosten eingerechnet (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, U.v. 14.12.2010 – OVG 1 B 33.09 – juris).
Seit dem vollständigen Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens am 1. Januar 2013 unterliegen die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nach weitgehender Beseitigung des Schornsteinfegermonopols im Wesentlichen dem freien Wettbewerb. Der hoheitliche Aufgabenbereich und damit auch die gebührenpflichtigen Tätigkeiten, wie sie den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegern gemäß §§ 13 ff. und § 26 SchfHwG verbleiben, sind auf etwa 15 v. H. der bisherigen (hoheitlichen) Tätigkeiten reduziert. Es entstand so ein Berufsbild, das mit der herkömmlichen Stellung der Bezirksschornsteinfegermeister wenig gemeinsam hat. Der bevollmächtigte Bezirksschornsteinfeger ist nunmehr „normaler“ Handwerker mit einem „Beleihungsannex“, der überdies – wenn auch mit der Option der Verlängerung – gemäß § 10 Abs. 1 SchfHwG auf sieben Jahre befristet ist (vgl. BT-Drs. 16/9237 Begr. S. 23).
Der Gesetzgeber senkte deshalb die bisherige erwerbslebenslange Pflichtversicherung der Bezirksschornsteinfegermeister in der gesetzlichen Rentenversicherung entsprechend den sonstigen selbständigen Handwerksmeistern auf 18 Jahre ab. Zudem schloss er das bisherige erwerbslebenslange Zusatzversorgungssystem der Bezirksschornsteinfegermeister. Er sah die finanzielle Tragfähigkeit der obligatorischen Zusatzversorgung mittel- und langfristig nicht als gesichert an, weil das System aufgrund der demografischen Entwicklung auf der Leistungsseite künftig sehr stark belastet werde, die Zahl der Kehrbezirke und folglich die Zahl der Beitragszahler durch die technische Entwicklung rückläufig sein werde und die bisherige Finanzierung über öffentlich-rechtliche Kehrgebühren nicht mehr möglich sei (vgl. BT-Drs. 17/10749 Begr. S. 13).
Das Ziel, die auf das bisherige Berufsbild abgestimmte Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister den veränderten Umständen anzugleichen, dient einer sachgerechten und tragfähigen Altersversorgung des betroffenen Personenkreises. Regelungen, die das System der Sozialversicherung den gewandelten Verhältnissen anpassen und diesen Veränderungen im Interesse der sozialen Sicherung Rechnung tragen, stellen mit Blick auf Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ein legitimes Gemeinwohlziel dar (vgl. BVerfG, B.v. 27.2.2007 – 1 BvL 10/00 – juris Rn. 60 ff.).
b) Die mit den beanstandeten Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG vorgenommene Umgestaltung der Anpassung des Ruhegelds greift unter Berücksichtigung des mit der Neuordnung der Altersversorgung der Bezirksschornsteinfeger verfolgten Zwecks entgegen der Ansicht des Klägers nicht unangemessen in das Eigentum der Betroffenen ein, wobei nach wie vor unterstellt wird, dass der Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG eröffnet ist.
Der Gesetzgeber hat bei der Bestimmung von Inhalt und Schranken rentenversicherungsrechtlicher Positionen grundsätzlich eine weite Gestaltungsfreiheit. Rentenansprüche und -anwartschaften weisen zwar in Hinblick auf die damit verbundene Eigenleistung einen hohen personalen Bezug auf. Zugleich stehen sie jedoch in einem ausgeprägt sozialen Bezug. Deswegen verleiht Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dem Gesetzgeber auch die Befugnis, Rentenansprüche und Rentenanwartschaften zu beschränken, Leistungen zu kürzen und Ansprüche und Anwartschaften umzugestalten, sofern dies einem Gemeinwohlzweck dient und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügt. Allerdings verengt sich seine Gestaltungsfreiheit in dem Maß, in dem Rentenansprüche und Rentenanwartschaften durch den personalen Bezug des Anteils eigener Leistungen der Versicherten geprägt sind (vgl. BVerfG, U.v. 28.4.1999 – 1 BvL 32/95 – juris Rn. 127). Für Ansprüche aus einem berufsständigen Versorgungswerk gilt nichts anderes (vgl. BVerwG, B.v. 13.4.2012 – 8 B 86.11 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Der so umrissene Gestaltungsspielraum bleibt hier gewahrt.
Die Neuregelung greift nicht in den Zahlbetrag des Ruhegelds ein. Denn nach § 27 Abs. 2 SchfHwG werden die am 31. Dezember 2012 festgestellten Versorgungsleistungen Ruhegeld, Witwen- und Witwergeld sowie Waisengeld weitergezahlt. Überdies sorgt die (Grund-)Regelung des § 27 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG dafür, dass das von der beklagten Versorgungsanstalt zu zahlende Ruhegeld in Anlehnung an das allgemeine Lohnniveau dynamisiert wird. Danach werden die Versorgungsleistungen zum 1. Juli eines jeden Jahres um den Prozentsatz verändert, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert. Der jährlich zum 1. Juli anzupassende Rentenwert orientiert sich insbesondere an der Veränderung der Bruttolöhne und -gehälter der Arbeitnehmer (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VI – vgl. Kreikebohm in Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, Beck´scher Online-Kommentar zum Sozialrecht, Stand 1.12.2018, § 68 SGB VI Rn. 5; Blüggel in Schlegel/Voelzke, SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 63 Rn. 32). Er wird darüber hinaus durch die Veränderung des Beitragssatzes zur allgemeinen Rentenversicherung (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB VI) sowie einen Nachhaltigkeitsfaktor (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VI) beeinflusst. Demgegenüber waren die Ruhegeldansprüche nach altem Recht, soweit hier von Interesse, bei einer Veränderung des Jahreshöchstbetrags anzupassen (§ 29 Abs. 7 SchfG), für den nach § 30 SchfG das jährliche Bruttoeinkommen eines Beschäftigten des Bundes in Entgeltgruppe 8 Stufe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst maßgeblich war.
Der sich daraus ergebende Unterschied der Dynamisierung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG im Vergleich zur früheren Rechtslage bewegt sich in einem Rahmen, der den Betroffenen in Hinblick darauf zuzumuten ist, dass sich der Gesetzgeber – wie dargelegt – aufgrund der notwendig gewordenen Neuregelung des Schornsteinfegerwesens dazu gezwungen sah, die Zusatzversorgung mangels finanzieller Tragfähigkeit zu schließen. Die Tariferhöhungen für die im öffentlichen Dienst des Bundes Beschäftigten addieren sich für den Zeitraum von 1991 bis einschließlich 2012 auf insgesamt 48,2 v.H. (vgl. DBB Beamtenbund u. Tarifunion, Übersicht Tarifabschlüsse öffentlicher Dienst seit 1990, www.dbb.de/fileadmin/pdfs/2016/160519_einkommensentwicklung_tarif.pdf), wäh-rend die Summe der Rentenanpassungen im selben Zeitraum 33,13 v.H. beträgt (vgl. Institut Arbeit u. Qualifikation der Universität Duisburg-Essen, Rentenanpassungen, Standardrenten, Rentenniveau 1991 – 2018, www.sozialpolitik-aktuell.de/tl_files/sozialpolitik-aktuell/_Politikfelder/Alter-Rente/Datensammlung/PDF-Dateien/tabVIII9.pdf). Damit blieben die Rentenerhöhungen in den vor der Neuordnung der Altersversorgung liegenden 22 Jahren um 15,07 v.H. und damit im jährlichen Durchschnitt lediglich um 0,685 v.H. hinter den Tariferhöhungen für den öffentlichen Dienst des Bundes zurück. Es besteht kein Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber für die Zukunft von einer für die Betroffenen nachteiligeren Entwicklung ausgehen musste. Eine solche maßvolle Einbuße belastet die Betroffenen angesichts des gewichtigen legitimen Zwecks, den der Gesetzgeber mit der Neuordnung der Versorgung der Bezirksschornsteinfegermeister verfolgt, nicht unangemessen, zumal die Dynamisierung des Ruhegelds wesentlich von den allgemeinen wirtschaftlichen Verhältnissen und nicht von einer Eigenleistung der Betroffenen bestimmt wird. Die Gesamtversorgung des Klägers und der vergleichbar Betroffenen verliert durch die angegriffene Regelung, die lediglich die von der Beklagten getragene Zusatzversorgung betrifft, ersichtlich nicht die ihr zugedachte Funktion einer besonderen Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister (vgl. dazu BVerfG, B.v. 26.7.2007 – 1 BvR 824/03, juris Rn. 59), die Ausdruck deren bisheriger Stellung als mit Hoheitsbefugnissen beliehene, allein für die Kehr- und Überwachungsaufgaben in einem Bezirk zuständige Unternehmer ist (vgl. OVG Berlin-Bbg, U.v. 14.12.2010 – OVG 1 B 33.09 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Ebenso wenig werden die Betroffenen durch die Regelungen des § 27 Abs. 4 Satz 2 und 3 SchfHwG unzumutbar belastet. Danach erfolgt in den Jahren ab 2013 keine Veränderung der Leistungen, die höher als die Hälfte des Prozentsatzes ist, um den sich der aktuelle Rentenwert in der gesetzlichen Rentenversicherung verändert (Satz 2) und zwar so lange, bis die Höhe der Leistungen 5,2 Prozent unter dem Wert liegt, der sich bei einer Veränderung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 SchfHwG ergeben hätte (Satz 3). Das führt zwar zu einer zusätzlichen, jedoch immer noch moderaten Absenkung der Dynamisierung. Zudem ist diese Regelung zeitlich begrenzt. Sie koppelt das Ruhegeld auch nicht vollständig von der im Zeitpunkt ihres Erlasses absehbar weiterhin positiven Entwicklung der wirtschaftlichen Verhältnisse ab und betrifft lediglich den von der Beklagten getragenen Teil der Gesamtversorgung. Demgegenüber wiegt das Allgemeininteresse an der vom Kläger angegriffenen Regelung schwerer. Die vorübergehende Halbierung der Anpassung dient dazu, die Fähigkeit der Zusatzversorgung möglichst lange zu erhalten, die Versorgungsleistungen aus den bis zu ihrer Schließung erhobenen Beiträgen zu finanzieren. Der Gesetzgeber sah sich zu dieser Maßnahme veranlasst, weil die Beiträge zur Zusatzversorgung durch Beschluss der Vertreterversammlung seit dem Jahr 2008 nicht mehr erhöht worden sind, gleichzeitig aber im öffentlichen Dienst in den Jahren 2009 bis 2012 Tariferhöhungen von insgesamt 8,6 v.H. stattfanden. Diese ohne entsprechende Gegenfinanzierung eingetretene Verschiebung im Beitrags-/Leistungsverhältnis wurde bei der Festlegung des künftigen Leistungsniveaus berücksichtigt. Dabei hatte der Gesetzgeber zu Recht im Blick, dass das umlagefinanzierte Zusatzrentensystem nach dem Verbrauch des bei der Zusatzversorgung vorhandenen Vermögens gemäß § 36 Abs. 2 SchfHwG aus dem Bundeshaushalt und damit von der Allgemeinheit zu finanzieren ist (vgl. BT-Drs. 17/10749 Begr. S. 15; BT-Drs. 17/10962 S. 1 f.).
1.2.2 Die angegriffenen Bestimmungen stehen entgegen dem Zulassungsvorbringen nicht im Widerspruch zum verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutz.
Der Gesetzgeber ist im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung bei Eingriffen in die Systematik der regelmäßigen Rentenanpassung verfassungsrechtlich gebunden. Die langfristigen Beitragsverpflichtungen, die erst zu einem sehr viel später liegenden Zeitpunkt zu Leistungen führen, begründen hier ein besonderes Vertrauen auf den Fortbestand gesetzlicher Leistungsregelungen, zu denen auch die Vorschriften über die regelmäßige Rentenanpassung gehören. Zudem folgt aus dem in der gesetzlichen Rentenversicherung grundsätzlich angeordneten, die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berührenden Versicherungszwang mit einem erheblichen Beitragssatzniveau die Pflicht des Gesetzgebers, für die erbrachten Beitragsleistungen im Versicherungsfall adäquate Versicherungsleistungen zu erbringen. Schließlich dürfen die Regelungen über die Rentenanpassung nicht zu einer substantiellen Entwertung der erreichten Ansprüche und Anwartschaften mit der Folge führen, dass diese im Ergebnis leer laufen (vgl. BVerfG, B.v. 26.7.2007 – 1 BvR 824/03 – juris Rn. 58). Es ist nicht ersichtlich, dass sich insoweit für den Bereich einer obligatorischen berufsständigen Gesamtversorgung etwas anderes ergibt.
Es kann dahinstehen, ob der Kläger und vergleichbar Betroffene trotz des Gesetzes zur Neuregelung des Schornsteinfegerwesens vom 26. November 2008 und des sich daraus ergebenden grundlegenden Wandels des Status der Bezirksschornsteinfegermeister darauf vertrauen durften, ein festgestellter Ruhegeldanspruch werde auch nach dem 31. Dezember 2012 auf Dauer nach der Vorschrift des § 29 Abs. 7 i.V.m. § 30 SchfG den Tariferhöhungen im öffentlichen Dienst des Bundes angepasst. Maßgebend ist, dass diese Regelung, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht verwiesen hat, nicht das Vertrauen darauf rechtfertigte, das Ruhegeld werde regelmäßig in einer bestimmten Höhe angepasst. Denn die nach der früheren Rechtslage bei festgestellten Ruhegeldansprüchen zu berücksichtigende Veränderung des Jahreshöchstbetrags und damit des Bruttoarbeitseinkommens eines Beschäftigten des Bundes in Entgeltgruppe 8 Stufe 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (§ 30 Abs. 1 SchfG), war das Ergebnis von Tarifverhandlungen. Deren Ausgang hing unter anderem von den allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnissen ab und führte in der Vergangenheit mehrfach dazu, dass sich die Bruttoarbeitseinkommen der im öffentlichen Dienst Beschäftigten und folglich das Ruhegeld nicht erhöht haben (vgl. DBB Beamtenbund u. Tarifunion, Übersicht Tarifabschlüsse öffentlicher Dienst seit 1990, www.dbb.de/fileadmin/pdfs/2016/160519_einkommensentwicklung_tarif.pdf). Bei Abwägung der Intensität des Eingriffs mit dem Gewicht des gesetzgeberischen Ziels, die Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister mit Blick auf das veränderte Berufsbild sachgerecht und insbesondere auch finanziell tragfähig neu zu ordnen, hat das Vertrauen der Betroffenen in den unveränderten Fortbestand der bisherigen Regelung zur Anpassung des Ruhegelds zurückzutreten.
Es ist vom Kläger auch nichts konkret dafür dargelegt, dass die angegriffene Regelung dem Ruhegeld als Teil der Gesamtversorgung seine Funktion als Beitrag zu einer substantiellen Alterssicherung nimmt. Solches ist auch nicht offensichtlich, denn die angegriffenen Maßnahmen gewährleisten – wenn auch vorübergehend eingeschränkt – im Grundsatz eine an der Entwicklung der Bruttolöhne angelehnte Anpassung des Ruhegeldes und führen nicht dazu, dass die Gesamtversorgung die ihr zugedachte Funktion einer besonderen Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister verliert.
1.3 Des Weiteren wird gerügt, die Versorgungsregelung des § 27 Abs. 4 SchfHwG verletze entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Zwischen der Gruppe der bereits vor Inkrafttreten der Neuregelung in den Ruhestand getreten Bezirksschornsteinfegermeister und der Gruppe der weiterhin aktiven nunmehr bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger bestünden Unterschiede, die eine Ungleichbehandlung verlangten. Die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger seien „echten“ Selbständigen vergleichbar, die sich im Wettbewerb behaupten müssten. Die ehemaligen Bezirksschornsteinfegermeister hätten demgegenüber ohne Wettbewerb am Markt ausschließlich hoheitliche Aufgaben wahrgenommen. Sie hätten mit ihrem Betrieb keinen Vermögenswert geschaffen und dafür im Gegenzug ein staatlich gesichertes Einkommen erhalten, das bis zur Altersversorgung hinaus habe gelten sollen.
Das greift nicht durch. Der Kläger zeigt keine Strukturunterschiede von solcher Art und solchem Gewicht auf, die unter Berücksichtigung des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraums die Annahme rechtfertigen könnten, aufgrund der Regelungen des § 27 Abs. 4 SchfHwG würde wesentlich Ungleiches sachwidrig gleich behandelt (vgl. dazu BVerfG, B.v. 27.2.2007 – 1 BvL 10/00 – juris Rn. 71). Es trifft zwar zu, dass die bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger seit dem 1. Januar 2013 weitgehend dem freien Wettbewerb unterliegen und damit auch hinsichtlich der Alterssicherung anderen Handwerksberufen gleichgestellt sind. Allein das zwingt aber nicht dazu, die bis zum 31. Dezember 2012 entstandenen Ruhegeldansprüche der ehemaligen Bezirksschornsteinfegermeister, deren Bestellung wegen Erreichens der Altersgrenze oder wegen Versetzung in den Ruhestand vor dem 1. Januar 2013 erloschen ist, auf andere Weise zu dynamisieren als die Rentenansprüche der bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger in der gesetzlichen Rentenversicherung. Maßgebend ist auch in diesem Zusammenhang: Die mit § 27 Abs. 4 SchfHwG umgestaltete Anpassung des Ruhegelds führt nicht dazu, dass die Gesamtversorgung die ihr zugedachte Funktion einer besonderen Altersversorgung der Bezirksschornsteinfegermeister verliert. Sie ermöglicht es den ehemaligen Bezirksschornsteinfegermeistern nach wie vor, ihren bisherigen Lebensstandard in angemessenem Umfang aufrechtzuerhalten. Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Zulassungsvorbringen.
2. Die Berufung ist nicht wegen der geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen.
Die Rechtssache weist keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten auf. Die insoweit aufgeworfenen Fragen lassen sich, wie sich aus dem unter Nr. 1 Dargelegten ergibt, ohne Weiteres aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Rechtsprechung lösen. Kein Kriterium für eine besondere rechtliche Schwierigkeit ist die angebliche politische Brisanz der inmitten stehenden Regelungen (vgl. dazu Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124 Rn. 32).
Das Vorbringen, es komme zwangsläufig zu besonderen Schwierigkeiten in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, weil bei der gesetzlichen Neuregelung ein völlig neues System des Schornsteinfegerwesens zugrunde gelegt worden sei, führt in seiner Allgemeinheit ebenfalls nicht weiter. Entsprechendes gilt für den Hinweis des Klägers, der Bundesrat habe in seiner Stellungnahme (BR-Drs. 453/12) zur Neuregelung der Altersversorgung vorgebracht, die vorgesehenen Regelungen führten zum Teil zu unzumutbaren Härten für die Betroffenen; der Bundesrat halte es für erforderlich, entsprechende Übergangs- und Vertrauensschutzregelungen etwa im Bereich der reduzierten Dynamisierung zu schaffen.
Allein der Umstand, dass die Kammer den Rechtsstreit nicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen hat, begründet entgegen der Ansicht des Klägers keine besonderen Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Beide Vorschriften stehen in unterschiedlichen Funktionszusammenhängen. Es ist deshalb jeweils gesondert zu ermitteln, ob die Streitsache „besondere Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art“ (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO) bzw. „besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten“ (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) aufweist (vgl. BayVGH, B.v. 16.2.2009 – 12 ZB 07.2158 – juris Rn. 12; Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 20186, RdNr. 107).
3. Die Berufung ist nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Der Kläger misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob die maßgebliche Norm des § 27 Abs. 4 SchfHwG verfassungsgemäß ist. Zur Beantwortung dieser Frage bedarf es nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens. Sie lässt sich ohne Weiteres auf der Grundlage der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts in dem vorstehend (Nr. 1) dargelegten Sinn beantworten.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.
5. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, § 52 Abs. 1.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 5. November 2015 rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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